Welche Klassik-LP habt Ihr das letzte Mal aufgelegt?

  • Hallo Reinhard,


    anfänglich wusste ich nicht, dass die Decca-Pressungen der von Decca für RCA in Europa aufgenommenen LSCs und LDSs besser als die US-Pressungen sind -- aber ich mochte damals schon die anderen Decca-Aufnahmen (z.B. die SXL), habe einige Jahre in England gearbeitet und war auch danach häufig in England -- daher hatte ich beim Kauf der englischen Pressungen eine viel größere Auswahl und die Preise waren moderat.


    Meine US-Pressungen der LSC und LDS Serien hatte ich damals vorwiegend nicht direkt in den USA gekauft, sondern mir diese hier durch Tausch und Kauf besorgt. Beim Vergleich der US-Pressungen der von Decca aufgenommenen LSCs mit den SBs und auch den spottbilligen Decca 2. und 3. Pressungen (also den englischen VICS, SDD und ECS) war ich dann sehr überrascht ... Nach einigen Vergleichen habe ich von in Europa aufgenommenen RCAs immer die SB / SF / SER Pressungen gesucht (oder, als günstige Alternativen, engl. VICS, SDD, STS, ECS, SPA Pressungen).


    Viele Grüße,


    Joachim

  • Lieber Joachim,


    Du hast natürlich vollkommen recht und danke für die Richtigstellung. Fritz Reiner hat außer Verdis Requiem, zwar nicht wie Du schreibst, „etliche“, aber tatsächlich mit den Slawischen und Ungarischen Tänzen von Dvorak/Brahms und den Orchesterstücken von Richard Strauß zwei weitere Aufnahmen mit den Wienern und der Decca für RCA eingespielt.

    Das hätte ich eigentlich wissen können, habe ich doch beide im Regal stehen. 😌

    Viele Grüße

    Thomas

  • LSC-2230 hat 1958 mit der fulminaten Einspielung populärer Orchesterstücke spanischer Komponisten wie Albeniz, de Falla und Granados wohl den vom exotischem Lokalkolorit geprägten Zeitgeschmack getroffen. Denn gemessen an der guten Verfügbarkeit und der relativ humanen im zweistelligen Bereich liegenden Preise, war wohl selbst die Auflage der Erstpressung recht hoch.

    Was mich bei Fritz Reiners Einspielungen immer wieder beeindruckt ist diese völlige Abwesenheit von Übertreibungen, selbst wenn das Programm wie auf Spain sozusagen mit jedem Takt dazu verführen möchte. Wie Reiner mit dem CSO Melodiebögen und Rhythmik auszuformt und die Cescendi anzieht ist sehr beeindruckend. Klanglich gehört Spain sicherlich zu den besten Alben im RCA-LSC-Archiv, da auch hier jegliche Übertreibungen bei der Mikrophonierung und an der Konsole fehlen. Wer sich den ultimativen Punch geben will greift zur LM. Ansonsten kann ich statt der Ochsentour bei der Suche einer günstigen und sehr gut erhaltenen Shaded Dog das CR-RI sehr empfehlen. Einziger Makel ist hier das Fehlen des Gatefold-Covers. Zudem gibt es bestens beleumundete RIs von Chesky und AP.

    Fritz Reiner, The Chicago Symphony Orchestra ‎–Spain

    Label: RCA ‎– LSC 2230, Classic Records ‎– LSC 2230
    Series: Living Stereo –
    Format: Vinyl, LP, Stereo


    Country:US
    Released:1994


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    Reiner / Chicago Symphony ‎– Spain

    Label: RCA Victor Red Seal ‎– LM-2230
    Format: Vinyl, LP, Album, Mono, Cardboard Gatefold Cover incl. booklet


    Country: US
    Released:1958


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    Viele Grüße

    Thomas

  • Moin,


    nach Liszts „Faust Sinfonie“ habe ich von Hector Berlioz „Fausts Verdammnis“ aufgelegt.


    Über Berlioz scheinen sich die Geister zu scheiden, die „Symphonie fantastique“, das Auftragswerk Paganinis „Harold en Italie“, sowie die „Grande messe des morts“ finden sich vergleichsweise häufig auf Platte, nach Aufnahmen anderer Werke sucht man länger.


    Vielleicht orientieren sich zu viele an Debussys Äußerung, Berlioz sei überhaupt kein Musiker gewesen, sondern habe mit Verfahren der Literatur und Malerei die Illusion von Musik erschaffen.8)


    Robert Schumann sah das gelassener. Von ihm habe ich folgendes gefunden: “Berlioz hat sich in jedem seiner Werke anders gezeigt, sich in jedem auf anderes Gebiet gewagt; man weiß nicht, ob man ihn ein Genie oder einen musikalischen Abenteurer nennen soll: wie ein Wetterstrahl leuchtet er, aber auch einen Schwefelgestank hinterlässt er; stellt große Sätze und Wahrheiten hin und fällt bald darauf in schülerhaftes Gelalle. Einem, der noch nicht über die ersten Anfänge musikalischer Bildung und Empfindung hinaus ist (und die Mehrzahl ist nicht darüber hinaus), muss er geradezu als ein Narr erscheinen.“


    Appetit auf Berlioz bekommen…?


