Wie weit kommt man mit einem Reibrad-Dual (z.B. 1229)?

  • Hallo Foristi,


    vor einiger Zeit habe ich recht spontan einen gewarteten Dual 1229 über eBay gekauft. Ich habe dann diverse MM Tonabnehmer probiert (das mitgelieferte Shure (M75?), ein Dual DMS 242 und ein Shure V15V MR. Ausserdem hatte ich mir eine Zarge aus Birke Multiplex gebaut zum experimentieren. Das klang alles ganz nett, aber irgendwie doch deutlich weniger präzise und diffuser als mit meinem Mythology Zeus mit Mission Mechanic. Na ja, kein Wunder dachte ich und hätte das Thema fast abgehakt. Dann entdeckte ich auf Audiogon einen Thread aus 2008 oder 2009 wo ein Dual 1229 (mit Grace 747 Arm) einen upgegradeten Linn LP 12 abgelöst hat.
    Mittlerweile hatte ich als Phono Vorstufe den fantastischen JPA Brutus und der kann nur MC, also schraubte ich kurzerhand mein MC Scheu in den Tonarm des 1229, nicht ohne zuvor die Lager so gut es mir möglich war auf geringste Reibung und geringstes Lagerspiel einzustellen. Außerdem lötete ich das Anschlußkabel unter Verwendung der Originalkabel auf massefreie Signalführung mit separatem Massekabel um.


    Voilà - beim ersten Hören fiel ich fast aus allen Wolken! Nun ging es mit dem Dual richtig zur Sache, feinzeichnend und druckvoll spielte er auf wie ein "Großer". Einziger Wermutstropfen sind die doch vernehmbaren Motorgeräusche. Man hört den Motor unmittelbar über Luftschall aber auch ganz leise aus den Lautsprechern bei Pausen. Durch Überholung soll der aber praktisch so gut wie unhörbar zu bekommen sein.


    Nun stellen sich viele Fragen für den Fortgang des Projekts, für die ich mir auch Anregungen und Hinweise von euch erhoffe.
    Soll der Originaltonarm wie bei dem Audiogon User ersetzt werden? Aber durch welchen? Einen Grace 747 findet man ja nicht so leicht. Oder lieber ein Zarge bauen, auf die ein Zweitarm installiert werden kann? Wie sollte eine ideale Zarge aussehen? Wie koppelt man den 1229 am besten an die Zarge an? (Momentan klingt es am besten wenn er auf ca 1,5 mm dicken Gummischeiben liegt, besser als mit den Originalfedern. Für einen separaten Tonarme müsste ich ihn aber verschrauben und damit hab ich bisher keine so guten Erfahrungen gemacht.)


    Bin schon gespannt auf eure Erfahrungen und Vorschläge!


    Liebe Grüße
    Manfred


    PS: Vorsichtshalber mal vorab folgender Hinweis: Bitte kein Linn Bashing (der LP 12 ist meiner Meinung nach ein sehr guter Plattenspieler!) und auch wenn es geht keine belehrenden Hinweise á la "einen Dual lässt man am besten Original und bastelt nicht dran rum".

    2 Mal editiert, zuletzt von mannitheear ()

  • Moin Manfred,
    einen Reiber von Dual ist ein Klasse sehr "musikalisch" klingender Plattenspieler! :thumbup:
    Platte drauf und freuen heißt hier das Motto.
    Und von mir kommt garantiert kein Linn bashing, ich mag den LP12 nämlich.
    Ich bin auch gespannt, was hier noch von den Dual-Profis kommt.


    Einen weiteren Player könnte ich noch einen schönen exklusiven Platz Bieten! :thumbup:

  • Mich überrascht, daß er ausgerechnet mit einem MC so gut spielen soll. Ein 1019, ja, der kommt mit einem MC sehr gut. Aber dessen Arm ist ja auch Heavy Metal im Vergleich zu dem Arm eines 1229... Ich hab mal ein DL110 dran probiert, das ging gar nicht. Viel zu leicht der Arm. Klang verfärbt, baßfrei und leblos.


    Gruß
    Andreas

    Ich bin so alt, als ich damals zur Schule ging, gab es noch keine Handys. Wir haben dann Unterricht gemacht. Wir hatten ja sonst nichts.


    Ein Freund ist jemand, der Dich mag, obwohl er Dich kennt.

