Wann wurden digitale Studioaufnahmen und Mastering zum Standard?

  • Hallo, zusammen,


    manchmal frage ich mich, ob ich ein bestimmes Album (beispielsweise Black Sabbath "Heaven and Hell" von 1980) unbedingt auf Vinyl-Schallplatte haben muss oder die entsprechende CD genausogut klingt. Alte Alben kaufe ich selbstverständlich in Vinyl, neuere meistens auf CD.


    Zu Beginn des CD-Zeitalters wurden viele klangtechnisch und konzeptionell miserable CD-Neuauflagen alter LPs auf den Markt geworfen. Umgekehrt kenne ich viele schlecht klingende LP-Versionen digital aufgenomenner Alben. Deshalb wage ich die Frage, bis ungefähr zu welchem Jahrgang eine Analogplatte eine Analogplatte ist, die auch den relativ hohen Preis und das RIsiko eines Gebrauchtkaufs lohnt.


    Ich wünsche allen schöne Feiertage!

    Konstantin

    Thorens TD-535, Sumiko MMT.
    Audio Technica AT-OC9XSL und AT-33Mono, Nagaoka MP150, Ortofon MC30super, General Electric VRII.

    SAC gamma, Onkyo, ASW, Sennheiser, Stax

  • Hallo Konstantin,

    ein Anhaltspunkt kann sein, wenn auf der CD noch die Kürzel 'AAD' oder 'DDD' stehen. Bei AAD sollte die LP eigentlich rein analog sein. Bei DDD wird dann wohl auch die LP auf einer digitalen Aufnahme und Abmischung basieren.

    Der Übergang auf rein digital wird bei vielen Studios aber wohl über 10 Jahre gedauert haben und einige fahren ja heute noch analog. Allein wegen der notwendigen Rechenpower wird das einige Zeit gedauert haben. 1981 kam erst der erste IBM-PC auf den Markt, mit noch sehr beschränkter Rechenleistung. 1985 oder 86 kam dann wohl der Pentium-100, der auch aus heutiger Sicht auch noch recht langsam wahr. Leistungsfähige Soundkarten kamen, wenn ich mich recht erinnere, erst danach auf den Markt.

    Viele Grüsse

    Jürgen

  • Der Pentium kam erst knapp 10 Jahre später, anno

    86 war der 68000 der vorherschende Prozessor bei

    Video und Audio.


    1985 wurde die Brothers in Arms noch parallel analog

    und digital aufgenommen, das war etwa die Zeit des

    Übergangs ab der die Mehrzahl digital aufgenommen wurden.

    Ein Akkord reicht aus. Zwei Akkorde sind schon Grenzwertig.

    Bei drei Akkorden bist du im Bereich des Jazz.


    Lou Reed


  • Bop Till You Drop von Ry Cooder war die erste große kommerzielle Popaufnahme in Digital.


    Die erste Jazzaufnahme datierte 1978

    Herbie Hancock & Chick Corea - An Evening With Herbie Hancock & Chick Corea In Concert

    Beide klingen auf LP sehr ordentlich und akzeptabel. Der "Plasticsound" kam erst so Mitte 80er, wo auch viele LPs überanalytisch klangen, ohne aber die Auflösugn zu bieten.


    Die meisten größeren Studios stellten so 1982-85 auf Digitalaufnahmetechnik um. Zappa ließ sein Studio 1983 auf Digital umbauen, nahm es aber hauptsächlich nur noch zur Postproduktion.


    Vangelis nahm bis 1990 alles analog auf.


    Viele Analogmaster wurden eher schlecht auf CD digitalisiert, die abgeschnittene Höhenauflösung kann man gut im Vergleichhören mit der LP nachvollziehen. Bei Digitalaufnahmen zeigt sich dieser Effekt nicht. Erst nachdem man sich mit Methoden beim Remastering weiter entwickelt hatte, klingen Analogquellen auch auf CD annehmbar.


