Welche Klassik-LP habt Ihr das letzte Mal aufgelegt?

  • Das interessante ist, das diese Aufnahme in Stereo hergestellt wurde.

    Und sehr wahrscheinlich auch bereits mit einem "Magnetophon" auf BASF-Bändern aufgenommen. Tatsächlich hatte die Luftwaffe 1944 das Prinzip des Stereo schon länger für die Navigation entdeckt. Während der sog. "Luftschlacht um England" z.b. sendete ein Richtfunksender bei Antwerpen Morsestriche, einer bei Calais genau in den Pausen des belgischen Signals Morsepunkte. Die deutschen Piloten über England trugen dafür Kopfhörer mit einem Signal rechts und einem links und konnten anhand der Lautstärke feststellen, ob sie vom Kurs abwichen, oder wann sie ihre Bomben abzuwerfen hatten - wenn nämlich die beiden Signale in einem ortlosen Ton zusammenfielen. Das kann man bei Friedrich Kittler nachlesen - und hat übrigens nichts mit Militarismus zu tun, Kittler war ein bedeutender Medientheoretiker, er hat u.a. den Begriff der "Aufschreibsysteme" (die Schallplatte ist so eines) geprägt.


    Viele Grüße - Frank

  • Neben der schon erwähnten Einspielung von Beethovens 6. Symphonie sollte unbedingt noch Bruno Walters 59er Einspielung der 4. Symphonie erwähnt werden. Diese Einspielung hat Gefühl, Kraft und eine Intensität an die bis auf Carlos Kleiber/BRSO wohl kaum eine andere mir bekannte Einspielung herankommt. Leibowitz/RPO sind mir hier z.B. zu schnell.


    Bruno Walter, Columbia Symphony Orchestra, Beethoven ‎– Symphony No. 5 · Symphony No. 4

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    Viele Grüße

    Thomas

  • radiobastler schrieb:


    „Das interessante ist, das diese Aufnahme in Stereo hergestellt wurde.“


    Es gibt eine CD die von der AES zum 50. Jahrestag der Stereo-Tonbandaufnahmen herausgegeben wurde. Die Gieseking-Aufnahme mit dem Es-dur Konzert ist auch dabei. Danach hat die Reichsrundfunkgesellschaft (RRG) ab 1943 im Haus des Rundfunks, Saal 1, dem heutigen großen Sendesaal in der Masurenallee mehr als 200 Stereoaufnahmen produziert. Die damals verbreiteten AEG-Magnetbandlaufwerke R22 sollen erstmalig mit der HF-Vormagnetisierung ausgestattet worden sein, resultierend in einer Dynamik von 60 dB und einem Frequenzbereich von 50-10000 Hz. Auch Karajan hat dort mit dem Orchester der Berliner Staatsoper Bruckners 8. Sinfonie 1944 (schon mit Kanoneneinschlägen im Hintergrund) aufgenommen.

    Eine interessante CD, war leider nicht im Handel erhältlich, ich habe nur eine DAT-Kopie.

    Gruß Jens-Peter

  • Es spielt das Concertgebouw Orchester, Amsterdam unter der Ltg. von Erich Kleiber, dem Vater von Carlos. Es handelt sich um eine RI von Recut Records, Stockholm.

    Hallo Reinhard,


    das müsste die Aufnahme von 1953 sein, die original bei Decca erschien und lange als die (musikalisch) beste Schallplattenaufnahme überhaupt galt. Bei Carlos Kleiber schien es so zu sein, als wäre er nur Dirigent geworden, um eines Tages eine ebenbürtige, wenn nicht sogar bessere, Aufnahme dieser Symphonie zu machen.


    Nebenbei noch so ein Album, das man auch nicht gerade im nächsten Laden findet: Strawinsky dirigiert Strawinsky und das in Moskau auf dieser wenig bekannten Doppel-LP der Melodija und dem französischen Label "Le Chant Du Monde". Erschien erst 1982 nur in Frankreich, ist wahrscheinlich auch deshalb wenig bekannt und nachgefragt.