  • Moin,


    es sind relativ viele MCs nicht so hart aufgehängt, und der Arm des 1229 ist auch nicht sooo leicht, ist ja noch von vor der ULM-Zeit. Ich hatte bei meinem die ständig korrodierten und fehleranfälligen Schleifkontake im Headshell rausgeschmissen und normale Systemsteckerchen an die Signalkabel gelötet. Dann mein AT33PTG drauf...und das war schon über Erwarten gut. Sehr musikalisch, nicht das letzte Fitzelchen an Details, aber schön kohärent und fliessend. Der Dual wird m.M.n beschränkt durch die Wechselachse und das damit verbundene Kugellager, auf dem die Achse läuft. Da geht doch eine Menge an möglicher Perfomance verloren, weshalb ich meine Reibradversuche auf den Lenco konzentriert habe, der auch einfachere Armumbauten zulässt.
    Aber der macht schon schön Musik, der Dual, und ich vermute (und befürchte :whistling: ), dass man eigentlich nicht mehr Plattenspieler braucht. Das mit dem LP12 kann ich mir schon gut vorstellen :thumbup:


    Lg Jürgen

    Besten Gruß, Jürgen

  • Ich würde mich nicht auf einen Arm wie den Grace versteifen, nur weil das in einem Forum propagiert wurde. Obwohl der Grace ein toller Arm ist.
    Versuche eigene Erfahrungen zu machen und dabei den Dual besser kennenzulernen. Es wäre denkbar, mal eine einfache
    MPX Zarge zu basteln und den Mission Arm auszuprobieren.
    Ich weiss nicht wie die Befestigung und Entkoppelung des Dual konstruiert ist, aber vielleicht kannst du die Entkoppelung unter die
    oberste Multiplex Schicht setzten und so Player und Arm fest koppeln....


    Gruss
    MIchael

    I listen econo....

  • Die Zarge ist den alten Duals vollkommen egal, zumindest aus klanglichen Gründen. Tonarmwechsel halte ich auch für überflüssig und kontraproduktiv, da man bei der Entwicklung auf ein stimmiges Gesamtkonzept achtete.


    Was aber extrem wichtig ist, ist eine gründliche Überholung incl. einer Motorwartung.
    Ich habe schon sehr viele Reibrad Dual Motoren hier gehabt, die in 40 Jahren nicht einmal gewartet wurden und trocken auf mitdrehendem, verschlissenem Lagerspiegel liefen, so wie es wohl auch im Falle des TE sein wird.
    Ein gut überholter Reibrad Dual läuft absolut geräuschlos, die Tonarme sind ebenfalls erstklassig.

    Mit freundlichem Gruß
    Haakon

  • Hallo,


    mein erster "richtiger" Plattenspieler (nach einem gerade mal so HiFi BSR) war der 1229.


    Er lief ausgesprochen gleichmäßig und geräuschlos. Den Tonarm fand ich - und nicht nur ich - sehr gut. Auch das DM103 war nicht schlecht. Unzufrieden war ich mit 2erlei:
    Einmal funktionierte schon nach 1 Jahr die Liftmechanik nicht mehr einwandfrei.
    Damals hörte ich mit starker Bassanhebung und als ich dann auf "kräftige" Boxen umstieg, war das Rumpeln des Dual doch störend. Eine Weile lief er noch als 2. Player neben einem Technics - bei dem unter gleichen Bedingungen das Rumpeln deutlich niedriger war, dann bekam ihn mein Bruder.


    Ich halte den Dual aus heutiger Sicht für einen der besten Reibradplayer. Ob er mit einem Präzisionsreibrad sein einiges Manko - unter Extrembedingungen hörbares Rumpeln - los werden kann, wäre noch zu überprüfen.


    Gruß


    Achim

    Beschallung nicht nur Hobby, Plattenspieler als Nostalgie-Steckenpferd.

  • Hallo zusammen,


    bei den 12x9 ist eine Motorwartung wirklich angesagt - die Motoren laufen ohne Wartung häufig komplett ohne Schmierung. Motorwartung? Geht so: http://classicturntables.blogs…rach-uberholung-dual.html. Ein gewarteter Motor ist erst in etwa 10 cm Entfernung zu hören.


