Moin
Seit ich die T&F Pharoah mit 92 db Empfindlichkeit habe, wächst die Lust, Röhre zu probieren. Ein unison research s6 mkii war, wie aufmerksame Foristen schon wissen, mittlerweile hier, sowie eine Sombetzki Vor-End Kombination. Ersterer war vom Charakter schon gut, aber einfach zu laut, ich konnte kaum die Lautstärke pegeln. Die Sombetzki war tatsächlich sehr gut, aber dann doch am Ende insgesamt eine Idee too much für meine Ohren, da wurde manches zu anstrengend, zu präsent, und es gab nur einen sehr begrenzten Lautstärkespielraum, in dem es geklungen hat, wie ich es mir vorgestellt habe. Am Ende hat sich der Eindruck eingestellt, dass beides eher besser an nicht ganz so empfindlichen Lautsprechern spielt. Zugleich konnte ich aber auch schon ahnen, dass Röhren schon einen besonderen Klangcharakter haben können bzw. haben. – Faszinierend.
Eine Erkenntnis des Testes der Sombetzki war – und eigentlich war mir das schon länger klar – dass die Vorstufe klangprägend ist. Im Kreuztausch spielte die Röhrenvorstufe auch mit meiner ML 331 klanglich sehr dominant, wenn auch nicht ganz so kräftig wie mit den hauseigenen Monos, während die diese an der Lyngdorf-Vorstufe sich nicht so extrem signifikant, sondern eher in Nuancen von der 331 unterschieden.
Insofern hab ich den letzten Monaten ein wenig das Angebot beobachtet mit dem Gedanken im Hinterkopf, es bei guter Gelegenheit mal mit einer Röhrenvorstufe zu probieren. Als die Musica Nova hier im Forum angeboten wurde, dachte ich, dass das ein geeigneter Kandidat sein könnte, meine Idee zu realisieren, denn die MN schien mir ein absolut solides Produkt in sehr gutem Zustand, aus fachkundiger Hand, mit den von mir erhofften Eigenschaften zu sein.
Dann war sie da, die Musica Nova, und mit Spannung habe ich die ersten Scheiben aufgelegt.
Bei Nick Caves ‚Push the sky away‘ ertönt die Stimme sonor und rau, die Bassseiten schwingen mit viel Saft und die drum hat ordentlich Körper, dabei hat das Ganze einen ordentlichen Touch Livecharakter, auch wenn es eine Studioaufnahme ist. Macht Spaß!
Kind of Blue spielt mit ebenfalls mit sehr livehaftigem Charakter, die Trompete ist anstrengend, aber realistisch, das Saxophon spielt körperhaft und präsent, ebenso wie Bass und die Drums. Die Aufnahme steht mit viel Druck im Raum und fasziniert mit ihrer Präsenz. Macht ebenfalls Spaß!
Cowboy Junkies, Trinity Session Revisited, eine sehr schönes und exzellent aufgenommenes Neuarrangement der legendären Trinity Session, tönt ebenso plastisch und in den Bann ziehend wie die anderen Scheiben, klar, prononciert, spektakulär, bar jeder Langeweile. Das macht einfach Spaß.
Gibt es auch Schatten? Wenig, aber doch nicht ganz ohne: Sehr basslastige Musik wie z.B. Moderat oder Sohn handhabt die MN zwar auch über weite Strecken sehr sehr gut, aber man kommt nicht umhin festzustellen, dass ihr dann und wann im Tieftonkeller minimal die Kontrolle entgleitet. Dann wird es bei sehr tiefen Impulsen etwas schwammig, wobei das Meckern auf hohem Niveau ist, denn es sind natürlich auch ein Stück weit die Lautsprecher, die hier limitieren. Das ist mit der Lyngdorf schon zu merken gewesen, aber sie hat das besser kaschiert, bzw. sie hat einfach nicht so geschoben, wie die Musica Nova.
Und das ist auch eines der Hauptmerkmale der MN: sie schiebt mächtig mit Kraft und Formwillen, was sie im Vergleich zur Lyngdorf noch mal im unteren Frequenzbereich liefert, ist schon enorm. Ist die Lyngdorf eher ein hochauflösender, sanfter Feingeist, so ist die Musica Nova ein handfestes, immer ein wenig livehaftiges Brett. Unglaublich, wie groß der klangliche Unterschied zwischen den beiden sich darstellt. Das sind tatsächlich zwei Welten, soviel kann ich jetzt schon sagen.
Soweit die ersten Eindrücke, es gibt noch viel zu hören, die interne Phono ist noch ein paar Worte wert, und es bleibt auch für mich spannend, wie sich das Hören bei mir entwickelt, denn tatsächlich ist der Unterschied so groß, dass ich sagen würde, meine Anlage hat einen ganz neuen Charakter bekommen. Da ich relativ weit gefächert aufgestellt bin, was den Musikgeschmack betrifft, wird es noch einige Zeit und viele Scheiben brauchen, bis die Eindrücke richtig sortiert worden sind.
Gruß
Dirk