Ortofon SPU GM/E MK II revisited - das Mopped muss ran

  • mein neulich erworbenes SPU GM/E MK II stellte sich zuletzt als widerborstig heraus. Ich hatte es ja hier vorgestellt und mit dem SPU #1E verglichen. Ok, das #1E war demnach erstmal aus dem Rennen.


    Dennoch wollte sich keine Zufriedenheit mit dem GM/E einstellen. Ich dachte immer, warum kostet das SPU GM/E neu fast ein Riesen? Wofür das Ganze?


    Also fing leider wieder ein Test-Marathon an. An die Audio Note M1 Phono kamen FR XF1 , FRT3 und Hashimoto HM 3 Übertrager im Wechsel zum Zuge. Irgendwie alles ganz ok, der Hashimoto blieb mit Wuchtigkeit und warmen Mitten der Favorit. Irgendwie musste noch mehr drin sein.


    Also kamen verschiedenen Röhren im M1-Phonoteil in die Fassungen(Tuberolling). Kaum Änderungen. Also schloss ich den Estern Electric Minimax Phono an. Ah ja. Der bringt es. Die Stimmen waren geglättet, Härten verschwanden. Aber die Stärken des SPU wie grosse , breite, tiefe Bühne und Wucht sprich Grobdynamik, starke Mitten. Nein, das war immer noch nicht das erwünschte Klangbild. Also kam statt des Minimax nun das Phonomoped MK IV an die Front mit ECC88 von RFT plus Übertrager Hashimoto HM3 an den Line-Eingang an den Audio Note M1 . Und nun wurde es spannend. Also das Martin Ehlers Trio auf den Teller und siehe da, ein komplett anderes Klangbild. Fettes Piano. Grand Piano. Richtig gross. Als weitere Zutat gibt stramme Bassläufe, gross, dreidimensional und ruppig. Die Basssaiten knallen fast. Die Klavierläufe perlen. Eine Wohltat für die Ohren. Man spielt Luftpiano mit, ein gutes Zeichen. Denn das ist der Moment, wo das SPU es schafft einen in die Musik zu ziehen.


    Letztens legte ein von mir sehr geschätztes Mitglied und ein Freund hier die „3rd Degree“ von Johnny Winter auf. Ja diese Tin Pan Alley groovt. Gott ist das fett. Eine schöne Alternative zum ausgelutschten Tin Pan Alley von Stevie Ray Vaughan. Das Bluespiano hämmert, Winters Stimme ist schwer einzuordnen. Ist der heiser, kann der nicht singen? Doch. Der kann und seine Stimme kommt wie aus ein Blecheimer - Stimmbänder geölt mit Lackentferner oder so etwas. Die Töne sitzen. Es kommen sehr viele Details seiner Stimme ans Tageslicht. Er krächzt sich schwermütig durch die Songs. Der elliptische Schliff des GM reicht für Detailliebe völlig. Sein Gitarrenspiel ist virtuos und klanglich nie aufdringlich. Laut geht auch. Alles bleibt unter Kontrolle.


    Vor allem ist jetzt räumliche Tiefe der Aufnahme da. Vorher herrschte eher Zweidimensionalität.



    Nun muss noch Audrey Horne ran. Das Album „Blackout“ ist eine neuere Erscheinung auf dem Vinylmarkt mit mittlerer bis guter Klangqualitität mit um so besserer Musik. Das Ding geht los. Teile der Gitarrenläufe erinnern an Iron Maiden, vielen Backroundstimmen und mehrstimmigen Refrains. Vorwiegend Uptempo-Songs. Die Musik geht nur, wenn Druck und Tempo da sind. Und das macht das SPU GM/E. Herrlich wie Sologitarre und Leadgitarre getrennt werden, der Klangteppich wird wahrlich ausgerollt und zwar zum Hörer hin. Und ich gebe es zu, ich stehe auf Cowbells im Schlagzeugset. Schön, wenn man sie auch hört. Und jetzt hör ich sie.


    Hilfe, ich bin wieder süchtiger SPU-Fan. Und ja das SPU GM/E kann. Wenn die Umgebung stimmt. Nicht nur die richtige Anpassung an den Übertrager ist wichtig, auch der Röhrenphono muss passen. Den MK IV hatte ich hier gar nicht mal so auf dem Zettel. Passt wie Arm auf Eimer. 4 von 5 Klangohren. Es muss noch Luft nach oben bleiben. Ich bin weiter auf der Suche nach einem SPU Classic GM. Aber ehrlich: mit einem SPU, das so aufspielt, ist man für lange Zeit fertig. Sooo..Ich hör dann mal wieder.

    Grüße

    Knut



    "Pokal oder Spital"

  • Ich will keine Erbsen zählen und betreibe auch mehrere SPU‘s (G Gold, A elliptisch und sphärisch, N elliptisch), so extrem euphorische Berichte machen mich aber durchaus nachdenklich: Was ist denn der Unterschied zwischen einer Lead und einer Solo Gitarre? Ich wüsste nicht, welcher Tonabnehmer das „herausarbeiten“ kann...

    „Doubt everything...“

  • Unterschiede zwischen Lead und Rythm arbeiten schon Shure M44 oder M7 oder M3 aus den 1960ern ordentlich heraus... Manches Keramiksystem aus eben jener Zeit kann das auch... Wenn das der Prüfstein für ein SPU sein soll, bekomme ich Verständnisprobleme... Oder muss die euphorische Klangbeschreibung kritischer lesen... Oder mein Setup überprüfen... Manchmal ist weniger mehr... Mit euphorisierenden, völlig übertreibenden oder der „SPU-Sucht“ entspringenden Klangbeschreibungen tut man der Reputation dieser Systeme keinen Gefallen...


    Freundlich


    Michael

    „Doubt everything...“

  • Aus der Zeit, als ich noch Musik gemacht habe, sind noch Erinnerungen vorhanden. Eine Fender Telecaster erkennt man gleich , doch sie klingt auf einem Fender, Vox , Marshall oder Blackfield Verstärker (natürlich Röhre) unterschiedlich.Aber diese Unterschiede bewegen sich beim Zuhören nicht nur für mich in einem sehr überschaubaren Rahmen.Die verbalen Beschreibungen dagegen bewegen sich für mich doch eher im Rahmen der literarischen Freiheit , an der Qualität einer Aufnahme kommt auch die teuerste Anlage nun mal nicht vorbei ;) .

    Grüße

    Roland

  • Was man nicht alles in fünf Jahren Nachdenken so herausarbeiten kann... ^^


    Ich mag Knuts saftige Beschreibungen! 8)

    Streamen ist wie alkoholfreies Bier...scheint erstmal richtig zu sein, am Ende fehlt aber das Entscheidende.

  • Ich auch, es wird dadurch recht schnell klar, das sie von einer augenscheinlich gut entwickelten Phantasie und hohem verbalem Ausdrucksvermögen beflügelt werden… Das hilft mir bei der Einschätzung… 😉


    Freundlich


    Michael

    „Doubt everything...“

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  • Ich mag Knuts saftige Beschreibungen! 8)

    +1


    zumal es dabei auch immer um die Gerätschaften und nicht um irgendwelches Pseudowudugebastel geht, nachdem sich jedesmal quantensprungartig neue Welten auftun und die komplette Plattensammlung neu gehört werden muss, erst da geht bei mir das Fußnagelgerolle los......


    VG

    Sascha

    The music was new, black polished chrome. And came over the summer like liquid night.