Der TAS-Listen Special Merit Thread

  • Hallo Forum,


    nachdem ich kürzlich einen Blick in die 2016 überarbeitete TAS Super LP-List tat, stllte ich fest das dort einige Neue und auch exotische neue Sachen auftauchten. Da ich nicht zu den Zeitgenossen gehöre, welche diese Liste als Einkaufsführer benutzen war ich immerhin erstaunt, das ich wohl mehr oder weniger zufällig einige von diesen Neuzugängen im Plattenschrank stehen habe.


    Was ich mich immer wieder frage wenn ich in diese Liste gucke ist bei vielen Platten welche ich nicht kenne einfach: Was verbirgt sich hierhinter? Das meine ich gar nicht so sehr klangtechnisch, sondern vor allem musikalisch. Z.B. Wer ist Herr Moeran und lohnt es sich seine Sinfonie zu kennen? Und aufgrund welcher klanglicher bzw. produktionstechnischer Besonderheit hat es diese Platte in diese Liste geschafft.


    Ich fände es interessant, nach und nach hier sozusagen als Gemeinschatsprojekt, die Platten hier aufzulisten, aber mit einer Beschreibung was denn für Musik drauf ist, vielleicht noch mit Coverfoto, Info zu den verfügbaren Pressungen bzw. Alternativen.


    Für den Anfang habe ich mir folgende Platte gesucht, die ich irgendwann 2015 für eine Handvoll Dollar aus USA importiert habe:


    Heitor Villa-Lobos - String Quartett Nr. 17 (und Nepumoceno - String Quartett Nr. 3)

    Brazilian String Quartett

    Odyssey (US-Columbia) 32160175


    Villa-Lobos String Quartett 17

    Villa Lobos String Quartett


    Die Platte erschien 1967, die Aufnahme ist wohl von der Brasilianischen Subdevision von Columbia


    Gekauft hatte ich sie, weil ich Villa-Lobos Fan bin. Das Quartett hat eine moderne Leichtigkeit wenn auch keine Ohrwurmthemen, gewürzt mit der für Villa-lobos typischen Prise Exotic. Beim Anhören weniger anstrengend als ein Beethoven-Quartett, aber nicht so leicht als ob nichts wäre.


    Klanglich fand ich diese Platte bisher nie besonders auffällig. Jetzt nachdem ich nochmal nachgehört habe finde ich das Cello und Viola am rechten und die beiden Violinen doch sehr am linken Kanal kleben. Besonders das Cello hat aber eine eigentümliche warme und intensive Klangfarbe, was der Platte vermutlich die Einstufung in die Liste eingebrockt hat.


    Viele Grüße, InSch

  • Ach, sieh an, diese Platte habe ich auch. Wußte nicht, dass sie auf der TAS steht. Und ich weiß nicht mehr so genau, woher ich sie habe.


    TAS führt sie "nur" mit 'special merit'.


    Läuft gerade. Halte ich auch nicht für eine auffällige Aufnahme. Dumpf und flach. Deutlich sind nur die Pressmängel. Sehr noisy. Das Cello geht darin leider etwas unter. Vielleicht hilft energisches Waschen noch etwas.

    Viele Grüsse,
    Mario


    It is good taste, and good taste alone, that possesses the power to sterilize and is always the first handicap to any creative functioning. (Salvador Dali)

  • ..... da habe ich Glück gehabt, meine ist wie neu, ohne Pressmängel oder Geräusche......


    Weiter mit der TAS-Liste. Der Wozzeck ist für mich schon seit langem eine meiner am liebsten gehörten Opern, liegt vermutlich daran das ich auf dem Gymnasium den Büchner (Urheber des ursprünglichen Theaterstücks) lesen musste und somit schonmal mit der Handlung vertraut war und mich auf die Musik konzentrieren konnte. Zunächst fand ich die europäische Pressung CBS SET 3003, welche zusätzlich zu den beiden LP mit der Oper eine LP enthielt wo ein gewisser Herr Adorno in das Werk eingeführt hat. Nun bringen bekanntlich die europäischen CBS Pressungen verglichen mit ihren US-Pendants klanglich nicht wirklich eine überragende Performance, so das ich mich nach einer US-Pressung umgesehen habe.


