Welche Klassik-LP habt Ihr das letzte Mal aufgelegt?

  • Rimski-Korsakow spielen russische Orchester so wie keine anderen, was wohl in der Natur der Sache liegt. Hier die Scheherazade vom staatlichen Sinfonie-Orchester der UdSSR mit Jewgeny Swetlanow und der Solovioline von Heinrich Friedheim aus dem Jahr 1969. Für meinen Geschmack beste Unterhaltung, denn zum Glück macht Swetlanov daraus kein Musikdrama, sondern bleibt bei dem, was es ist: eine nicht so ernst gemeinte musikalische Märchenerzählung. Gespielt mit einer ungeheuren Virtuosität in den Details. Man kann die Platte nochmal hören und nochmal und wird immer wieder was neues entdecken - geht jedenfalls mir so.

    Meine Eterna aus dem Jahr 1974 ist wie oft bei deren Übernahmen aus einer Melodija-Matritze gefertigt. Die Tonqualität ist neutral und sehr gut - ich war überrascht wie gut. Sauberes Hifi ohne übertriebene Stereo-Effekte und sonstige Kosmetik oder Experimente, was mir auch bei vielen anderen Melodija- und Eterna-Pressungen gefällt. Die Aufnahme wurde noch bis 1989 in zig Auflagen nachgepresst, ist also beim Publikum in Ost und West offensichtlich gut angekommen. Das Cover ist... na ja, ich würde sagen, von beneidenswert schlechtem Geschmack.

    Eterna 8 26 241.


    Viele Grüße - Frank


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  • Hallo Reinhard,


    ist mit Sicherheit die selbe Aufnahme. Interessant, der VEB hatte den Heinrich Friedgejm kurzerhand in Friedheim eingedeutscht, habe nochmal nachgeschaut.

    Und noch eine Platte mit Melodija-Übernahmen der Eterna, diesmal eigenes Mastering und eigene Zusammenstellung. Zuerst das 3. Klavierkonzert von Prokofjew mit einer Marina Mdiwani, Roshdestwenski und dem großen RSO der UdSSR. Ist mir stellenweise etwas zu hektisch, "hoppla-hopp" gespielt, während die langsamen Stellen genial sind. Wirkt auf mich deshalb trotz gutem Niveau nicht ganz souverän.

    Auf Seite 2 der Platte u.a. das 1925/26 entstandene Bekenntnis von Prokofjew zum neuen Sowjetstaat, die Suite aus dem Ballett "Der Stählerne Sprung" - auch das gehört zum Bild des großen Komponisten. Die Eterna erschien 1974, die Aufnahmen stammen wahrscheinlich aus den 60er Jahren. Muss man nicht unbedingt kennen, aber "nice to have".

    Eterna 826275


    Viele Grüße - Frank


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  • Hallo Frank,


    nunmehr ist bei Dir die Russische Phase angebrochen.

    Die genannte Pianistin ist mir leider vollkommen unbekannt. In meinem Bestand befinden sich von Prokofieff diese LPs, einmal die 5 Klavierkonzerte von EMI-Electrola und nochmals die Klavierkonzerte Nr. 1 und 3 von ETERNA. Beide jeweils mit dem Gewandhausorchester Leipzig und dem Französischen Pianisten Michel Beroff.


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    Viele Grüße

    Reinhard

  • Sir Simon Rattle wurde von den Mitgliedern der Berliner Philharmoniker als Nachfolger von Claudio Abbado gewählt. Mit diesem Satz wäre eigentlich alles gesagt. Vielleicht aber auch nicht.

    Wie kommt es, dass ausgerechnet ein Dirigent, der bislang lediglich Leiter eines nachrangigen Orchesters wie dem City of Birmingham Symphony Orchestra war, die Nachfolge eines Furtwängler, Karajan oder eben Abbado antreten kann? Nun ganz einfach: Er hat das CBSO zu einem Klangkörper auf Weltklasseniveau geformt und dies nicht nur live sondern auch auf unzähligen Tonträgern dokumentiert. Die herausragende Qualität 2. Symphonie Mahlers hatte ich bereits erwähnt. Hier kommt noch ein weiteres Tondokument, das zu den besten Einspielungen dieser Werke zählt, die ich kenne. Sibelius 5. ist sicher keine einfache Symphonie, sehr virtous in den einzelnen Orchestergruppen, auch herausfordernd was das Erzeugen und Halten, der Spannungsbögen anbetrifft. All diese Herausforderungen meistert SR mit den Brummies in Weltklassemanier.

    Für das Violinkonzert hätte ich persönlich mir einen anderen Solisten gewünscht, obwohl man Nigel Kennedy nicht viel ankreiden kann. Aber irgendwie meine ich bei NG so etwas wie einen permanenten Teufelsgeiger zu hören, der dem Hörer ständig seine Virtuosität aufdrängen möchte. Aber vielleicht tue ich ihm da auch Unrecht. Klanglich ist übrigens alles was ich von Rattle/CBSO kenne ausgezeichnet.


