Klangvergleich von Mono-LPs: mit Mono- versus mit Stereo-Kopf geschnitten

  • Dann sag doch mal was Du denn bislang verglichen hast dass Du hier meinst den Oberlehrer geben zu müssen.

    Viele Grüße

    Thomas

  • Wie so oft lässt sich die Frage nicht pauschal beantworten. Die aktuellen Mastering-Consolen arbeiten digital, weil damit das Mastering insbesondere das von Vinyl wesentlich leichter von der Hand geht. Zudem lassen sich auf digitaler Ebene die Limitationen die ein Magnetband nun mal hat recht einfach weitestgehend eliminieren. Letztendlich ist es weniger eine Frage über welche Konsole das Mastering gemacht wird sondern viel mehr wer die Console bedient.

    Hallo Thomas,

    damit hast Du die wichtigsten Parameter beschrieben. Wer mastert, von welchem Tonträger, mit welcher Zielsetzung.


    Ich wage mal die These, dass ein sehr gut gemachtes Remastering, vom besten Masterband das zu bekommen ist, 1te Kopie vom analogen Muttermaster, auf einem heutigen digitalen Misch/Masterpult im Zweifelsfall sogar mehr Dynamik haben kann als eines auf einem alten analogen Neve Pult. Die Dinger hatten nämlich Eigenrauschen.


    Die heutigen DAWS sind so dermaßen ausgefeilt, dass mit echten Könnern am Pult das bessere Ergebnis zu bekommen ist.


    Was wir unter besser verstehen, darüber lässt sich natürlich diskutieren.

    Möglichst dicht an der alten Erstausgabe. Oder nach heutigen Kriterien so audiophil wie möglich.


    Das alte original Bänder mit 50-60 Jahren auf dem Buckel Verluste haben ist unstrittig. Nicht umsonst wurde in großen Rundfunkanstalten und Tonarchiven der Major Companies das alte Archivmaterial immer mal wieder umkopiert, wie ich aus eigener Erfahrung weiss.


    Gruß

    skeptiker

  • Hallo Michael,


    ergänzend zu Deinen Anmerkungen sollte noch erwähnt werden, dass mit den digitalen Speichermedien in den 80ern natürlich auch digitale Kopien der analogen Masterbänder erstellt wurden. Diese haben das Umspulen oder Umkopieren sowie die Lagerung unter strengsten klimatischen Bedingungen überflüssig gemacht.

    Die Anzahl der Mastering-Ingenieure, die analoge Speichermedien als vorteilhaft erachten ist sicherlich sehr begrenzt.

    Viele Grüße

    Thomas

  • Hallo liebe Foren-Gemeinde,

    habe mich hier angemeldet, weil das mono Thema interessant für mich ist.

    Es haben sich nun viele mono- LP angesammelt über die Jahrzehnte. Vornehmlich Klassik und auch Schlager/Tanzmusik/Jazz. Habe immer Erstausgaben erworben, wenn möglich. Beim anhören mit einem zeitgenössischen Audio-System stellt man schon große Klangunterschiede fest innerhalb von mono.

    Mich hat damals der Artikel von Ulrich Michalik aus der Hifi- Exclusiv dazu gebracht, besonders alte Aufnahme zu suchen. Entweder stereo oder mono. Und die gab es oftmals billiger als mono- Version. Dann wurde die erworben. Ich habe auch keine Resentiments wegen mangelnder Auflösung, höre die Platten mit den zeitgenössischen Tonabnehmern auf einer zeitgenössischen Anlage (Vollröhre Anfang bis Ende). Mir ging es bei mono vor allem um eine hohe Glaubwürdigkeit des gehörten. Obwohl meine Tonabnehmer für Stereo auch Ortofon SPU (kurz) sind, so klingen die stereo LP doch viel mehr nach Auslösung und Hifi als die monos. Mir sind beide lieb, es ist halt nur ein gänzlich anderes Hörerlebnis, und das muss man mögen.

    Höre ich z. B. eine Martzy DG mono, dann kommt von der Atmosphäre und dem spezifischen Klangcharakter der Instrumente in Sachen Glaubwürdigkeit mehr rüber als bei einer Martzy in stereo. Also es sind m. e. einfach zwei verschiedene Welten Musik zu hören.

    Ich kann da leider nicht weiter vergleichen, weil oft nur mono- originale vorhanden sind. Manchmal dieselbe Einspielung in stereo. Aber das ist ja hier nicht die Fragestellung.

    Einzig würde ich doch einen beträchtlichen Anteil am Corporate- Design (Hausklang) eines Labels sehen, wie schon dereinst U. Michalik schrieb. Dieser Klang zieht sich dann durch viele, z. B. US- RCA mono LP, und darunter gibt es wieder Ausreisser mit besserem als auch schlechterem Klang. Die Spannbreite des mono Klanges ist bei mir so breit, dass es wohl geringere Unterschiede wären, wenn man von einer mono LP ein reissue anfertigen würde. Als Sammler erwirbt man natürlich originale, möglichst Erstausgaben. Reissues haben mich daher nie wirklich interessiert, die kann ich bei mir in der Sammlung an zehn Fingern abzählen. Aber doch ist bei den Reissues der Klang oft besser als bei den schlechten mono- originalen, die ich besitze.