    In den USA gab es bereits in den 60er Jahren auch eine CBS-Serie von Columbia, mit blauen Label ganz ähnlich wie der in Europa. Dort landeten wohl hauptsächlich Aufnahmen aus dem Ausland, also Boulez aus Europa oder Chavez aus Mexiko. Die US-Version hat ein sehr dunkles Cover und besteht nur aus zwei Platten, ohne Adorno. Der Stamper ist typisch Columbia und diese Platten klingen in der Tat deutlich besser als die europäischen Versionen. Gleiches gilt z.B. auch für Debussy "La mer" mit Boulez, welches in USA als CBS 32 11 0055 erschienen ist, auch mit deutlich besser Klangqualität als die europäische Pressung. Bei den USA-CBS Platten sollte man genau hinsehen, das man nicht ausversehen ein Mono Exemplar erwischt, die sehen sehr ähnlich aus! Die US-pressung hat in sehr viel schöneres Libretto mit komplettem Text.


    Alban Berg - Wozzeck (2-LP)

    Pierre Boulez dirigiert das Pariser Nationalorchester und -chor

    Walter Berry als Wozzeck, Isabel Strauss als Marie

    CBS (US-Columbia) 32 21 0002

    erschienen 1966


    Boulez Wozzeck US-Pressung

    US-CBS Series Label


    Die Oper besteht aus drei Akten welche jeweils fünf Bilder haben, welche alle ihr eigenes musikalische Material haben, beziehen sich aber alle gegenseitig aufeinander und basieren auf klassischen Formen. Das Ganze natürlich als Zwölftonmusik, was aber beim Hören nicht weiter auffällt. Es gibt diverse Einsprengsel von Volksmusik ("Ein Jäger aus Kurpfalz") die künstlich schräg in die jeweiligen Szenen eingeflochten sind. Die Musik unterstreicht jeweils die Eigenarten der handelnden Personen, macht z.B. deutlich, das Wozzeck in der Eingangsszene deutlich entspannter ist, als den hauptmann den er grade rasiert.


    Thematisch handelt es sich um ein Sozialdrama (wurde auch mit Kinski in der Hauptrolle von Werner Herzog verfilmt). Der arme Schlucker Wozzeck verliert seine Frau Marie an den Tambourmajor. Im Finale des 2. Aktes in der Wirtshausszene sieht er sie zusammen tanzen, die anderen Gäste singen und tanzen, anwesende Handwerksburschen reden im Suff, wollen ihre Nasenhaare aneinanderknoten. Dieses Gewölle ist in dieser Einspielung einmalig gut und glaubhaft umgesetzt, und Boulez Interpretation passt einmalig gut zu dem Stück.


    Keine andere mir bekannte Einspielung kommt so gut auf den Punkt. Da wären eine sehr schöne monophone Liveversion mit Mitrpoulos (Columbia Masterworks SL-110), Böhm mit Fischer Dieskau (an dem ich mich so überhört habe, das ich sie nicht mehr hören kann).... Die Eterna Version mit Herbert Kegel und Theo Adam als Wozzeck gefällt mir auch gut (Eterna 8 26 656-657) nur eben nicht SO gut wie Boulez.


    Gruß, InSch

  • Hallo,


    Die TAS Liste wird von Leuten erstellt die aus der Anglo-Amerikanischen Musikkultur entstammen, insofern ist es nicht verwunderlich das Komponisten aus diesem Umfeld besonders häufig vertreten sind.

    Labels die viele Werke dieser Komponisten ( einige Labels wie Lyrita zb. ausschliesslich ) veröffentlicht haben sind dadurch sehr oft in dieser Liste zu finden.

    Komponisten wie Arnold, Gerhard ( ein Spanier aber lebte seit ende der 30er in UK und komponierte dort auch seine Hauptwerke ), Bliss, Antill, Birtwistle, Bax, Bennett, Brian, Finzi, Howells, Leigh, Lloyd, Maconchy, Moeran, Rawsthorne usw ( ich staune das in dieser Liste keine Aufnahmen von Mathias und Reizenstein enthalten sind ). sind ausserhalb oftmals nur eingefleischten Fans ein Begriff. Ich werde die Tage mal etwas stöbern und ein paar der in der Liste enthaltenen Alben vorstellen, interessante Musik ist in jedem Fall dabei, ob sie in eine solche Best-off Liste gehört darüber kann man sicherlich streiten.


    Gruß,

    Uwe


    Gruß,

    Uwe

  • Hallo Uwe,


    das wäre sehr schön, wenn Du auch Alben vorstellen würdest!

    Das diese Liste vor einem speziellen Hintergrund zu verstehen ist, ist klar. Mir geht es hier aber nicht darum, die Liste als solche zu kritisieren, sondern einfach mal zu schauen was wirklich drin ist....