    Früher hatte ich schnell die Maßgabe entwickelt, Analogaufnahmen auf LP, Digitalaufnahmen auf CD. Das relativiert sich seit der Jahrtausendwende etwas, als HD-Digital eingeführt wurde. Ein gutes 96/24-Mastering kann auf der LP etwas Vorteile gegenüber der CD rausspielen, die CD schneidet knallhart senkrecht bei 22kHz ab.
    Beim LP-Schnitt wird aber zur Schonung des Schneidkopfes ebenfalls steil bei 22kHz abgesenkt, aber die weiteren Frequenzen bis etwa 40 kHz sind dann mit etwa -20dB immer noch dabei. Das reduziert natürlich etwas den Vorteil der LP.


    Eine vermeintlich gut klingende Aufnahme (Da Capo von De Phazz) löst nur geringfügig feiner auf, als die MP3-Version. Bei heutiger Technik liegt die Qualität also schon dicht beieinander. Spezielles Mastering für die LP gibt es leider nicht so oft. Wirklich lohnen tut eine LP bei Masterrecording. Immerhin wächst der Markt hier und es gibt schon eine Menge davon. In den 80ern war das noch sehr rar. Aber man muß da hinterher sein, denn die Auflagen sind meist nur einmalig. Gegen ein gutes Masterrecording hat eine CD keine Chance, wenn alles samt Wiedergabekette paßt. Zeitgemäß betrifft das aber nur die alten, echten Analogaufnahmen. Bei Digitalaufnahmen bis 48kHz hat man auf der CD (oder File) keine wirklichen Nachteile.


    Ich habe u.a. auch die "London Symphony Orchestra - Zappa" als Remaster von 2012. Die Quelle war eine Sony-PCM-Aufnahme in 44,1kHz. Sie klingt sehr fein und "analog", vielleicht auch, weil hier nicht umgerechnet werden mußte. Eine echte Analogaufnahme hätte es da schwer im Vergleich, einen Vorteil zu erlangen. Es hängt eben auch viel an der Aufnahme. Bemerkenswert ist hier noch, das in Multimikrofonie ohne Hall aufnommen wurde und der "Raum" erst am Mischpult entstand. Macht man es richtig, gelingt es.


    Ich kann daher Digitalaufnahmen nicht verteufeln. Gerade in den 80ern, als die Technik neu eingeführt wurde, taten sich viele mit der Umstellung schwer, weil man alles neu erlernen mußte. Man konnte nicht digital einfach so aufnehmen, wie man es vom Analogband gewohnt war. Das ging oft gehörig daneben.


    Irgendwo las ich mal ein nettes Beispiel, als man Ende 70er mit der neuen Sony-Technik eine Kirchenaufnahme machte. Man wollte den rückwärigen Hall zumischen, aber es gab große Probleme damit, es in Einklang mit der guten Aufnahme zu bringen. So sehr, das Sony sogar einige seiner Ingenieure aus Japan anfliegen ließ...man bekam es dann hin und stellte fest, man muß da ganz anders heran gehen. Auch für die Japaner war das lehrreich.

    Gruß André
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  • Die Anfänge der DAWs spielte sich anfänglich auf ATARI ST und AMIGA ab. Die meisten Entwicklungen in diesem Bereich fanden in Westdeutschland statt, neben Digidesign in den USA und Sony in Japan.

    Anfänglich gab es keine explizite Interfaces. die Entwicklung verlief zweigleisig. Microsoft und Apple spielten erst Anfang der 2000er Jahre eine Rolle. Apple kaufte EMAGIC und stellte die Windows Version bald ein, Logic Pro war sehr kostenintensiv. Steinberg erfand die ASIO Treiber und kümmerte sich anfangs nur um Windows. Aus DigiDesign wurde AVID, wrude zum Industrie Standard. Sony konzentrierte die Entwicklung auf 1Bit Technik/DSD.

    Mitte der 2000er nahm dann die Entwicklung richtig Fahrt auf. Kurz danach war es möglich alles im Computer/in the Box voll digital zu verarbeiten, da alle Werzeuge entwickelt waren und die Qualität soweit konkurrenzfähig war. Mit nem 32 Bit Rechner und 64 Bit Layer war sehr viel möglich.