    Jean Sibelius, Nigel Kennedy, City Of Birmingham Symphony Orchestra, Simon Rattle ‎– Symphony No 5; Violin Concerto


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    Viele Grüße

    Thomas

  • obwohl man Nigel Kennedy nicht viel ankreiden kann.

    Hallo Thomas,


    Kennedy hat sich ein Starimage jenseits seiner Herkunft aus der sog. Klassischen Musik aufgebaut, indem er als Vivaldi-Punk und Popmusiker auftritt. Was die Kenner beider Musikszenen skeptisch beurteilten, führte mit Hilfe von Talkshows und Reklamefeldzügen zum geschäftlichen Erfolg.


    Simon Rattle wurde noch in den 1980er Jahren mit seinem Orchester dem City of Birmingham Orchestra von seinen Landsleuten bespöttelt "Simon an his bloody band" lautete ein despektierlicher Slogan. Was war diesem Simon hinter den sieben Bergen so verlockend, dass die vornehmen Herren aus Berlin sich in ein solches Abenteuer begeben wollten?


    Natürlich wussten die vornehmen Herren ganz genau was sie taten.


    Viele Grüße

    Reinhard

  • 1969 nimmt Sir John Barbirolli mit dem New Phiharmonia Orchestra Gustav Mahlers 5. Symphonie auf. Und er setzt damit einen Meilenstein unter den Einspielungen dieser Symphonie.

    Warum? SJB gelingt mit dem NPO das, was nur wenigen gelungen ist, nämlich alle Fallstricke, die Mahlers „Schicksals-Symphonie“ in sich trägt bravourös zu meistern.

    Die Kunst des Dirigenten besteht darin zum einem die polyphonen Klangstrukturen virtuos herauszuarbeiten ohne die nötige Homogenität zu verlieren. Zum anderen bei den Crescendi das passende Maß und die rhythmische Prägnanz in den zahlreichen Cerscendi zu finden.

    Die Qualität der Aufnahme ist übrigens so gut, dass diese es auf Harry Pearsons berühmte TAS-Liste geschafft hat.


    Sir John Barbirolli Conducts Mahler, Janet Baker, New Philharmonia Orchestra ‎– Symphony No. 5 With Five Rückert Songs


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    Viele Grüße

    Thomas

  • Paul Parays Einspielung mit dem DSO von 1959 ist ein aufnahmetechnisches Glanzstück uns steht als SC-Reissue in dieser Hinsicht wohl zu recht auf der TAS-Liste. Leider ist das der einzige positive Aspekt dieser Aufnahme. Paray zersägt mit Hochgeschindigkeit die Partitur gleich im 1. Satz so gründlich, dass zumindest ich mich überwinden muss weiter zu hören. Der 2. Satz ist etwas besser aber Paray gelingt es einfach nicht wie Maazel, Barbirolli, Karajan oder Monteux die richtige Spannung aufzubauen. Vieles kommt einfach so verhuscht und unfertig ausgeformt daher, dass hier auch die beste Aufnahmetechnik nichts zu retten vermag. Schade.

    Sibelius - Paul Paray, Detroit Symphony ‎–Symphony No. 2 In D Major, Op. 43

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    Viele Grüße

    Thomas

  • Hallo Thomas,


    Sibelius - Paul Paray, Detroit Symphony ‎–Symphony No. 2 In D Major, Op. 43

    diese liegt bei mir ebenfalls vor. Ich habe mir nunmehr die Aufnahme mit Simon Rattle angehört, verglichen mit

    dieser von Monteux und dem LSO, kann ich der von Dir gemachten Angabe in jedem Falle zustimmen. Werde mir diese mit dem Detroit Symphony mal auflegen, denn Sibelius höre ich im Grunde genommen ausgesprochen selten.;(


    Viele Grüße

    Reinhard

  • Die Kunst des Dirigenten besteht darin zum einem die polyphonen Klangstrukturen virtuos herauszuarbeiten ohne die nötige Homogenität zu verlieren.

    Hallo Thomas,


    die Barbirolli-Aufnahme kenne ich nicht, hat aber mein Interesse geweckt. Ich glaube, bei allen Mahler-Symphonien für die Schallplatte (oder CD) kommt es sehr stark auf Aufnahmetechnik, Raumakustik und Abmischung an. Bernsteins Einspielungen für CBS etwa leiden nach meiner Meinung erheblich darunter, was seine musikalische Leistung abwertet. Karajan wiederum, eigentlich kein besonders profilierter Mahler-Dirigent, gelang 1982 seine allseits anerkannte hervorragende Liveaufnahme der 9. Symphonie auch durch die Tontechnik und Abmischung, für die er sich überschwenglich bei den Technikern bedankte. Die gibt es leider nur digital (1984 erschienen), aber musikalisch fast gleichwertig ist seine analoge Studioaufnahme von 1981, siehe Cover.


