Lagertechnik der Tonarme

  • Ich habe ein defekten Ortofon AS 212 (Gegengewicht war abgebrochen) des Telefunker S 600 auseinander gebaut um die Einzelteile zu begutachten. Da ist mir aufgefallen, daß das Lager im Schaft (Vertikallager) standard Kugellager sind, die man ganz einfach abziehen kann.

    Im Gegensatz dazu das Horizontallager ein Spitzenlager ist. Welche Kombinationen kennt Ihr, welche Vor-und Nachteile haben die jeweiligen Lager. Was könnt Ihr zu Einpunktlager an Tonarmen sagen, wie funktioniert dieses?

    LG Herbert



    Das Knistern der Platte wird durch Filterwirkung im Ohr des Analoghörers durch die Psyche nicht verarbeitet! Im Umkehrschluß...das fehlende Knistern der Digitaltechnik wird als Negativsignal wahrgenommen.X(

  • Hi,


    das oder die Lager im Schaft sind die Horizontallager und das Spitzenlager ist das Vertikallager ;)

    Davon abgesehen gibt es alle möglichen Kombinationen ... Beispiele:

    Rillenkugellager auf Schäften horiz + vert: --> alle Linn, alle Rega

    Rillenkugellager auf Schaft horiz + Spitzen gegen Widerlager vert. --> Sony PUA

    Rillenkugellager auf Schaft horiz + Schneide gegen Widerlager vert. --> SME

    Rillenkugellager auf Schaft horiz + offene Kugellager gegen Spitzen vert: --> unzählige Arme auf günstigen Japan-Drehern der 70er bis 90er Jahre

    Kugellager gegen Spitze horiz + vert: nahezu alle kardanisch gelagerten Arme, Technics, Dual, etc.

    Spitzenlager, egal ob Spitze gegen Widerlager oder gegen Kugellager sind deutlich leichtgänger und feinfühliger als Rillenkugellager. Jene können -eigentlich- höhere Belastungen aushalten und sollten bei rauem Betrieb vorteilhaft sein. Allerdings war mein bisher einziger defekter Arm ein Linn Akito, welcher für Lagerschäden durchaus berüchtigt war. Dagegen sind mir die Dual und Technics Arme nie kaputt gegangen .... und die Verwendung im legendären Technics SL1200 beweist die Qualitäten und Standfestigkeit dieser Lagerung.

    Aufgrund der geringen Baugröße passen diese Lager eben auch gut in ein Kardangehäuse, was für die Aufteilung der Kräfte bezgl. der Lagerachsen insgesamt positiv ist.

    Rillenkugellager gibt es halt in Massen und billig. Und ist die Toleranz etwas groß werden sie halt eingeklebt statt feinst justiert.

    Bei Einpunkt gelagerten Armen befindet sich im Armkopf/Lagergehäuse eine Lagerpfanne.

    Der Arm wird dann auf eine senkrecht nach oben stehende Spitze aufgesetzt.

    Typischerweise befindet sich der Lagerpunkt über dem Schwerpunkt des Armes, sodaß der Arm allein durch sein Eigengewicht sicher auf der Spitze ruht. Das ist simpel und sehr reibungsarm, allerdings in den meisten Fällen auch nervös und kippelig und dadurch oft schwer einstellbar. Oft findet man daher zusätzliche seitliche Gewichte/Ausleger um die Trägheit/Stabilität zu erhöhen

    Mein Favorit sind die im Kardangehäuse angeordneten Spitzen gegen offene Kugellager Typen


    jauu

    Calvin

    ..... it builds character!


    gewerblicher Teilnehmer

  • Der entscheidende Vorteil von Wälzlagern ist deren Preis, sie sind Spottbillig und in Massen erhältlich. Und sie haben immer Spiel und machen immer Geräusche, bedingt durch das abrollen der Kugeln in ihrem Käfig. In unserem Fall denke ich das die Abrollgeräusche gering sind, da die Bewegungen am Tonarm ja auch sehr limitiert sind.

    Spitzenlager sind Spitze, aber nur wenn niemand daran herum fummelt der davon keine Ahnung hat. Ein gewisses mechanisches Fingerspitzen Gefühl ist notwendig, denn sie sind einstellbar. Sie werden oft in Feinmechanischen Geräten eingesetzt, zum Beispiel Uhren. Als Lagersteine kommen da oft Rubine in Frage.

    Dann gibt es noch die Messerlager, bekannt von den SME Tonarmen. Nicht alle sind davon begeistert. Technisch gesehen sind sie aufwendig herzustellen, sind aber weitestgehend spielfrei da immer von der Schwerkraft gleichmäßig belastet. Ganz spielfrei sind sie jedoch nicht, denn die Schneiden liegen in einem V-Lager welches im Grund nie ganz perfekt ist.


    Grüsse, Markus

  • Hi,

    für die Vertikallager wäre es eigentlich sinnvoll, ein Kugellager so einzubauen, dass eine Kugel direkt unter der Achse sitzt. Dann bewegen sich innerer und äußerer Ring hauptsächlich über diese Kugel. Sie kippeln quasi über die Kugel. Der Drehwinkel ist ja sehr klein, vor allem im Betrieb. Prinzipiell finde ich für Vertikalllager ein Kugellager eher suboptimal. So etwas geht m.E. mit weniger Reibung und Spiel.


