Tonabnehmerjustage: Grenzen der "Bleistiftmethode", Genauigkeit und Alternativen

  • Hallo zusammen!

    Das meiste und wichtigste ist aus meiner Sicht zu diesem Thema bereits gesagt worden. Auch ich habe jahrelang mit der Schön Schablone justiert und bin damit eigentlich gut zurecht gekommen. Wenn man die Bleistiftmine zum Beispiel mit Tesa-Band oder beidseitigem Teppichkleber befestigt, funktioniert das auch relativ gut, sofern die Tonabnehmerfront wirklich plan ist. Hat man jetzt zuvor kontrolliert, dass der Nadelträger auch 100-prozentig gerade steht, ist aus meiner Sicht die Justage mit dieser Methode ausreichend genau.
    Inzwischen verwende ich den Protractor von Feickert. Hier wird nach dem Nadelträger justiert, was insbesondere dann Vorteile bietet, wenn der Nadelträger nicht 100-prozentig gerade steht. Voraussetzung ist jedoch, ein ausreichend langer und gut einsehbarer Nadelträger.

    Auch wenn die Protractor Methode formal genauer ist, so ergibt sich bei mir mit zunehmendem Alter hier durchaus eine weitere Ungenauigkeit: Ich bin inzwischen Träger einer Gleitsichtbrille, die auch eine gewisse Verformung der Hornhaut (Astigmatismus) korrigiert. Zusätzlich ist ein minimales Prisma bei latentem Schielen eingearbeitet. Wenn ich nun von vorne über den Nadelträger auf die Linien des Protectors peile, ergeben sich hier durchaus Unterschiede, wenn ich mit dem rechten oder mit dem linken Auge schaue und wo genau ich den Nadelträger in meinem Gesichtsfeld positioniere, hat ebenfalls einen Einfluss. Ich kann mir also vorstellen, dass Leute mit oben genannten Sehhilfen unter Umständen mit der Bleistiftmethode leichter zurecht kommen. Dazu kommt, dass man die Bleistiftmine ja gerade deshalb verwendet, um die Vorderkante des Tonabnehmers zu verlängern und somit kleine Ungenauigkeiten besser sichtbar zu machen. Der Nadelträger dagegen ist extrem kurz und Parallaxen-Fehler kommen hier unter Umständen stärker zum Tragen.

    Ansonsten gilt das bereits oben gesagte: Egal welche Methode man anwendet, es ist immer ein Kompromiss und man sollte keine Wissenschaft daraus machen.

    Liebe Grüße

    Sebastian


    PS: Die beste, genaueste, einfachste und schnellste Justagemethode hatten aus meiner Sicht die Graham Arme mit ihrer speziellen Einstelllehre.

  • Genau so ist es!

    Bin auch Gleitsichtbrillentäger


    Wolfgang

    2 x Linn LP12, Lenco L75, Dragans S-Xono, T+A MP 2000 R, Dragans X-Line als Vorverstärker, Pass F5 symmetrisch, Triangle Magellan Duetto

    Plattenwaschmaschine: DIY-Punktsauger

  • Hallo in die Runde!


    Shakti und Claus haben es schon auf den Punkt gebracht.

    Wir haben bei einem Dreharm immer nur 2 Nulldurchgänge und wenn die einigermaßen hinhauen (also gerne auch mal "3mm" weiter innen oder aussen sind), passt das schon!

    Alle anderen Bereiche der Platte sind doch sowieso "Tolleranzbereich" und andere Faktoren wie ein wirklich nicht seltener Nadelschiefstand verfälschen das Ergebnis zusätzlich...


    Ich selbst habe einen Dual mit "TK" und dafür gibt es eine "Einbaulehre".

    Auch die stimmt nicht mit irgendwelchen anderen Schablonen überein!

    Das Ergebnis ist dennoch völlig okay!


    Bei Technics ist die 52mm-Methode genauso problemlos und schnell.

    Beim SME stelle ich den Überhang direkt am Mittelloch ein, was bei vorgegebenem Überhangswert auch bei allen anderen Plattenspielern geht, solange sich der Tonarm über das Mitteloch schwenken läst (was bei Voll- oder Halbautomaten leider nicht geht).


    Brauch ich mal dann doch eine Schablone, nimm ich die "Audio-Schablone" (zum selbstausdrucken), die ich auch ohne Bleistiftmiene und Spiegel und Pipapo mit recht gutem Ergebnis per geübtem Augenmaß anwende.

    Es gibt auch noch andere Schablonen und irgendwie sind alle ein Bischen anders.

    Da gibt es halt die "Schön"-, die DIN-, und die IEC-Schablone und noch div. andere.

    Da sich die ganze Sache dadurch ja schon als Glaubensfrage darstellt, gibt es keine objektiv richtige Einstellung bei einem Dreharm (oder Streit ist vorprogrammiert)!