    Weiterhin sollte man auch das Tellerlager reinigen und neu fetten - da dieses als Kugellager ausgebildet ist, wird der 1229 nie in den Olymp der Rumpelkönige aufsteigen. Häufig macht das Reibrad auch Probleme, besonders, wenn der Dual eingelagert wurde und jemand noch mal kurz den Startknopf betätigt hat - dann liegt das Reibrad dauerhaft an der Motorwelle und bekommt eine Delle. Ich habe solch ein Reibrad nach einem Tipp aus dem Dual-Board wieder quasi rumpelfrei bekommen, indem ich es in einem Topf mit viel Wasser einige Minuten ausgekocht habe und dann zusammen mit dem Wasser abkühlen lassen.


    So gewartet höre ich über meine (nicht allzu bassstarken) Lautsprecher kein Rumpeln, über Kopfhörer ist in den Leerrillen ein leichtes Rumpeln zu hören.


    Der Arm des Duals wurde in zeitgenössischen Tests übrigens auf eine Stufe mit einem SME 3009 gestellt :thumbup:.


    Gruß Roland

  • Hallo,
    mit einem sehr gut gewarteten 1219/29 kommt man schon sehr sehr weit.
    Dann rumpelt dieser nicht mehr und nicht weniger als ein Garrard 301 oder 401.
    Ich hatte das große Glück absolut OVP Reibräder für den 1219 zu ergattern.
    Nach Motorüberholung ( aufbohren, umdrehen Lagerspiegel, "Befüllung" Sinterlager mit richtigem Öl im Backofen) und mit nagelneuem Reibrad spielt das große Dual Laufwerk sehr gut.
    Der Arm ist klasse und handwerklich toll gemacht! Würde ich einem SME 3009 vorziehen.
    Beste Erfahrungen habe ich mit dem Shure V15III mit Jico SAS Nadel Systemen gemacht.
    Denke auch nicht, dass eine neue Zarge akustisch unbedingt sinnvoll ist, optisch und haptisch mM auf jeden Fall :)


    Lieben Gruss


    Hauke

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  • Hallo zusammen,


    danke für die vielen Hinweise bisher. Den Arm halte ich auch für ziemlich gut, Schwachstelle ist eventuell der Tonkopf aus Kunststoff für den Tonabnehmer mit den Kontakten. Wenn's auch zugegebenermaßen recht praktisch ist, den Abtaster schnell wechseln zu können. Tonal scheint der Arm nicht ganz neutral zu sein, ich habe den Eindruck daß es im oberen Mittelton leichte Resonanzen gibt. Ich hab mal den Tipp gelesen, zwischen dem Tonkopf und der eigentlichen Headshell etwas Bluetac zur Bedämpfung zu verwenden.
    Leider hat der Arm halt keine Höhenverstellung und der Azimuth ist auch fix.


    Der Motor muß auf jeden Fall gewartet werden, klar. Die verlinkte Anleitung hatte ich auch schon entdeckt, die ist super. Scheint ja machbar zu sein. Aber welches Öl ist das richtige?


    Das Reibrad scheint o.k., Klavier kommt absolut klar und ohne Zittern.


    Zur Zarge habe ich eine etwas andere als die landläufige Meinung. Eine stabile, massive Zarge ist dem Klang in jedem Fall zuträglich, zumal der 1219 derzeit nicht auf den Federn sondern auf Gummi gelagert ist.


    Welche Erfahrungen gibt es denn mit der Tellermatte? Diese Gummimatten scheinen recht gut zu sein.


    LG
    Manfred

  • Motoröl, ich nehme immer folgendes:


    Die Sinterbuchsen kann man bei 100 Grad in Lagerfett braten, ca. 1 Stunde im Backofen.
    Es reicht in der Regel aber aus, wenn man ein Wattestäbchen in Feinmechaniköl tränkt und einmal durchzieht.


    Beim Lagerspiegel habe ich viel rumexperimentiert und bin letztlich bei Hanseline Chain Lube gelandet, das ist ein Haftöl aus dem Fahrradbereich.

    Mit freundlichem Gruß
    Haakon

  • Servus,

    ... Hanseline Chain Lube gelandet, das ist ein Haftöl aus dem Fahrradbereich ...