    Die Umstellung auf 64Bit fand schrittweise statt, da die Betriebssysteme schon recht kompliziert waren und im Verlauf die ProzessorenArchitekturen wechselten, die wiederum Anpassungen erforderten, die man nicht mal eben durchzieht.


    Die Zukunft wird wohl auf ARM und RISC-V in dem Bereich aufbauen, Apple macht es vor, zumal sie Gründungsmitglied der ARM Accotiation waren und eine unabhängige Lizenz zur Entwiclung von ARM Prozzis besitzen.

    Risc-V ist interessant, steht in der Entwicklung am Beginn, ist quelloffen. Mit der ManPower hinter OpenSource wird sich das beschleunigen.

    Interessant ist auch der Power 9 von IBM. Wird wohl politisch eher eine Insellösung bleiben, vermute ich.

  • Vergessen wir nicht die beiden Berliner Firmen Nativ Instruments und Ableton, die eine andere inhaltliche Ausrichtung haben.

    Beide in der Schönhauser Allee.

    Ableton ist, was die Umsetzung betrifft, auf digitaler Ebene, neben Adobe Audition, ein Spitzenprodukt, da der Code-Unterbau dem theoretischem Ideal in den praktischen Werten, am Nächsten kommen. Sehr sorgfältig entwickelt.

    Und auch nicht zu vergessen - die sehr junge DAW Bitwig Studio, auch Berlin, bei mir ums Eck.

    Deutschland ist schon sehr Kreativ.

  • Bop Till You Drop von Ry Cooder war die erste große kommerzielle Popaufnahme in Digital.

    DIE habe ich auf LP, klingt sehr gut.

    Ich kann daher Digitalaufnahmen nicht verteufeln.

    Will ich auch nicht, ich möchte eben das vermeiden, was du treffend den "Plasticsound" der 80er bezeichnest.

    Da ich bezüglich Pop und Rock eher auf die 60er und 70er stehe, habe ich erst 1995 einen CD-Player gekauft. In meiner - damaligen - Abneigung bestärkt haben mich lieblose Überspielungen von LP-Alben auf CD mit schlechtem Klang, Titelangaben mit "Seite A" und "Seite B" (also keine Anpassung an den neuen Tonträger) oder manchmal zwei LP-Alben in einer CD, wobei ein Titel weggelassen wurde, falls der Platz knapp war.

    Umgekehrt habe manche neuere (hauptsächlich 1980er), digital aufgenommene Alben auf LP, die schlecht klingen nach dem Motto "Auch die paar ewiggestrigen CD-Verweigerer sollen das Album kaufen, aber für ihre Haltung mit schlechtem Klang bestraft werden".


    Ich danke Euch allen für die zahlreichen Antworten!

    Konstantin

    Thorens TD-535, Sumiko MMT.
    Audio Technica AT-OC9XSL und AT-33Mono, Nagaoka MP150, Ortofon MC30super, General Electric VRII.

    SAC gamma, Onkyo, ASW, Sennheiser, Stax

  • Zitat, Wikipedia:

    Januar 1971: Mit dem experimentellen PCM-Aufzeichnungssystem von NHK zeichnet Dr. Takeaki Anazawa, Ingenieur bei Denon , die weltweit ersten kommerziellen digitalen Aufnahmen auf , The World Of Stomu Yamash'ta 1 & 2 von Stomu Yamash'ta (11. Januar 1971) und Etwas von Steve Marcus & Jiro Inagaki (25. Januar 1971). Beide mussten ohne Änderungen live aufgenommen werden. Marcus wird zuerst veröffentlicht (im Februar 1972) und ist damit die erste veröffentlichte digitale Aufnahme .



    Ich glaube meine erste digital aufgenommene CD war die Body & Soul von Joe Jackson. Die wurde 1984 veröffentlicht. Das war auch eine der ersten CDs die man in Deutschland erwerben konnte, wenn ich mich recht erinnere.


    LG, Holger


    Image ist das, was man braucht, damit die anderen denken, dass man so ist, wie man gerne wäre.

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