    Gruß


    InSch

  • Die TAS List hatte ich als ziemlich unsinnig in Erinnerung. Danke für den Hinweis hier, mittlerweile finde ich sie recht amüsant, wie ich feststellen konnte. Bin kurz drüber und hab rund 100 Häkchen gemacht, hauptsächlich "classical", nicht immer genau die gelistete Version.


    Mit was fang ich nun an? Hat einer Wünsche? :S Gut. Dann "best of the bunch". Ich geh mal gucken.

  • ... best of the bunch wäre super, wenn das jemand machen würde ^^


    Weiter zur TAS Liste. 2013 habe ich in Berlin bei Platten Pedro diese Platte für 5 Euro gekauft.... eigentlich nur weil David Oistrach Violine spielt. Das Werk selbst kannte ich nicht. Die Platte habe ich grade wieder herausgekramt und denke auch das ich dem Werk in aller Tiefe nicht gerecht werden kann..... NOVA war das Label für zeitgenössische Musik der VEB Deutsche Schallplatten Berlin (Ost), besser bekannt durch die Label Eterna oder Amiga. In den 70er Jahren hatten die Platten ein grünes Label, später ein blaues wie auch die Eternas.


    Die Musik steht irgendwo in Tradition von Schostakowitsch und dem sozialistischen Realismus, eher mit Anlehnungen an die Romantik als an das Moderne. Das Violinkonzert füllt die ganze LP aus, hat drei Sätze Langsam-Schnell-Langsam. Oistrach spielt es völlig souverän und hält für meine Begriffe das ganze Werk durch sein Spiel zusammen. Denn so klare Linien oder Aussagen wie bei Schostakowitsch finden sich für meine Ohren ebensowenig, wie durchgängige oder wiederkehrende Melodien. Es gibt schöne Momente und Passagen mit denen ich nichts anfangen kann. Teilweise könnte man mit der Musik einen Dokumentarfilm "Wir bauen eine neue Stadt" bebildern, mit anderen Passagen einen Naturfilm"Abenddämmerung am Fischteich".


    Hans Hermann Meyer - Violinkonzert

    David Oistrach, Violine

    Staatskapelle Berlin, Otmar Suitner

    NOVA (VEB Deutsche Schallplatte Berlin) 8 85 057

    herausgekommen 1974


    Hans Hermann Meyer

    grünes NOVA-Label


    Für meine Ohren klingt die Aufnahme nicht besser oder schlechter als vergleichbare Eternas. In ruhigen Passagen leuchtet Oistrachs Violine den kirchenartigen Aufnahmeraum schön aus, gleiches gilt auch für einzelne Orchesterinstrumente in bestimmten Passagen. Das Ganze ist eher auf Abstand mikrophoniert.


    Die Platte ist am ehesten etwas für jemanden, der Oistrach mag und sonst schon alles von ihm hat. Alternativ möchte ich zwei Bach Violinenkonzerte mit Igor Oistrach auf Eterna 8 25 893 empfehlen, musikalisch verträglicher, leicher auf dem Gebrauchtmarkt zu finden und vermittelt auch einen schönen Eindruck der VEB/Eterna Aufnahmetechnik.


    Gruß, InSch

  • Hallo,


    also ich habe hier die Massenet Le Cid als Klavier KS522 und als Emi ESD7040. Ich muß allerdings dazu sagen das ich beide schon längere Zeit nicht mehr gehört habe. Miteinander direkt verglichen noch gar nicht. Beide sind mir aber klanglich in guter Erinnerung geblieben. Ich werde die beiden in den nächsten Tagen mal nacheinander anhören und dann hier berichten.


    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/29013095le.jpg]



    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/29013096kl.jpg]



    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/29013098pu.jpg]



    [Blockierte Grafik: http://up.picr.de/29013099np.jpg]



    Gruß

    Thomas

  • Schön, bin schon gespannt auf Deinen Bericht!


    Hier läuft grade "The triumph of time", was ich etwas schwer einzuordnen finde. Ich habe es ersteigert, niemand anders hatte geboten und ich hatte auch nur wenige Pfund geboten, aus Neugier. Birtwistle ist ein britischer Komponist so a la Maxwell-Davies. Argo ist mehr oder weniger eine Unterabteilung der Decca gewesen, zumindest von der technischen Seite her, d.h. Produktion, Klang und Pressung waren vom gleichen Standart. Die Platten der 60er Jahre haben analog zu den Wide-Silverbad-Label der Decca ein großes grünes Label mit ovalem ARGO-Logo, was Anfang der 70er Jahre dann in die kleine Kastenform analog zum small-silverband geschrumpft war.


