Analogmüde? Kennt Ihr das auch?

  • Hallo Analogfreunde,

    bin nicht abgetaucht, möchte mich für die vielfältigen Meinungen und Anregungen von Herzen bedanken. Sehr hilfreich, um nach reiflicher Überlegung in naher Zukunft die Schlüsse daraus zu ziehen. Finde mich in vielen der Antworten. Alles zuviel, ob nie mehr gehörte Platten oder tiefstes Ausleuchten der Details die die Rille offeriert. Völlig plan und blitzsauber muss es sein, dann enttäuscht schon ein Knacken oder Zischen... Oder schwankende Zufriedenheit, ein Hörabend fasziniert, an einem anderen klingt es gar nicht so prima, ob emotional oder Gehör-bedingt selbst der Genuss-Engpass. Denke stets wehmütig an die Aufbruchsjahre Ende 60er, Anfang 70er zurück. Da stand nicht die Technik, sondern die Freude am Entdecken der Musik im Vordergrund. Geniesse immer mehr den vergleichsweise mickrig klingenden Tivoli PAL überall mitzunehmen und nebenher auch anderen Tätigkeiten nachzugehen, anstatt im sweetspot sich voll und ganz dem Hören zu widmen, oder gar die Unterschiede des masterings oder der Pressqualität zu beurteilen, weil Grand Cru, Justage und Kette dies möglich machen. Zurück zu den Wurzeln? Wahrscheinlich nicht ganz, aber ein paar Schritte zurück und dabei Ballast abwerfen, einfach wieder freier, unbeschwerter und ohne Zwänge genießen.

    Wohin wird der Weg wohl führen?

    Herzliche und dankbare analoge Grüße!

    Gerald

  • Nun, ob richtig oder doch nicht ganz sollte jeder für sich entscheiden können. Dazu brauch ich ehrlich gesagt auch keinen Coach. Klar möchte man mal wissen, wie such andere in der Situation orientiert haben. Ich hab' mich in meinem Leben von vielem getrennt, gerade auch in der Phase meines letzten Umzugs. Vermisst habe ich noch nie etwas.

    Wir bekommen demnächst ein neues, relativ offenes Sideboard. Meine Frau fragte gestern Abend ob ich die schönen Hifibücher ("Hifitunes" ) im Keller hab', die hätten doch dann einen schönen Platz. 🤔 Naja, dann werd' ich wohl mal ein paar neue Hefte kaufen. ;)

    Viele Grüße


    Jörg


    Ich höre damit und meine kleine Plattensammlung seht ihr bei DISCOGS.



    Einmal editiert, zuletzt von Jörg K ()

  • Tu einfach wozu du Lust hast, dann macht’s auch Spaß, zur „Pflicht“ -nur weil der Kram da ist- sollte ein Hobby nicht werden. Bei schönem Wetter bin ich auch mehr draußen und dann sitze ich auch mal tage- oder wochenlang nicht davor. Ist halt so.

    Meine Tonbandmaschien und mein Kassettendeck höre ich zb. sehr selten aber wenn ich Bock drauf habe, bin ich froh es zu haben. Ich hab in dem Zimmer dann auch meine Ruhe und kann super entspannen.


    Und wenn es dich belastet, dann musst du tun, was du für richtig hältst und nur das behalten, was notwendig ist ... man brauch zB. tatsächlich keine x Tonabnehmer, Plattenspieler, Phonopres etc. um Musik zu hören. Und von den 6k Platten hörst du sicherlich idR. nur nen Teil, den dann auch mal öfter und manches gar nicht ... sowas könnte man dann bei Bedarf auch mal streamen.

    Manchmal ändern sich halt die Prioritäten.

    VG
    Mario

  • Ich bin vor 2 Jahren den Weg gegangen und habe alles verkauft. Über geblieben sind noch ein paar Radiohead Platten und eine DSOTM Anniversary Edition. Ich habe das bisher nicht bereut. Mir ging einfach das ganze Zeug auf den Nerv und die absurden Preise. Gehört habe ich zudem auch kaum noch. Oder eigentlich gar nicht mehr.


    Wenn du die Platten verkaufen willst, steckst du da viel Zeit rein. Du bist bei der Menge sicherlich 1-2 Jahre Plattenhändler.

    "Nichts ist vergleichbar mit der einfachen Freude, Rad zu fahren."
    -- John F. Kennedy

  • Hallo,


    Ich habe es oben schon einmal geschrieben.

    Ich freue mich nicht alleine zu sein.

    Ich habe wirklich nicht gedacht, dass es doch einigen hier gibt, die die selben Gedanken hegen.

