Welche Klassik-LP habt Ihr das letzte Mal aufgelegt?

  • Mit der üblichen Multimikrophonie von 20-50 (!) Mikrophonen für ein Symphonieorchester lässt sich "Räumlichkeit" überhaupt in der Stereoabmischung nur noch künstlich erzeugen. Dafür sind diese Abmischungen dann "kompatibel" zu allem möglichen, von Klingelton bis Ipad oder Alarmanlage. Ein Grund mehr, die alten Aufnahmen von Mercury bis Deutsche Grammophon zu schätzen. Das am meisten puristische Aufnahme-Verfahren war - ausgerechnet in der Anfangszeit der digitalen Aufnahme - die sogenannte "One-Point"-Technik von Denon. "One point" heisst zwei qualitativ höchstwertige am Bühnenrad plazierte Mikrophone und zwei am hinteren Saalende von der Decke hängende für die Raumakustik, sonst nichts. U.a. in Frankfurt mit Aufnahmen aus der Alten Oper bestens bekannt durch den früheren Geschäftsführer von Denon in Ratingen, Tatsuo Nishimura - 2016 verstorben.


    Viele Grüße - Frank

  • U.a. in Frankfurt mit Aufnahmen aus der Alten Oper bestens bekannt

    Hallo Frank,


    entschuldige bitte, einige der Aufnahmen z.B. Mahler Sinfonien, unter E. Inbal habe ich hier. Allerdings muss ich feststellen, nicht mein Geschmack!:cursing:


    Viele Grüße

    Reinhard

  • Allerdings muss ich feststellen, nicht mein Geschmack!:cursing:

    Hallo Reinhard,


    kenne ich auch als CDs. Aber das liegt nach meiner Meinung weniger an der Mikrophonie als an der frühen digitalen Aufnahme - unnatürliche Härten und trotz "One Point" zu flach. Ist ja mit ein Grund, weshalb wir hier (überwiegend) analoges auf Schallplatte hören.


    Viele Grüße - Frank

  • Zitat

    One point" heisst zwei qualitativ höchstwertige am Bühnenrad plazierte Mikrophone und zwei am hinteren Saalende von der Decke hängende für die Raumakustik, sonst nichts.

    Hallo Frank,


    woher hast Du denn diese Information? Ich fürchte Du verwechselst One-Point- mit Mid/Side-Microphonierung. Unabhängig davon ist das was Denon als One-Point-Recording vermarktet hat, technisch nicht dokumentiert. Aber egal wie Denon in der Alten Oper microphoniert hat, klingen diese Aufnahmen verdammt gut. Und interpretatorisch finde ich sie durchaus solide.

    Viele Grüße

    Thomas

    2 Mal editiert, zuletzt von Deep Groove ()

  • Hallo Thomas,


    ja, Du wirst es nicht glauben, ich habe sogar noch so ein einzelnes Stereomikrophon bei mir zu Hause rumliegen. Habe ich nicht so genau genommen und mich als Frankfurter in die Story aus der Alten Oper reingelesen, in der eben von zwei seperaten Mikros - also Mid/Side - geschrieben wird - plus den beiden am Saalende.

    Der Unterschied zur Multimikrophonie sollte aber trotzdem deutlich geworden sein. Irgendwo habe ich auch eine oder zwei Denon-CDs aus der Zeit...


    Viele Grüße - Frank

  • Hallo Frank,


    Mid/Side-Recording ist ein hochdigitalisiertes auf recht komplexen Algorithmen basierendes Aufnahmeverfahren. One-Point-Recording ist ein nicht standardisiertes 2-Kanal-Verfahren das genau genommen seine Anfänge in der frühen Stereophonie der 50er Jahre hat und bis in die heutige Zeit hineinreicht. Aber wie schon gesagt: Der einzige „Standard“ sind zwei, wie auch immer positionierte Mikrophone. Ich persönlich habe ja den Verdacht, dass Denon das Klangideal der frühen 2-Kanal-Aufnahmen der goldenen Ära verfolgt hat. Dessen Kunst bestand ja in erster Linie darin in mühevollster Kleinarbeit die optimale Position der beiden Mikrophone im Raum zu finden. Die OPR der Denon in der Alten Oper kommen, mit meinen Ohren gehört, den frühen Stereo-Aufnahmen der z.B. RCA schon sehr nahe.

    Viele Grüße

    Thomas

  • Aber egal wie Denon in der Alten Oper microphoniert hat, klingen diese Aufnahmen verdammt gut.

