Welche Klassik-LP habt Ihr das letzte Mal aufgelegt?

  • Stets hifi-technisch beeindruckend - das Experiment des Direktschnitts. Es gibt einiges an Pro und Contra für diese Art der Aufnahme, aber mir gefällt der Live-Charakter, mit allen Schwächen. Rein musikalisch und interpretatorisch finde ich auf dieser Platte die "Drei Orangen" von Prokofjew nicht schlecht, aber auch nicht überragend, etwas (gewollt) dramatisch, zu wenig spielerisch. Man hört, dass die Musiker vielleicht auch wegen der Direktschnittaufnahme irgendwie nicht richtig unbeschwert spielen können - ist aber nur mein sehr subjektiver Eindruck.

    Ähnlich ist es bei "La Valse" von Ravel. Ich glaube, man muss erst die ganze Wiener Walzerherrlichkeit leicht wie im Rausch spielen können, um sie dann wirkungsvoll wieder zerstören zu können, so wie 50 Jahre nach "La Valse" Jimi Hendrix das "Star Sprangled Banner", und den Eindruck macht Süsskind mit dem Philharmonic Orchestra leider nicht. Das epochale Stück hört sich an wie eine (gar nicht schlechte) Tondichtung, bei der man sich aber fragt, um was es denn eigentlich geht. Jedenfalls nicht auf Anhieb um das geniale Requiem zum Untergang der Donaumonarchie im ersten Weltkrieg, das Ravel mit seinen verstörenden Walzerwogen instrumentierte.

    Crystal Clear Records CCS 7006.


    Viele Grüße - Frank


    Süsskind Direktschnitt Cover.jpg

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  • Direktschnittaufnahme irgendwie nicht richtig unbeschwert spielen können - ist aber nur mein sehr subjektiver Eindruck.

    Lieber Frank,


    das dürfte schon so sein!

    Von Crystal Clear habe ich einige Platten hier, aber sonderlich begeistert bin ich nicht. Weder die Aufnahmequalität noch die Musikalische Darbietung ist besonders prikelnd.


    Als diese Direktschnitte herauskamen hat man halt alles mögliche gekauft, aber seinerzeit waren diese Platten nicht so teuer, heute nehmen sie mir nur Platz weg!


    Viele Grüße

    Reinhard

  • Als diese Direktschnitte herauskamen hat man halt alles mögliche gekauft, aber seinerzeit waren diese Platten nicht so teuer, heute nehmen sie mir nur Platz weg!

    Hallo Reinhard,


    natürlich gelangen den Tontechnikern nicht auf Anhieb Meisterwerke, und dann war ja auch schnell wieder Schluss, der Direktschnitt blieb mehr oder weniger in den Kinderschuhen stecken. Rein technisches Potential - u.a. bei der Dynamik und den Bässen - hatte und hätte diese Technik allerdings schon noch gehabt, das wurde bei einigen Jazz-Aufnahmen deutlich, u.a. der "Spectrum" von Billy Cobham, und ich meine Charlie Antolini hat auch einige gelungene Direktschnitte fabriziert. Wurden die nicht sogar mal auf der Frankfurter Musikmesse präsentiert? Ein Symphonieorchester ist logischerweise weit schwieriger aufzunehmen. Da hätte es noch einiges an Erfahrung gebraucht.

    Die Platte unten von "Sound 80" (?) mit der 5. Symphonie von Schubert ist einfach nur schlecht aufgenommen und von einem zweitklassigen Ensemble gespielt. Daran ist aber nicht der Direktschnitt schuld.

    Mit "schlecht aufgenommen" meine ich nur für den Zweck des Direktschnitts schlecht.



    Viele Grüße - Frank


    ps.: ist immer so - wenn eine neue Technik kommt, werden anfangs oft Sachen damit gemacht, die dann nach ein paar Jahren nur noch peinlich sind. Ich denke da z.B. an die Anfänge der Digitalisierung im Fernsehbereich, die ich bei einem früheren Job noch mitbekommen habe.

    Muss noch hinzufügen: neu war der Direktschnitt ja nur für Vinyl und Stereo. Im Zeitalter der Wachsmatrizen und vor dem Tonband gab es ja nichts anderes.


