Jóhann Jóhannsson ORPHÉE

  • Hallo,


    eigentlich bin ich hier mit einer CD ja falsch, da es diese Platte aber auch als Vinyl gibt denke ich, kann man das mal wagen.


    Jóhann Jóhannsson ORPHÉE


    Orphee


    Habe mir aufgrund der guten Bewertungen auf AMAZON die CD Titel einmal angespielt und dachte, als Kostprobe ganz ordentlich, wagst Du Dich mal ran.

    Nach nur einem Tag traf die CD ein, habe sie sofort eingelegt, eine bequeme, halb liegende Position vor meinen Boxen eingenommen und auf Start gedrückt.


    Der erste Titel von über drei Minuten ist nichts weiter, als einfache Akkorde, die in Zeitlupentempo immer wiederholt auf dem Piano gespielt werden. Da kommt dann auch nichts weiter.


    Hm, die nächsten Titel sind kaum anders, mal streicht noch eine Violine ein paar Töne dazwischen oder darüber, mal ist es ein Cello, dann wieder nur Piano oder Orgel und mal mit Agentencode von der damaligen Kurzwelle aufgenommen.

    Alles in Zeitlupentempo, zum Einschlafen ganz gut geeignet, mehr aber auch nicht.


    Wer ein paar Griffe auf dem Piano beherrscht und einen Computer mit Komponierprogramm bedienen kann, der kann im Prinzip auch so eine CD produzieren. Es passiert eigentlich gar nichts weiter, als eine ganz simple Abfolge von Tönen. Nicht mal die "Qualität" von Ludowiko Einaudio als Maxisingle, -mit 33RpM abgespielt- wird hier erreicht.


    Musikalische Experimente sind immer irgendwie interessant und polarisieren auch. Aber bei dieser Einspielung kann ich nicht mal etwas "Interessantes" erkennen, pure Langeweile breitet sich aus und man fragt sich, was das ganze soll.

    Dass ein Label wie die Deutsche Grammophon so etwas auf dem Markt anbietet, wundert mich schon sehr.


    Wer wirklich experimentelle Musik hören möchte, dem empfehle ich z.B. die Platte "SILFRA" mit Hilary Hahn & Hauschka. Nur Piano und Violine mit verschiedenen Verfremdungen, ohne Probe in der Echtzeit aufgenommen, ohne Schnitt etc. Hier zeigt die Deutsche Grammophon, dass es auch anders geht. Man muss diese experimentelle Musik ja nicht mögen, aber die Einspielung ORPHÉE lässt einem kaum die Wahl der Annahme oder Ablehnung, weil man nach spätestens 10 Minuten eingeschlafen ist, oder gar nicht mehr hinhört.


    Das hier ist nur meine ganz persönliche, völlig unmaßgebliche Meinung, mit der ich Niemandem, dem die vorliegende Einspielung gefallen sollte, zu nahe treten möchte.

    Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!

  • Das hier ist nur meine ganz persönliche, völlig unmaßgebliche Meinung, mit der ich Niemandem, dem die vorliegende Einspielung gefallen sollte, zu nahe treten möchte.

    Leider muss man so etwas nach meinem Eindruck viel zu oft „wie selbstverständlich“ dazu schreiben, obwohl doch jeder seine Meinung äußern darf :P


    Vielen Dank jedenfalls für (d)eine auch einmal nicht positive Rezension :meld:


    Vom Künstler habe ich auch einiges, ich stimme dir in weiten Teilen bei. Solltest du noch mögen, hör doch mal in den Soundtrack von „Arrival“, der gefällt mir vom viel zu früh verstorbenen Johann Johannsson am besten.

  • Solche Musik läßt man laufen und betrachtet die dabei entstehende Stimmung als Teil des Raumes. Darauf muss mann sich freilich einlassen können, geht an manchen Tagen eben nicht und an anderen Tagen isses genau das was man braucht.

  • Da stimme ich Dir im Prinzip zu, wenn denn die Musik ein Mindestmaß an Originalität beanspruchen würde.

    Das ist für meinen Geschmack bei der o.g. Darbietung für mich nicht der Fall.


    Da ich geradezu entsetzt war von dieser Belanglosigkeit, habe ich mich entschlossen, auch einmal über so eine Veröffentlichung zu schreiben.

    Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!

  • Ich bin gerade dabei per discogs in die Scheibe rein zu horchen......ich finde die ganz gut.

    Das ist genau das was ich von einem Isländer an Klanggebilden erwarte, sehr minimalistisch und erinnert mich an HÖH

    Eine Scheibe für gewisse Momente.....

    Music is magick, a religious phenomena, that short circuits control through human response. Let's go out of control. Experience without dogma... A morality of anti-cult. The ritus of youth. Our alchemical human heritage...(Genesis P-Orridge)

  • Ich bin gerade dabei per discogs in die Scheibe rein zu horchen......ich finde die ganz gut.

    Das ist genau das was ich von einem Isländer an Klanggebilden erwarte, sehr minimalistisch und erinnert mich an HÖH

    Eine Scheibe für gewisse Momente.....