    Hallo Thomas,


    für mich klingt das auf CD (nicht auf Schallplatte) stellenweise geradezu metallisch hart, obwohl man tatsächlich z.B. über Kopfhörer sehr viel Details hört - diese Klarheit erinnert an 35mm-Aufnahmen, aber das war es dann auch schon. Die Schostakowitsch-Symphonien mit Inbal und den Wiener Symphonikern auf Denon-CDs der frühen 90er Jahre hören sich schon etwas "natürlicher" an, da kann man den Fortschritt in der digitalen Technik gut verfolgen. Ist mir aber klanglich alles immer noch zu künstlich, verglichen mit einer guten Analogaufnahme samt deren Schwächen.


    Viele Grüße - Frank

  • Hallo Frank,


    welche Aufnahme bzw. welche Passage der Mahler-Aufnahmen klingen denn bei Dir metallisch hart? Ich habe gestern die 4. und die ersten beiden Sätze der 1, gehört. Insbesondere die 4. klingt über meine Anlage ganz hervorragend ohne jegliche Härten bei den Streichern oder den Blasinstrumenten. Insbesondere die Natürlichkeit der Instrumente und die Positionierung der Schallereignisse im Raum ist sehr beeindruckend.

    Viele Grüße

    Thomas

  • Hallo Thomas,


    bei den Streichern insbesondere die leiseren Passagen - habe in die 1. und die 7. nochmals reingehört (ist überall ein ähnlicher Klang). Die Blechblasinstrumente können natürlicherweise durchaus auch einmal hart klingen. Ich habe mir - ist schon lange her - die Mahler-Symphonien, die ich mit Inbal und dem RSO des HR digital besitze, damals auf einer DAW leicht "gesoundet", etwas wärmer gemacht (ich höre Klassik digital nur gelegentlich, eher selten, und zwar z.Z. mit Festplattenplayer Sony hap-S1). Als Anhaltspunkt hatte ich dafür die erwähnten Schostakowitsch-Symphonien mit Inbal auf Denon genommen. So etwa hören sich jetzt bei mir auch die Frankfurter Aufnahmen an.


    Viele Grüße - Frank


    ps.: soll jetzt aber nicht in eine nutzlose Diskussion ausarten. Wenn das für Dich so klingt, wie Du schreibst, kann ich nur sagen: das glaube ich Dir, mir gefällt es aber nicht sonderlich.

    3 Mal editiert, zuletzt von Bluebox ()

  • Hallo Thomas,


    ist zwar leicht OT, aber es stört hoffentlich keinen. Also, erst beiläufig ist mir noch eingefallen, dass die CDs der Frankfurter Aufnahmen noch mit dem sog. Preemphasis-Bit codiert worden sein müssten. Ich wollte nachsehen, musste aber festellen, dass ich die CDs verschenkt habe (CDs sind mir nicht wichtig). Das würde allerdings die unterschiedlichen Wahrnehmungen erklären, sofern Dein Player mit dem Preemphasis-Bit umgehen kann, denn ich besitze weder Player noch Software dafür, und der Preemphasis-Logik folgend müssen sich solche CDs dann aggressiver und in den Höhen leicht überzeichnet anhören. Verschiedene alte CD-Player, u.a. eben auch Denons, konnten Preemphasis, es wurde wenn vorhanden sogar im Display angezeigt.


    Viele Grüße - Frank

  • dass die CDs der Frankfurter Aufnahmen

    Hallo Frank,


    ich bin allerdings von LPs ausgegangen, denn die damaligen Frankfurter Produktionen mit dem hr-sinfonieorchester kamen auch als Schallplatte auf den Markt. Kann es sein, dass Thomas LPs meinte? Jedoch bleibe ich dabei, diese Digital durchgeführten Aufnahmen klingen eben doch nicht wie eine gute alte Analog-Produktion. Obwohl ich Thomas natürlich Recht geben darf, schlecht sind auch nicht!


    Viele Grüße

    Reinhard

  • Hallo Reinhard,


    da stimme ich Dir natürlich zu. Wirklich gefallen mir die Produktionen aus der Frankfurter Alten Oper auf Schallplatte auch nur aus der analogen Zeit - ich habe fast alle meine Platten mit digitalen Aufnahmen aussortiert.

    Zur Premphasis nochmals, weil mich die Sache doch interessiert: ich habe nach kurzer Suche ein kleines Kommandozeilenprogramm namens "sox" (Freeware) gefunden, mit dem man Deemphasis am PC durchführen kann und testweise den ersten Satz der zweiten Mahlersymphonie hergenommen. Ich meine, das ist es. Die Mahler-Symphonien sind offensichtlich mit Preemphasis auf die Denon-CDs gekommen - das wird übrigens u.a. auch bei "Tamino" behauptet. Und nach der Deemphasis hört sich Mahler durchaus annehmbar an - übrigens ganz ähnlich, wie ich das schon früher nach Gehör getan hatte.