    Die Einspielung von 1962 und die Platten sind von besonderem Reiz, übrigens tontechnisch sehr gut, typisch klare - fast harte - Melodija-Aufnahme. Da Strawinsky in der UdSSR verboten war, hatten die Musiker keine Erfahrung mit seinen Werken, sodass sicherlich einiges nicht perfekt ist. Höchst interessant: etwa die Hälfte der Stücke auf den beiden Platten dirigiert der langjährige Sekretär und Assistent von Igor Strawinsky, Robert Craft. Anscheinend mochten beide die sehr dynamische (sportlich-sozialistische ;) ) Spielweise des Moskauer Symphoniorchersters. Und, nun ja, die Hauptsache auf den vier Seiten, Le sacre du printemps, Petruschka und Feuervogel sind schließlich auch keine bourgeoisen Schmachtfetzen - da passte dann trotz allem einiges zusammen.


    Viele Grüße - Frank



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  • das müsste die Aufnahme von 1953 sein

    Hallo Frank,


    leider nein, diese Aufnahme stammt von 1949, ist jedoch Original von DECCA.


    Habe mir eben gerade die nachfolgende LP von Le Sacre aufgelegt. Dieses Konzert fand 1974 in der Jahrhunderthalle Höchst statt. Es spielte das Chicago Symphony Orchestra unter der Ltg. von Georg Solti.

    Dieses Konzert konnte ich damals selbst miterleben, es war so ziemlich eines meiner ersten Konzerte im Bereich der Klassik.


    Die FAZ schrieb damals innerhalb einer Rezension:

    "Die Interpretation durch Solti und sein Orchester war so virtuos, rabiat, farbig und schrill aggressiv, wie man es von diesem Dirigenten und diesem Instrument erwarten konnte..."


    Viele Grüße

    Reinhard

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  • ich höre immer nur Beethoven.

    Hallo Frank,


    selbstverständlich, was sonst, aber!

    Christian Thielemann beispielsweise, hatte sich von Anfang an gegen die Originalklangbewegung mit ihrem Hang zu asketisch, entfetteten, Interpretationen gewandt. Thielemann bevorzugte eine gewisse Obsession mit dem dunklen. deutschen, durch die tiefen Streicher grundierten Klang. Außerdem wendet er sich ganz unzeitgemäß auch gegen die neuen Erkenntnisse über die richtigen Tempi bei Beethoven. Dessen Metronomangaben hält er für zu schnell. Das Resultat sei schlichtweg häßlich.


    Nun denn, ich schätze Thielemann sehr, aber ich weiß ja nicht.


    Viele Grüße

    Reinhard

  • Hallo

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    Das 5. Klavierkonzert von Beethoven mit einer Aufnahme von 1944. Das interessante ist, das diese Aufnahme in Stereo hergestellt wurde.

    Ist das die Überspielung der Bruno Walter Society? Meine ist eine japanische Pressung von 1979 und hat die Nummer OZ-7565-85

    Ich kenne jemanden, der hat von einem Rundfunktechniker eine gute Überspielung ( auf CD) bekommen, die klanglich nochmal deutlich besser ist als die LP.

    Leider darf er keine Kopien davon machen und er hält sich auch strikt daran.


    Gruß von eugen

  • beethoven-symph-nr.5..-berliner-philh.-karajan(mit-karaja.jpg

    Eben diese Aufnahme gehört, 1962

    1. Satz - insgesamt hohes Tempo, sehr Energie geladen ,Tempo schwankt innerhalb des Stückes

    3. Satz - Bassgewaltiges Fugato

    4. Satz, die Dreiklangsfanfare zu Beginn (attaca Übergang) majestätisch interpretiert, insgesamt eher zurückhaltend im Tempo, dafür wirkt die Stretta am Ende spektakulär


    Jemand schrieb zur 5. Sinfonie, dass die Berliner Philharmoniker eher den dunklen, tiefe Streicher betonenden Klang haben - dies fiel mir beim Hören auch auf, Bass ist bei dieser Aufnahme reichlich da, und im 1. Satz meine ich auch nicht immer präzise (die Viertel im Klopfmotiv oft einen Tick zu lang im Vergleich zu den Violinen...)


