Tonarmlänge

  • Ciao Zusammen


    Was bewirkt der Unterschied der Tonarmlänge, respektive weshalb gibt es unterschiedlich lange Tonarme?
    Aufgrund welcher Kriterien wähle ich einen kürzeren oder längeren Tonarm aus?


    Danke für Eure Hilfe und Erfahrungen in dieser Sache.
    Gruss Patric

  • Hallo zebaoth,
    als erstes steht die Tonarmlänge im direktem Zusammenhang mit dem Spurfehlwinkel. Je länger der Arm, desto kleiner der Spurfehlwinkel. Der Arm beschreibt bei seiner Bewegung nach innen einen Radius, wobei der Radius bei längeren Armen größer ausfällt als bei kürzeren Armen. Und längerer Radius bedeutet eine flachere Kurve nach innen - ideal wäre eine Gerade (also ein Tangentialtonarm).


    Ein kleinerer Spurfehlwinkel bedeutet somit eine höhere Abtastgenauigkeit und weniger Antiskatingkräfte. Je besser ein Tonabnehmersystem ist, desto deutlicher werden die Schwächen von kurzen Tonarmen hörbar. Das geht hin bis zu nachweisbaren Abtastverzerrungen im Innenbereich. Das sich das schon vor den Verzerrungen auch klanglich bemerkbar macht, versteht sich in diesem Zusammenhang von selbst.


    Daneben zieht die größere Länge auch ein Mehr an Gewicht nach sich. Grob gesagt eignen sich lange Tonarme eher für hochwertige MC-Systeme, welche überwiegend mit einer geringen Nadelnachgiebigkeit (compliance) daherkommen, und in der Regel eher sehr feine und hochwertige Schliffe am Diamanten aufweisen - also geradezu prädistiniert sind für lange Tonarme.


    Die Qualitätsmerkmale sind jedoch fliessend, es gibt kein Schwarz/Weis Bild für die Beurteilung. Letztendes entscheidend ist die richtige Kombination Tonarm/Tonabnehmer. Neben den Abtatsverzerrungen gibt es noch viele weitere Faktoren welche Klangentscheidend sind. Und ein Faktor ist der Hörer - jeder reagiert mit unterschiedlichen Empfindlichkeiten auf die möglichen Fehler. Womit der eine gut leben kann, reagiert ein anderer schon nahezu allergisch drauf.


    Gruß


    hoerohr

    Gewerblicher Teilnehmer

  • Ciao hoerhoer


    Danke für den Einblick.
    Da ich hochwertige MC's betreibe (Koetsu Rosewood Signature, Transfiguration Phoenix und Lyra Kleos), würde somit ein 12"er Sinn machen.


    Danke und Gruss
    Patric

  • Da ich hochwertige MC's betreibe (Koetsu Rosewood Signature, Transfiguration Phoenix und Lyra Kleos), würde somit ein 12"er Sinn machen.


    Da die Wahrnehmungschwelle für spurfehlwinkelbedingte Verzerrungen bei einem absoluten Fehlwinkel von knapp 12 Grad, der Fehlwinkel bei einem 9-Zöller unterhalb von 2 Grad liegt, macht ein langer Arm in meinen Augen keinen Sinn.


    http://www.aes.org/e-lib/browse.cfm?elib=15119


    Das paper kann ich bei Interesse schicken. An den Hörtests habe ich selber teilgenommen.


    Klaus

  • Hi,


    zu beachten ist, das die Verzerrungen durch den Spurfehlwinkel inhärent sind, also unabhängig vom Tonabnehmer.
    Mit steigender Länge und der Annäherung an die Tangentiale sinken sie.
    Gleichzeitig erfordert aber die Justage des Tonabnehmers noch mehr Aufmerksamkeit, sonst ist der Vorteil schnell dahin.
    Nicht zuletzt muss geprüft werden, ob der 12er Arm überhaupt mechanisch und evtl. auch optisch auf das Laufwerk passt.
    Gegenüber meinem MyTechnics mit Rega 300 musste ich die Zarge für den TheKiller (Arm-Geometrie gleicht dem des SME V12 mit 308,8mm eff. Länge) um je ca. 10cm in Breite und Tiefe vergrößern
    Es scheint, das sich bei einer Länge um 10" wohl die über Alles günstigsten Kompromisse ergeben.


    jauu
    Calvin

    ..... it builds character!


    gewerblicher Teilnehmer

    Einmal editiert, zuletzt von Calvin ()

  • Haööo Patric, weitere Vorteile sind:
    Der konstantere VTA bei unterschiedlich dicken Platten oder welchen mit Höhenschlag.
    Die geringere und gleichmäßigere Skatingkraft
    Durch den längeren Hebel wird die Lagerreibung leichter überwunden.
    Ich sehe eigentlich nur Vorteile, abgesehen vom Preis und dem größeren Platzbedarf.
    Gruß
    Jürgen

  • Wobei der Mehr-Preis oft in keinem Verhältnis zum Mehr-Aufwand steht... :thumbdown:


    Gruß
    Andreas

    Ich bin so alt, als ich damals zur Schule ging, gab es noch keine Handys. Wir haben dann Unterricht gemacht. Wir hatten ja sonst nichts.


    Ein Freund ist jemand, der Dich mag, obwohl er Dich kennt.

  • Hallo zusammen,
    was den Mehrpreis angeht: sicher gibt es "Spezialisten" die einen unverhältnismäßigen Mehrpreis verlangen. Wenn wir die Nischenhersteller, die meist eh nur sehr geringe Stückzahlen herstellen und einen Aufwand betreiben, welcher nur von wenigen Erdbewohnern geschätzt wird, so gibt es auch handfeste Gründe für einen zumindest deutlichen Mehrpreis. Einer dieser Gründe ist die geringere Stückzahl, der andere ist der scheinbar hohe Faktor, welcher zwischen Herstellungspreis und Verkaufspreis liegt.


