Hörbericht - Low MC System aus Mammut Stosszahn by Aidas - 23.000 Jahre für einen frischen Sound?

  • Es hängt tatsächlich endlich mein ersehntes Mammut am Headshell: Das Aidas Low Output MC „Baby Mammoth“. Ein Tonabnehmer aus Mammutstosszahn. Das wirft bei dem einem oder anderen Fragen auf. Um es gleich vorweg zu nehmen. Ja, Mammut darf im Gegensatz zu Neuzeit-Elfenbein in der EU gehandelt werden. Nein es wurde kein Tier extra für ein Hifi-Teil getötet. Mammuts tummeln sich seit geraumer Zeit nicht mehr in unserem Gefilde.


    Das Material für den Body ist 23.000 Jahre alt. Die Idee dahinter ist, dass dieser fossile Stoff den Innenohrknochen des Menschen besonders ähneln soll. Daher würde es sich besonders eignen, etwas zu bauen, was Töne "wiedergibt". Dies wiederum gebe ich jetzt einfach so wieder. Mmmh. Nun denn. Ikeda hatte auch einmal eine limitierte Auflage eines Mammut-Tonabnehmers gebaut. Eine Suche danach ist glaube ich sinnlos. Fotos davon existieren aber.


    Sugano von Koetsu experimentierte vor 40 Jahren angeblich mit Elfenbein und landete wegen nicht so guter Eigenschaften bei Onyx. Es hilft also nur eines: sich selbst ein „Bild“ machen. Bestellt habe ich die Variante „Baby Mammoth“, da das eigentliche grosse „Mammoth“ mit rund 8.000,- Dollar nicht in meiner Preis-Range liegt. Dafür musste ich auf den beim grossen MC beiliegenden Vodka verzichten. Ärgerlich, sehr ärgerlich.


    Das Baby habe ich statt mit 4 Ohm Innenwiderstand (Alnico) mit 2 Ohm Samarium Cobalt Magneten bestellt. Hinterher war ich mir nicht sicher, ob das so schlau war. Wir werden sehen, bzw. hören. Der Output beträgt ca. 0,23 mV. Die Compliance liegt bei 12. Das Gewicht ist mit 6,5 Gramm definiert. Die Nadel besteht aus einem Microridge Diamanten by Namiki, der sich auf einem Boronträger wiederfindet. Auch da war ich frei in der Wahl von Stein und Trägermaterial. Die Fertigung dauert ca-1-3 Monate, je nach Spezialwünschen. Wenn ich es richtig verstanden habe, sind nur 10 Bodys aus dem Stosszahn geschnitten worden. Also unbegrenzt ist die Zahl der Mammoth Tonabnehmer nicht.


    Ich spiele das Fossil am Schick Tonarm mit Garrad 401. Dazu gesellt sich eine Conrad Johnson MV 75 Endstufe und einer Röhren-Vorstufe aus Lindau. Der Phono ist ein Ampearl Re 1030- eine Bank. Übertrager ist ein Hashimoto HM3 mit 1:40/ggf.1:20. Die Diatone P610 sollen das Ergebnis zu Gehör bringen.


    Teil 2 folgt wegen zu viel Buchstaben. Hier noch Fotos zum Aufbau. Spanndraht ist vorhanden, doppelte Dämpfung(Betriebsgeheimnis bei Aidas).


    mammoth1.jpgmammoth 2.jpg

    Grüße

    Knut



    "Pokal oder Spital"

  • Hören mit grossen grauen Ohren:

    Metallica: "…and justice for all" -Track „One“. Es bietet sich eine beeindruckende Darbietung. Der Hubschrauber im Intro flattert seine Kurve im Raum, die Stimme von James Hetfield ist warm und und die Wiedergabe plastisch. Die Gitarre zum Ende sind fett, warm und schnell zugleich. Das schmatzt förmlich. Das Schlagzeug agiert maschinengewehrartig schnell. Limitiert wird das leider nur von der Diatone mit der kleinen Membran. Dabei verhält sich das MC nicht wie der Elefant im Porzellanladen. Alles bleibt geordnet und man kann Instrumente differenzieren.


