Lagerspiel EMT929

  • Hallo in die Runde,


    bevor ich möglicherweise unnötig meinen Tonarm EMT929 zur Überprüfung einschicke, möchte ich erst mal hier Meinungen sammeln.


    Ich habe einen EMT948 mit frisch gewartetem TSD15.


    Beim Ausbalancieren des Tonarms ist mir aufgefallen, dass dieser bei Stellung "0" und abgesenkter Tonarm-Auflagebank zwar wunderbar in der horizontalen Schwebe bleibt und bei leichtem Anblasen sich leichtgängig bewegt, aber er zieht trotz ausgehängtem Antiskatinggewicht Richtung Tonarmbank. Das sollte er meiner Meinung nach nicht. Oder sehe ich das falsch?

    Ich habe eine Testplatte, auf der Abtastfähigkeitstests bei 315 Hz Seitenschrift bis 100 µm und ein Tonarm-Resonanztest drauf sind (5-15 Hz). Bei 90 µm Seitenschrift verliert das TSD15 den Rillenkontakt. Auflagekraft ist bei genau ausbalanciertem Tonarm bei empfohlenen 2,5p, Antiskatinggewicht in der mittleren Kerbe. Beim Tonarm-Resonanztest verliert das TSD15 bei Erreichen der Tonarm-Resonanzfrequenz, die zwischen 9 Hz und 10 Hz liegt, ebenfalls den Rillenkontakt (bei 9Hz und 10Hz, bei 11Hz hält es gerade noch so den Rillenkontakt, zwischen 5Hz und 8Hz und 12Hz und 15Hz bleibt es satt in der Rille). Darf die Nadel bei Erreichen der Resonanzfrequenz den Rillenkontakt verlieren?


    Zudem neigt das TSD15 gegen Ende der Platte - je nach Plattenmaterial - zur leicht unsauberen Wiedergabe hoher Töne, insbeondere der Sibilanten. Auch hier habe ich mal gelesen, dass ein zu hohes Lagerspiel bzw. eine zu hohe Lagerreibung für solche Phänomene verantwortlich sein können.


    Hat jemand entsprechende Erfahrungswerte?


    Danke vorab für den Meinungsaustausch.

    Gruß Remo
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    Erwin Lehn: Color In Jazz

  • Noch eine Frage: Steht der 984 denn genau in der Waage? 929 in 997 sind ja dynamisch ausbalanciert, ohne Antiskating sollte der Arm nicht stark in eine Richtung ziehen...


    Freundlich


    Michael

    „Doubt everything...“

  • Ja, es passt alles. Ich denke, dass der Tonarm eine zu hohe Reibung des Vertikallagers hat und ggf. nachjustiert werden muss. Bei hohen Amplituden kann der Tonabnehmer wegen Trägheit des Vertikallagers der Rille nicht mehr exakt folgen und fliegt daher aus der Rille. Klingt das stimmig?

    Gruß Remo
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    Erwin Lehn: Color In Jazz

  • Wenn Du den Tonarm in der Balance sanft vertikal antippst, wie oft pendelt er denn? Kann auch das Gegenteil sein, das die Vertikallager zu stramm angezogen sind. Das Pendel mit etwas gelösten Lagern bei Spiel prüfen und dann soweit wieder anziehen, das das Pendeln gerade so nicht behindert wird. Ein minimales Restspiel bleibt, zudem ist Spiel weniger nachteilig als zu stramm angezogene Lager, damit klingt alles tot und überdämpft.

    Gruß André
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  • Er schwebt in der Vertikalen schon mehrfach leicht hin und her, bewegt sich aber auch von der Plattentellermitte Richtung Auflagebank langsam zurück, anstatt an dieser Stelle stehenzubleiben, obwohl Antiskating ausgehängt ist.

    Von irgendwo her habe ich mal gehört, dass dies auch der Torsion der Tonarminnenverkabelung geschuldet sein könnte.

    Gruß Remo
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    Erwin Lehn: Color In Jazz

  • Hallo Remo,

    das halte ich auch für wahrscheinlich. Selbst das einfachste billige Kugellager aus der Grabbelkiste hat weniger Lagerwiderstand als ein verdrilltes Tonarmkabel. Bei VPI wird z.B. die Antiskatingkraft durch Verdrillen des Kabels erzeugt.

