ELDER -2017- Reflections Of A Floating World (NextGen-Prog-Psych-Stoner-Jam)

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    Ich mag ja ganz besonders Musikalben, die mich beim ersten Hören mit ihren Strukturen und Anhäufungen von Ideen überfordern, mir aber gleichzeitig das Gefühl geben, dass, wenn ich mich intensiver mit ihnen befasse, sie mich beim Enträtseln mit Endorphinausschüttungen und Erkenntnisorgasmen befriedigen werden.


    Bei 'Reflections Of A Floating World' strengt beim ersten Durchlauf neben der Schubladensuche, auch die Suche nach Halt an. Das "Floating" ist nicht immer rund und gemütlich, sondern kann auch in Haken, geometrischen Formen und reißerischen Strömen den Hörer an den Rand des Ertrinkens bringen.


    ELDER mögen Gitarren und auch Gitarrensolos, und fast wäre ich versucht sie in die psychedelische Jam-Rock-Ecke zu stellen, wo sie allerdings neben den überwiegend bluesig-angehauchten Saitenpornografen, wie Mathematik-Nerds wirken könnten, die eher im verschrobenem Jazz, oder gar Djent beheimatet wären. Ein flüchtiger Hauch von MESHUGGAH oder ANIMALS AS LEADERS ist schon vernehmbar. Bei direkteren Vergleichen schießen mir allerdings die Glanztaten von THE MARS VOLTA und AT THE DRIVE-IN durch den Kopf, vor allem wenn es um die Art der Vokalisierung geht. Aber auch die zuckend fragilen Rhythmen bzw. Unterbaukonstruktionen erinnern sehr an jene Ausnahmekünstler. Dennoch schaffen ELDER einen unvergleichlichen Fluß, der vom positiven Charakter auch z.B. sehr an 'Close To The Edge' von YES oder stellenweise PINK FLOYD erinnert. Dabei vermeiden sie es gekonnt allzu oft mit schnöden Genreklischees Ideenlosigkeit zu kaschieren. Vorher schweifen ELDER lieber in verschrobene Sphären und dramatische Eruptionen ab und reißen damit das Ruder immer im richtigen Moment rum. Auch wegen des Mellotron könnte man da ab und zu den Eindruck gewinnen, dass hier 'In The Court Of The Crimson King' einen nicht geringen Inspirationsanteil am Arrangement hatte.


    NEU! und EXPLOSIONS IN THE SKY kommen beim Erleben der 2LP ebenso ins Gedächtnis, wie auch WISHBONE ASH, THIN LIZZY oder IRON MAIDEN. Herrliche Twin-Gitarren haben diese Schlitzohren nämlich auch im Sortiment und wissen damit gut umzugehen. Zum allen Überfluss muss ich nun noch KYUSS ins Spiel bringen, denn der Sound ist zuweilen übelst fett! Also wären wir zum jetzigen Zeitpunkt bei einer Kategoresierung, die in etwa Progressive-Psychedelic-Stoner-Jam-Rock oder so lauten könnte.


    ELDER schaffen mMn perfekt den Spagat zwischen 70er-(Stoner/Hard)Rock-Feeling und moderner Architektur. Zu jeder Zeit kann man ihre zahlreichen Inspirationsquellen raushören und ELDER scheinen das vorerst letzte und logischste Glied dieser Evolution zu sein. Die Band schiebt da Details in ihre Songs, die einfach nur genial sind und damit meine ich nicht das schnell rausgekramte und schon sehr abgelutschte "genial"! Die Musik ist durchdacht und dennoch nicht steril, sondern von einer übernatürlichen Schönheit. Neben schrammeligen (Grunge/Garage?) Passagen lassen die Jungs aus Boston auch gerne mal einen Funkenregen an Saitenzaubereien herabregnen. Es passiert so viel und doch hat man nie das Gefühl von erzwungener Aufgesetztheit.


    Die Produktion empfinde ich als nahezu perfekt und dazu kommt noch eine sauber gepresste 2LP, die einem nicht den Spaß am Vinyl verdirbt, sondern ordentlich läuft!


    Als Fazit kann ich nur sagen, dass wenn man letztes Jahr objektiv gesehen mit 'Terminal Redux' von VEKTOR einen Meilenstein in der (härteren) Musikhistorie hatte, es dieses Jahr einfach ELDER mit 'Reflections Of A Floating World' sein muss. Platten wie diese sind äußerst selten!


    Herausragend!

    Saartanische Grüsse :P
    Markus a.k.a. Snick

  • Wieder eine klasse Rezession!

    Ich habe nur dir Lore und mich schon gewundert das die hier keine Erwähnung findet.

    Musikalisch empfinde ich sie ein wenig wie einen Antipode zur "psychedelische Jam-Rock-Ecke" a la Erthless.

    Solis gibt es zwar - aber die Essenz sind schon die komplexen Riffs.


    Am Kauf bist Du übrigens nicht ganz Unschuldig ;) Hatte nach Deiner Windhand Rezession bei Amazon nach Windhand geschaut. Danach hatte ich die Elder ständig in der Vorschlagsliste. Da auch das Cover recht geil ist habe ich Sie dann gekauft.

    Und nicht bereut - alleine der Titel Song ist die Platte wert. Stoner Prog würde ich es vielleicht nennen.


    Was allerdings wundert sind die erwähnten Twin Gitarren. Sind ja nur drei Leute - oder hat sich da was geändert?

    Egal ich werde es dann ja höheren. Die neue werde ich mir natürlich auch zulegen. Die LIVE at Roadburn habe ich

    auch auf der immer länger werdenden Liste.


    LG

    Uli


    P.s: Die Erwähnte Windhand habe ich natürlich auch.

