Tag zusammen,
meine Reise zur unten aufgeführten Kopfhöreranlage haben ja manche hier mit Rat und Tat begleitet. Die ein oder andere Frage kam schon, ob ich denn wirklich so ganz ohne Lautsprecher glücklich wäre...
Deshalb dachte ich mal über die vergangenen Jahrzehnte nach und überlegte welche Lautsprecher eigentlich am tiefsten Eindruck hinterlassen hatten. Lange Jahrzehnte der HiFi Leidenschaft, vor und hinter der Ladentheke, brachten mich ja mit dutzenden Schallwandlern in Kontakt. Echte Leidenschaft entfachten nur wenige. Um die "Lebensbeichte" nicht ausufern zu lassen, beschränke ich mich in der Rückschau mal auf die Highlights.
ATC 50(?). Mitte der 80er. Unglaublich wie diese schwarzen Kisten Apogees bei lebendigem Leibe verspeisten. Souveränität in Reinkultur.
Spendor 75/1. Ende der 80er. Irgendwie schon klasse, aber sehr empfänglich für bessere Verstärker.
Harbeth 3/5 Anfang der 90er. Man war das eine Zauberkiste. Türgrosse Elektrostaten hatten (in grossen Räumen) nicht diese Echtheit und die Wahrheit der 3/5 im kleinen Raum. Unvergessen.
Sonus Faber Guarneri Homage Anfang der 2000er. Grosses Kino in Optik, Haptik und Klang. Wobei die Ansteuerung selbst mit Monsterröhren immer problematisch blieb.
Was nun geschehen soll:
Ein Freund hat sich diesen wunderbaren Monitor von Audiomacchina gekauft. Ein sehr besonderes Gerät. Mit weit über 10K€ aber zur Ergänzung meiner Kopfhöreranlage mit viel zu kostspielig. Trotzdem nistet sich der Gedanke ein, doch auch wieder einen Lautsprecher zu kaufen. Vielleicht was kleines, denke ich zuerst. Eine QAcoustics Concept 20 spielt grandios an einem lütten NAD Verstärker bei Freunden in Münster auf. Reicht eigentlich als Ergänzung. Bei QAcoustics hat ja der alte Lautsprecher Guru Karl-Heinz Fink seine Entwicklerhände im Spiel und man hört nur gutes über die Ergebnisse.
Es kommt wie immer. Man wälzt die üblichen Foren und Online Magazine. Viele Namen geistern durch den Raum.
Mal was anderes ausprobieren wäre interessant. Breitbänder? Horn ohne Nerv?
Ich stoße auf Horn-Kultur und das Modell Bicorn. Liest sich prima. Mit 4K€ pro Paar am äussersten Rand des Budgets auch vorstellbar. Dafür gibts natürlich auch nette Briten. Harbeth hat ja damals bestens gefallen.
Der aktuelle Plan steht. Ich werde nächste Woche mal meine Realität abgleichen und mir die Harbeth Super HL5 anhören. Mal schauen was in 2016 so ein "klassischer Brite" leistet. Die QAcoustics Concept 40 steht auch dort bereit und damit ein Vergleich zu einem moderenen Briten der 1,4K€ Klasse. Da halte ich mein Ohr auch gerne mal hin. Tags zuvor höre den Horn/Breitbänder Bicorn von Horn-Kultur. Damit wird ein gewisser, kleiner Bereich des Marktspektrums abgedeckt.
Kurz noch mein Anforderungsprofil:
Der zu bespielende Raum ist ein Dachgeschoss mit Schrägen in 4x6,5m Grösse. Ich höre gerne im Nahfeld. Tiefbass interessiert mich nicht. Mein Musikgeschmack liegt hauptsächlich im Jazz. Meine Favoriten sind Chet Baker und Bill Evans. Stimmen aller Art liebe ich auch. Hören im Sweetspot kein Problem, da Alleinhörer.
Der vorhandene Verstärker Musical Fidelity A1 liefert laut Messung beim Umbau bei Herrn Kühne 2x25 Watt in rein Class A. Es wäre schön wenn das Gerät den neuen Lautsprecher zumindest am Anfang treiben kann (bis das Sparschwein einen neuen Verstärker erlaubt).Deshalb darf der Verstärker zu allen Terminen mit. Er vollbringt so unglaubliche Dinge an meinem Kopfhörer, das ich unbedingt abklären will ob es nur eine perfekte Synergie mit dem HE-6 ist, oder ob auch an passenden Lautsprechern seine Stärken ausspielen kann.Die emotionale Qualität der Wiedergabe ist mir sehr wichtig. Ich will es an einem Beispiel erklären.