    Bei einem zeitgenössischen mono- System ist das Erbenzählen, meiner Meinung nach, unangebracht. Eine sehr gute mono- LP klingt einfach so überzeugend, abseits von allen Details und Kriterien heutigen Messe- Hifi's, dass man garnicht auf die Idee kommt, hier oder da könnte das letzte Quentchen an Feininformation fehlen. Da herrscht ein Klang vor, der ganzheitlich, sehr direkt und energetisch brachial in der Lage ist, ein Orchester in ein Wohnzimmer zu transponieren (nennt man das so? Ihr wisst, was ich meine).


    Gruß, Bernie

  • Hallo skeptiker,


    es kann schon sein, dass analoge Mischpulte gegenüber digitalen etwas Eigenrauschen haben. Allerdings sagten hier in diesem Thread viele Leute, dass sie am liebsten mit Röhrenverstärkern hören. Und die Mischpulte aus den 1950er Jahren -- wie der Gate Dualux Röhrenmischpult von 1957 (s.u.), den z.B. Mercury (Fine Studios) verwendet hat -- haben andere klangliche Vorteile, für die man ein leichtes Rauschen vielleicht in Kauf nehmen kann. Ich jedenfalls mag die frühen Umschnitte aus der Vor-Transistorzeit.


    https://reverb.com/item/296613…be-console-mixer-pristine


    Viele Grüße


    Joachim

  • Hallo Bernie,


    allerdings gibt es von Johanna Martzy auch nur eine einzige echte Stereo-Aufnahme (1966 live bei einem Adventskonzert in Eppstein aufgenommen) siehe die (fast) vollständige Diskographie von J. Martzy von Youngrok Lee.


    https://lee.classite.com/music/Martzy/discography-martzy.htm


    Viele Grüße


    Joachim

  • Hallo Joachim,

    zumindest ist meine Mozart-Heliodor eine stereo LP. Die Dvorak-DG ist original mono Erstausgabe. Aber Fr. Martzy hat für mehrere Label aufgenommen, da kommen wieder die, unweigerlichen, Hausklänge ins Spiel.


    Bernie

    Hallo Bernie,


    schaue einmal auf der Rückseite der Heliodor nach: da steht etwas von "electronically enhanced stereo" (zumindest auf der UK Pressung). Das Violinkonzert wurde 1952 aufgenommen und wurde als 10-Zoll-LP (ohne die 39. Sinfonie) 1955 in Mono als DG 16 119 LP veröffentlicht.


    Viele Grüße


    Joachim


    heliodor.jpg

  • Da wirst Du Recht haben, Joachim. Ich kann die Platte gerade nicht finden, ein Nachteil einer großen Sammlung. Ich weiss nur, dass es eine Heliodor- Martzy aus der Serie ist. Aber keine 10 Zoll. Dachte, es wäre die Mozart. Meine alten Ortofon machen aus jeder mono einen ganz unvergleichlichen Klangmix, das klingt gänzlich anders als stereo.


    Bernie

  • Da wirst Du Recht haben, Joachim. Ich kann die Platte gerade nicht finden, ein Nachteil einer großen Sammlung. Ich weiss nur, dass es eine Heliodor- Martzy aus der Serie ist. Aber keine 10 Zoll. Dachte, es wäre die Mozart. Meine alten Ortofon machen aus jeder mono einen ganz unvergleichlichen Klangmix, das klingt gänzlich anders als stereo.


    Bernie

    Hallo Bernie,


    hier ist die 10-Zoll Mono-Erstpressung des Mozart Violinkonzertes von 1955 (auf der Rückseite des Covers meines Exemplars steht 8/55), verzerrt mit der früheren CCIR-Kurve (350 Hz/3180 Hz), welche die DG im Zeitraum 1953 bis 1955 verwendet hat (danach ab 1956: 50 Hz/500Hz /3180 Hz). Ich habe auch den Pseudo-Stereo Heliodor Reissue (die Mono-Platte höre ich natürlich lieber).


    Viele Grüße


    Joachim


    mar1.jpgmar2.jpg

  • Nachtrag: und hier noch eine 10-Zoll Mono-Doppel-LP von 1958 des Opera-Labels (von diesem war aktuell in dem Klassik-Thread die Rede). "Die schöne Müllerin" mit Fritz Wunderlich und Kurt Stolze (als Klavierbegleiter), Opera 3171 und 3172 (klingt mit RIAA Entzerrung gut).


    -- Joachim


    wund1.jpg

  • So, die Martzy Heliodor ist wieder aufgetaucht. Es ist eine Stereo- Transkription und es ist Mozart, aber in 12 Zoll. Mit der mono kann ich nicht vergleichen, da leider nicht vorhanden. Die mono DG ist mir lieber, die hat typische DG Substanz im Klang.

