Diskussion Ringkerntrafos für Single-Ended Röhrenverstärker

  • Hallo zusammen,


    immer wieder tauchen Forenbeiträge über Ringkern-Ausgangsübertrager für Röhren-Eintaktverstärker (neudeutsch: Single-Ended Amplifier) auf, wobei diesen Übertragern wahre Wunderdinge nachgesagt werden. Belastbare Messungen findet man hingegen nicht.

    Wenn man z.B. das Datenblatt des Ringkernübertragers TTG-EL34SE der Firma Toroidy ansieht, könnte man wirklich an Wunder glauben:


    https://sklep.toroidy.pl/en_US…3%2C2kOhm-EL34-6L6-SE/560


    Das von Toroidy publizierte Datenblatt verheißt eine nutzbare Ausgangsleistung von 40W bei einem Ruhestrom des Verstärkers von 100mA. Dabei soll ein Frequenzbereich von 10Hz - 56kHz erreicht werden. Die angegebene primäre Impedanz von 3,2kOhm würde diesen Übertrager z.B. auch für den Einsatz in einem 300B Verstärker nicht abwegig erscheinen lassen.


    Ich habe diesen Übertrager von einem Bekannten zur Messung überlassen bekommen. Von seinen beworbenen Daten her sollte er sich eigentlich perfekt für meinen EL156 Verstärker eignen. Der gemessene Leistungsfrequenzgang in eben diesem Verstärker ist allerdings mehr als ernüchternd:


    Messung Ausgangsübertrager Toroidy TTG-EL34SE


    Von den knapp 20 Watt bei 1kHz bleiben bei 20Hz nur noch 3,6 W übrig. Wie ist das zu erklären? Das Datenblatt verheißt doch 10Hz mit 40W?! Der Ruhestrom der EL156 beträgt in meinem Verstärker 90mA, was ja datenblattkonform ist.


    Die Erklärung: Ein derart krasser Abfall der Ausgangsleistung bei tiefen Frequenzen tritt auf, wenn kein oder ein nur unzureichender Luftspalt vorhanden ist. Der Ruhestrom (=Gleichstrom) führt zu einer Vormagnetisierung des Übertragers, der keinen Raum mehr für die magnetische Aussteuerung bei tiefen Frequenzen lässt. Die Folge: der Verstärker ist nicht in der Lage, seine Nennleistung auch im Bass abzugeben.


    Enttäuschend ist auch die Hochtonwiedergabe. Bei 20kHz bleiben von den knapp 20 W @ 1kHz nur noch 7,5 W übrig. Das sollte angesichts der angegebenen kleinen Streuinduktivität eigentlich besser sein. Der Knackpunkt ist hier die hohe Wickelkapazität von >11nF. Das führt zu einer Art kapazitivem Nebenschluss der Primärwicklung des Übertragers mit der Folge, dass ein wesentlicher Teil des höherfrequenten Signal- bzw. Wechselstromes an der Nutzlast - dem Lautsprecher - vorbeigeleitet wird.


    Mir ist kein Ringkernübertrager bekannt, der das Luftspaltproblem zufriedenstellend gelöst hätte. Aber vielleicht kenne ich auch noch nicht alles. In Gegentaktverstärkern sind diese Übertrager durchaus sinnvoll einsetzbar, dabei sollte aber der Ruhestrom beider Endröhren automatisch geregelt werden, da schon Differenzen >5mA sich verheerend auf die Leistungsausbeute im Bassbereich auswirken.


    Viele Grüße

    Frank

  • Ich will nicht unken, aber einen Konsens kann und wird es hier nicht geben. Streuinduktionen von Ringkernen sind bei manchen Entwicklern so verhasst, dass sie nicht einmal Ringkern-Netztrafos in ihre DACs bauen.
    Andere wiederum bauen AÜs oder MC-Trafos damit und das nicht erst seit gestern.
    Aber für irgend etwas wird der Faden schon gut sein :)
    Gruß
    Chris

  • Hallo Frank,

    um Deine Leistungsmessungen bewerten zu können, wäre noch der Klirrfaktor notwendig. Was hast Du da zugelassen? Und wie und mit was hast Du die Leistung gemessen?