    The triumpf of time soll laut Klappentext ein Bild von Breugel reflektieren, das Bild ist im Klappcover mit einer ausführlichen Beschreibung abgebildet. Letztendlich geht es darum das der Lauf der Zeit das Leben begrenzt und man irgendwann stirbt. Akustisch kann ich die Musik nicht wirklich darauf beziehen. Das Werk bleibt die meiste Zeit leise und langsam, aber mit einer subtilen Unruhe. Teilweise tauchen Percussionklänge auf, teilweise erinnert es an Boulez "Pli selon Pli" und sehr entfernt an olivier Messiaen. Das Finale steigert sich in Fanfaren und Getrommel. Für mich nicht etwas was ich ständig hören könnte.


    Die zweite Seite "Chronometer" enthält eine elektronische Komposition, welche wohl mittels Tonbandschleifen Ticken und Klingeln von Uhren rekreiert. Das ist zwar eher unaudiophil, aber vergleichsweise kurzweilig und nett anzuhören.


    Harrison Birtwistle - The triumph of time

    BBC Symphony Orchestra, Pierre Boulez

    Argo ZRG 790

    herausgekommen 1974


    Birtwistle

    Birtwistle


    Die Musik ist auf große Distanz mikrophoniert, klingt für meine Begriffe aber nicht besser oder schlechter als andere, ähnliche Decca-Produktionen. Warum auch immer es in der TAS-Liste gelandet ist.....


    Gruß, InSch

  • Warum auch immer es in der TAS-Liste gelandet ist.....

    Man kann die Frage auch umdrehen, sprich: Warum auch immer es nicht in der TAS-Liste gelandet ist. Wie zum Beispiel es = Coplands Rodeo mit Johanos oder Rachmaniovs 2. Klavierkonzert mit Ashkenazy/Kondrashin. Nähern wir uns mit Güte.

  • Nun eine Platte an der sich auch die Geister scheiden. Seit es seinerzeit eine Neuauflage von Speakers Corner gab sind mindestens 5 Exemplare durch meine Sammlung gegangen. Woher dieses Exemplar ist weis ich nicht mehr.....


    Die Archiv Produktion ist ein spezielles Label für alte Musik von der deutschen Grammophon. Die Originale haben eine genähte(!) aufklappbare Hülle mit innenliegender Plattentasche aus einem sehr festen beigen Material. Klappentexte in mehreren Sprachen und eine innenliegende "Archiv-Card" mit genaueren Informationen zu Werk und Aufnahme. Der wissenschaftliche Anspruch wurde hierdurch unterstrichen. Diese Ausgaben gab es bis 1967. Dann kam ein einfaches graues Pappcover und Ende der 70er Jahre schliesslich weisse Alben. Das urspüngliche Label (wie unten dargestellt) heißt "Silberetikett".


    Auf dieser Platte spielt ein speziell dafür zusammengesuchtes Ensable Tanzmusik der Hochrenaissance auf entsprechenden Instrumenten, vor allem dominiert von Blockflöten, Trommeln und Schellen. Und es ist Tanzmusik, also keine Symphonie. Insofern handelt es sich um eine Platte die man mag oder nicht mag, es ist weniger eine Frage, ob die Musik jetzt korrekt interpretiert wurde etc... Was das angeht gibt es nichts zu kritisieren.


    Praetorius - Tänze aus Terpsichore (u.a.)

    Collegium Terpsichore

    Archiv Produktion SAPM 198 166

    erschienen 1960


    Tänze aus Terpsichore

    Archiv-Label


    Wenn die Musik auch keine hohen Dynamiksprünge hergibt, so hat die DGG mit dieser Platte doch wohl mehr oder weniger unfreiwillig so etwas wie eine audiophile Testplatte produiziert. Es taucht auch ab und zu ein Glockenspiel auf so das es obenherum schön funkelt, eine explizit audiophile Produktion hätte das kaum besser hinbekommen, was dafür eigentlich fehlt wäre so etwas wie eine große Trommel oder irgendetwas, was tiefe Töne von sich geben kann.


    Diese Platte ungemein modern aufgenommen, für 1960 eher ungewöhnlich. Das Ensamble sitzt im Grunde zwischen den Lautsprechern im Hörraum, es gibt wenig Hall oder Raum nach hinten, alles klingt sehr direkt. Das ist durchaus typisch für viele Platten aus der Archivproduktion, diese hier ist wohl aus o.g. Gründen in der TAS-Liste gelandet. Es gäbe da ansonsten noch so etwas wie das "Lochamer Liederbuch" oder Händels Feuerwerksmusik mit dem Bläserensamble der Archiv-Produktion....


