"Disques pyral" - wie abspielen?

  • Hallo,


    ich habe eine Platte, die als Privatpressung wohl in den 50er-Jahren entstanden ist (von einer Sängerin, die sie privat verschenkt hat, keine Vermarktung, eher so was wie ein "Demoband"). Die Marke der Platte ist "Disques pyral", hier steht etwas dazu: https://www.discogs.com/label/199158-Pyral. Auf die Hülle ist gedruckt: "Nur mit leichtem Saphir-Tonarm abtasten!", sie muss mit 78 Upm gespielt werden. Handschriftlich steht noch auf der Hülle "unzerbrechlich". Sie ist steif, aber nicht so dick und schwer wie Schellackplatten.


    Frage: Braucht man dafür einen ganz speziellen Tonabnehmer, oder kann man den mit heute üblichen Tonabnehmern abspielen, nur eben mit 78?


    Was ist das überhaupt für ein Material? Im oben verlinkten Text steht was von Acetat, aber handelt es sich darum?


    In der Hoffnung auf technische Hinweise,

    Renate

  • Hallo,

    dieses Material ist relativ weich und wäre mit den damals teilweise noch gebräuchlichen Grammophontonabnehmern mit Stahlnadeln und Auflagegewichten von 50g zerstört worden. Deshalb der Hinweis auf Leichttonabnehmer mit Saphirnadel (etwa 5g-8g Auflagegewicht).

    Ein moderner Tonabnehmer kann dafür natürlich benutzt werden. Allerdings ist eine Nadel für Normalrillen notwendig, die einen größeren Verundungsradius hat als die Nadeln für die heutigen Mikrorillen. Nadeln für die aktuellen Mikrorillen können dafür nicht benutzt werden, da sie zu klein sind.

    Es gibt verschiedene aktuelle Magnettonabhehmer, für die entsprechende Nadeln für Schelleckplatten (78er) verfügbar sind, z.B. von Ortofon und Audio Technica.


    Gruß,

    Uli

  • Moin Renate


    Wenn es sich tatsächlich um Acetat handelt, dann ist äußerste Vorsicht geboten. Wie wichtig ist dir die Musik auf der Platte?


    Um sie korrekt abzuspielen, muß nicht nur der Schliff der Abtastnadel stimmen, sondern der Phonovorverstärker muß auch die richtige Entzerrung der Schneidkennlinie bereitstellen. Bei einer Platte mit 78 U/min ist es sehr unwahrscheinlich, daß die heute übliche RIAA-Kurve die richtige ist.


    Erst wenn diese Sachverhalte eindeutig geklärt sind, würde ich sie ein einziges mal abspielen und dabei mit einem ordentlichen A/D-Wandler mit 24 Bit / 192kHz auf Festplatte aufnehmen.


    Einige Infos kannst du aus diesem alten Thread entnehmen, aber natürlich nur allgemeiner Art.


    Fragen zu Acetat-Platten



    Das schwierigste wird sein, die die richtige Entzerrerkurve herauszufinden. Da hatte früher beinahe jede Plattenfirma eine eigene Kurve.


    http://www.sengpielaudio.com/Schneidfrequenzgaenge.gif


    Sieh mal nach, ob auf der Platte irgend ein Hinweis zu finden ist.


    Notfalls kann man die Platte auch ohne Entzerrer - nur mit einem linearen Mikrofonverstärker verstärkt - digitalisieren und dann auf digitaler Seite mit unterschiedlich programmierten Filtern herumspielen um nach Gehör den richtigen herauszufinden. Das erfordert aber eine ordentliche Software wie zB. Wavelab um das richtig zu machen.


    Also am besten nichts überstürzen und die Platte erstmal kühl und möglichst trocken lagern.


    Gruß

    Michael

  • Hallo,


    ich habe nur gelesen, dass die Firma Acetat-Platten entwickelt hat. Ob es sich hier um eine handelt, weiß ich eben nicht. Weil ich nicht weiß, wie man die erkennt. Es steht weiter nichts drauf als das, was ich geschrieben habe, weil es keine Platte ist, die in den Handel kam.


    Die Musik ist wichtig, und ich möchte sie keinesfalls kaputt machen. Das Digitalisieren in hoher Qualität ist kein Problem, das ist eine Profi-Anlage. Nur die Abtastung muss geklärt sein.