    Direktschnitt Sound 80 Cover.jpg

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  • Oft unterschätzt, weil gar nicht so teuer, aber von überragender Qualität sind die Living Precence Nachpressungen aus der Serie "Golden Imports", meist aus Holland, aber auch aus Canada. Hier die Mercury SRI75023 (Holland), ehemals Living Presence SR90153. Wenn ich mir die Digitalversion davon anhöre, wurde auf der Platte minimal der Tiefton zurückgenommen. Ich ziehe natürlich trotzdem das Vinyl vor, Digitales habe ich so nebenbei.

    Weil diese Aufnahme tontechnisch so gut ist, achte ich gar nicht so sehr drauf, ob das nun wirklich ebenbürtig gespielt und interpretiert wurde. Das ist so ein Dilemma, das wohl viele kennen. OK - bei dieser hier kann ich sowieso nichts vergleichen, denn ich kenne diese Respighi-Kompositionen nur von Dorati interpretiert. Und der zeigt zusammen mit dem LSO zumindest keine grob hörbaren Schwächen. Also wirklich eine (kleine) Perle.


    Viele Grüße - Frank


    Respighi - Golden Imports Cover.jpg

  • Chopin, Claudio Arrau ‎– Piano Concerto No. 1 In E Minor, Op. 11

    Frederic Chopin´s Klavierkonzerte sind im eigentlichen Sinne keine Konzerte. Hier „streiten“ nämlich nicht Solist im Sinne eines sich gegenseitig anspornenden Wettstreits miteinander, sondern das Verhältnis ist vielmehr ein nebeneinander. Eine Zwiesprache wie bei Klavierkonzerten üblich findet bei Chopin nicht statt. Fraglich ist zudem ob die Orchestrierung tatsächlich von Chopin selbst vorgenommen wurde. Unabhängig davon ist diese Komposition so durchaus schlüssig, da der genauso schwierige wie virtuose Klavierpart wenig Raum für eine andere Orchestrierung lässt.

    Wir nehmen dies also so hin und stellen fest, dass das Ganze durchaus unterhaltsam ist, weil das Orchester einen sanften Hintergrund für virtuose Klavier gibt und dafür dann wenn das Klavier schweigt es schön kesseln lassen darf. Dass dieser Ansatz als durchaus sehr populär eingeordnet werden darf, zeigt nicht nur die positive Reaktion des Publikums bei der Premiere 1830 in Warschau, sondern auch die zahllosen Veröffentlichungen auf Schallplatte. Die mir liebste ist die Einspielung von Claudio Arrau mit dem LPO unter Eliahu Inbal.


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    Viele Grüße

    Thomas

  • ...ist zudem nicht schlecht aufgenommen. Ich finde, für Klavier und Klavierkonzerte hatte Philips oft einen guten Mix (nicht einfach Mischklang) gefunden - bei Chopin und Brahms (mit Arrau/Haitink) minimal gedämpft, kein Anschlag klirrt oder wird schrill, zurückaltend und mit viel Headroom, wobei das Orchester trotzdem noch Volumen hat, und vor allem nie aufdringlich oder "spektakulär" - aus der Erinnerung geschrieben, habe die Platten vor ein paar Wochen angehört. Hat mir jedenfalls auch gefallen.


    Viele Grüße - Frank


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    Brahms Arrau Cover.jpg

  • kein Anschlag klirrt oder wird schrill,

    Hallo Frank,

    was aber sicher nicht nur an der guten Aufnahmetechnik der Philips Techniker lag!

    Arrau galt seinerzeit als Musiker mit konkurrenzlos breitem Repertoir. Zu seinen

    ständigen Repertoirschwerpunkten zählten Chopin, Schumann und LIszt zeitweilig dominierte in seinen Programmen die Musik von Bach und Beethoven.


    Danke für die Plattenhinweise, werde ich mir später ebenfalls mal wieder anhören.


    Frohes Hören

    Reinhard

  • Die mir liebste ist die Einspielung von Claudio Arrau mit dem LPO unter Eliahu Inbal.

    Hallo Thomas und Frank.

    nun habe ich mir ebenfalls wieder einige LPs mit Chopin Einspielungen angehört.

    Zuletzt diese hier vom Chopin Festival in Warschau, wahrscheinlich ist euch diese Aufnahme bekannt. Es ist eine Aufnahme von Benelux Sound-Products, im Vertrieb von EMI ASD Köln. Es ist für mich immer wieder überaschend wie gut diese beiden Platten aufgenommen wurden, denn es sind Live-Aufnahmen, man hört ab und an leichtes Husten der Zuhörer. Hier spielt die junge Martha Argerich das 1. Klavierkonzert von Chopin, außerdem von anderen Preisträgern des Wettbewerbs Mazurken, Grande Valse, Impromptu, Polonaise usw. Somit hat man einen recht guten Überblick, außerdem dürfte diese Platte nicht besonders teuer sein!