    Die Oper „La damnation de Faust“ ist jedenfalls bei ihrer Uraufführung 1846 mit Bausch und Bogen beim Publikum durchgefallen. Berlioz selbst hat sie wohl eher als Sinfonie mit Singstimmen gesehen, womit wir wieder bei der „Symphonie fantastique“ wären.


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    Hector Berlioz, La Damnation de Faust, Orchester Lamoureux Paris, Igor Markevitch, DGG 138099/100 SLPM (Stereo) Für die Aufnahme zeichnen sich Werner Wolf und Günter Hermanns verantwortlich. Der Klang ist der einer typischen Tulip.:)


    Beste Grüße

    Michael

  • Die Oper „La damnation de Faust“ ist jedenfalls bei ihrer Uraufführung 1846 mit Bausch und Bogen beim Publikum durchgefallen.

    Hallo Michael,


    was ich gerne glaube.

    Das vorgestellte Album habe ich ebenfalls innerhalb meiner Sammlung, aber noch nie gehört. Allerdings würde ich in die Oper gehen!


    Ich habe mir die beiden LPs angesehen, die wurden noch nie abgespielt.


    Viele Grüße

    Reinhard

  • ...wobei Tulips teilweise recht unterschiedlich klingen, was meiner Erfahrung nach an den verantwortlichen Toningenieuren liegt, unter denen man drei immer ganz gut heraushören kann:


    -Der vollmundig warme gut durchgezeichnete Klang des Harald Baudis

    -Der trockene fast schon "strenge" schlanke Klang des Heinz Wildhagen.

    -Der zeitlose extrem ausgewogene und hochauflösende Klang des Klaus Scheibe.


    Den "Scheibe Klang" empfinde ich als den besten. Viele seiner Aufnahmen sind klanglich so zeitlos, dass sie wie gerade gestern aufgenommen klingen...obwohl sie aus den Endfünfzigern bis Achzigern sind...


    Scheibe hat zB. die Carmina Burana gleich zweimal in größerem zeitlichem Abstand aufgenommen...und mit beiden klanglich Referenzen geschaffen, sowohl mit der alten Jochum als auch mit der Digitalaufnahme von Levine.

    Klanglich sind die erstaunlich ähnlich!


    Gruss,

    Bernie

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  • Igor Markevitch

    Hallo Michael,


    von Markevitch habe ich noch andere Aufnahmen.

    Man sagte über ihn, u.a. den Komponisten und Dirigenten verbindet eine Ästhetik der Kälte.

    Markevitch war ein Kind der 1920er Jahre, deren antiromantische Ausrichtung und gemeinschaftsorientiertes Musizieren er tief verinnerlicht hatte. Allerdings darf man sagen, er ist als Komponist zu früh geboren und als Dirigent ein Spätberufener, der aber wieder zu früh in Vergessenheit gerät.



    Viele Grüße

    Reinhard

  • ...wobei Tulips teilweise recht unterschiedlich klingen, was meiner Erfahrung nach an den verantwortlichen Toningenieuren liegt

    Abgesehen von den "Tonmeistern" sind bei der guten alten Dt. Grammophon auch noch die Produktionszeiträume interessant - auf dieser Webseite wie ich meine hervorragend beschrieben:


    https://www.joostvandernet.nl/…rammophon-stereo-lps.html


    Vieles davon kann ich nur bestätigen. Anzumerken wäre hinsichtlich der riesigen Masse an Platten lediglich, dass man zu jeder Regel, die der gute Mann dort aufstellt, natürlich mindestens zwei oder drei Ausnahmen findet...


    Viele Grüße - Frank

  • Apropos Massenproduktion, und zwar mal nicht Deutsche Grammophon: Karajan, Weissenberg und die Berliner Philharmoniker mit den kompletten Klavierkonzerten von Beethoven, 1974 bis 1978 aufgenommen und bei EMI erschienen. Mir gefällt sehr viel dessen, was Karajan dirigierte, vieles davon halte ich für unsterbliche Referenzaufnahmen. Übrigens der Berliner Philharmoniker - und nicht etwa Karajan alleine. Aber was fehlt mir bei diesen Klavierkonzerten? Alles perfekt, Weissenberg ist ein guter Beethoven-Pianist, die Philharmoniker Weltklasse, sogar ein paar interpretatorische Feinheiten sind dabei und trotzdem. Mir fällt dazu nur ein, was Tschaikowsky in Bayreuth (danach) gesagt haben soll: Ich dachte immer, Musik sollte auch Spaß machen. Das hier klingt nach harter Arbeit, was sicherlich einer guten Einspielung vorausgeht, aber eben nur das.


    Viele Grüße - Frank


    Karajan Weissenberg Beethoven Cover.jpg

  • ...Interpretationen sind immer Geschmacksache, doch stimmig sind die auf jeden Fall.

    Was ich allerdings bei Karajan etwas zu heftig finde ist der schon zu süffige Klang von Karajan`s Leib und Magen Tontechniker (bei der DGG) Günther Hermanns...das hat mir schon zuviel Schmelz....ich empfinde dahingehend weniger als mehr-Karajan liebte das...