    Viele Grüße - Frank


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  • was seine musikalische Leistung abwertet.


    Hallo Frank,


    Bernstein war allerdings ein sehr profilierter Mahler Dirigent. Mahler Sinfonien von ihm habe ich jedoch nicht.


    Jetzt einmal etwas von Robert Schumann, auf einer LP ist das berühmte Klavierkonzert a-moll op. 54, außerdem das Cello-Konzert a-moll op. 129


    "Der Verstand irrt, das Gefühl nicht" war Robert Schumanns Überzeugung, Sie kennzeichnet ihn als jenen Romantiker, nach deren Ästhetik die Schaffensantriebe in den geheimnisvollen Tiefen des unbewußten liegen.



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    Viele Grüße

    Reinhard

  • Lenny hat den Mahler-Zyklus zweimal komplett eingespielt. Zuerst mit dem LSO und dem NYSO auf CBS und später nochmal mit dem NYSO und den VPO auf DGG.

    Der erste Zyklus ist emotionaler, der zweite ist ausgewogener. Der erste gefällt mir persönlich besser, weil packender. Diesen gibt es als hervorragendes 15 LP-Reissue mit sehr schönen Reprints der Originalcover im Schuber. Die Aufnahmetechnik gefällt mir trotz unterschiedlicher Venues mit und ohne Publikum meist besser als bei den DGG-Aufnahmen, wobei es an den DGG-Aufnahmen nicht das geringste auszusetzen gibt.


    Gustav Mahler, Leonard Bernstein, The New York Philharmonic Orchestra, The London Symphony Orchestra ‎– The Vinyl Edition Bernstein Conducts Mahler


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    Viele Grüße

    Thomas

    2 Mal editiert, zuletzt von Deep Groove ()

  • Bernstein war allerdings ein sehr profilierter Mahler Dirigent.

    Hallo Reinhard & Thomas,


    ich finde den ersten Mahler-Zyklus von Bernstein auch weit interessanter, und natürlich war Bernstein ein Mahler-Dirigent. Aber bei der CBS war er in den 60er Jahren (leider) nicht in der Position, für seine Einspielungen das zu verlangen, was seinem Talent und Können angemessen gewesen wäre und was für Karajan bei der DGG selbstverständlich war - das Beste vom Besten mit einem nach oben offenen Produktionsbudget. Für mich war er ein wenig "Ritter von der traurigen Gestalt". Die DGG kaufte ihn mit Millionengage, als ihn die CBS im Prinzip gar nicht mehr halten wollte, weil sie für ihre Ansprüche zu wenig "Bernstein" verkauften. Und bei der DGG war er rein geschäftlich betrachtet das Backup für den Fall, dass Karajan beim Fliegen, Segeln und schnelle Autos fahren eines Tages "etwas zustoßen" könnte. Dafür durfte er auch völlig unverkäufliche Sachen aus seinen eigenen Kompositionen produzieren - siehe Cover unten. Die Klassikindustrie war nicht viel weicher als das Geschäft mit der Rockmusik - nur gab es gute Rotwein-Jahrgänge statt Drogen.


    Viele Grüße - Frank


    ps.: wer mal nichts besseres zu tun hat - ausführliche Besprechung der CBS-Aufnahmen, allerdings englisch.

    http://www.musicweb-internatio…Bernstein_88697453692.htm


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  • Aber, das letzte wäre es, wegen des schöden Geschäfts den Spaß an der Musik zu vergessen. Aus heutiger Sicher kurios, aber in den 50er und noch in den frühen 60er Jahren war es nicht unüblich, Verdi-Opern auf deutsch zu singen. Hier ein Querschnitt des Troubadours, aufgenommen 1959 mit dem Orchester und Chor der städtischen Oper Berlin unter Hans Zanotelli, Wilhelm Schüchter und Hermann Lüddecke (Chor). Musikalisch und aufnahmetechnisch beste Qualität. Ich besitze ein paar solcher Opern-Querschnitte auf deutsch. Ganz interressant finde ich dabei schlichtweg die Tatsache, den Text zu verstehen. Ansonsten natürlich - wie eingangs erwähnt - Kuriositäten.


    Viele Grüße - Frank


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  • Zitat

    Ganz interressant finde ich dabei schlichtweg die Tatsache, den Text zu verstehen. Ansonsten natürlich - wie eingangs erwähnt - Kuriositäten.

    Ob das bei Verdi-Opern so zum Vorteil gereicht? Ich glaube ja fast nicht....😁

    Viele Grüße

    Thomas