    Grüße,
    Renate

  • Hier ein Bild der Platte (das Tonstudio gibt es nicht mehr).


    Die Platte wurde nur für die Auftraggeberin/Sängerin in wenigen Exemplaren hergestellt, sie hat sie verschenkt oder selbst behalten. Insofern helfen die Frequenzgänge der verschiedenen Plattenfirmen nicht weiter.

    3 Mal editiert, zuletzt von defektzero ()

  • Das Digitalisieren in hoher Qualität ist kein Problem, das ist eine Profi-Anlage.

    Prima. Dann würde ich die Platte linear verstärkt digitalisieren und die richtige Entzerrung der Schneidkennlinie am Rechner vornehmen.


    Mit der falschen Entzerrung klingt es nämlich scheußlich, weil du ja bestimmte Frequenzbereiche anhebst und andere wiederum absenkst, was zu einem völlig falschen Frequenzgang führt. Die Musik hört sich dann sehr unnatürlich an.


    Am Rechner kann man einfach unterschiedliche Kurven ausprobieren und man hört dann schon eindeutig, wann man die richtige gefunden hat.


    Gruß

    Michael

  • Also soooo kompliziert ist die Sacche nicht. Eine 50er/60er Jahre Musiktruhe, und der Klops ist gegessen. Oder meint ihr, die Leute damals hätten sich um Kurven gekümmert? Auf einen modernen Tomarm kann man für recht kleines Geld ein AT 95 mit 78er Nadel setzen.

    Dann einfach aufnehmen und erst mal gucken, wie es klingt.


    Grüße von Tom

  • und erst mal gucken, wie es klingt.

    Das erste Problem ist, du hast nicht viele Versuche, wenn es sich um eine Schallplatte aus Acetat handelt.

    Die ist weich und die hohen Frequenzen sind sehr schnell abgenutzt.


    Das zweite Problem ist, wer hat eine Musiktruhe aus dieser Zeit herumstehen. Ich habe ja schon viel Geraffel aus der Zeit, aber eine Musiktruhe braucht halt viel zu viel Platz.


    Und dann ist es auch garnicht so einfach einen modernen A/D-Wandler an eine Musiktruhe anzuschließen, was aber für eine Rettung der Musik auf der Platte notwendig wäre.



    Oder meint ihr, die Leute damals hätten sich um Kurven gekümmert?


    Ja sicher haben sie das. Damals wußten die Leute ja auch noch um diesen Sachverhalt. Und wer sich heute mit dieser Materie auseinandersetzt, kümmert sich auch. Sieh dir mal den Phonovorverstärker vom Mitforisten Ingo Schröder an, da siehst du, wieviel Herzeblut drin steckt, wenn man so alte Platten richtig hören will.


    Ganz unten geht es um die Entzerrerkurven:


    http://www.ingoschroeder.de/in…e/PhonoVorverstarker.html


    Gruß

    Michael

  • Die Leute haben sich ganz sicher nicht um Entzerrerkurven gekümmert geschweige denn überhaupt gewusst, dass es solche gibt. Standard war ein Röhrenradio mit externem Spieler oder halt besagte Musiktruhe. Ich kann mich nicht erinnern, an irgendeinem dieser Geräte eine Manipulationsmöglichkeit außer den Klangstellern gesehen zu haben.

    Bei besagter Platte muss man ja auch davon ausgehen, dass sie diverse Male über alles mögliche Equipment abgespielt wurde. Was da von der ursprünglichen Qualität noch übrig ist...?

    Nichtsdestotrotz kann es natürlich nicht schaden, vorsichtig zu sein, und wenn weiter oben geschrieben steht, dass Profiequipment zum Digitalisieren zur Verfügung steht, sollten da ja auch ein paar Auskennet zur Verfügung stehen.


    Grüße von Tom

  • Hallo,


    die Platte wurde digitalisiert von https://www.generaltransfer.de/ - ein Experte, der auch für die "Ton-Restauratoren" oder "Ton-Archäologen" an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft arbeitet.


    Es handelt sich um einen Direktschnitt, also ein Unikat, auf einer Acetatplatte mit Mikrorille, schon damals etwas veraltet.


    Möge es anderen Besitzern analoger Raritäten nützen,

    Renate