    Hubschrauber 2: Pink Floyds „The Wall“ Hubschrauber ist grösser. Das donnert. Das Gitarrensolo in „Another brick..“ schraubt sich langsam höher und bleibt tonal stets perfekt. Es nervt nie im Hochtonbereich. Manche Systeme haben sich hier schon aufgeführt wie ein Elefant beim Spitzentanz.


    Auto 1: Yello „The Race:“ Halleluja. Das geht ab. Die Motorengeräusche sind real und verschwinden wunderbar in der Tiefe des Raumes, wenn das Fahrzeug rechts oder links durchgefahren ist. Der Bass bringt meinen Subwoofer zum schuften. Die vielen Effekte stehen toll im Raum. Eher nach vorne gebracht, zum Hörer hin. Nicht jedermanns Sache. Das wirkt für manchen aufdringlich. Für mich wirkt es wie 3D-Fernsehen, mittendrin statt nur dabei.


    Auto 2: Chris Rea „ Auberge“. Das Intro enthält hier viele räumliche Effekte unter anderem einen nicht starten wollenden Automotor plus klimpernden Flaschen und Schritte. Das ist alles in der Tiefe und Breite gut gestaffelt. Die Stimme von Chris Rea ist sehr detailliert, warm und voll. Er müsste eigentlich ab jetzt Chris Rea(l) heissen.


    Yello: "The Rubberbandman": „Shoot, bang, no rhyme…“auch hier geht es mit Hochgeschwindigkeit ab. Fast zu viel des Guten an Dynamik. Der Hashimoto will da wohl zu viel. Das ballert so los, dass ich mich frage, ob ich das auch stundenlang hören kann. Da ist ein 1:20 Übertrager der sanften Art wohl besser. Das Mammoth knallt ohne Ende los. Wie vom Gummiband abgeschossen halt.

    Ein EMT TSD 15 zum Vergleich wirkt hier schon fast träge obwohl dies schon eine richtig gute Attacke hat.


    So zieht es sich weiter durch mit Miles Davis „Kind of Blue“ und „Tutu“, zwei Lp’s, welche jeweils die Trompete als wunderbares Instrument wiedergeben. Auch in “The Hot Spot“ Soundtrack ist Miles Davis Instrument jeweils sehr angenehm. Gerade diese LP ist mit dem Mammoth MC absolut räumlich und schlichtweg faszinierend. Hooker johlt sich einen (Howlin)Wolf. Die habe ich wirklich nie besser gehört.

    Auf dem „Lily was here“ Soundtrack treten die Effekte auf Seite 2 förmlich dreidimensional heraus zum Hörer hin. Ich bin absolut kein Augenzu-Hörer. Aber hier verleitet es mich doch dazu. Spannendes Erlebnis kann ich sagen.


    Johannes Oerdings „Kreise“ können sich für mich endlos drehen, so einen Spass macht das. Eine Mücke(6,5 Gramm) im Auge kann sogar einen Elefanten zum Weinen bringen, sagt man.


    Und zu guter letzt, wie immer der Kracher der Woche, Grossmuttis Albtraum. Da haut es einem die Knöpfe vom Kittel. Die audiophile Anti-Perle. Ein Lied, das entweder Freunde fürs Leben schafft oder man wird mit Knüppeln durchs Dorf gejagt. Manowar mi dem Album „Battle Hymns“ aus 1982. Ich weiss bis heute nicht ob die mit dem Stil die Leute absichtlich verarscht haben oder ob die es ernst mit dem Metal meinten. Zumindest drehen sich die Texte auf diesem Album noch eher um schwierige Themen. Es zeigt vielmehr in die Richtung wo es mal hingehen soll- zum Truemetal. Es wirkt aber noch authentisch von Sound her und mit den vielen Rockmusik-Anlehnungen. Zwei Titel sollen herhalten. „Dark Avenger“ mit Orson Welles Leih-Stimme im Zwischenpart und natürlich Battle Hymns. Dark Avenger klingt bei Gitarren und Schlagzeug verhangen. Das kriegt auch das Aidas nicht beseitigt. Orson Welles nuschelt sich etwas in den Bart:

