Häufig geplatzte RIFA X2 Funken-Entstör-Kondensatoren - welche Ursachen ?

  • In vielen Fällen hängen auch dann noch Bauteile (z. B. vorgelagerte Filtermodule und integrierte Kondensatoren im Kaltgeräte-Einbaustecker wie unter

    https://www.reichelt.de/entsto…3ZYghgEAQYBiABEgLYx_D_BwE) permanent am Netz, wenn ein Ein-Aus Schalter in der 230 VAC-Leitung vorgesehen wurde.

    Das führt oft dazu, das diese Teile auch im ausgeschalteten Zustand permanent am Netz hängen - es sei denn, der betreffende Netzstecker wird herausgezogen, was i.d.R. nicht gemacht wird.


    Aber auch, wenn das nicht der Fall ist, fallen bestimmte Fabrikate/Modelle nach einer gewissen Nutzungsdauer aus, während andere offenbar nie ausfallen z. B. WIMA FKP 1 - siehe

    https://www.reichelt.de/impuls….html?&trstct=pol_0&nbc=1

    obwohl diese überhaupt nicht für permanenten Betrieb am Netz zertifiziert sind.

    Einer der bekanntesten ist dieser u. a. in vielen Revox Tonbandmodellen eingesetzte RIFA Typ

    https://www.technikundnatur.eu/revox-mehr/die-rifas.html

    http://www.akhara.com/trs-80/psrepair/index.html

    https://electronics.stackexcha…oscilloscope-power-supply

    https://www.vintage-radio.net/forum/showthread.php?t=69128

    https://webcache.googleusercon…t=clnk&gl=de&client=opera

    und

    https://www.mikrocontroller.net/topic/170923

    der leider auch in einigen Linn Brilliant Schaltnetzteilen sitzt und vorsorglich immer mit ausgewechselt werden sollte beim Elko-Austausch.


    Welche genauen Ursachen führen zum Platzen dieser RIFA-Ausführungen, das fast immer mit einer extrem penetranten Geruchsbildung und einer später aufwendig zu entfernenden kleberigen Masse in der Umgebung verbunden ist ?


    Die Aussage "das ist nach 20-50 Jahren normal" ist unbefriedigend, da dies i.d.R. auch nach dieser langen Zeit nicht passiert und auch - zumindest aus meiner Sicht - nicht passieren darf.


    Besten Dank für Hinweise.

    == Gewerblicher Teilnehmer ==

  • So eine kleine Explosion hatte ich auch schon durch den Entstörkondensator in einem Michell Mycro; wenn wir vom gleichen Kondensator sprechen, handelt es sich anscheinend um zwei Effekte: bei thermischer Belastung dehnen sich Epoxy-Hülle und Innenleben unterschiedlich stark aus. Dieses führt zu Rissbildung, durch die Feuchtigkeit eindringen kann.


    Siehe auch https://www.vintage-radio.net/forum/showthread.php?t=69128, Post #3.

  • Die Denkweise der Hersteller ist halt eine andere. Da geht es um Nutzungsdauer, Produktzyklen, Garantiezeiten und Herstellungskosten. Da wird dann auch mal, um die Stückkosten optimal zu gestalten, das Lötbad mit höheren Temperaturen gefahren wobei die Angaben der Bauteilehersteller über die Lötvorschriften schon mal übersehen werden...

    Viele Grüße
    Dieter


    AAA Mitglied

    Hat zu viele Pläne und zu wenig Zeit zum Basteln 8)

    Einmal editiert, zuletzt von K.Dieter ()

  • Nein, das ist nicht so - die Löt-Temperatur ist immer ein Kompromiss weil man fast immer empfindliche Bauteile dabei hat. Lötet man zu heiß, gehen diese Teile sofort kaputt. Das können Halbleiter sein, das können Steckverbinder oder Schalter sein usw. Da geht´s dann nicht darum, ob das Produkt die Garantiezeit überlebt sondern darum, ob es nach der Fertigung den EOL-Test besteht.

    Bei "Klassikern" reden wir obendrein oft auch von Handarbeit, also manuellem Bestücken und löten. Allerdings hat damals niemand damit gerechnet, daß ein Plattenspieler oder ein Verstärker nach 40 oder 50 Jahren (oder noch mehr) noch in Betrieb sein könnte. Lebensdauertests in dieser Größenordnung fanden damals mit Sicherheit nicht statt. Wenn man denn überhaupt damals schon entsprechende Simulationstechniken zur Verfügung hatte...

    Und selbst wenn man damals z.B. Dual gesagt hätte, daß die Entstörkondensatoren nach ca. 50 Jahren hochgehen - hätte die das damals interessiert? Da hätten sie sich eher gefreut, daß ihr Produkt überhaupt so lange lebt und offensichtlich nach so langer Zeit noch konkurrenzfähig ist und nicht schon längst durch ein sehr viel besseres Produkt ersetzt wurde...