    Leider kann ich bei der Vorstufe nicht umschalten zwischen Entzerrungen, das wird bei der nächsten evtl. mit drin sein.


    Gruß, Bernie

  • So, die Martzy Heliodor ist wieder aufgetaucht. Es ist eine Stereo- Transkription und es ist Mozart, aber in 12 Zoll. Mit der mono kann ich nicht vergleichen, da leider nicht vorhanden. Die mono DG ist mir lieber, die hat typische DG Substanz im Klang.

    Leider kann ich bei der Vorstufe nicht umschalten zwischen Entzerrungen, das wird bei der nächsten evtl. mit drin sein.


    Gruß, Bernie

    Ja, die 1. Mono-Pressung des Dvorak Violinkonzertes mit Johanna Martzy ist eine 12-Zoll LP (DG 18152 LPM von 1954) und nach CCIR verzerrt. Mit RIAA abgespielt wird das etwas flach und langweilig klingen, im Vergleich zu frühen Columbia-Pressungen klingt das aber wenigstens nicht zerrend und gepresst.


    -- Joachim

  • Hallo Joachim,

    siehst Du, das mit der Entzerrung ist mir unbekannt. Steht auch nicht hinten drauf. Man müsste da also ständig in einem Buch nachschlagen oder auswendig lernen. Not my cup of tea.

    Also die klingt sehr involvierend, nur etwas abgedunkelt, sie hat nicht das strahlen einer guten Mercury MG. Aber das Ausnahmetalent von Fr. Martzy und der Klang ihrer Geige kommt sehr leibhaftig rüber mit viel Energie. Das macht für mich mono aus.


    Bernie

  • Hallo Joachim,

    siehst Du, das mit der Entzerrung ist mir unbekannt. Steht auch nicht hinten drauf.

    Also die klingt sehr involvierend, nur etwas abgedunkelt, sie hat nicht das strahlen einer guten Mercury MG.

    Bernie

    Bernie,

    gut beschrieben.

    DGG hatte die CCIR Entzerrung mit -10dB bei 10 KHZ. Da schwiegen die sich leider aus. Das ist in später erstellten, sehr umfangreichen Listen dokumentiert. Einen standardmäßigen, gängigen Entzerrungshinweis machte man aber erst ab 1955 nach aufkommen der RIAA Empfehlung.


    DGG hat mit RIAA wiedergegeben fast -4 dB Höhenabsenkung bzw. Abdunkelung.


    Gruß

    skeptiker

  • Hallo Bernie,


    wenn man einen variablen Entzerrer-Vorverstärker hat, dann macht das Finden der besten Entzerrungskurve sogar Spass. Und wenn man diese gefunden hat, dann kann man die relevanten Übergangsfrequenzen mit Bleistift auf den Innenhüllen der Mono-LPs notieren. Für den Anfang gibt es auch Tabellen mit Plattenfirmen und den Zeitspannen in denen diese gewisse Verzerrungskurven verwendet haben.


    Aber zwischen 1953 und 1959 haben die Plattenfirmen viel experimentiert. Durch Probieren kann man auch die Kurve finden, die einem subjektiv am besten gefällt.


    Viele Grüße


    Joachim

  • Es gibt so versteckte Hinweise auf dem Label der DG Mono-LPs: "M33" in einem rechteckigen Kästchen (bis ca. 1956) ist für mich ein Hinweise auf CCIR, danach "M33" in einem 3-Eck (Spitze nach unten) zwischen 1957 und 1960 ist am Anfang oft ein Hinweis auf DIN, kann später aber auch RIAA sein. Dann kann man sich anschauen, ob es in den Auslaufrillen ein Datum gibt ...


    Oder einfach ausprobieren.


    -- Joachim

  • Genau:thumbup:

    Letztlich ist diese Methode so einfach wie umfassend. Damit hat man die Entzerrung, die Aufnahmeabmischung, den individuellen Charakter seiner Wiedergabekette als auch den persönlichen Geschmack in einem Aufwasch abgeglichen und erledigt.

    Im Alltagsberieb des Monohörers setzt sich letztlich die schlankste Lösung mit dem besten Ergebnis durch.


    Gruß

    skeptiker

  • Bei Hinweisen auf Cover oder Label einer LP muss man vorsichtig sein -- oft werden ältere Pressmatrizen verwendet (was man, wenn man sich auskennt, an den eingestanzten Symbolen im Bereich der Auslaufrillen manchmal erkennen kann). Oder die Pressmatrizen sind aktueller als die Informationen auf Cover oder Label (weil noch Cover oder Labelzettel von früheren Auflagen übrig waren).


    Oder bei Secondhand-Platten: die Vorbesitzer hatten Cover und Platten getauscht -- aus einer Platte mit Kratzern und einem schönen Cover und einer Mint-Platte mit zerfleddertem Cover wird eine Mint-Platte mit schönem Cover (der Rest landet in der gelben Tonne oder bei Ebay ...).


    -- Joachim