    Für die verschiedenen Pressungen gilt: je älter die Pressung, um so besser der Klang. Das gilt leider auch für die Nachpressung von Speakers Corner, welche zusätzlich eine künstliche Dosis Bass bekommen hat, seinerzeit wurde mit der Verwendung einer Cello-Audiopalete geworben.


    Gruß, InSch

  • Ferdinand Herold / John Lanchbery: La fille mal gardee

    John Lanchbery & Orchestra of the Royal Opera House, Covent Garden

    Decca SXL 2313



    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113609/



    Bedeutungsschwanger ist das sicher nicht, eher Lokalkolorit. Herr Lanchbery, den bei uns keiner kennt, war lange Zeit erster Dirigent des Royal Ballet, das streng genommen bei uns auch keiner kennt. Zusammen mit dem Choreografen Frederick Ashton hatte er in den 60ern Ferdinand Herolds „La fille mal gardee“ arrangiert, ergänzt und allgemein aufgebrezelt. Und genau, richtig geraten, die beiden samt dem Ergebnis des Ganzen kennt bei uns auch keiner. Außer - natürlich - er ist Ballett-Experte oder er besitzt diese Schallplatte.


    Die Musik ist von der leichten, durchaus auch originellen und witzigen Sorte, in Summe gut unterhaltend, aber nicht wirklich anspruchsvoll oder spannend. Die Ursprungsversion geht dann auch auf traditionelle französische Lieder und Motive zurück und nicht auf eine eigens dafür neu angelegte Komposition. Ferdinand Herold hatte das Original Anfang des 19 Jhd. nur neu gefasst, bevor Herr Lanchbery dann nochmals Hand anlegte.


    Tontechnisch gehört diese Scheibe wohl zu Recht in die TAS List. Wenn ich die üblichen paar Prozent Klangqualität auf diese meine späte Ausgabe aufschlage, bleibt nicht mehr viel Luft nach oben. In diesem Sinne gilt also schon, dass man zugreifen solle, wenn sie irgendwo zu vertretbaren Konditionen rumsteht.


    Das Cover ziert übrigens das Gemälde „Le Reprimande“ von Pierre-Antoine Baudouin aus dem 18 Jhd., das als Vorbild für die Handlung von „La fille mal gardee“ gilt: Die Mutter erwischt ihre Tochter beim Tete-a-tete, wobei sich der Galan im Stadel davonmacht. Letzteres muss auf den späten Covern wegen der schlechteren Reproduktionsqualität allerdings unter den Tisch fallen.

  • Diese Platte hat quasi jeder schonmal irgendwo gesehen. Leonard Bernstein war in den 40er und 50er Jahren vor allem Komponist. Die "West side story" ist ein Musical a la Romeo und Julia mit etwas Sozialkonflikt gewürzt und in die USA verlegt. Darauf sind einige bekannte Melodien wie "Maria" oder "Amerika", die auch jeder schonmal gehört hat. Die Musik ist eingängig, abwechlungsreich und auch schön instrumentiert.


    Die Platte enthält das Broadway Musical. Später erschien eine Platte mit dem Filmsoundtrack auch auf Columbia. Diese hier trägt die Bestellnummer OS 2001, die erste Stereoplatte aus dem Bereich Oper/Musical. Erstpressungen zeigen das graue Six-Eye Label (siehe unten), spätere Pressungen aus den 60er Jahren begnügen sich mit nur zwei "Eye". Die Platte ist wie gesagt häufig zu finden und nicht teuer.


    West side story

    Six Eye played by TSD-15


    Die Aufnahme macht eine mittelgroße Bühne auf, deren Dimensionen gut abgebildet werden. Die Sänger scheinen sich lebendig darauf zu bewegen. Grobe dynamische Ausbrüche a la Mercury oder Decca gibt es nicht, jedoch aber sehr schöne Klangfarben und Schmelz, wie ihn nur ganz frühe Stereo-Produktionen haben.


    Leonard Bernstein als Komponist finde ich nicht uninteressant, jedoch kann ich nicht alles von ihm mit Vergnügen hören. Einige Stücke von ihm erinnern mich an Igor Strawinsky. Wenn ich es mal ordentlich krachen lassen will, dann höre ich gerne seine Koposition "Chicester Psalms" (Columbia Masterworks MS 6792), auch die "Serenade" mit Isaac Stern höre ich sehr gerne. Und eben auch die "West side story".