    Viele Grüße - Frank

    2 Mal editiert, zuletzt von Bluebox ()

  • 2014 nimmt Teodor Currentzis mit seiner Musica Aeterna WMAs und LDPs Opera Buffa Le Nozze de Figaro auf, und wird von der Kritik mit Lob und Preisen überhäuft. Zu recht?

    Der erste Höreindruck ist: Extrem. Sehr schnelle, ja anscheinend überzogen schnelle Tempi, sehr nahe Mikrofonierung, dadurch rausgeknallte Dynamik, und übertrieben emotional-artikulierend erscheinende Sänger. Und trotzdem: Man sitzt erstaunt vor dieser Darbietung, und vergisst gefesselt von dieser Darbietung die vermeintlichen Extreme und Übertreibungen. Denn diese Einspielung schafft es den Zuhörer auf das Beste zu unterhalten, weil sie diese Oper eben das sein lässt, was sie ist: Eine Opera Buffa, die nur dafür gemacht ist, und für nichts anderes.


    Wolfgang Amadeus Mozart, Teodor Currentzis, Simone Kermes, Musica Aeterna ‎– Le Nozze di Figaro


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    Viele Grüße

    Thomas

  • Hier ist eine der "guten" Aufnahmen aus der Alten Oper. Live-Mitschnitt eines Konzerts von 1983 mit Michael Giehlen sowie dem Frankfurter Opernhaus- und Museumsorchester, Figuralchor des HR. DoLP mit Halfspeed-Mastering, ich glaube, die Platten gab es nicht im freien Verkauf, obwohl sie bereits einen LC-Code haben. Hat Sammlerwert und ist musikalisch wie klanglich gut. Aber - meine bescheidene Meinung: es gibt bessere Aufnahmen der Missa Solemnis...


    IMS 098


    Viele Grüße - Frank


    Missa Solemnis Giehlen Cover.jpgMissa Solemnis Giehlen Back.jpg

  • Hallo Thomas,

    Eine Opera Buffa, die nur dafür gemacht ist, und für nichts anderes.

    Dies sagte mir ein Freund über diese Aufnahme von Currentzis:


    "Eine interessante und spannende Interpretation, die allerdings erfordert, von traditionellen Hörgewohnheiten Abschied zu nehmen."


    Ich werde mir zunächst einmal diese alte Aufahme von Erich Kleiber mit den Wiener Philharmonikern anhören.


    Ein großer Vorteil von Currentzis dürfte sein, dass man ihn mit seinem SWR-Sinfonieorchester auch Live erleben kann!

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    Viele Grüße

    Reinhard

  • Hallo Frank,


    kann schon sein, dass es bessere Aufnahmen der Missa Solemnis gibt, jedoch ist das genannte Orchester schon sehr gut. Dieses Orchester konnte ich bereits viermal Live erleben, zuletzt mit seinem derzeitigen Leiter, Sebastian Weigle.


    Da ich nicht gerade der Hörer von Messen bin, möchte ich dich als Fachmann für dieses Genre fragen, was hältst Du von dieser Aufnahme, einmal mit der Missa Solemnis und der Messe in C-Dur.


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    Viele Grüße

    Reinhard

  • #2.695


    Wolfgang Amadeus Mozart, Teodor Currentzis, Simone Kermes, Musica Aeterna ‎– Le Nozze di Figaro“


    Hallo Thomas,

    Deine Beschreibung hat mich neugierig gemacht. Hast Du die LP-Gesamtaufnahme? Diese scheint wohl vergriffen, nur CDs sind zu bekommen. Oder ein abenteuerliches Angebot bei Discogs für € 890,90.

    Gruß Jens-Peter

  • Da ich nicht gerade der Hörer von Messen bin, möchte ich dich als Fachmann für dieses Genre fragen, was hältst Du von dieser Aufnahme, einmal mit der Missa Solemnis und der Messe in C-Dur.

    Hallo Reinhard,


    ich wollte es nicht schreiben, aber Karajan betrachte ich als die Referenzaufnahme der Missa Solemnis. Auch Karl Richter und sein Bachorchester samt Chor gefallen mir sehr, aber kann ich die Aufnahmen der Messen jenseits persönlicher Präferenzen objektiv beurteilen? Eher nicht, solange nicht wirklich etwas schiefgegangen wäre. Objektiv kann man lediglich feststellen, dass Karajan wie auch Richter (er war lange die Autorität für Barockmusik in Deutschland und hielt Originalinstrumente für eine Modeerscheinung) für ihre Produktionen bekammen, was sie wollten: Starsolisten, Proben, Studiozeit, Gagen. Karajan und Richter verkauften schließlich zusammengerechnet mehr als alle anderen Künstler der Dt. Grammophon zusammen. Deshalb ist es eigentlich unfair, den guten Michael Giehlen und unser Frankfurter Orchester damit zu vergleichen.


    Viele Grüße - Frank