    Also - Tolleranz ist in jedem Falle tollerabel.


    Eigene Versuche, eine Justage bewußt falsch zu wählen haben bei mir aus dem Klang keine Zumutung gemacht! Eine schlechte Nadel hingegen klingt auch bei richtig eingestelltem Tonabnehmer schlecht und "zischelt" - durchweg über die ganze Platte!..


    Wo es vielleicht (rein theoretisch) wirklich Sinn macht, zu optimieren wäre, wenn man einen Tonabnehmer extra zum "Singles" hören optimiert und den inneren Nulldurchgang in deren Mitte legt (beide wird man bei herkömmlicher Tonarmgeometrie ja nicht auf der Single platziert bekommen..).


    Nun - der Kunde will es! Zumindest die "Eifferer" und damit wird dann auch ein Haufen Geld verdient, wenn man nicht selbst die Einstellungen stundenlang optimiert, sondern jemandem einen Stundenlohn dafür zahlt!

    Allein schon deshalb wird von "Fachleuten" ein tierischer Bohai daraus gemacht und wehe, jemand sagt was dagegen!..

    Ein weiterer Beweggrund ist einfach nur menschlich: "Wichtigtuerrei" - aber genau die braucht (nicht nur) der Ahnungslose genauso wie der Hifi-Taliban!


    "Schallplatte" ist nun mal kein perfektes Prinzip, aber sie macht dennoch sehr viel Spaß! Viel mehr, als alles "digitale"! Und wer eben Bock darauf hat, Tage am Überhang zu justieren, bitte! Tut ja keinem weh und immer noch besser, als marodierend durch die Innenstädte zu ziehen...


    Schöne Grüße,

    Andreas

  • Ich nutze den "alten" DFA Protractor zur Tonabnehmer Justage. Das funktioniert mMn recht gut.

    Als weiter Überprüfung nehme ich eine Testschallplatte für den Tracking Test.


    Die größte Limitierung bei der Einstellung ist mMn das menschliche Auge.

    Ganz besonders, wenn der Nadelträger recht kurz und sehr dünn ist, oder die Position des Nadelträgers sehr weit von der Vorderkante des Systems entfernt liegt (Grado).

    Ich verwende dann noch eine Lupe und eine Lampe.

    Mehr geht mMn nicht....;)

    LG


    Horst

  • Ich nutze meine Handy Kamera mit Makorvorsatzlinse als "Lupe" um mir mal die Nadel anzusehen, wie die denn da steht. Ehrlich gesagt, sind die meisten Diamanten schon schiefer als man glaubt. Dann wird erstmal versucht, soweit es geht, Azimuth u. VTA dahin zu bekommen, wo sie ca. hingehören und am Ende wird mit einer, für den jeweiligen Dreher (ich höre ja 7"/10"/12" Platten mit verschiedenen Drehern) ausgedruckten, Schablone (die auch eine Kurve für den Verlauf der Nadel über den Teller vorgibt und Rasterungen da hat, wo ich sie will) eingestellt. Da sind natürlich noch immer Toleranzen drin, aber die sind vernachlässigbar.

    So bin ich eigentlich immer ganz, ganz wo anders als es sich die Hersteller gedacht haben. Aber auch sitzen meine Arme nicht immer da, wo die Hersteller sie sehen wollten.


    Link zum Tool: http://conradhoffman.com/chsw.htm bzw. http://conradhoffman.com/TemplateGen.zip

    schöne Grüße aus Wien


    Stefan

  • Ein gutes Smartphone kann schon von Nutzen sein, wenn die Augen schwächer werden.
    soll 290mm. ✅

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    gute Idee, knipse zwar viel mit dem smart phone, aber dafür habe ich es noch nicht genutzt.

    gruss

    Juergen

    HEIMSTATT DER MUSIK

    Veranstalter musikalischer Events,
    Händler für hochwertige audiophile Genussmittel mit analogem Schwerpunkt


    AAA- Mitglied

  • Ich habe früher auch immer nach Bleistiftmine justiert. Das Problem mit der Ungenauigkeit beim Aufkleben der Mine habe ich so umgehen können, daß ich einen beidseitig klebenden Streifen nicht an der Mine sondern am Systemkörper aufgeklebt und dadauf dann die Mine geklebt habe. Die sitzt dann immer sehr schön parallel, sofern der Systemkörper eine grade Front hat.


    Mittlerweile bin ich aber auch dazu übergegangen, mit der Clearaudio-Schablone nach dem Nadelträger auszurichten.


    Überraschungen habe ich allerdings auch schon bei der Kontrolle der korrekten Montage ab Werk bezüglich Stellung des Nadelträgers, Azimuth und VTA machen müssen.