    Der Anstieg der Verzerrungen am Plattenende ist der niedrigeren Umfangsgeschwindigkeit und dem größeren Spurfehlwinkel geschuldet und prinzipiell nicht vermeidbar. Deine gemessenen Abtastwerte sind super!

    Das die Nadel bei der Resonanzfrequenz den Rillenkontakt verliert ist nicht ungewöhnlich, in der Technik wird nicht umsonst von Resonanzkatastrophe gesprochen. Maßgeblich dafür ist das Dämpfungsverhalten bei der Resonanz. Bei geringer Dämpfung ist die Resonanzkurve schmal und hoch, mit der Folge das die Nadel den Rillenkontakt verliert. Bei hoher Dämpfung ist die Kurve breit und flach. Da kann dann selbst bei gröberer Fehlanpassung noch eine funktionierende Kombination heraus kommen.


    Beste Grüße,

    Ulrich

  • Erst mal vielen Dank für die Antworten.

    Folgt man Nr. 7 dieser Auflistung https://www.phonophono.de/kbas…platten_Verzerrungen.html , so ist nicht immer das System Schuld.

    Der EMT929 hat recht robuste, nahezu unkaputtbare Lager. Ich werde mal am Montag bei Herrn Dusch anrufen und ihn fragen, ob das normal ist und ich den Tonarm einschicken soll. Sollte das Tonarminnenkabel verdrillt sein, hoffe ich bloß, dass die Reparatur nicht allzu kostenintensiv zu Buche schlägt.

    Gruß Remo
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    Erwin Lehn: Color In Jazz

  • Hallo Remo,

    Ich habe mich vielleicht etwas undeutlich ausgedrückt. Ein leichtes Verdrillen / Verdrehen des Tonarmkabels geschieht ja schon automatisch bei der Bewegung des Tonarms über die Plattenseite und ist damit unvermeidbar.

    Es gibt nur eine einzige Position wo das Kabel keine Kraft auf den Tonarm ausübt - nur da wo das Kabel völlig frei unverspannt liegt. Diese Position wird es in der Praxis nicht geben!


    Du solltest dich nicht selbst verrückt machen, ich glaube das alles bei deinem Plattenspieler völlig in Ordnung ist. Wie schon gesagt sind deine Abtastwerte super. Mit einem dejustierten / defekten Tonarmlager sind solche Werte kaum erreichbar.


    Beste Grüße und entspanntes Hören

    Ulrich

  • Hallo,


    ich habe einen EMT 929 schon oft "geserviced". Der Tonarm ist, was massive Probleme angeht sehr unproblemtisch. Einzig die kleinen Spitzenlager (vertikal) sind etwas empfindlich massiven Kräften gegenüber. Wenn diese zu fest angezogen werden, gehen die auch mal kaputt. Die kleinen Lager sind aber in der Regel reparabel. Für die Einstellung der Lager verwendet mal am besten einen Drehmomentschlüssel im Ncm-Bereich.


    Die horizontale Lagerung ist eine andere Sache, die "alten" Tonarme von EMT hatten eine sehr hochwertige horizontale Lagerung, die "neuen" dagegen eine konstruktiv andere und deutliche schlechtere Konstruktion. D.h. es ist nicht möglich, die neue horizontale Lagerung spielfrei einzustellen, da man auf echte Lagersitze verzichtet hat. Diese Konstruktionsmängel können aber behoben werden, in dem man die Lagersitze modifiziert.


    MfG

    Robert Graetke

  • Möglicherweise ist das Vertikallager tatsächlich etwas zu fest angezogen, weshalb der Tonarm ab 90µm Seitenschrift und bei Erreichen der Tonarm-Resonanzfrequenz, die bei ca. 9,7 Hz liegen dürfte, aus der Rille fliegt.

    Habe aber auch das Antiskatinggewicht in Verdacht.

    Der rechte Kanal verzerrt ab 60 µm als erster, obwohl Auflagekraft bei 2,5p (gemessen mit Tonarmwaage) und Antiskating in mittlerer Kerbe.

    Dusch meint, es gebe nur ein Antiskatinggewicht für diesen Tonarm.

    Gruß Remo
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    Erwin Lehn: Color In Jazz

  • Hier mal ein Video (sorrry für den leisen Ton):

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    Gruß Remo
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    Erwin Lehn: Color In Jazz

  • Hallo Remo,


    die SFL Nadel sollte eigentlich auf den letzten Bändern der Schallplatte nicht verzerren.