    Viele Grüße

    Reinhard

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  • Hallo Volker,

    bei mir läuft mein neuer Gebrauchtkauf:


    Dvorak-Bruch-János-Starker-Antal-Dorati-London-Symphony-Orchestra-Violoncello-Concerto-Kol-Nidrei


    Die habe ich bei Andrej im Raum gehört und musste gleich auf die Suche gehen.

    VG Thorsten


    DIY - Röhren -


    Mitglied der AAA

  • Doch noch über eine Version gestolpert, Brahms Klavierkonzert Nr. 2 mit Richter und Leinsdorf.

    Da muß ich doch sagen da gefällt mir die feinsinnige Interpretation von Ashkenazy und das zurückhaltende Dirigat von Metha viel besser. Richter und Leinsdorf kommen hier mit Macht und Druck, stellenweise wie mit der Brechstange.

    Aber ist wohl stimmungsabhängig, wann man was bevorzugt.

    Die dt. RCA ist leider nicht ganz offen sondern etwas zurückhaltend (wie fast immer bei Diesen).

    Obwohl ich schon viel verhangenere auf dem Teller hatte.


    R-3646033-1338716901-7459.jpeg.jpg

    Viele Grüsse


    Volker


    --black is no colour, it's a philosophy-- 8)
    --you are lucky, if you live twice.....

  • Oft unterschätzt, weil gar nicht so teuer, aber von überragender Qualität sind die Living Precence Nachpressungen aus der Serie "Golden Imports", meist aus Holland, aber auch aus Canada. Hier die Mercury SRI75023 (Holland), ehemals Living Presence SR90153. Wenn ich mir die Digitalversion davon anhöre, wurde auf der Platte minimal der Tiefton zurückgenommen. Ich ziehe natürlich trotzdem das Vinyl vor, Digitales habe ich so nebenbei.

    Weil diese Aufnahme tontechnisch so gut ist, achte ich gar nicht so sehr drauf, ob das nun wirklich ebenbürtig gespielt und interpretiert wurde. Das ist so ein Dilemma, das wohl viele kennen. OK - bei dieser hier kann ich sowieso nichts vergleichen, denn ich kenne diese Respighi-Kompositionen nur von Dorati interpretiert. Und der zeigt zusammen mit dem LSO zumindest keine grob hörbaren Schwächen. Also wirklich eine (kleine) Perle.


    Viele Grüße - Frank


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    Hallo Frank,


    ich hatte diese Respighi-Aufnahme von Dorati (SR90153/SRI75023) seit 20 Jahren nicht mehr gehört, habe aber gerade die beiden LPs wieder einmal im Vergleich gehört. Meine SR90153 ist eine RFR1-Pressung (es gibt auch frühere RF1, RF2 etc. Pressungen, die RCA für Mercury produziert hat).


    Im Gegensatz zu den Respighi "Ancient Dances and Airs for Lute" von Dorati (SR90199/SRI75009), wo Original und Golden Import (meiner Meinung nach) nahe beisammen liegen, finde ich die SR90153 der SRI75023 vor allem in den feinen Details (Ausklingen der Töne) und tonal deutlich überlegen (der Bass ist natürlich auch straffer).


    Ich hatte auch einmal eine französische Mono-Pressung der SR90153 (von Magie du Son), die bestimmt nicht schlechter als das Mercury Original war -- vor 25 Jahren wollte ich aber, falls verfügbar, lieber Stereo-Pressungen (was nicht klug war).


    Ausserdem kann man auch die britischen EMI Pressungen der Mercury-Aufnahmen empfehlen: AMS16036 ist die EMI Pressung zu SR90153.


    Aber die Golden Imports sind günstiger als die EMI Pressungen (als französische Magie du Son gibt es nur wenige Mercury Aufnahmen). Ausserdem gibt es auch andere Philips Pressungen (ausserhalb der Golden Import Serie)

    aus der Mitte der 1960er Jahre von weiteren Mercury Aufnahmen, die sehr gut sind.


    Viele Grüße,


    Joachim