    Gruß

    Andreas

    Ich bin so alt, als ich damals zur Schule ging, gab es noch keine Handys. Wir haben dann Unterricht gemacht. Wir hatten ja sonst nichts.


    Ein Freund ist jemand, der Dich mag, obwohl er Dich kennt.

  • Bei dem fraglichen Kondensator wurde in dem oben verlinkten Thread ja auch die Beobachtung gemacht, dass selbst nie eingelötete Exemplare bereits Risse aufweisen konnten - alleine durch die Lagerung (Post #80). Bei dem Exemplar in meinem Mycro war wahrscheinlich die Nähe zum Motor das Problem; der alte Crouzet wird ziemlich warm, und die Motordose ist nicht sonderlich groß.

    Einmal editiert, zuletzt von coredump ()

  • Ich habe den Eindruck, dass viele Entstörkondensatoren bei dem heute üblichen Störpegel, der hauptsächlich von Schaltnetzteilen verursacht wird, überfordert sind und in Rauch aufgehen. Wie ist sonst zu erklären, dass bei einem eingeschalteteten Hifigerät nach dem Einschalten eines PCs am selben Stromkreis der Entstör-C explodiert.


    Voffi

  • Wie ist sonst zu erklären, dass bei einem eingeschalteteten Hifigerät nach dem Einschalten eines PCs am selben Stromkreis der Entstör-C explodiert.

    Shit happens :)

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • Nein, das hat damit imho nix zu tun. Nach zig Jahren sind die alten Rifas einfach durch. Die Kunststoffhülle ist brüchig und das Innenmaterial korrodiert. Beim Einschalten fließt ein hoher Kurzschlußstrom, das Ding wird heiß und es macht Peng und Stink. Gott sei Dank geht da aber meist nix anderes defekt, bis auf das ab und zu die dazugehörige Netzsicherung gehimmelt wird.


    Gruß


    Andreas

    AAA Member mit Unmengen an altem Geraffel

  • Ich hab erst gestern wieder so ein Exemplar ausgetauscht, der Dual-Verstärker aus dem er stammt lief aber trotz explodiertem Rifa problemlos. Im Gegensatz zu anderen Exemplaren waren alle anderen Kondis noch intakt und die Ruhestrompotis noch blitzeblank, die zerbröseln ja auch gerne mal nach 40-50 Jahren...

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/146665/analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/146664/

    analog-forum.de/wbboard/gallery/index.php?image/146663/


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    seit 2009 AAA-Mitglied

  • Was ist als Ersatz zu empfehlen?

    Hallo Frank.


    diese Kollegen saßen hinter dem Spannungswahlschalter meiner B67 =O


    Rauchbomben B67 AAA.JPG


    Die haben fast 50 Jahre anstandslos Ihren Dienst verrichtet, von welchen Bauteil wir so etwas verlangt?

    Die Rifas als Rauchbomben oder als Knallfrösche bezeichnet sind weit besser als Ihr Ruf.


    Und darum habe ich die Dinger durch was ersetzt, natürlich durch Rifas 8o

    Die gibt es natürlich auch in neu, nicht NOS, und mit extra langen Beinchen.


    Rifa AAA 1.JPG


    Rifa AAA 2.JPG


    Selbst wenn die Teile nur halb solange wie die alten halten, werde ich wohl nicht wieder

    in die Verlegenheit kommen die Rifas austauschen zu müssen :D


    Mit freundlichem Gruß aus dem Freistaat in der Nordsee


    Jürgen

    "Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen"


    Theresia von Avila

  • Das liegt nicht an den Rissen. Intern löst sich der Kontakt und der Leiter wird an dieser Stelle extrem dünn und dadurch zum "Heizdraht". Es ist die Hitze, die diese Dinger dann platzen und rauchen läßt. Die Verbrennen regelrecht von innen heraus. Das ist ein Konstruktionsfehler, denn bei anderen Typen beobachte ich dieses Verhalten nicht.

    Gruß André
    Keine Emails mehr, nur PN. Emailfunktion ist deaktiviert.


  • Hallo,

    es handelt sich um den sogenannten Corona-Effekt (nicht zu verwechseln mit dem Virus). Die im Kondensator-Wickel eingeschlossene Luft wird ionisiert und damit leitfähiger. Das führt zu einer punktuellen Verdampfung der Metallisierung. Viele dieser Vorgänge über lange Zeiträume führen zunächst zu einem Kapazitätsverlust des Kondensators, später zu einem Kurzschluss mit den bekannten Effekten wie Erhitzung, Brand und / oder Knall. Der Effekt wird stark durch die am Kondensator anliegende Spannung, Feuchtigkeit, Temperatur, Anzahl und Höhe der Spikes im Stromnetz, die effektive Betriebszeit des Kondensators und dem Aufbau des Kondensators beeinflusst.
    Um den Corona-Effekt zu minimieren werden heutzutage zwei Kondensator-Wickel in einem Gehäuse in Reihe zu einem Kondensator geschaltet. Für Kondensatoren am Netz sind grundsätzlich nur X- und Y-Typen zu verwenden.

