Wie man seine Plattensammlung verkauft

  • Hallo Forum,


    Hier mal ein kleiner Erfahrungsbericht. Bitte nicht nachmachen. ;)


    Ca. vor einem Jahr habe ich damit begonnen alle meine Platten zu verkaufen. Meine Anlage hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon zum großen Teil verkauft. Das war deutlich leichter als die Platten zu verkaufen. Begonnen mit Vinyl hatte ich vor ungefähr 20 Jahren. Also genau zu dem Zeitpunkt, zu dem die größte Flaute herrschte. Zum Schluss hatte ich über 1000 Platten und in den letzten Jahren kaum noch gehört. Irgendwie kam die Lust auch nie wieder. Das Format ist einfach total unpraktisch. Hatte ich schon mit Anfang 20 gemerkt, als ich auf den ersten Partys mit 1210er aufgelegt habe. Die Pioneer CD Player waren da schon eine deutliche Verbesserung. Platten schleppen ist einfach nur schwer und unhandlich. ;) Trotzdem hat mich damals Vinyl nicht losgelassen und ich hatte daheim eigentlich fast ausschließlich Vinyl gehört. Was dann wirklich ausschlaggebend war, sind die abgehobenen Preise. MC Tonabnehmer, die ich sehr zu schätzen gelernt habe, gehen zu unglaublichen Preisen weg. Auch andere Dinge sind nur noch mit Luxusaufschlag zu erklären. Dann sind gute Pressungen einfach Glücksache und nicht so häufig. Das ist sehr schade. Für mich haben da einfach die Nachteile überwogen.


    Also nachdem ich die Anlage verkauft hatte, mussten die Platten weg. Das ist schwerer und nerviger als man denkt. Und eine Wertanlage ist es auch nicht. Klar gibt es Platten, bei denen man locker 1000%+ gemacht hat, aber das sind nur sehr sehr wenige und kompensieren die vielen Verluste nicht. Hinzu kommt die Arbeit und die Paypal gebühren, Discogs Gebühren. Das summiert sich. Die Kommunikation mit den Käufern ist am Anfang noch interessant und neu, irgendwann hofft man, dass alles nur reibungslos geht und man keine Reklamationen hat. In den meisten Fällen läuft es sehr gut und alle sind zufrieden. Bei den anderen Fällen hat man selbst was übersehen und das führt verständlicherweise zu einer Reklamation. In anderen Fällen gibt es Neurotiker, die sich darüber beschweren, dass Platten Oberflächengeräusche haben, nicht gut klingen, auch mal hörbare Ticks haben und über Diskussionen wieso das Cover nicht NM ist ganz zu schweigen. Hier habe ich auf Discogs immer vor dem Versand Fotos gemacht. Das hilft manchmal. Bei dem Vinyl selbst ist das natürlich schwer.


    Letztendlich funktioniert Discogs sehr gut. Die der Kommunikationsaufwand hält sich in Grenzen und damit auch die Zeit, die man aufwenden muss. Hier im Forum hat man deutlich mehr Kommunikationsaufwand, was bei sehr großen Mengen irgendwann nicht mehr zu stemmen ist. Zudem ist natürlich auch der größere Markt auf Discogs interessant. Hier kommt man dann wegen dem internationalen Warenversand nicht um ein Geschäftskonto bei der Post umher. Das geht nur als Geschäftskunde, was aber auch als Privatperson zu öffnen ist. Entsprechend pflegt man bei Discogs dann die Versandoptionen, damit der Versand automatisch ermittelt wird. Das führt zu mehr Kundschaft und zu weniger Arbeit. In den ersten drei bis fünf Monaten bin ich mehrmals die Woche zur Post und habe nahezu täglich die Packstation befüllt. Letztere liegt zum Glück auf dem Weg zur Arbeit und morgens ist die fast immer schon leer und hat Platz. Das funktioniert natürlich nicht mit internationalem Warenversand. Dafür kann man damit echt günstig Platten in die weite Welt schicken. Das ist in einigen Ländern günstiger also zB. innerhalb der USA was zu schicken. Oder von USA nach Peru. Wegen den günstigen Preisen verkauft man nach Indien, Chile, Japan, Neuseeland, Russland, China und sonst wohin. Auch irgendwie witzig. Meine Sammlung ist in der ganzen Welt verteilt.


    Jetzt sind noch ein paar wenige Platten da. Die Platten, die weniger als ungefähr 10€ waren, habe ich meinen Cousin geschenkt. Das hat sich einfach nicht mehr gelohnt. Irgendwann will man auch mal fertig werden. Ein paar wenige Platten habe ich nie eingestellt. Das ist eine Anniversary Edition der DSOTM, die Pulse und ein paar Radiohead boxen. Letztere haben einfach einen künstlerischen Mehrwert.