    Gruß, InSch

  • Hans Werne Henze ist vorsichtig gesagt nicht mein Lieblingskomponist, die Platte hat mich um die 7 Euro gekostet. Die vorliegende Platte finde ich insgesamt relativ zugänglich. Sie enthält vier verschiedene Werke, von denen das vierte "Des Kaisers Nachtigall" in der TAS-Liste aufgeführt ist. Die spielzeit der Platte wurde maximal ausgenutzt, demzufolge gibt es keine wirklich hohe Dynamik. "L´Oiseau Lyre" ist eine Art Sublabel der Decca. Die Platten haben verschiedenfarbige Etiketten und Serien, der Fokus liegt vor allem auf alter Musik. Die Platten mit "DSLO" und rosa Label enthalten v.a. zeitgenössische Musik.


    "Des Kaisers Nachtigall" ist eine Komposition vom Ende der 50er Jahre welche einem Programm, einem Märchen von Andersen folgt. Gleichzeitig ist es ein Flötenkonzert, welches im wesentlichen von Percussion, Klavier und anderen Blasinstrumenten begleitet wird. Das erste Stück der Platte "Labyrinth" ist jazzig inspiriert und sehr rythmisch und vergleichsweise leicht. "Apollo et Hyazinthus" ist eine Balettmusik und gleichzeitig ein Cembalokonzert und eher von schwerem Gemüt. Gleiches gilt für das chorgesungene "Wiegenlied der Mutter Gottes", welches mich ganz entfernt an die wie auch andere Teile dieser Platte an die Filmmusik zu Schlöndorf "Törleß" erinnern.


    Henze - Des Kaiser Nachtigall (u.a.)

    London Sinfoniette, Henze

    L´Oiseau Lyre DSLO 4

    aus dem Jahre 1975


    Henze Cover

    Henze Label


    Die Platte klingt gut, aber ich finde für eine Decca nicht aussergewöhnlich gut, eher so wie ich es von so einer Decca erwarten würde. Aufgrund der hohen Spielzeit scheint es auch Einschränkungen in der Dynamik zu geben. Bei Peter Maxwell Davies "L´homme armé" (L´Oiseau Lyre DSLO 2 von 1972) geht es bei ähnlicher Besetzung ganz anders zur Sache mit größerem Schlagwerk und satter Dynamik und netterer Grundstimmung in der Musik.


    Gruß, InSch


    PS: Wenn ich in den nächsten Tagen mobiler werde wird auch meine Postingfrequenz hier abnehmen.

  • Dann mal weiter mit den "Kuriositäten": Luciano Berio ist einer der bekanntesten Komponisten der zweite Hälfte des 20. Jahrhundert, hat auch verschiedene Strömungen mitgemacht und mit Electronik gespielt. Bekanntestes Werk ist wohl der Azerbaijanian Love Song, welcher zu seinem Werk "Folk Songs" gehört und wohl von einer alten 78er Platte transcribiert wurde. Die "Folk Songs" selbst mut Cathy Berberian sind bei RCA erschienen - in sehr bescheidener Tonqualität......


    Die vorliegende Platte enthält ausschliesslich Acapella-Vokalmusik (keine Begleitung), mit den Swingle-Singers und für die Swingle Singers komponiert. Das Ganze ist gemäßigt modern und über die gesamte Spielzeit (pro Plattenseite ein Werk) absolut abwechslungsreich gehalten. Ich denke es gibt so ziemlich alles zu hören, was man so als Vokalensamble von sich geben kann einschliesslich Geräuschen (Husten, "rrrrrr") oder kurze gesprochene Passagen. Dabei behält die Platte ihren Humor, das Ganze nimmt sich nicht so ernst. Die Platte (ca. 20 Euro) besitze ich schon sehr lange und höre sie immer wieder mal gerne.


    Decca "headline" ist eine Serie von Schallplatten für zeitgenössische Musik, es gibt ca. 20 Titel. Das Label ist rot, es gibt eine kleine Variante aus den 70ern und ein größeres auf späteren niederländischen Pressungen. Die vorliegende Platte gibt es mit zwei verschiedenen Covern (das andere ist eher schwarz). Sie enthält ein Libretto mit Text.