    Die Besprechung der 5. Sinfonie hier im Thread hat Lust gemacht mir noch andere Interpretationen zu besorgen. Eine mit Solti habe ich bisher noch. Die ist insgesamt eher moderat angelegt.

    Ich besitze eine CD Aufnahme des Fidelio mit Kurt Masur und die ist z. Bsp. in der Ouvertüre richtig knackig. So gefällt mir Beethoven. Muss mal schauen, ob er auch die 5. Sinfonie

    in guter Vinylqualität eingespielt hat. Das würde da auch hinpassen.

  • Bass ist bei dieser Aufnahme reichlich da

    Hallo,


    nachdem über die fünfte von Beethoven schon sehr vieles geschrieben wurde, habe ich mir nun die bei mir vorliegende angehört. Es ist eine engl. Ausgabe aller 9. Sinfonien von Beethoven, aus dem Jahr 1977. Nach dem anhören der Platte, kann ich nicht feststellen, dass mit reichlich Bass gespielt wurde, es bewegt sich alles in normalen Dimensionen. Anders kenne ich es ebenfalls nicht von Live-Konzerten. Weiterhin darf ich erwähnen, dass mir diese Karajan-Einspielungen sehr gut gefallen!


    Innerhalb der nächsten Tage werde ich verschiedene andere Interpretationen zum Vergleich verwenden.


    Viele Grüße

    Reinhard



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  • Die Tempi bestimmt wohl weitestgehend der Dirigent -- das Klangbild (hell / dunkel) hängt wohl auch vom Orchester ab. Daher finde ich Vergleiche zweier Dirigenten mit demselben Orchester sehr aufschlussreich.


    Z.B. fand ich die 5. Sinf. von Beethoven mit dem Gewandhausorchester Leipzig unter Kurt Masur (Eterna 826 418, aufgenommen 1972) im Vergleich zu der

    Aufnahme unter Franz Konwitschny (Eterna 825 103 / 825 414, aufgenommen 1960) in den Tempi zu hektisch -- für meinen Geschmack ist das Timing von Konwitschny bei vielen Sinfonien nahezu perfekt. Das war mein subjektiver Eindruck bisher. Ein Vergleich zeigt nun aber, dass die Tempi wirklich sehr verschieden sind: Masur spielt die ersten beiden Sätze in 18:00 Minuten und

    Konwitschny in 18:45 Minuten -- bei den Sätzen 3 und 4 (auf der 2. Seite der LPs)

    werden die Unterschiede dann dramatisch: Masur 14:15 Minuten, Konwitschny

    18:03 Minuten.


    -- Joachim

  • Timing von Konwitschny bei vielen Sinfonien nahezu perfekt

    Hallo Joachim,


    mag schon sein, aber auch ich habe die Sinfonien unter dem Dirigat von Konwitschny gehört. Darüber habe ich jedoch nichts geschrieben, denn das gefiel mir nun mal überhaupt nicht. Auch das ist mein subjektiver Geschmack!


    Wir sollten uns vergegenwärtigen, dass natürlich das Gewandhausorchester unter der Ltg. von Andris Nelsons heute anders spielt als zu Zeiten von Konwitschny. Habe ich bereits zweimal im Konzert erlebt.


    Viele Grüße

    Reinhard

    Einmal editiert, zuletzt von Vincono ()

  • Die Tempi bestimmt wohl weitestgehend der Dirigent -- das Klangbild (hell / dunkel) hängt wohl auch vom Orchester ab.

