Welche Klassik-LP habt Ihr das letzte Mal aufgelegt?

  • Die "Verklärte Nacht" von Arnold Schönberg passt auch zu einem trüben Novembertag. Musikalisch phantastische Aufnahmen, kein geringerer als Robert Craft, Sekretär von Strawinsky, dirigiert 1965 das CBC SO. Natürlich sind auch die anderen Stücke hervorragend und perfekt eingespielt. Man merkt und hört, dass dies keine Standard-Produktion war, bei der eben wieder einmal Schönberg gespielt und unters Volk gebracht werden sollte. Eine späte Hommage von Robert Craft an den wahrscheinlich zweitgrößten Komponisten des 20. Jahrhunderts, zu dessen Leibzeiten eine merkwürdige Distanz zu Strawinsky geherrscht hatte - Strawinsky und Schönberg wohnten im Exil in Hollywood nur wenige Straßen voneinander entfernt ohne sich jemals öffentlich zu begegnen oder begegnen zu wollen.


    CBS SBRG 72267 und 72268 - habe ich aus dem Fundus von Reinhard übernehmen dürfen.


    Viele Grüße - Frank


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  • Aufschlussreich ist übrigens ein Vergleich der Craft-Einspielung der "Verklärten Nacht" mit der Karajans. Platt gesagt, bei Karajan klingt die "Verklärte Nacht" schöner, das sind selbst bei Schönberg noch die Streicherklänge in Reinkultur, wie sie HvK kultivierte, und die man mag - oder eben nicht. Nur eines kann man Karajan bei diesem Meilenstein der Moderne nicht absprechen: auch er hat das Stück mit einer außergewöhnlichen Ernsthaftigkeit und Leidenschaft eingespielt, die an seine beiden Aufnahmen der 9. Symphonie von Mahler erinnern.


    Viele Grüße - Frank


    Schönberg - Karajan Verklärte Nacht Cover.jpg

  • Und zum Schluss noch diese "Verklärte Nacht" vom Ensemble Instrumental De France unter Jean-Pierre Wallez als Streichsextett. Das kann in Puncto Intensität (und wahrscheinlich auch der Qualität der Musiker) mit den vorgenannten beiden nicht mithalten, ist aber trotzdem gut, erleichtert nach meiner Meinung den Zugang zu dieser Art von Musik sogar, weil das Zuhören leichter fällt, wenn auch die Musiker das Stück etwas leichter nehmen. Na ja, wenn man andere Einspielungen kennt, kann man schon auf den Gedanken kommen, eigentlich wollen sie Wiener Kaffeehausmusik machen...


    Aristocrate ‎– EA 27008 (1975)


    Viele Grüße - Frank


    Schönberg - Verklärte Nacht. Cover.jpg

  • "Verklärten Nacht"

    Hallo Frank,


    eine "Verklärte Nacht", würde ich mir allerdings ebenfalls schön vorstellen!


    Schön, dass Du hier Musik vorstellst, welche man nicht jeden Tag hier sieht!


    Gestern konnten wir im Konzert u.a. von Strawinsky,

    Le Sacre du Printemps geniessen. Natürlich haben einige Besucher die Vorstellung während der Aufführung verlassen. Solche Erlebnisse hat man immer wieder, bei Aufführungen moderner Kompositionen!


    Schöne Grüße

    Reinhard

  • eine "Verklärte Nacht", würde ich mir allerdings ebenfalls schön vorstellen!

    Hallo Reinhard,


    das ist so eine Sache. Glaubhaft überliefert von Alex Ross (amerikanischer Musikjournalist) und anderen ist die Annekdote zwischen Schönberg und dem Produktionschef von Metro-Goldwyn-Mayer, Irving Thalberg, der ihn für eine Filmmusik gewinnen wollte. Die sollte im Stile der "wunderschönen Musik" (Verklärte Nacht) sein, die Thalberg im Radio gehört hatte. Schönberg soll ihn ziemlich streng mit den Worten unterbrochen haben - "ich schreibe keine wunderschöne Musik!".

    Dass heute noch wie anno 1913 Konzertbesucher bei Le Sacre du Printemps den Saal verlassen, das hat schon was.


    Viele Grüße - Frank

  • Berlioz – Charles Munch · Boston Symphony Orchestra ‎– Symphonie Fantastique

    Label: (RCA Victor Red Seal ‎– LSC-1900), Classic Records ‎– LSC 1900
    Format: Vinyl, LP, Numbered, Reissue, Stereo, 190 gram

    Country: US
    Released: 2003

    Remastered by Bernie Grundman


    Obwohl LSC-1900 im RCA-Katalog von 1960 zu finden ist, wurde das Album 1955 lediglich als LM veröffentlicht.


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    Viele Grüße

    Thomas

  • Hallo Reinhard,


    das kann ich kaum glauben, aber wenn Du es gestern so erfahren hast. Bei der Uraufführung von "Le Sacre ..." war das bestimmt so, aber 106 Jahre danach? Ziemlich bedenklich ...


    Viele Grüße


    Joachim

  • das kann ich kaum glauben

    Hallo Joachim,


    das ist die Realität, habe ich schon des öfteren erlebt, obwohl es nicht sehr viele sind.