    Luciano Berio - A Ronne / Cries of London Town

    Swingle Singers

    Decca headline 15

    herausgekommen 1975


    Berio A-Ronne

    Decca headline label


    Klanglich, bezogen auf die TAS-Liste gibt es weder etwas auszusetzen noch besondere Features. Gefühlt hätte ich diese Platte eher nicht in der TAS-Liste erwartet. Vielleicht liegt es einfach daran, das Platten voll mit Vokalmusik ohne Begleitung ohnehin Raritäten sind udn man sich an dieser hier nicht so schnell satt hören kann.


    Gruß, InSch

  • Hallo,


    Ihr legt ja hier los wie die Feuerwehr, sehr schön, nun hab ich Zeit etwas beizutragen.


    Malcolm Arnold ist mehrfach in der Liste vertreten, 2 Alben befinden sich in meiner Sammlung,

    Lyrita SRCS 109

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113627/


    Die wohl bekannteste und teuerste Lyrita, eine der Sternstunden der Decca Aufnahmetechnik, stupende Dynamik und Konzertsaalatmosphäre. Sie Musik ist traditionell im positiven Sinn des Wortes, erinnert mich an die slawischen Tänze Dvoraks oder an Griegs Peer Gynt. Hr. Arnold hat auch weitere Tanzzyklen komponiert, irische und walisische kenne ich.

    Malcolm Arnold ist vielleicht einigen Rockfans eher unbewusst bekannt, er war der Dirigent und Mitinitiator der Deep Purple Aufnahme mit dem Royal Phil. Orchester.

    Desweiteren komponierte er ( wie etliche andere britische Komponisten / innen ) zahlreiche Filmmusiken, ua. The Bridge over the River Kwai.


    etwas gegensätzlicher das folgende Album,


    EMI ASD 2878

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113629/




    Die Peterloo Overture ( ein Auftragswerk der britischen Gewerkschaft TUC in Gedenken an das Manchester Peterloo Massaker im Jahr 1819 )

    sowie die 5 Symphonie und nochmals die cornischen Tänze.

    Die Symphonie ist deutlich abstrakter komponiert, fast schon Kontrastprogramm zu den eingängigen Tänzen und seiner Filmmusik wobei mich einige Passagen, vor allem im 4 Satz, doch an Filmmusik bzw Abspannmusik erinnern.


    Die ASD klingt ausgewogen, guter Durchschnitt, die Lyrita steht völlig zu Recht in dieser Liste, die ist klanglich allererste Sahne !


    Gruß,

    Uwe

    Gruß,

    Uwe

  • Hallo,


    Weiter gehts mit Roberto Gerhard, ein spanischer Komponist der im spanischen Bürgerkrieg nach Großbritannien emigrierte. Er war in den 20er Jahren ein Schüler Schönbergs in Wien und Berlin und arbeitete anfang der 30er ua. mit Leonide Massine ( Umfeld Ballet Russe ) zusammen.

    3 Alben von Ihm aus der TAS Liste möchte ich vorstellen,



    Decca Head 6

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113631/



    The Plaque, ein ''Hörspiel'' nach dem Roman Die Pest von Albert Camus. Kurz gesagt obwohl ich den Roman ( lange bevor ich die Aufnahme kannte ) gelesen habe und auch was damit anfangen konnte, Camus ist ja eher philosophische Kost, finde ich nicht so recht Zugang zu dieser Platte. Keine Frage, Aufnahmetechnisch ist das ganz, ganz weit vorne, absolut beeindruckend diese Tiefenstaffelung, die Räumlichkeit, die Direktheit, aber es ist ein Hörspiel mit vielen Effekten die das Nachdenken über die Tiefe dieses Themas, das Leid der Überlebenden im Krieg, in dieser isolierten Welt, völlig überdeckt. Ich lese lieber das Buch und das obwohl ich den Komponisten sehr mag.


    Decca Head 11

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113634/


    die nächste Platte aus der Headline Serie, eine tolle Platte, ich höre die sehr gerne wenn ich einfach mal abschalten möchte, die Stücke bestehen komplett aus Facetten, fast verspielt, wie ein Gemälde von Pollock. Vielleicht war die Intension des Komponisten auch eine tiefergehende, aber die habe ich dann bisher nicht entdeckt.


    anders bei,


    Argo ZRG 701

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113636/


    Argo ZRG 701, die 4 Sinfonie trägt den Beinahmen New York ( eine Auftragsarbeit zum 125jährigen bestehen der NY Philharmoniker ), sehr Körperhaftig und perkussiv, fast greifbar der Strassenlärm, das quirlige Leben, turbulent mit nur kurzen Verschnaufpausen. Das Violin Konzert als zweites Stück auf der Platte ist etwas moderater, es gibt viele Momente wo spanische ( katalanische ) Musik durchscheint, wenn die Astrological Series ein Pollock sind ist das Violin Konzert wohl ein Miro oder Dali.