    Bei der Schallplatte kommen dann auch noch die Aufnahmetechnik und das Mastering dazu, was man schön bei einem Vergleich von Karajans Beethoven 1962 und Karajan 1976 hören kann. Die Multimikrophonie der 70er Jahre hört sich hier tendenziell heller, feiner und tatsächlich auch facettenreicher an (man hört mehr Details), als die typische Konzertaufnahme der 60er Jahre, die ist kerniger und "einfacher", mir fällt nichts besseres ein. Wem die 1976er Beethoven-Aufnahmen zu hell und zu sehr Breitwand-Stereo sind: je nach Zimmer einfach etwas lauter drehen, das hilft, denn da kommt - bei mir wenigstens - der Monoanteil stärker durch.

    Ich habe die genannten Beethoven-Zyklen von Karajan im Lauf der Zeit rauf und runtergespielt...


    Viele Grüße - Frank

  • Frank: neben Aufnahmetechnik und Akustik des Aufnahmesaales, spielt

    die Akustik des Probenraumes für ein Orchester eine wichtige Rolle.

    Wenn der "Heim-Konzertsaal" eines Orchesters ein Multifunktionssaal mit

    einer schlechten Akustik ist behindert dies wohl auch die Entwicklung des

    Orchesterklangs. Manche führen die Unterschiede zwischen den Berliner und

    den Wiener Philharmonikern auch auf die unterschiedlichen Probenräume

    zurück. Zudem haben etwa französische Orchester einen heller

    abgestimmten und transparenteren Klang als deutsche Orchester. Das liegt

    mit an der Besetzung der Bläser. Z.B. werden bei den Klarinetten

    unterschiedliche Griffsysteme verwendet: im Gegensatz zum deutschen

    Griffsystem wird in französischen Orchestern das sog. Böhm-System

    verwendet, bei dt. Orchestern wird manchmal die Holzbläsersektion gedoppelt

    (s.d. der Klang wärmer und homogener wird).

    Reinhard: klar, jeder hat seine persönlichen Vorlieben. Ich selbst höre

    am liebsten Kammermusik, daher mag ich auch bei sinfonischer Musik

    Durchhörbarkeit und Präzision -- Interpretationen mit übertriebener

    Dynamik und Dramatik mag ich weniger (durch Präzision erzeugte Kontraste

    ziehe ich solchen vor, die durch reine Lautstärke-Unterschiede erzeugt

    werden).


    Konwitschny als ehem. Bratschist war vielleicht der Kammermusik affinere

    Kapellmeister als (der vom Klavier kommende) Masur. Er hat auch privat und bei inoffiziellen Anlässen mit dem Gewandhaus Qt. Kammermusik gespielt.

    Er war bis 1962 Kapellmeister, dann für nur 4 Jahre Vaclav Neumann, danach ab 1970 Masur. Bei der 1972er Masur-Aufnahme der 5. Sinf. waren wohl noch viele Mitglieder des Gewandhaus Orchesters aus der Konwitschny-Ära beteiligt (die Unterschiede im Orchesterklang zwischen dem Ende der Konwitschny-Ära und dem Beginn der Masur-Ära sind wohl geringer als die zwischen dem aktuellen Orchester und den 1960ern ...).


    -- Joachim

  • Hallo,


    habe mir mal wieder nach langer Zeit, diese LP des Pianisten und Komponisten Fazil Say aufgelegt. Seinerzeit hatte sich ein Forenkollege bereit erklärt eine Bestellung in der Türkei aufzugeben, da diese Platte in Deutschland nicht vertrieben wurde. Fazil Say kenne ich aus einer ganzen Reihe von Live-Konzerten, auch dort hat er hin und wieder Eigenkompositionen am Klavier gespielt. Ein ausgesprochen begabter Pianist und natürlich Komponist.


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    Viele Grüße

    Reinhard

  • Ein "früher Karajan" sozusagen, aber nach meiner Meinung nicht ganz reif für die Galerie der London "Treasury Series". Spielt trotzdem zufriedenstellend und ohne den späteren Schönklang. Wenn es nicht draufstehen würde, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass HvK hier dirigiert, und zwar 1959 die Wiener Philharmoniker mit zwei todsicheren Werken wie man sehen kann.

    Katalognummer STS 15106 - wurde noch zigmal neu aufgelegt.


    Viele Grüße - Frank


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