    Gruss Reiner

  • In Gegentaktverstärkern sind diese Übertrager durchaus sinnvoll einsetzbar, dabei sollte aber der Ruhestrom beider Endröhren automatisch geregelt werden

    Da kann ich Frank nur zustimmen. Ich habe vor einiger Zeit einen PP-Amp mit PL802 und speziell dafür gewickelten Nanoperm-Ringkern-AÜ´s gebaut. Man muß extrem darauf achten, daß die Ruheströme der beiden Röhren gleich sind, sonst leidet die Bass-Qualität aufgrund der sonst statt findenden Vormagnetisierung des Ringkerns. Mit gutem Mess-Equipment kann man es sehr schön sehen. 8)


    Gruß Björn

    AAA-Mitglied

  • Hallo Frank,

    jetzt mal ohne Scherz

    Du hast die Darstellung des Frequenzganges der Ausgangsleistung gewählt, weil das natürlich ein beeindruckenderes Bild ergibt als z.B. der Verlauf der Spannung (Strom bzw. Spannung gehen ja quadtratisch in die Leistung ein). Dann müsste man die Ordinate im logarithmischen Maßstab wählen.

    Auch dieser Übertrager kann womöglich zufriedenstellende Ergebnisse in einem Verstärker bringen - einfach weil die Amplitudenstatistik von Musik einen Abfall zu tiefen und hohen Tönen ergibt.

    Gruß Andreas

  • Hallo Reiner,


    Messaufbau:

    - Rohde & Schwarz UPL als Generator und zur Kontrolle des Ausgangsspektrums

    - Lastwiderstand 100Watt / 8 Ohm am 8 Ohm Ausgang des AÜs

    - Kontrolle der Kurvenform des Ausgangssignals mit dem Oszi


    Das Kriterium für die erreichbare Ausgangsleistung war der Begrenzungseinsatz des Ausgangssignals. Das wirkt sich in einem sprunghaften Anstieg des Klirrfaktors auf >10% und einem kammförmigen Spektrum des Ausgangssignales aus.


    Viele Grüße

    Frank

  • Hallo,

    unbalanced DC current bei push pull ist für viele Trafohersteller ein Fremdwort,

    bei meiner letzten Anfrage zu PP ÄÜ bei nahmen haften Herstellern kam entweder gar nichts oder die wussten das selbst nicht, seit dem mache ich Vorgaben, für guten Bassauflösung und Frequenzgang brauch ich nicht die Wahnsinns Induktivität, die wohl jeder anders misst und angibt.

    Einmal editiert, zuletzt von kt200 ()

  • Hallo Andreas,


    die Leistung ist die Wahrheit, nicht die Spannung. Denn die Leistung, Strom x Spannung, wird im Lautsprecher in Schalldruck umgesetzt. Genauer: eigentlich nur der Strom, aber damit der fließen kann, muss eine Spannung angelegt werden. Ein Verstärker mit reiner Stromquellencharakteristik wäre also völlig ok, aber das ist ein anderes und ziemlich komplexes Thema. U.a. auch, weil ein Großteil der Lautsprecher für Verstärker mit (sehr)niedrigem Innenwiderstand konzipiert sind.


    Wer einen Hochwirkungsgradlautsprecher von >97dB/W/m hat, der wird selten mit mehr als 1W echter Ausgangsleistung des Verstärkers hören (müssen). Für den ist dann so eine Charakteristik nicht hörbar. Wer die Nennleistung seines Verstärkers benötigt - und letztlich auch dafür zahlt - für den ist so ein Übertrager unbrauchbar.


    Viele Grüße

    Frank

  • Ich will nicht unken, aber einen Konsens kann und wird es hier nicht geben. Streuinduktionen von Ringkernen sind bei manchen Entwicklern so verhasst, dass sie nicht einmal Ringkern-Netztrafos in ihre DACs bauen.
    Andere wiederum bauen AÜs oder MC-Trafos damit und das nicht erst seit gestern.
    Aber für irgend etwas wird der Faden schon gut sein
    Gruß
    Chris

    Hallo Chris,

    Ringkern-Übertrager lassen sich bei entsprechend sorgfältigem(!) Wicklungsaufbau mit sehr geringen Streuinduktivitäten realisieren. Das ist kein Problem. Und solange eine DC-Vormagnetisierung schaltungstechnisch vermieden wird, sind Ringkerne durchaus eine gute Wahl, z.B. in einer Parafeed-Anordnung.

    Bei MC-Übertragern, Eingangs-Übertragern mit Linelevel und Ausgangsübertragern in Vorverstärkern mit kapazitiver Kopplung gibt es normalerweise keine DC-Belastung, weshalb Ringkerne dort immer funktionieren sollten. Wenn nicht, sind sie einfach nicht hinreichend sorgfältig berechnet und gewickelt.

    Im Single-Ended-Verstärker mit DC-Vormagnetisierung sieht die Welt allerdings anders aus. Und wenn man einfach einen Schlitz in den Ringkern sägt um einen Luftspalt zu erhalten, entsteht tatsächlich eine kaum zu bändigende Streuinduktivität.


    Viele Grüße

    Frank

  • Finde ich jetzt interessant. Immerhin mal jemand der die Dinger in der Hand hatte.