    Mir gefallen auch nicht immer die Zeitgenössischen Musiken, bei uns war gewissermaßen so etwas wie ein Zentrum für Zeitgenössische Musik. Während unseres Konzertabos wird praktisch immer etwas dieser Neuen Musik am Anfang gespielt.


    Viele Grüße

    Reinhard

  • Hallo Reinhard,


    wenn bei "Le Sacre ..." immer noch Konzertbesucher gehen, dann ist es eine gute Idee solche Kompositionen an den Anfang von Konzerten zu stellen -- oder, noch besser, wirklich neue Kompositionen, etwa von Steffen Schleiermacher. Vor der Klassik hatte ich als Jugentlicher Jazz gehört, "Le Sacre ... " war mein Einstieg in die Klassik, und ich mag diese Komposition noch immer sehr gerne.


    Die lokalen Orchester hier spielen nur wenig Zeitgenössische Musik, an einem Abo für die Konzerte des Gewandhausorchesters habe ich kein Interesse, die spielen für meinen Geschmack zu viel 08/15 Repertoire. Da wähle ich lieber gezielt die Konzerte aus.


    Viele Grüße


    Joachim

  • ... apropos "Verklärte Nacht" - ich konnte mich "dunkel" erinnern - lang ist es her - das es so eine auchmal am "Hohen Ende" der Straße :) gegeben hat:


    Schönberg: Verklärte Nacht

    Erlih, Les Solistes de Marseille


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    Syrinx F 1976


    Die Katalognummer ist Syrinx 0276.001. Die Platte ist demnach im Februar 1976 erschienen und war die erste des Marseiller Labels Syrinx, das sich später in Lyrinx umbenannte. Die Aufnahme wiurde von René Gambini mit zwei Mikrophonen gemacht.

  • Hier noch eine fantastische Schönberg-Einspielung...


    Arnold Schoenberg - Zvi Zeitlin · Alfred Brendel, Symphonie-Orchester Des Bayerischen Rundfunks · Rafael Kubelik ‎– Violinkonzert Op. 36 · Klavierkonzert Op. 42


    Label: Deutsche Grammophon ‎– 2530 257
    Format: Vinyl, LP, Stereo

    Country: Germany
    Released: 1972

    Engineer: Heinz Wildhagen

    Painting [Cover]: Lyonel Feininger

    Producer: Dr. Rudolf Werner

    Recording Supervisor: Hans Weber


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    Viele Grüße

    Thomas

  • Und weil wir gerade bei Schönberg sind, dieses herausragende Album...

    Arnold Schoenberg - Inge Borkh, Hertha Töpper, Kieth Engen, Lorenz Fehenberger, Herbert Schachtschneider, Hans Herbert Fiedler, Rafael Kubelik ‎– Gurre Lieder

    Label: Deutsche Grammophon ‎– 138 984/85
    Format: 2 × Vinyl, LP, Stereo Box Set

    Country: Germany
    Released: 1965

    Engineer: Günter Hermanns

    Producer: Otto Gerdes


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    Viele Grüße

    Thomas

  • Einen für heutige - an Filmmusik gewöhnte - Ohren recht einfachen Zugang zu Schönberg bietet auch sein Stück "Begleitmusik zu einer Lichtspielszene" aus den Jahren 1929/30, dessen Uraufführung noch an der Berliner Krolloper mit Otto Klemperer stattfand: achteinhalb Minuten purer Klangfilm-Thriller, hier von Boulez mit dem BBC SO aufgenommen und etwas lieblos ans Ende der B-Seite noch mit draufgepackt, was diesem doch populären Stück nicht ganz gerecht wird.

    Boulez ist etwas sachlicher als Karajan oder Ozawa, der auch einiges von Schönberg einspielte, dafür aber ebenfalls mit der gewaltigen Intensität, die Werke von Schönberg anscheinend tatsächlich benötigen. Und man hört bei Boulez, dass er genau diese Musik dirigieren will.

    CBS 76577.


    Viele Grüße - Frank


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  • ps.: derart klanggewaltiges Material wollten natürlich auch Antal Dorati und Mercury für die "Living Presence"-Serie nicht auslassen. In meinem Besitz ist leider nur die CD, die aber immerhin noch von Wilma Cozart Fine persönlich abgemischt wurde. Gute Zusammenstellung von Stücken Schönbergs sowie seiner beiden Mitstreiter und Meisterschüler Alban Berg und Anton Webern.


    Viele Grüße - Frank


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  • Hallo Frank,


    die Mercury CD entspricht der relativ späten Mercury SR 90316 "Vienna 1908-1914" (die dummerweise auf der TAS-Liste steht, was die Preise hochtreibt) und es gibt auch keine alternative EMI-Mercury AMS-Pressung, wie für die frühere SR 90278 mit Suiten aus Alban Berg's Wozzeck und Lulu, ebenfalls mit Dorati und dem LSO (und der Sopranistin Helga Pilarczyk). Für SR 90278 gibt es mit AMS 16117 eine hervorragend klingende Alternative.


    Viele Grüße


    Joachim


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