    Das macht die EMT Rundnadel allerdings.


    Das kann aber auch an der Platte liegen. Probier mal andere Platten aus.

    ....

    Hast Du mal mit einer guten Wasserwaage gecheckt, ob der Arm richtig "sitzt" ?

    Möglicherweise hat den mal jemand ausgebaut und leicht schief wieder eingesetzt ?


    Am EMT Arm ist ja unten am Lagerbock eine Buchse dran (für das Phonokabel), da sollte eigentlich das Armkabel nicht wirklich verdreht worden sein, es sei denn jemand hatte den mal zerlegt (?)


    Wenn Du Dir ein paar Karton Stückchen besorgst und aussen an den Gerätefüßen unterlegst, kannst Du ev. das Zurückgehen des Arms kompensieren. Dann kannst Du mit einer Wasserwaage sehen "wie schief" das ggf. sitzt. Einmal auf dem Teller und einmal auf dem Armboard messen.


    Ansonsten hast Du ja hervorragende Werte mit dem Arm.

    Wie Du allerdings 9,7 Hz Armresonanz gemessen hast, würde mich interessieren.....


    Gruss, Udo

  • Das war eine grobe Schätzung. Bei 9 Hz und 10 Hz fliegt das System aus der Rille, siehe Video. Bei 11 Hz fliegt es "beinahe" aus der Rille. Der Rest ist einfache Mathematik. Der Mittelwert aus 9+10 ist 9,5. Und wenn er bei 11 Hz beinahe aus der Rille fliegt, liegt die Frequenz etwas über 9,5Hz. Bei ca. 9,7 Hz.


    Ich habe jetzt mal eine andere Platte von Image-HiFi genommen, diese frisch gereingt, und auch das TSD15.

    Hier liegt die Resonanzfrequenz zwischen 12Hz und 10Hz. :D Aber das TSD15 hüpft nicht aus der Rille.
    Scheint wohl doch an der Platte zu liegen. Möglicherweise sind die Rillen von Platte zu Platte mehr oder weniger tief geschnitten.

    Bei der Image-HiFi fliegt das TSD15 bei 100µm aus der Rille.


    Ich vermute daher wohl eher ein zu geringes Antiskating-Gewicht, da ab 70 µm der rechte Kanal zuerst verzerrt. Herr Dusch meinte jedoch, es gebe nur eines für diesen Tonarm. Ich hatte bei Erwerb des EMT948 tatsächlich ein schwereres Antiskating-Gewicht (es war länger als das jetzige). Da ich jedoch der Meinung war, es sei zu schwer, habe ich es gegen das jetzige ausgetauscht und das alte - dummerweise - damals weggeworfen.


    Robert: Hast du als Tonarmexperte zufällig ein schwereres Antiskatinggewicht für den EMT929, passend für das Loch hinten am Tonarmbrett für den EMT948 mit dieser runden Plexiglas-Schutzvorrichtung gegen Durchfallen?

    Gruß Remo
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    Erwin Lehn: Color In Jazz

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  • Hallo Remo,


    OK, dann verstehe ich das, was Du meinst.


    Ich habe wohl 20 Testschallplatten und habe mich gewundert... die sind alle nur "Schätzeinsen" ...

    Aber alles was um die 10 Hz liegt ist prima.


    Eine Resonanz hat im Normalfall eine gewisse "Breite". Wenn Du Dir das "Aufschaukeln" ansiehst und das Maximum ("mit dem Auge") suchst.

    Mit einem Messwertaufnehmer und einem Messschreiber schafft man es die Werte genau zu messen, aber mit dem "Ansehen des Aufschaukelns" ist das fast unmöglich.


    Guckst Du mal hier z.B. (ist zu einem ganz leichten SME Arm)


    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/14265/


    Der EMT 929 hat eine bewegte Masse von irgenwas um 35 g und eine ganz andere Massenträgheit, so dass die Spitzen sicher nicht so spitze "Peaks" haben, wie die in den Diagrammen (Arm-Masse 4,5 g + System)


    Ich denke im praktischen Betrieb fliegt die Nadel nicht aus der Rllle oder ?


    Gruss, Udo