Mein Hifiman HE-6 Kopfhörer war mit dem Auralic Taurus II Verstärker ein wunderbares Gespann. Nicht umsonst bezeichnen viele es als Perfect Match in der unter 2.000 Kopfhörer Verstärkerklasse. Trotzdem fehlte mir was. Laut genug war es. Trotzdem erwischte ich mich des Öfteren beim Dreh am Lautstärkeregler. Seit dem ich den MF A1 Class A Brutzler direkt am Lautsprecherausgang mit dem Kopfhörer genieße, weiß ich auch was fehlte. Schlagartig war eine federnde Lockerheit und eine Klarheit im Klangbild die mir vorher abging. Trotz leiserem Pegel ist das Ganze nun viel packender und mitreissender. Ähnliches wünsche ich mir vom Lautsprecher. Das Aussehen des Lautsprechers ist mir übrigens relativ egal. Die Akustik steht natürlich im Vordergrund. Ich hatte ja schon einen absoluten Beauty mit der Guarneri Homage. Kisten Designs haben für mich aber bei überzeugendem Klang große Sympathien.
Also gut.
Ich war bei Herrn Bembennek von Horn Kultur. Ein sehr angenehmer Besuch. Er ist ein wirklich bescheiden auftretender Fachmann und seine Lautsprecher sind wahre Kunstwerke in Optik und Design. Die gehörte BiCorn ist beeindruckend. Irre schnell und sehr fein auflösend. Mein kleiner Class A Brutzler (in einer revisionierten Version aus 2015 von Herrn Kühne aus Bayreuth, u.a. Vorstufe nach Marc Hennessy Board Revision 3 usw.) kam mit seinen 2x25 Watt erwartungsgemäß gut mit dem BiCorn Horn aus. Anders aber kaum besser klang ein (im Vergleich gehörter) mir nicht bekannter Röhrenvollverstärker für 4000€, er hatte den tieferen und knackigeren Bass. Im Mitteltonbereich gefiel der MF mir sogar besser, sehr erstaunlich. Ich hörte für ein vernünftiges Urteil aber nicht lange genug.
Zurück zur BiCorn. Ein wirklich schönes Teil. Die Formgebung, das Zusammenspiel von Nextel mit edlen Funieren, sehr fein. Echt praktisch das Poti zur Dosierung des Hochtonanteils. Ich hörte in Nullstellung keinerlei Nervigkeiten. Was mir (im Vergleich zu späteren Hörtests erst wirklich bewusst wurde) auffiel war eine Besonderheit. Die BiCorn bildet sehr plastisch ab, aber in einer wenig tiefen Linie direkt hinter den Lautsprechern. Ich bin mir nicht sicher ob man es ihr anlasten darf. Ich könnte mir vorstellen das es der vorgefundenen Aufstellung und Räumlichkeit eher geschuldet war. Prinzipbedingt wird sie wahrscheinlich nicht so frei aufgestellt wie ich es mir vorher gewünscht hatte und ich es zuhause anstrebe. In der Baugrösse ist einmal Bass in einem Hornkonzept wohl immer ein Problem wenn man ganz frei aufstellen und im Nahfeld hören möchte? Da muss eher klassischer in Wandnähe aufgestellt werden. Zum anderen ist die BiCorn auch für optimale Laufzeitanpassung so gebaut das ein Mindest Abstand von 2,5 bis 3 Meter empfehlenswert ist, meinte Herr Bembennek. Nahfeld nach meinem Geschmack ist nicht drin.
Ich glaube mein subjektiver Hörgeschmack passt deshalb nicht optimal zu dem angebotenen Konzept. Ich kenne Freunde die genau den Klang der BiCorn anstreben und lieben. Manche nennen es "Wall of Sound". Mein Geschmack geht eher in Richtung tiefe Abbildung zum hineinschauen. Plastizität in die Tiefe. Bitte richtig verstehen. Das soll keine Kritik an der Qualität der BiCorn sein. Hier geht es nur um Geschmack und welcher Reproduktionsstil besser gefällt. Ich habe gerade mit Herrn Bembennek telefoniert und den subjektiven Eindruck besprochen. Er kann mir folgen und er erklärte meinen Eindruck technisch genau. Auch er bietet Lösungen für meine Klangvorstellungen an. Diese liegen allerdings weit über meinem Budget und kommen so nicht in Frage.
Hersteller und Produkt sind eine echte Bereicherung der Szene und ich bedanke mich bei Herrn Bembennek für seine Mühe. Ich habe viel gelernt und kann nur jedem Empfehlen seine Produkte mal näher zu betrachten.