    >>:everybody has to sometimes break the rules:<<

  • Hi!

    Ich habe irgendwo eine überschwängliche Rezension zu dieser LP gelesen. Elder war mir bis dato kein Begriff. Das war für mich Anlass, mal in die Platte reinzuhören. Der erste Eindruck war nicht schlecht und so habe ich sie bei JPC bestellt.


    Das Positive vorweg:

    • Die Platte ist musikalisch nicht uninteressant, trotzdem bin ich (Prog., Jazz, Klassik) wohl nicht so die Zielgruppe.
    • Die Covergestaltung sowie die Beilagen sind vom graphischen Aspekt her super!
    • Das grüne Vinyl ist bretteben und zeigt keinerlei nennenswerte Nebengeräusche. Da soll noch mal einer sagen, farbiges Vinyl wäre immer schlechter als schwarzes.


    Dann das Negative:

    • Ich hatte zuvor eine andere LP aufliegen und bin erschrocken, wie laut die "Reflections ..." war. Also erst mal leiser gedreht. Allerdings hat mich der Klang überhaupt nicht zufrieden gestellt. Nicht der Frequenzgang ist das Problem, die LP klingt relativ ausgewogen, sondern es ist die fehlende Feindynamik. Erst dachte ich, eine Rock LP darf laut sein. Dann habe ich die MP3 Datei im Vergleich gehört - dynamisch kein Unterschied zur LP. Dann habe ich die Dateien mal durch die Dynamic Range App gejagt. Es kam durchgehend ein DR von 5 heraus! Schaue ich auf der DR-Homepage nach, finde ich hier einen DR von durchgehend 6 bei Verwendung der lossless Datei.
    • Höre ich die Musik auf meinen Abacus Aktivboxen am Schreibtisch, kann ich das noch durchgehen lassen. Höre ich sie aber an den Geithains, bereitet mir das klangliche Ergebnis geradezu körperliches Unbehagen.

    Hier der Screenshot von der dr.loudness-war.info Seite:

    Elder


    Liebe Leute von Stickman Records, was habt Ihr euch nur bei der Produktion dieser LP gedacht? Da habt ihr interessante Musik, gebt Euch Mühe mit dem Cover, presst es erstklassig auf grünes Vinyl und dann benutzt ihr dazu ein derartig totkomprimiertes Master, dass es einem graust. Dies ist eine der wenigen LPs, die ich aus rein klanglichen Gründen wieder verkauft habe. Wer solche Masterings auf Vinyl presst, hat es nicht verdient, dafür Kunden zu finden!


    Just my 2 ct

    Sebastian


    PS: Sorry Uli. Ich sehe gerade, dass Du meine LP gekauft hast. Die Musik ist nicht schlecht - vielleicht wirst Du mit der Platte glücklicher als ich ...

  • Uli: Erstmal danke für den Kommentar ^^ ... und ja, die Essenz sind die Riffs und die Twin-Gitarren habe ich einfach mal so rausgehört, ob da zwei Gitarristen oder nur ein Effekt oder das Studio für verantwortlich sind, weiß ich nicht.


    Sebastian: Ui, da bin ich aber froh, dass ich nicht so'n Klangfetischist bin. Das scheint einem ja jede Menge Musik zu versauen :(

    Aber da ich ja auch im Keller produzierten... oder besser gesagt, mit billigem Tapedeck aufgenommen BlackMetal -auch- mag, machen mir solchen "Kleinigkeiten" nicht viel aus... naja, für mich klingt das Album super...

    Saartanische Grüsse :P
    Markus a.k.a. Snick

  • Hallo Sebastian, als Quelle wird "download" genannt.

    Ich weiß. Ich habe die LP und dabei liegt auch ein Downloadcode. Ich habe LP und MP3 verglichen. Ich kann keinen Unterschied erkennen. Die LP klingt bezüglich der Dynamik genauso miserabel wie der Download. Meine MP3 Dateien ergaben sogar nur einen DR von 5, der lossless Download auf der Webseite immerhin von 6. Gehörmäßig wird sich die LP in ähnlichem Rahmen bewegen. Leider habe ich keinen Analog-Digital Converter, sonst hätte ich auch die LP nachgemessen. An der Message, dass hier mal wieder der "loudness war" zugeschlagen hat, wird sich dadurch aber nichts ändern.


    markus: Ja, Klang ist mir wichtig. Ehe ich mein Gehör mit Kofferradiosound quäle, gehe ich lieber an die frische Luft. Ich höre Musik quasi nie nebenher, sondern immer bewußt und meistens ausschließlich. Trotzdem kommt es nur selten vor, dass ich eine LP wegen rein klanglicher "Qualitäten" aussortiere.


    Gruß

    Sebastian

  • Das Album klingt zum einen etwas verhangen und dumpf. Aber das ist bei Stoner Rock recht häufig, fast schon ein Muss. Eine Ausnahme sind da beispielsweise Samsara Blues Experiment mit ihrer aktuellen Scheibe. Deren letzte war ja auch eher "mumpfig".

    Das Andere ist der unglückselige Loudness war, der mir regelmäßig die Freude an der Musik verdirbt. Ganz schlimm gerade im Metal und auch Stoner Rock Bereich. Ich bin dann froh, wenn ich ein Album wenigstens ohne Ohrenpfeifen durchhören kann.

    Von der Platte ist das dann meistens aber ganz gut hörbar. Ich denke, auch bei der hier besprochenen Scheibe wird Vinyl einen höheren DR als digital haben. Das hört man ja nicht unbedingt direkt raus, sondern manchmal nur indirekt durch Ausbleiben der Ohrenschmerzen.