  • Hallo,

    es handelt sich um den sogenannten Corona-Effekt (nicht zu verwechseln mit dem Virus). Die im Kondensator-Wickel eingeschlossene Luft wird ionisiert und damit leitfähiger. Das führt zu einer punktuellen Verdampfung der Metallisierung. Viele dieser Vorgänge über lange Zeiträume führen zunächst zu einem Kapazitätsverlust des Kondensators, später zu einem Kurzschluss mit den bekannten Effekten wie Erhitzung, Brand und / oder Knall. Der Effekt wird stark durch die am Kondensator anliegende Spannung, Feuchtigkeit, Temperatur, Anzahl und Höhe der Spikes im Stromnetz, die effektive Betriebszeit des Kondensators und dem Aufbau des Kondensators beeinflusst.
    Um den Corona-Effekt zu minimieren werden heutzutage zwei Kondensator-Wickel in einem Gehäuse in Reihe zu einem Kondensator geschaltet. Für Kondensatoren am Netz sind grundsätzlich nur X- und Y-Typen zu verwenden.

    interessant. Das mit den Corona-Effekt (kennt man als blaues Schimmern bei Nebel an den Strom-Isolatoren an Hochspannungsmasten) kannte ich von Widerständen (z. B. in den Anodenleitungen von Röhren in Verstärkern), die vorzeitig ausfielen, weil die Spannungsfestigkeit nicht beachtet wurde. Auch die Anlaufwiderstände in Schaltnetzteilen waren und sind davon öfters betroffen (ein gutes Design ist daran zu erkennen, das viele Widerstände, meist 4-6 Stück in Serie geschaltet wurden).

    Bei den Kondensatoren leuchtet dieses auch ein.

    Würde man Kondensatoren wählen wie diese unter

    https://www.wima.de/de/produkte/impulskondensatoren/fkp-1/

    mit 2000V/700V~ hätte man auch nach 100 Jahren keine derartige Probleme, auch wenn sie keine "X" Kennung bzw. Sicherheitsprüfungen nach IEC 60384-14 dazu vorliegt.

    Auch in alten Bildröhren-Fernseher, wo diese als Booster-Kondensatoren in Zeilenendstufen mit dem BU208 unter erheblich höherem "Stress" als am 230VAC Netz im Einsatz waren, hatte ich nie einen defekten (während andere Kondensator-Fabrikate an der gleichen Stelle sehr häufig ausfielen).

    Ich denke, das ein MKP-Ersatz von WIMA eine gute Lösung darstellt, während die MP-Versionen dagegen vermieden werden sollten - siehe

    https://www.wima.de/de/produkte/funk-entstoerkondensatoren/

    Ich erinnere mich an einen Fach-Beitrag in der Funkschau, wo es um "gelbe Brandbomben" ging. Dieser Begriff wurde in den 70er/80er Jahren in Bezug auf einen Entstör-Kondensator von SEL (ITT) verwendet, weil er für zahlreiche Fernseh-Brände verantwortlich war. Vielleicht kann einer diesen Beitrag posten oder kennt den Link dazu - besten Dank.

    == Gewerblicher Teilnehmer ==

    4 Mal editiert, zuletzt von A.K. ()

  • Privat kann man das machen, aber steht man unter Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüchen, empfiehlt sich X2. Die RIFAs fanden sogar in einigen Yamaha-Geräten Verwendung, die daraufhin vor einigen Jahren einen Rückruf bekamen, wo über authorisierte Werkstätten Ersatztypen getauscht wurden.

    Gruß André
    Keine Emails mehr, nur PN. Emailfunktion ist deaktiviert.


  • da kann ich mich noch erinnern - interessant ist, das Yamaha nach 37 Jahren (sicherlich nicht nur für einen Anwender) diesen Austausch 2018 noch kostenlos durchführte - siehe

    https://www.hifi-wiki.de/index.php/Yamaha_A-760

    weitere Links:

    https://www.whathifi.com/news/…fety-recall-amps-30-years

    https://audiokarma.org/forums/…maha-a-960-repair.841786/


    Ich erinnere mich noch, das ich beim Entsorgen defekter Bauteile, die ich 35 Jahre sammelte, bei den X2 Entstör-Kondensatoren überwiegend MP Versionen hatte (meistens RIFA, aber auch WIMA) aber keine einzige MKP Ausführung.


    Der damalige Wissensstand hätte aber (z. B. durch künstliche Alterung) ausreichen müssen, das solche minderwertigen (MP-) Ausführungen nicht in Geräteserien landen.

    Wie immer sagen die notwendigen Zertifizierungen nichts über die tatsächliche Qualität und Lebensdauererwartung aus.

    In diesem Zusammenhang ist dieser Link noch interessant:

    https://www.elektronikpraxis.v…ngepasst-werden-a-420783/

    == Gewerblicher Teilnehmer ==