    Fazit: Die eigene Sammlung verkaufen zu einem Preis, bei dem man nicht ganz traurig wird, ist einfach verdammt aufwändig. In Vinyl einzusteigen, mit dem Hintergedanken es könnte sich lohnen, kann ich einfach nur verneinen. Aber ein witziges Hobby war es in jedem Fall.

    "Nichts ist vergleichbar mit der einfachen Freude, Rad zu fahren."
    -- John F. Kennedy

  • Hall beetle,

    Danke für das Teilen deiner Erfahrungen. Ich habe mir überlegt, dass ich meine Sammlung nicht verkaufen werde - ich will die Platten im Gegensatz zu dir bis zum Schluss haben und hören - da können sich dann meine Erben drum kümmern.
    ich habe aber auch eine komplett andere Einstellung zum Thema Vinyl!
    Gruss,

    Andreas

  • Hallo Beetle,


    alles nachvollziehbar - aber eine Frage sollte erlaubt sein: Was würdest du heute für deine CD`s erzielen, wenn du damals welche gekauft hättest und diese nun verkaufen würdest?

    Ich würde Vinyl auch nie als Wertanlage sehen - sondern einfach als Spaßfaktor.

    Grüße


    Dietmar

  • "Wert" oder eben "Sammlerwert"...darauf "wert" legen tue ich auch nur bei einigen, gesuchten Raritäten. Die würde ich für gutes Geld einzeln verkaufen, ansonsten würde ich den Rest eher als Konvolut abstoßen. Klar, das über die vielen Jahre investierte Geld sehe ich dafür auch nie wieder. Da ist es schon egal, ob ich es billig an einen Händler verkaufe oder einem "Kistensammler", der die Rosinen für sich aussortiert und den Rest dann auf Börsen verhökert.

    Der Tag wird auch bei mir kommen, hoffentlich noch in ferner Zukunft, aber irgendwann werde ich auch so alt sein das ich mit Platten nicht mehr umgehen kann, oder im Heim kein Platz dafür mehr ist, vererben kann ich sie auch nicht und wahrscheinlich gibt es in 20 oder 30 Jahren kaum noch jemanden, der sich für solches Antiquariat interessiert...aber ein Leben ohne Platten? Möglich, aber sinnlos... ;)

    Gruß André
    Keine Emails mehr, nur PN. Emailfunktion ist deaktiviert.


  • Ich habe Platten seit meiner Jugend und die habe ich immer behalten. Dann habe ich viele Scheiben auf Flohmärkten in der Zeit vor dem Vinylrevival gekauft. Meist für einen oder zwei Euro, es waren auch einige Raritäten dabei. Und heute hole ich mir ab und zu eine neue Platte, die ich einfach gerne haben und hören möchte.


    Ich habe einfach Spaß an dem Medium und deshalb verwende ich es, egal ob unhandlich, unpraktisch oder nicht. Die abgehobenen Preise für bestimmte Raritäten interessieren mich einen Sch...dreck. Da hole ich mir lieber die CD, eine Dritt- oder Viertpressung, höre die entsprechende Musik im Internet oder verzichte ganz darauf. Mir kommt es auf die Musik an und nicht unbedingt auf das Medium. Meine Scheiben verkaufen möchte ich aber nicht. Da habe ich einfach zu viel Spaß dran.


    Und später soll sich mein Sohn daran erfreuen. Er mag immerhin Schallplatten. Und wenn er das ganze Zeugs nicht haben will, soll er damit machen, was er will... Und wenns auf dem Müll landet, auch egal. Irgendwann wird dieser verrückte Boom eh vorbei sein. Spätestens mit dem Aussterben der 60er Babyboomer.


    Gruß


    Andreas

    AAA Member mit Unmengen an altem Geraffel

  • Obwohl regelmässig neue LPs dazukommen, reduziere ich mein Vinyl seit einiger Zeit kontinuierlich, verkaufe allerdings nur selten etwas. Vieles geht an meine Tochter und vieles wird verschenkt. Für mich war Vinyl auch nie eine Wertanlage.

    Gruß Rainer


    "Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!"

    Kurt Tucholsky 1921

  • ...vieles wird verschenkt.