    ... und mMn nicht wirklich zu empfehlen ... wie fast alle Schmierstoffe von Hanseline ... so zumindest meine Erfahrung, bei artgerechter Anwendung im Fahrradbereich ... ich bin hier mittlerweile auf Schmierstoffe von Shell (Retinax) oder von der Bundeswehr bzw. deren Zulieferern geschwenkt (weil seewasserfest und nur schwer auswaschbar, zudem seifen- und säurefrei ... etc.)

  • Seewasserfest. Ich wohne zwar recht nah an Meer, aber so weit schwappt es nicht. ;)


    Auf Hanseline bin ich durch einen Bekannten gekommen, der Inhaber eines Fahrradgeschäfts ist und das in seiner Werkstatt benutzt.


    Jedes gute Haftöl erfüllt am Lagerspiegel seinen Zweck. Fett ist nicht zu empfehlen.


    PS: Hast du eine Bezeichnung / Quelle für die BW Schmierstoffe?

    Mit freundlichem Gruß
    Haakon

    Einmal editiert, zuletzt von Fhtagn! ()

  • Servus,


    bei dem 1229 handelt es sich doch um das weiterentwicklete (im Vergleich zum 1219 zusätzlicher Strobo) Spitzenmodell der Wechslergeneration, weshalb das Tellerlager auch kein herkömmliches Axiallager, wie wir es z.B. von Thorens und vielen anderen Plattenspielern her kennen, aufweist.


    Somit findet sich im Tellerlager eine Sinterbronzehülse für die Führung und die Achse hält sich in diesem Kugellager


    [Blockierte Grafik: http://u.jimdo.com/www31/o/saf0c5395aec8e673/img/ib40acfa89b18d50d/1307035370/std/plattentellerlager.jpg]


    Erstaunlich, daß er sich in Sachen Rumpel (-fremdspannungsabstand) dennoch so gut behaupten kann. Hier ein paar damalige Mitbewerber im Vergleich (immer ohne jegliche Modifikationen, Werte aus den HiFi-Jahrbüchern):


    - Lenco L75 -> 36 dB
    - Elac Miraphon 22H -> 38 dB
    - DUAL 1229 -> 42 dB
    - Thorens TD-124 -> 43 dB
    - Perpetuum Ebner PE 33 -> 45 dB
    - Garrard 301 -> 50 dB
    - Sony TTS-3000 -> 50 dB


    Trotzdem würde ich wohl eher zu einem PE33 oder Lenco L75 tendieren, da der PE33 die passendere Basis für Experimente mit anderen Tonarmen und Zargen bietet und es für den Lenco deutlich mehr Modifikatinen gibt ... immer bei ähnlichem Preis betrachtet ... spielte der Preis keine Rolle, dann würde ich eher zu TD-124 oder Garrard 301/ 401 oder gleich zum EMT 930 greifen ...

  • Nabend,


    ja, die Preise. Hier klafft oftmals dann doch eine Lücke zwischen Preis und Wert, die hype-bedingt ist.


    Ich finde es zwar ausgesprochen faszinierend, welchen Klang man aus altertümlich wirkenden Geräten wie 301, TD124, PE33 zum erstaunen jugendlicher Hörer entlocken kann. Allerdings -pardon- geht das mit jüngeren Playern für viel weniger Geld genauso gut.


    [img=http://abload.de/thumb/testgarrard401-1968bbmove.jpg]


    Hier sieht man, was ein (wirklich toll gestylter) Garrard 401 wirklich war. In der vom Importeur gestellten Testversion unbrauchbar, optimiert dann ok, aber gewiss nicht umwerfend. Hoch gegriffene Prospektangaben waren bei Engländern die Regel. In Deutschland und Japan haben Hersteller sich geschämt, wenn ihre Angaben in Tests meilenweit verfehlt wurden.



    Gruß


    Achim

    Beschallung nicht nur Hobby, Plattenspieler als Nostalgie-Steckenpferd.

  • Kleine Toleranzen bei der Fertigung sind immer mal drin.
    Oder das "ca. 2kg" entstammt dem Mangel an hochpräziser Messtechnik beim Hersteller...


    Vor dem Hintergrund relativiert sich auch der klitzekleine Unterschied zwischen der Werksangabe fürs Rumpeln von über 35dB und den gemessenen 28. Später wurde aus 35 dann seitens Garrard "Rumble: negligible" - ganz britisch.




    ;););)

    Beschallung nicht nur Hobby, Plattenspieler als Nostalgie-Steckenpferd.

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