    „He was met at the gate of Hades

    By the Guardian of the Lost Souls, the Keeper of the Unavenged

    And He did say to him

    "Let you not pass, abandon

    Return to the world from whence you came

    And seek payment, not only for thine own anguish

    But vindicate the souls of the Unavenged"


    Hat der Barthaare im Rachen?

    Mit 1: 20 klingt die Aussprache im zweiten Versuch dann deutlich besser. Gott sei Dank.

    Nach dem Sprechteil fliegt die (Elefanten-)Kuh. Das geht ab wie Teufel.Wenn jetzt nicht ggf. auch haarloses Handbangen und die Dio-Finger kommen, dann stimmt etwas nicht. Jo, der haarlose Kopf bangt. Da wird wieder Volt****Salbe im Nacken notwendig werden. „Battle Hymns“ glänzt auch nicht mit offenen Klang. Bass und Schlagzeug wirken muffig. Dennoch versucht das Aidas MC alles rauszuholen. Der ruhige Zwischenpart macht Gänsehaut. Dann heisst es nochmal Kette rechts und Feuer frei fürs Finale. Gott, kann der singen. Das war ein gelungener Abschluss. Auch eine 80er Jahre Muffplatte muss einigermassen rüberkommen und Spass machen. Das klappt.


    Auf jeden Fall mache ich hier - für mich selbst - zurecht eine 6,5 Gramm Mücke zum (Klang-)Elefanten. Warum? Ganz einfach, weil das Aidas es kann. Es kann es einfach. Wie die Aidas Rainbow Varianten auch.


    In diesem Sinne endet das Aidas MC-Testen. Ich werde keines mehr ordern, weil ich nicht sehe, dass da noch irgendetwas lockt, was viel besser sein kann oder wo das Rad neu erfunden wird. Aber wer weiss, was der Mann noch schaffen kann.


    Zum Schluss ein Witz, der mir gerade zum Thema Mammut über den Weg lief:

    Zwei Elefanten sehen zum ersten Mal einen nackten Mann. Sagt der eine Elefant zum anderen: “Wie kriegt der eigentlich das Essen in den Mund?

    DSCF7555.jpg

    Grüße

    Knut



    "Pokal oder Spital"

    2 Mal editiert, zuletzt von Indie Röhre ()

  • Hi Knut,


    toller Bericht - da kommt bei mir jedes mal ein kleines Bischen Haben-Willen-

    Faktor auf. Aber Besonders jetzt, bei deinem Baby Mammut.

    Ich wünsch dir viel Spaß und tolle weitere Platten mit dem System. Und vielleicht

    schreibst du ja doch noch weitere so kurzweilige Berichte über Tonabnehmer.


    Grüße


    Ulf


    P.S. was ist das denn für ein Headshell?

  • nix für ungut, knut, aber dass du auf so einen marketing-gag reinfallen würdest, hätte ich nicht gedacht. ;)


    wie ich andernorts schrieb, wären gerätebasen aus grabsteinen - je älter desto vorteilhafter (und teurer) - ja auch bestimmt an den mann zu bringen. angesichts des beschriebenen mammut-gehäuses wären schnitte aus steinen neolithischer hügelgräber oder kultstätten dafür sicherlich die angemessenste kombination.

    Etwas ist "absolut", wenn es ohne Bedingung wahr ist.

  • nix für ungut, knut, aber dass du auf so einen marketing-gag reinfallen würdest, hätte ich nicht gedacht.

    wie- um in der bildhaften Tiersprache zu bleiben: da hat mir einer den sprichwörtlichen Bären aufgebunden? Und Ikeda hat es ebenso getan mit seinen Tonabnehmern aus Grosswildzähnchen?