    Stehe dieser OPT-Bauart noch skeptisch gegenüber.

    Dago64 hatte sich in einem anderen Thread sehr positiv darüber geäußert (Messwerte lt. Datenblatt, Höreindrucke von der High-End)


    Von daher waren sie auch bei mir in den Fokus gerückt.


    Bin noch nicht groß weitergekommen. Ich glaube (muss ich noch checken) das FEZZ diese Trafos verbaut (Polen) Die verkaufen auch einen 300B SE.


    Muss mal herausfinden ob es mit dem einen Test gibt. Mich interessiert auch immer die praktische Hörer Seite. Vielleicht hat ihn einer aus dem Forum?

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • Hallo Frank,

    die Leistung ist die Wahrheit, nicht die Spannung. Denn die Leistung, Strom x Spannung, wird im Lautsprecher in Schalldruck umgesetzt. Genauer: eigentlich nur der Strom, aber damit der fließen kann, muss eine Spannung angelegt werden. Ein Verstärker mit reiner Stromquellencharakteristik wäre also völlig ok, aber das ist ein anderes und ziemlich komplexes Thema. U.a. auch, weil ein Großteil der Lautsprecher für Verstärker mit (sehr)niedrigem Innenwiderstand konzipiert sind.

    mhm, so ganz stimme ich der Beschreibung nicht zu.

    Nehme ich einen normalen Lautsprecher mit 8 Ohm, so hat er bei seiner Resonanzfrequenz z.B. 40 Ohm.

    Und laut meiner Info sind heutige Lautsprecher so abgestimmt, dass ein relativ gleichmäßiger Pegel rauskommt wenn ein konstanter Spannungspegel anliegt.

    Bei 40 Ohm benötigt der Lautsprecher weniger Leistung (P = U² : R) als bei 8 Ohm um den gleichen Pegel abzustrahlen.


    Gruß,

    Frank

  • unbalanced DC current bei push pull ist für viele Trafoherstellerein Fremdwort

    nicht bei Lundahl - da wird drauf hingewiesen, daß man extra einen sehr kleinen Luftspalt einfügt, damit "kleine DC-Vorbelastungen" ohne negative Folgen bleiben. :thumbup:


    Gruß Björn

    AAA-Mitglied

  • Hallo Frank (der andere...),

    Deine Meinung teile ich grundsätzlich. Deshalb schrieb ich ja, dass die heutigen Lautsprecher in ihrer weit überwiegenden Mehrheit auf Verstärker mit Spannungsquellencharakteristik ausgelegt sind, also Verstärker mit geringem Innenwiderstand und hohem Dämpfungsfaktor. Das ändert nichts daran, dass ein klassischer dynamischer Lautsprecher Strom benötigt, damit sich die Schwingspule bewegt. Das Stromquellenthema sollte in einem extra Thread beleuchtet werden.

    Da die Resonanzfrequenz bei jeder Box woanders liegt und gerade im High-End Bereich Lautsprecherboxen fast die Regel sind, die Impedanzspitzen und -täler in einem engen Frequenzbereich von 20Hz - 150Hz aufweisen, sollte der Verstärker für eine gute Basswiedergabe einen möglichst konstanten Leistungsfrequenzbereich haben.


    Viele Grüße

    Frank

  • Die Berichte über den FEZZ 300B in der HiFi-Presse sind durchweg positiv:


    Zitat

    Stereoplay: ....vollen Zugang zur Magie der Kultröhre 300B, die hier in einem überraschend spritzig, transparent und räumlich klingenden Vollverstärker sitzt. Fürs Geld ein heißer Tipp!“


    Audio: ... alles ist schnell, brillant, harmonisch. Nie hat uns der Verdacht ereilt, das Ganze wäre untermotorisiert. Stattdessen ein wunderbares Timing, herrlich punktgenau. Zudem gibt es eine Welt der Klangfarben zu entdecken. Die ganz große Empfehlung.“


    usw. usw. nichts negatives gefunden. Messwerte allerdings auch nicht. :(

    Dass die Torody Ringkerne drinstecken konnte ich noch noch nicht sicher verifizieren. Die Herkunft aus Polen und die chromglänzenden runden Trafoabdeckungen sind ein Indiz. Genau solche Trafos und Hauben bekommt man bei Torody.

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • Bin noch nicht groß weitergekommen. Ich glaube (muss ich noch checken) das FEZZ diese Trafos verbaut (Polen) Die verkaufen auch einen 300B SE.

    Das stimmt, gibt es im Netz zahlreiche Hinweise für, irgendwo wird auf der Website von toroidy.pl auch auf die Verwendung von deren Übertragern in den Fezz-Verstärkern hingewiesen,


    Gruß Micha