    Da fällt mir spontan die Lagerung des Ladegaard Tangentialarms mit einer Teppichmesserklinge in einem Aluwinkel ein. Unabhängig vom Thema Tangentialarm finde ich das eine super einfach Lösung. Oder die zwei Spitzenlager bei z.B. Moerch.


    Das Horizontallager macht einen größeren Drehwinkel und da passt ein Kugellager besser als beim Vertikallager.


    Alles nur theoretische Überlegungen.


    Ich habe den Bauer Tonarm in Betrieb und der Umgang mit dem "seitlich" gedämpften (seitliches Kippeln wird gedämpft) Einpunktarm ist erstaunlich unkompliziert.


    Tschau,

    Frank

    Entspanntes Hören, Frank


    ] Vorhandensein von Musik - Zuhandensein von Klang [

  • Ich denke auch, daß Kubellager als Vertikallager nicht gut geeignet sind, da ein Wälzlager von der Bewegung lebt und sich dann erst ein Schmierfilm bildet. Bei der statischen Belastung die Kugeln, auch wenn sehr gering sich "eingraben" und dann die Reibung deutlich steigt, was auf den Nadelträger und die Aufhängung übertragen wird.

    LG Herbert



    Das Knistern der Platte wird durch Filterwirkung im Ohr des Analoghörers durch die Psyche nicht verarbeitet! Im Umkehrschluß...das fehlende Knistern der Digitaltechnik wird als Negativsignal wahrgenommen.X(

  • Hallo Alle,


    Ich habe seit 1980 verschiedene Prototypen von Tonarmen gebaut. In allen diesen Tonarmen habe Ich Federlager von der Firma C-Flex.com benützt. Die Lager sind zylindrisch und enthalten im Winkel von 90 Grad gekreuzte Blattfedern.


    Freundlich,


    Ralf

    Ich mache es hiermit kenntlich, dass Ich einen Tonarm entwickelt und hergestellt habe.

  • Spitzenlager, egal ob Spitze gegen Widerlager oder gegen Kugellager sind deutlich leichtgänger und feinfühliger als Rillenkugellager.

    Hallo Calvin,


    diesen Satz verstehe ich nicht ganz. Spitze gegen Kugellager ist leichtgängiger als Rillenkugellager? Wenn ich zur Fixierung eine Spitze gegen ein (Rillen-)kugellager drücke ist das leichtgänger als ein Rillenkugellager? Meinst du die Art der Fixierung des Kugellagers? Kannst du das bitte nochmal erläutern? Danke

    Gruß,


    Tom

  • Hi,


    jauu, Spitze gegen Kugellager ist leichtgängiger, alleine schon weil die beteiligten Radien in der Regel deutlich kleiner sind. Die Kugellager sind allerdings keine Rillenkugellager mit einem Außen- und einem Innenkäfig, sondern Konstruktionen, bei denen 3-7 sehr kleine Kügelchen offen in einer toroiden Wanne liegen und die Spitze direkt auf den Kugeln aufliegt, also ohne Innenkäfig.

    Manchmal sind die Wannen nicht einmal durch ein kleines Blech abgedeckt, welches eine Nestflucht der Lagerkugeln verhindert (ich meine das bei bei Dual Armen gesehen zu haben).

    Wie bei allen Kugellagern müssen auch die Spitzenlager sehr genau justiert werden.

    Der Grad zwischen wackeln und schwergängig ist sehr schmal.

    Durch ihre Filigranität können diese Lager nicht so hohe Traglasten verkraften wie die größeren Rillenkugellager .... für anständige Tonarme reicht es aber locker aus und entschädigt dafür mit einer hervoragenden Leichtgängigkeit.


    jauu

    Calvin

    ..... it builds character!


    gewerblicher Teilnehmer

  • Die Spitze liegt aber nicht auf den Kugeln, sondern die Kegelflanke an den Kugeln. Die schlechte Einstellbarkeit ist den groben Normalgewinden geschuldet, mit einem Feingewinde ließe sich das besser einstellen. Verbessern kann man so ein Lager, wenn man die Kegelspitze und die Wanne poliert (sofern werktechnisch möglich) und die Stahlkugeln gegen hochpolierte Keramikkugeln tauscht. Den Ansatz hat z.B. Technics mit dem EPA-100 verfolgt.


    Stahlspitze auf Saphierlagerschale findet man bei vielen Einpunktern oder den Sony-Tonarmen der Serie 1600. Sind aber empfindlich.

    Gruß André
    Keine Emails mehr, nur PN. Emailfunktion ist deaktiviert.


  • Hi,

    Horizontallager und Vertikallager würde ich separate betrachten, weil beide unterschiedlich bewegt werden.


    Beim Vertikallager wird je nach Lage der Kugeln einfach nur über die untere Kugel (Lager ist so gedreht, dass am untersten Punkt eine Kugel liegt) gekippt. Dann ist eigentlich fraglich, weshalb man hier ein Kugellager einsetzt und kein Messerlager. Letzteres gibt es ja.


    Beim Horizontallager hat das untere Lager eine andere Funktion als das obere. Das untere nimmt die senkrechte Kraft von oben auf und das obere hat lediglich die Aufgabe, die Achse zu führen.


    Ich finde den Kuzam 4 point von der Idee, die unterschiedlichen Lageraufgaben spezifisch zu lösen vom Prinzip her sehr gelungen.

    Entspanntes Hören, Frank


    ] Vorhandensein von Musik - Zuhandensein von Klang [