    Klangtechnisch ist die Head 6 herausragend, die Head 11 und die Argo immer noch weit über dem Durchschnitt.


    Gruß,

    Uwe

    Gruß,

    Uwe

  • einen hab ich noch ...


    Sergej Prokofiev, russisch / sowjetischer Komponist, der Name dürfte wohl jedem hier bekannt sein.


    in der TAS Liste ist die Scythian Suite mit Dorati und dem London SO als 45er Reissue aufgeführt das ich leider nicht kenne, ich kann lediglich mit dem Orginal dienen, eine FR2 / FR 5 Pressung im Colorbackcover.


    Mercury SR 90006

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113646/


    Das Programm ( neben der Scythian auch die Love for Three Oranges Suite ) gehört zu den Meisterstücken der klassischen Moderne ( Prokofiev hat die Scythian Suite im Alter von 24 Jahren komponiert ! ) und das mit einer Aufnahme die zweifelsohne zu den atemberaubensten und spektakulärsten der gesamten Analogära zählt. Wie schon geschrieben kenne ich das 45er Reissue nicht, aber mein Orginal klingt schon gewaltig, diese Platte ist Garant für offene Münder wenn ich Besucher habe die über meine Vorliebe für Schallplatten lächeln und meinen Ihre MP3 auf Ihren Smartphones mit Bluetoothspeaker klingen besser weil ja digital und rauschfrei und so.


    ein weiteres Highlight ist die Gesamtaufnahme des Ballets Romeo und Julia mit Lorin Maazel und dem Cleveland Orchester,


    Decca SXL 6620

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113642/


    Die Box enthält 3 Platten und ist klangtechnisch absolut hervorragend obwohl es eine relativ späte Decca Aufnahme aus dem Jahre 1973 ist ( es gibt etliche wirklich tolle Aufnahmen bis mitte der 70er ( die ein oder andere wird in diesem Tread sicherlich noch auftauchen ). Das Ballet enthält viele bekannte Melodien, hat einen schönen Spannungsbogen, einfach tolle Musik die man sich auch gerne mal live als Ballet anschauen und hören kann.


    weiter gehts zur 6. Sinfonie,


    Decca SXL 6777

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113644/


    die, 1947 komponiert, das Gegenstück zur 5 Sinfonie darstellt, während die 5te die Jubelarie zum siegreichen Ende des Krieges ist wird in der 6ten bewusst was für einen riesigen Preis man dafür zahlen musste. Die Musik ist sehr schwermütig und traurig, eher schwere Kost und nichts für mal schnell nebenbei hören, muss man wirklich in der Stmmung sein um sich auf dieses Werk einlassen zu können.

    Die Aufnahme mit Walter Weller und dem London PO ist klanglich sehr guter Decca Durchschnitt. Weller hat für Decca alle Prokofiev Symphonien eingespielt, kurioserweise einige mit dem London PO ( SXL 6777, 6852, 6908, 6945 ) und andere wiederum mit den London SO ( SXL 6702, 6787 ).


    Prokofiev konnte auch Filmmusik,


    RCA LSC 2150

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113640/


    in der Liste ist ein Reissue dieser Aufnahme aufgeführt, ich kann wiederum nur mit dem Orginal, eine 24s / 19s A1 Shaded Dog Pressung, dienen, trotz der hohen Masterfolie klingt mein Exemplar sehr gut. Ich finde die Musik sehr kurzweilig und eingängig finde aber Seite 2 mit Stravinskys Song of the Nightingale deutlich interessanter. Gerade beim Song hat diese Einspielung mit Reiner und dem Chicago SO für mich Referenzstatus.


    nochmal zurück zu Decca bzw in diesem Fall zu London,


    London CS 6059

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/113648/


    in der Liste taucht diese Einspielung als späte Eclipse Ecs Pressung auf, es existiert von dieser Aufnahme keine SXL Pressung, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen das die orginale London CS Version schlechter klingt als die Eclipse Pressung. Ich finde diese London Pressung klangtechnisch ganz hervorragend und eine Einspielung mit Ricci und Ansermet kann interpretatorisch garnicht schlecht sein.

    Ricci spielt typisch emotional aber sehr energievoll mit wunderbarem seidigen Klang und Ansermet ist bei russischen zeitgenössischen Komponisten eh in seinem Element.


    Gruß,

    Uwe

    Gruß,

    Uwe