    Musikmaschinen: Pro-Ject Xtension 10 / Benz ACE SL, MuFi MX-Vinyl, Sony CDP-XA555ES+Breeze Audio DAC, MuFi M5si, Visaton Atlantis MKII mit Weichen von "Kalle MKII" - Dauertinnitus wegen Rock`n Roll^^

  • Bei den Klavierkonzerten war Günther Hermanns nicht dabei. Wolfgang Gülich war der Tonmeister, Michael Glotz der Produzent. Die Schwäche dieser und vieler anderer typischer Aufnahmen mit Karajan und den Berliner Philharmonikern aus den 70er Jahren kommt meines Erachtens aber hautsächlich von der massenhaften und weniger sorgfältigen Produktion als von anderen Ursachen. Das hört man einfach.


    Viele Grüße - Frank

  • Weissenberg und die Berliner Philharmoniker mit den kompletten Klavierkonzerten von Beethoven, 1974 bis 1978 aufgenommen

    Weissenberg konnte ich in den 1980er Jahren im Konzert erleben. Zu den Klavierkonzerten Beethovens unter Karajan folgendes: Karajan hatte Weissenberg recht oft als Solisten herangezogen. Karajans opulente, weiche Rhythmen war die bevorzugte Klangvorstellung, diese stand zwar konträr zu Weissenbergs harter Modernität. Wurde aber vom Pianisten merkwürdigerweise bereitwillig aufgenommen. Innerhalb des Beethoven Zyklus gab er sich ähnlich weich und füllig im Ton.



    Viele Grüße

    Reinhard

  • Zudem sollte auch Thomas Mowrey, der die Aufnahmen der DGG in Boston, wo mbMn die mit einigen Abstand besten Aufnahmen der DGG entstanden, geleitet hat.

    Stimmt!

    Günter Hermanns musste wie viele andere in den 70er Jahren erst einmal die neue Multimikrophonie und mit ihr das künstliche nur noch am Mischpult erzeugte Stereo beherrschen lernen. Was man etwa aus dem zweiten Beethoven-Zyklus von Karajan und den Berliner Philharmonikern für die DGG (1977) rausholen kann, zeigt eine 2018 erschienene Blue-Ray mit neuen Abmischungen der neun Symphonien.


    https://www.discogs.com/de/Lud…mphonien/release/13056375


    Vergleicht man den Stereomix mit den Platten von 1977, dann muss man sagen, dass die Tonleute damals die Sache einfach noch nicht so gut beherrscht haben - es gibt übrigens auch schreckliche "Phase4"-Abmischungen der Decca.


    Viele Grüße - Frank

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  • Karajans opulente, weiche Rhythmen war die bevorzugte Klangvorstellung, diese stand zwar konträr zu Weissenbergs harter Modernität. Wurde aber vom Pianisten merkwürdigerweise bereitwillig aufgenommen.

    Was heisst bereitwillig aufgenommen? Normalerweise hat Karajan gewöhnlichen Solisten wie auch Starsolisten gesagt, entweder sie spielen wie er das will oder sie suchen sich einen anderen Dirigenten.


    Viele Grüße - Frank

  • Szell ist ein gutes Stichwort, Reinhard!

    1972 trat Lorin Maazel in Cleveland die Nachfolge von George Szell an. In den 10 Jahren bis 1982, die er in Cleveland weilte, brachte er dem Orchester vor allem mehr Farbe und mehr Emotionen, und dazu noch durch den Wechsel von CBS zu Decca herausragend gut klingende Aufnahmen von denen es zwei sozusagen stellvertretend, nämlich Porgy & Bess sowie die Feste di Roma, auf die TAS-Liste geschafft haben. Die folgende Aufnahme von 1980 mit Werken von Rimsky-Korsakov steht ebenfalls stellvertretend für Farbe, Emotion und exzellenten Klang vorgetragen von einem der weltweit besten Orchestern.


    Rimsky-Korsakov / Lorin Maazel, The Cleveland Orchestra ‎– Suite-The Golden Cockerel, Capriccio Espagnol, Russian Easter Overture


    Label: Decca ‎– SXL6966
    Format: Vinyl, LP, Album


    Country: UK
    Released: 1980


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    Viele Grüße

    Thomas

  • Wechsel von CBS zu Decca

    Hallo Thomas,


    keine Frage, über die Qualitäten der Decca oder RCA-Platten, brauchen wir glaube ich, nicht mehr zu reden.


    Die von mir oben genannte LP auf CBS klingt ebenfalls sehr gut. Viele CBS-Klassik-LPs, hatte ich seinerzeit von einem ehemaligen CBS-Mitarbeiter erworben. Möglicherweise waren diese besser als die normal käuflich zu erwerbenden!


    Viele Grüße

    Reinhard

  • ...CBS hat später sehr dünn gepresst und dafür die Aufnahmen stark komprimiert.

    Davon hatte ich schon so einige-tonal perfekt, aber hörbar komprimiert-hab sie wieder verscherbelt...

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