    Es ist nicht damit getan ein Tonarmrohr nur 2,5 oder 7,5 cm länger abzuschneiden, man muß es auch in die entsprechende Form bringen. Dafür wird spezielles Werkzeug benötigt, und so ein Werkzeug kann schnell mit 10.000 € zu Buche schlagen. Schlägt man das jetzt auf den Preis für das Endprodukt um, bezogen auf die Stückzahl, so kann die Differenz schnell mal 100,- € oder mehr betragen. Bei geraden Tonarmen benötigt man Headschells mit einem anderen Kröpfungswinkel, bei Tonarmen mit Rohr und Headschell aus einem Stück wird das auch hier deutlich teurer. Und für gebogene Tonarmrohre gibt es das oben erwähnte Werkzeug. Und bei der Herstellung von Druckgussteilen wird es ganz erheblich teurer.


    Nun sind 12" immer noch eine Rarirät, einfach deshalb weil nicht jeder einen so langen Arm unterbringen kann oder will. Den auch bei den Laufwerken gilt ja dieselbe Formel = größer ist seltener und somit teurer. Anders sieht das mit den 10"ern aus, viele davon passen noch auf normale Laufwerke. Und wenn man genau hinschaut, so entdeckt man viele Tonarme mit einem einer effektiven Länge von 240 - 248 mm, was deutlich mehr ist als 9". Nur wenige Hersteller bieten alle 3 Größen an - mir fallen jetzt nur SME und Jelco ein. Dagegen haben sich viele Hersteller schon von Hause aus auf 9,5" oder 9 3/4 " eingefahren. Und solche Tonarme, in genügender Stückzahl hergestellt, sind kaum teurer die 9" Varianten der Konkurenz.


    Vergleicht man dann noch die Spurfehlwinkelkurven, so stellt man zwischen 10" und 12" nur noch einen sehr geringen Unterschied fest - im Gegensatz zum Unterschied zwischen 9" und 12". Durch geschickte Einstellung kann man den Unterschied zwischen 10" und 12" noch weiter minimieren. Hier spielen dann eher die von juergen1 genannten Unterschiede eine Rolle. Zitat juergen1:
    "Der konstantere VTA bei unterschiedlich dicken Platten oder welchen mit Höhenschlag.
    Die geringere und gleichmäßigere Skatingkraft
    Durch den längeren Hebel wird die Lagerreibung leichter überwunden."


    Und der letzte, aber nicht unbedeutende Faktor ist der Verbraucher selbst. "was nichts kostet kann auch nichts sein, ich möchte was vernüftiges haben"


    In diesem Sinne


    Gruß


    hoerohr

    Gewerblicher Teilnehmer

    Einmal editiert, zuletzt von hoerohr ()

  • Wie ist es denn bei 10"ern - ist dort der Mehrpreis ebenfalls unverhältnismässig?

    10" haben alles über alles das beste Preis/Leistungverhältnis. Die Tonarmlänge ist hierbei weniger ne Frage des "Spurfehlerwinkels", vielmehr bieten moderne 10" Tonarme bei ähnlichen Trägheitsmassen der "Kürzeren" die Möglichkeit die Plattentellerdurchmesser größer zu gestalten und trotzdem die Proportionen zu halten. Siehst gut bei meinem Avatar-Bild - ist ein 10" Auroa Helius Design Tonarm zu sehen. :)
    Der ursprüngliche Grund 12" und längere Tonarme im Studio einzuführen ist hinfällig geworden, da kaum Einer noch die "Live-Berichterstattungsaufnahmen" mit 18inch Durchmesser besitzt noch welche gepresst werden.
    Der "Spurfehlerwinkel" wurde verkaufsfördernd der Liste der klangstörenden Einflüsse von der "X." Stelle nach vorne in den Fokus gerückt. Dabei werden oft auch Verzerrungen dem Spurfehlerwinkel "zugeschoben", welche überlagernd oft anderen Urspungs sind - z.B. Lager( Lastwechsel) oder Material-/ Geometrie -Resonanzen .


    Ergo: "die Länge des Tonarms"hat sehr viel gemeinsam mit der "Breite der Felgen" an einem SUV !" :D


    Grüsse aus dem sonnigen Offenburg


    Kurt

    -gewerblicher Teilnehmer-

  • Ein guter 9"er ist besser als ein mittelmäßiger 12"er.
    In dem Thread "Die besten 12-Zöller? " ist zumindest eine Übersicht, was es so an Armen gibt. Es kommt dann noch auf den Tonabnehmer an, der dazu passen sollte. Ein guter 12"er kann durch den längeren Hebel etwas punkten, neben günstigeren Spurfehlwinkel auch mit geringerer Lagerreibung durch den längeren Hebel. Allerdings macht sich das dann nur mit sorgfältig justierten Top-Tonabnehmern poistiv bemerkbar, also alles in allem kein billiges Vergnügen, denn gute Tonabnehmer wie gute 12"-Tonarme haben ihren Preis, dazu passende Dreher zumeist auch.

    Gruß André
    Keine Emails mehr, nur PN. Emailfunktion ist deaktiviert.


  • Was auch noch dazu kommt ist die Stabilität des Tonarmrohrs. Ein 12 Zöller ist hier einfach anfälliger für Resonanzen.


    Gruß
    Andreas

    Ich bin so alt, als ich damals zur Schule ging, gab es noch keine Handys. Wir haben dann Unterricht gemacht. Wir hatten ja sonst nichts.


    Ein Freund ist jemand, der Dich mag, obwohl er Dich kennt.