    Auf youtube ist das Album am Stück zu finden.....tolle Atmosphäre, gefällt mir gut die Scheibe :thumbup:

    Music is magick, a religious phenomena, that short circuits control through human response. Let's go out of control. Experience without dogma... A morality of anti-cult. The ritus of youth. Our alchemical human heritage...(Genesis P-Orridge)

  • Also jetzt habt Ihr mich neugierig gemacht und da es in unserer Familie ein Apple Music Familienabo gibt, bin ich gerade dabei, die Platte anzuhören. Prinzipiell interessiert mich neue Musik immer und die Deutsche Grammophon versucht sich ja schon länger in diesem Segment der neuen (aber durchaus breitenwirksam zugänglichen) Musik zu positionieren - ich denke da z.B. an die Veröffentlichungen von Max Richter.

    Zurück zu Johann Johannsson: Ja, die Musik ist wenig komplex, oft geradezu eintönig - positiv ausgedrückt könnte man auch meditativ sagen. Definiert man den künstlerischen Gehalt anhand der Komplexität der Komposition, steht der Isländer auf der imaginären "Qualitätsskala" ziemlich weit unten.

    Wenn ich mal einen (unzulässigen, ich weiß) Vergleich mit der Malerei machen darf: Es gibt von Picasso so ein paar Zeichnungen, die sind weltberühmt, bestehen nur aus wenigen Strichen, so dass man denkt, das kann jeder, wenn (ja wenn!) er diese wenigen Striche genau so setzen könnte, wie der Meister Picasso. Gehen wir weiter in die Moderne, finden wir Werke, wo sich mancher zu Recht fragt "Muss man dazu Malen können? Kann das nicht jeder?" Über Beuys "Fettecken" will ich da lieber gar nicht reden - ich war selbst überrascht, als ich vor einigen Jahren in München Zeichnungen von Beuys sah und überrascht feststellen musste, dass der Mann ein begnadeter Zeichner war.

    Ich war vor einigen Jahren in Island, bin mit dem Auto die gesamte Ringstraße um die Insel gefahren. Ich werde nie vergessen, wie wir durch endlose graue Aschewüsten der Südküste gefahren sind, bis wir plötzlichen einen Eisberg in der Aschewüste sahen. Er kam von Gletscherbruch am See Jökulsárlón und schwamm durch einen vom Auto unsichtbaren Fluss scheinbar durch die schwarze Wüste zum Meer. Diese und andere Eindrücke aus Island kommen in mir unweigerlich hoch, wenn ich Jóhannssons Musik höre. Ja, sie ist kompositorisch simpel aber sie transportiert eine gewisse Stimmung. Das mag man, oder das mag man nicht und wie T.U.F.K.A.U. schrieb braucht so etwas auch den richtigen Moment. Dann kann es aber wirklich ganz zauberhaft sein.

    Nebenbei: Den Anfang von "A Deal with Chaos" hat Johannsson von Johann Sebastian Bach geklaut - nämlich aus dem Prelude der 1. Cellosuite BWV 1007. Kann man jetzt blöd finden, da ich Bach liebe, hat es bei mir eher zu einem Schmunzeln geführt. Man kann es auch Hommage nennen. :)

    Liebe Grüße

    Sebastian


    PS: Danke für diese kritische Plattenrezension! Wir beschweren uns gerne über die Lobhudeleien in den Testzeitschriften aber selbst schreiben wir viel zu selten über Musik, die uns NICHT gefallen hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Sebastian ()

  • Wenn die musikalische Qualität anhand der Komplexität ausgemacht würde wäre Steve Reich die größte Nulpe und japanische Noise-Frickler die Könige ;)


    Ich war vor einigen Jahren in Island, bin mit dem Auto die gesamte Ringstraße um die Insel gefahren. Ich werde nie vergessen, wie wir durch endlose graue Aschewüsten der Südküste gefahren sind, bis wir plötzlichen einen Eisberg in der Aschewüste sahen. Er kam von Gletscherbruch am See Jökulsárlón und schwamm durch einen vom Auto unsichtbaren Fluss scheinbar durch die schwarze Wüste zum Meer. Diese und andere Eindrücke aus Island kommen in mir unweigerlich hoch, wenn ich Jóhannssons Musik höre. Ja, sie ist kompositorisch simpel aber sie transportiert eine gewisse Stimmung. Das mag man, oder das mag man nicht und wie T.U.F.K.A.U. schrieb braucht so etwas auch den richtigen Moment. Dann kann es aber wirklich ganz zauberhaft sein.

    Danke dafür:thumbup:

    Das sind genau die Assoziationen die ich damit habe (auch wenn ich bisher noch nie in Island war ;()

    Music is magick, a religious phenomena, that short circuits control through human response. Let's go out of control. Experience without dogma... A morality of anti-cult. The ritus of youth. Our alchemical human heritage...(Genesis P-Orridge)

  • Nachtrag:

    "Silfra" finde ich auch klasse! Und die Erwähnung dieser Platte macht in weiterer Hinsicht Sinn, ist sie doch als Improvisation in Island entstanden, dem Heimatland Jóhannssons. Letztlich hat sich Jóhansson vor allem als Komponist von Filmmusik einen Namen gemacht und ich denke, so muss man seine Musik auch hören: Sie untermalt Bilder, die man sieht (im Film) oder sie erschafft Bilder (im Kopf) wenn man sie hört. Der Mann ist ja nur 48 Jahre geworden und einen Nachruf findet Ihr hier:

    http://www.filmstarts.de/nachrichten/18517169.html

    Sebastian


    PS: Arrival ist ein toller Film und die Filmmusik dazu ist m.E. auch großartig!