    Auch nach einem Retipping sollte man nochmal drüber schauen .....😯


    Gruß

    Dietmar

  • Ja, Kontrolle tut gut. Mir ist nachhaltig ein Hamburger Händler im Gedächtnis bei dem ich seinerzeit ein neues System gekauft und einbauen lassen habe. Der selbsternannte Analogfachmann mit High-End bezogenen Tätus bei diesem Händler hat es tatsächlich geschafft weder den Überhang, noch Kröpfung, VTA oder Azimut korrekt einzustellen. Ich habe mich nur gewundert warum es nicht klingt. Dann begann ich hier mitzulesen und habe mich selbst rangemacht....


    VG

    Dieter

  • Ich habe auch schon einige "Meisterleistungen" gesehen.

    z.B. Überhang um 10 mm zu kurz. Kommentar des "Fach"händlers nach angeregter Debatte: Leck mich am Ar....

    Daß der pleite gegangen ist, fand ich nicht so schlecht...

    Nur auf einen Tonabnehmer, der mit der Nadel nach oben zeigt, warte ich noch...

    High End ist mein Broterwerb, also bin ich nach den Regeln des Forums gewerblicher Teilnehmer - aber auch mein Hobby. Nur darüber schreibe ich hier.


    Und natürlich bin ich AAA-Mitglied

  • Nur auf einen Tonabnehmer, der mit der Nadel nach oben zeigt, warte ich noch...

    ... ist dann für die B- Seite ;)

    Gruss
    Juergen

    HEIMSTATT DER MUSIK

    Veranstalter musikalischer Events,
    Händler für hochwertige audiophile Genussmittel mit analogem Schwerpunkt


    AAA- Mitglied

  • Genau so isses:


    Wurlitzer 1400 Tonarme


    High End Laufwerk! Was das Gewicht betrifft, kann sich hier noch manch einer etwas abschneiden:


    Wurlitzer 1400 - Dome


    Liebe Grüsse us dr Schwiiz

    Marco

    Lenco 88 Jg.62, mit SME 3009/II und SME 3012/II

    Transrotor Iron, mit Audiomods Series IV
    Manley Chinook, Aifai Phono Stage 2, Norbert Drei-Master
    Manley Jumbo Shrimp & Snappers, Cayin CD50T
    Tannoy TD8, TaraLabs Kabel

  • Schon etwas älter, aber zur Befestigung der Bleistiftmine nehme ich immer ein winziges Tröpfchen Honig oder – wenn denn keiner mehr da ist – einen Klebestift.


    Dann auf den Systemkörper drücken und einen Moment warten, bis der "Kleber" etwas angezogen hat – klappt einwandfrei, ist absolut plan, lässt sich ganz einfach und rückstandslos entfernen.

  • schon mal überlegt, wie schief ein system im korpus herstellerseitig montiert sein könnte, und wie fruchtlos daher übertriebene justage-orgien am ende ausfallen?

    dass einige winkelminuten abweichung von einer (fiktiven) idealen position klanglich ins gewicht fallen, kann mir niemand weismachen!

    Etwas ist "absolut", wenn es ohne Bedingung wahr ist.

  • Naja, mir ging es doch nur um eine alternative Befestigung der Mine am TA - ich habe nie verstanden, wie man das mit Tesafilm und ohne Nervenklabaster hinkriegen soll...

    Zitat

    schon mal überlegt, wie schief ein system im korpus herstellerseitig montiert sein könnte, und wie fruchtlos ...

    Ja, das ist mir schon klar – das ist auch der Grund, warum ich hier heute Im TA Forum stöber (habe hier einen neuen TA mit leicht verdrehter Nadel).


    Aber grade dann sollte man doch bei den Einstellungen die man selbst beeinflussen kann genau sein. Zweimal schief kann grade ergeben – aber auch doppelt so schief ... ;)

  • Der fortgeschrittene Analogi justiert nach Nadelträger.

    die Justage nach Korpus bzw. Bleistiftmine ist nach meiner Erfahrung sehr häufig weit entfernt von dem was klanglich möglich wäre. Ich habe aber auch mal so angefangen.

    Das Thema Justage eines TA ist leider komplexer als viele User glauben. Ist aber auch abhängig vom TA und Nadelschliff.


    VG

    Dieter

  • Einer der Gründe warum ich mir kein Holzgrado kaufen würde ist deren großes Gehäuse. Man kann den Nadelträger kaum sehen und entsprechend schlecht ausrichten.

    Viele Grüße


    Jörg


    Ich höre damit und meine kleine Plattensammlung seht ihr bei DISCOGS.



  • Zitat

    Der fortgeschrittene Analogi justiert nach Nadelträger.

    Zitat

    Man kann den Nadelträger kaum sehen und entsprechend schlecht ausrichten.

    War da nicht mal was, dass manche Hersteller (zumindest bei den teuren TA) von Haus aus nach Messwerten ausrichten und eine (leichte) Abweichung des Nadelträgers oder der Nadel dann in Ordnung ist?