    Geht mir ähnlich, zumal ich auf Vinyl fast nur Klassik höre, und zwar die Stereo-Pressungen aus den 60er und 70er Jahren oder die ersten Stereo-Pressungen aus den späten 50er Jahren. Abgesehen von Sammlerstücken oder US-Pressungen von Mercury Living Presence und dergleichen bekommt man Klassik (keine Billigpressungen) nicht mal fast geschenkt verkauft. Einzelne Platten vielleicht, aber bei 100 und mehr Platten wird es sehr schwierig, überhaupt einen Preis von EINEM (!) Euro zu bekommen, auch bei durchschnittlich NM- bis VG++. Deshalb: was ich nicht brauche, bzw. höre, Doubletten und sonstiges steht im Keller. Ab und zu verschenke ich dann mal was davon.

    Das ganze ist bei Klassik auch recht logisch: zwar wird der Bestand an genannten Klassikplatten aus den 60er und 70er Jahren natürlicherweise weniger, gleichzeitig aber auch der Kreis von Leuten, die noch Klassik auf Schallplatten hören. Und, die meisten, die ich kenne, sind deutlich über 50 Jahre alt und besitzen im Prinzip schon fast alles, was sie hören wollen.


    Viele Grüße - Frank

  • Moin,


    ich gehe ähnlich vor wie aberlouer (Rainer).

    Allerdings hat weder mein Sohn noch meine Tochter Interesse an dem Verkauf oder Hobby - damit sind sie (leider) raus.


    Zugegeben, ich habe/hatte nie die Mengen wie viele user hier. Der Bestand war etwas über 2000 Stk. wovon ich bereits ca. 3- 400 Stk. hier im Forum verschenkt habe, einige wenige welche gesucht sind habe ich verkauft bzw. verkaufe ich noch. Das sind aber nur wenige.

    Manchmal kommt zwar etwas neues (gebrauchtes) dazu aber das hält sich sehr in Grenzen.


    Da ich nur ca. 25% davon wirklich auflege trenne ich mich hin und wieder von einigen und verschenke sie nacheinander an bedürftige8o.


    Ich habe einfach keine Lust auf den von beetle erwähnten Aufwand.


    BG

    Berthold

    Besten Gruß

    Berthold


    "Ich bin froh, einer dieser Menschen zu sein, der problemlos Musik hören kann ohne dabei joggen zu müssen!"

  • Hm,

    ich habe Schallplatten gekauft, die ich hören wollte bzw. die mich interessierten. Das ging los in den 70ern, und dauert bis auf eine Unterbrechung ("CD sind besser") bis heute an. Sind meine Schallplatten wertvoll? Keine Ahnung! Nach meinem Ableben wird sich schon jemand finden, der die Scheiben möchte - ob meine Erben sie verkaufen oder verschenken, soll mir dann egal sein.

    cu

    Rainer

    Audreal V30 mit Cabasse Bora und Transrotor Dark Star

    Yamaha C4 /M4 mit B&W DM2A und Revox B 795

    Sony TA-F70 mit KEF Cresta und Sony PS 6750

  • Die Werterhaltung der Platten hängt ja auch vom Genre ab.Ich denke,am längsten wird sich für Jazz noch Liebhaber finden lassen,auch bestimmte Klassikeinspielungen für Musikfreunde die um der Aufnahmequalität und Interpretation wegen interessant,vielleicht sogar unerreicht bleiben.Für die wenigsten Singer/Songwriter Scheiben werden sich die nächsten Generationen noch interessieren.

    Jochen

  • Hier stehen mittlerweile > 12000 LPs und mindestens die Hälfte muss weg. Da der Bereich Klassik/Gesang nie wirklich meiner war, gehen die zuerst. Dabei sind auch LSCs etc., die mittlerweile einen hohen Sammlerwert haben. Gleiches gilt für Mono-Abteilung.

    Freundlichst
    Roberto

  • Alle Achtung Anders (AAA) für diese Menge hätte ich nicht mal den benötigten Platz.


    BG

    Berthold

    Besten Gruß

    Berthold


    "Ich bin froh, einer dieser Menschen zu sein, der problemlos Musik hören kann ohne dabei joggen zu müssen!"

  • Hier stehen mittlerweile > 12000 LPs und mindestens die Hälfte muss weg. Da der Bereich Klassik/Gesang nie wirklich meiner war, gehen die zuerst. Dabei sind auch LSCs etc., die mittlerweile einen hohen Sammlerwert haben. Gleiches gilt für Mono-Abteilung.

    Mir geht es bei ungefähr gleicher Menge ebenso. Das Problem ist hierbei auch nicht, dass ich mich nicht von den Scheiben trennen könnte oder dass ich besonders viel dafür erzielen möchte. Im Gegenteil. Dem ist nicht so, sondern mir fehlt einfach die Zeit, um dieSachen anzubieten. Vielleicht rufe ich im Januar nach meinem Urlaub doch mal einen Händler an und lasse mir ein Angebot für ein größeres Konvolut machen.