    Grüße

    Knut



    "Pokal oder Spital"

  • Nu, ob man nun einen antiken Stosszahn, Jade, POM oder Bruyére als TA-Gehäuse gut findet, sei doch jedem überlassen. Ich finde es zumindest witzig, das jemand sowas tatsächlich umsetzt:S Wenn man sich Knochen und Stosszähne morphologisch betrachtet, entpuppt sich das Geseie von der Ähnlichkeit zwischen Innenohrknochen und Stosszähnen als ziemlicher Unsinn. Davon ab machen die Innenohrknochen (Hammer, Amboss, Steigbügel) mehr 'mechanische' Schallweiterleitung als akustische, das wären dann eher die Mastoidzellen- denen ähnelt aber ein Stück Bimsstein deutlich eher als ein Stosszahn..


    Aber egal- wenns schön erzählt ist und auch noch ein Happy-end hat, ist gegen ein baltisches Märchen doch nix zu sagen:saint:

  • Wenn man sich Knochen und Stosszähne morphologisch betrachtet, entpuppt sich das Geseie von der Ähnlichkeit zwischen Innenohrknochen und Stosszähnen als ziemlicher Unsinn. Davon ab machen die Innenohrknochen (Hammer, Amboss, Steigbügel) mehr 'mechanische' Schallweiterleitung als akustische, das wären dann eher die Mastoidzellen-

    ein Ohrenarzt hätte es kaum besser sagen können. Das hat wahrscheinlich so viel miteinander zu tun wie die Rüssel aus dem Witz oben. Obwohl denken wir ans Klavier, Zitat aus dem Netz:

    Die biologische Herkunft bleibt auch für den Pianisten spürbar: Elfenbeinklaviaturen fühlen sich lebendig an, sie verbinden gleichsam die Tasten mit den Fingern, als gehörten beide zusammen.Glücklicherweise braucht man dies heute nicht mehr. Obwohl viele versuchen diese Tastaturen mit Aufwand zu erhalten, weil die Eigenschaften halt so positiv sind. Aber wir sind ja zum diskutieren hier. Der Gebrauch von Neu-Elfenbein in der heutigen Zeit entbehrt allerdings jeglicher Diskussion.


    Grüße

    Knut



    "Pokal oder Spital"

  • Naja, das erscheint mir auch wieder eine dieser typischen Highend-Marketing-Maschen zu sein: Ich suche mir für mein Produkt ein möglichst exotisches Material. Wenigstens mussten dafür keine Tiere misshandelt werden. Mit Keramik statt Mammutstoßzahn hätte der Tonabnehmer wohl kaum schlechter geklungen. Allerdings hätte der Hersteller mit Keramik als Ausgangsmaterial nicht so einen schönen Aufhänger fürs Marketing gehabt.

    Viele Grüße, Christian.


    Shibata ist keine Wintersportart.

  • ich denke, dass die Fisch Netz Geschichte beim Keramik Koerper des Joco Seto Hori hinsichtlich marketing Sprech mit dem Mammut Zahn fast mihalten kann.


    Letztendlich muss der Entwickler den TA auf das individuelle GehaeuseMaterial feinabstimmen und das scheint in den baltischen Landen gut gelungen zu sein.


    Wuerde mich auch mal reizen!


    Aber mein Weihnachts Budget fuer exotische TA in besonderen Gehaeusen ist bereits ausgegeben, der TA von Shun Mook bereits montiert :)


    Gruss

    Juergen

    HEIMSTATT DER MUSIK

    Veranstalter musikalischer Events,
    Händler für hochwertige audiophile Genussmittel mit analogem Schwerpunkt


    AAA- Mitglied

  • Aidas Mammut, Fischnetz Seto Hori, Trichord Delphini und Trichord Dino, Little Bear Mini Phono, vdH Colibri, Bullfrog, Audioquest Leopard. Solange der zoologische Garten coole Mucke macht, ist mir das egal, ob das ein Marketing-Trick ist.

    Grüße

    Knut



    "Pokal oder Spital"