    Grüße

    Rudi


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    seit 2009 AAA-Mitglied

  • Ich hab‘ mir über das Thema nie Gedanken gemacht, finde aber die Eindrücke von beetle lesenswert. Ich habe ca. 1.300 Platten, viel mehr werden es aber auch nicht. Trennen werde ich mich davon nicht, dann wäre das schöne Mocoba-Regal leer. ;)

    Viele Grüße


    Jörg


    Ich höre damit und meine kleine Plattensammlung seht ihr bei DISCOGS.



  • Und später soll sich mein Sohn daran erfreuen. Er mag immerhin Schallplatten. Und wenn er das ganze Zeugs nicht haben will, soll er damit machen, was er will...


    Gruß


    Andreas

    Ganz genauso bei mir!


    Es sind über die Jahre ein paar Sachen dabei, die ich nicht mehr so mag, aber vielleicht freuen sich nach mir andere darüber.


    Gruß


    Andreas

  • yes, meine Tochter (18) ist ebenfalls an der Musik interessiert und kommt zunehmend auf den Vinyl Trip. Speziell die Richtung Jackson Browne, Van Morrison, Ry Cooder (wen wird es wundern?), Bonnie Raitt und ähnliches, stehen bei ihr hoch im Kurs.

    Daher kann ich davon ausgehen, dass meine kleine Sammlung, im Vergleich zu anderen Mitforenten beläuft diese sich auf knapp 1000 LPs, in hoffentlich noch fernen Tagen, eine entsprechende weitere Nutzung erfährt.

    Ich höre mit...:

    steht alles in meinem Profil

  • Glücklicher Weise wächst meine Sammlung nur langsam und doch habe ich kaum Zeit, die Neuerwerbungen genügend anzuhören, da stehen schon wieder neue da. Bei 12000 Platten hätte ich jede Platte wohl nur ein einziges Mal hören können...:rolleyes:

    Gruß André
    Keine Emails mehr, nur PN. Emailfunktion ist deaktiviert.


  • Puhh, hmm, schon irgendwie ein bissel Endzeitstimmung bei diesem Thema.:/

    Ehrlich gesagt, habe ich mir auch noch nie wirklich darüber Gedanken gemacht, was nach meinem Ableben mit meinen Scheiben passieren wird. Daran möchte ich, ehrlich gesagt, auch nicht wirklich denken.

    ABER: Falls mir morgen ein Dachziegel auf den Kopp fällt und ich ins Himmelreich auffahre, bekommt mein Bruder meine Sammlung. Da er auch vom Vinyl- und Hi-Fi-Virus angesteckt wurde, weiß er dann ganz gut über meine Vinyls bescheid.

    Andere Alternative: Ich könnte als alter Mann, sofern ich das dann tatsächlich noch erlebe, meine Scheiben irgendwie verkaufen, aber wie die Wertigkeit, die Nachfrage nach den Scheiben usw. dann aussieht, tja, das weiß ich heute auch noch nicht so wirklich.

    Definitiv ist aber die Tatsache, das es mir bei bestimmten Scheiben durchaus auch weh tun würde, wenn ich diese abstoßen müsste.

    Von daher, weg mit den negativen Gedanken, lebt damit, habt Freude und Spass daran.

    PS: Bin mir aber doch sicher, das man in den nächsten 100 Jahren noch die Beatles hören wird, oder Elvis oder sonstwen.

    Szene aus Men in Black, "Mist, dann muss ich mir das Weisse Album ja nochmals kaufen". :D

  • beetle :


    Danke für die nette Geschichte, sowas steht mir irgendwann auch noch bevor,

    einfach weil man sein Leben einfacher gestalten will und vieles von den

    angesammelten Pretiosen weg muss...zudem ist eine rein digitale Anlage doch

    deutlich schlanker !

    Die Überlegung ist halt : Wenn die Platten und die nicht mehr gelesenen Bücher

    weg sind, dann wird es wesentlich offener in der Bude...

    In Zeiten, in denen eine Musiksammlung in eine Hand passt, muss man halt

    abwägen. Früher habe ich Magazine über Tauchen, Segeln, Mopeds u.a. gesammelt,

    heute liest man das online, fertig...den Rest erledigt eine Suchmaschine.

    Die Jugend ist die Zeit des Sammelns, im beginnenden Herbst des Lebens will man

    wieder frei sein (Philosophiemodus off :))


    Ciao, Hardy

    Leben in einer Kakistokratie, ein soziales Experiment?