    Das forum wirkt oft anders.


    Gruß Michael

    the sky is crying

  • Ich könnt' auch nur einen Like vergeben aber ich muss es schreiben:

    Alles richtig, Bernie! Klasse Post.

    Ja, das mag jeder individuell auch anders sehen. ;) Ich denke, ein Patentrezept gibt es da nicht.


    In diesem Forum ist der Schwerpunkt allerdings mehr als deutlich bei der Technik. Der Austausch über Musik findet kaum bis überhaupt nicht statt.


    Für ein Forum mag das o.k. sein, weil es auch deutlich einfacher ist, sich über Technik zu äußern als über Musik.


    Wenn allerdings die Technik den Schwerpunkt der Beschäftigung mit der Anlage ausmacht und nicht die Musik, dann wäre das für mich persönlich der falsche Schwerpunkt. Ich kann auch durchaus verstehen, dass man dann irgendwann müde ist noch an irgendwelchen Schräubchen zu drehen.


    Umgekehrt verstehe ich aber auch jeden, der - überspitzt dargestellt - seine 10 Toppressungen auf immer besseren Anlagen wiedergeben möchte und das auch als Ziel erreicht.


    Wer wann und warum müde wird ist sicherlich unterschiedlich. Für mich gilt das weiter oben Gesagte.


    Was würde sich eigentlich ändern, wenn ich Klangunterschiede plötzlich messen könnte, obwohl ich sie bisher nie gehört habe?


    Jazz will be the classical music of the future. (D.G.)


    Just Listen

  • Empfehlung eines unheilbaren Nostalgikers: Platten ungedingt behalten !! :)


    MUSIK schafft Emotionen und Schallplatten sind eigentlich bloss ein Werkzeug, solche Emotionen zu überbringen.

    ABER: viele meiner Schallplatten sind selbst nostalgische Träger solcher Emotionen.


    Meine erste selbst gekaufte LP - mühsam Sackgeld & Lehrlingslohn dafür gespart ! - war

    Beethovens 5. Symphonie mit den „Berlinern“ & Karajan, 60-er Jahre: ich habe sie immer noch; x-fach abgespielt, mit LENCO-Clean misshandelt & wieder errettet: Sie spielt noch herrlich !


    Musik, die ich mir auf Reisen und Im Ausland gekauft hatte; „Originale“, einige wenige sogar mit Autogramm der Band...! Etc., etc… Erinnerungen pur.


    Ich könnte meine Gerätschaften austauschen, aber die Plattensammlung als solche bleibt. Sie ist in den letzten Monaten wegen Schenkungen & Leihgaben etwas „explodiert“, und jetzt muss ich aussortieren .

    Dank Corona kein Problem…!! Und ich lerne viel neue, mir bisher unbekannte Musik kennen


    Extremfall „Alt“ : Für mich sind Schallplatten auch eine Musik-Historische Reise in die Vergangenheit: Klar kann ich ein Beethoven Klavier Konzert mit Artur Schnabel (1930-er Jahre !!) auch auf CD anhören:
    Aber das Ganze auf Schellackplatte - es braucht 5-6 Platten für das ganze Klavierkonzert ! - ^^ als "quasi Original " in den Händen zu halten und mit geeigneter, auch moderner Apparatur (KEIN Trichtergrammophon !) anzuhören, ist schon was Besonderes.


    Extremfall „Neu“: LEIDER kann ich "gefühlte 99.9 % " der aktuell aufgeführten Klassischen Musik & Opern, etc. NICHT auf Vinyl abhören; dazu brauche ich CD oder Downloads.


    Gruss


    Urs


    Analog-Müdigkeit ist bloss Saisonal – es vergeht bald wieder, auch ohne Impfung….. ;);)

    Eine wenig beachtete „Schellack-Weisheit“ besagt:

    Die Wahre Seele der Musik versteckt sich hinter Knistern und Rauschen….

  • Es muss aber danach nicht unbedingt besser werden, nur anders 8|

    Wie bei Softwareupdate üblich 8o

    Bei uns ist's gut gegangen. Es war auch eher der Wechsel auf ein gänzlich anderes OS.;) Ausser Anlage, Platten, ein Paar Klamotten und Krimskrams ist nichts mehr wie es war.

    Nach Anlaufschwierigkeiten klingt die Anlage auch besser als vorher und ich würde wie schon zuvor geschrieben, nicht auf die Idee kommen Platten abzugeben. Ich hab' sogar wieder etwas Lust verspürt ein Wenig an der Anlage zu schrauben.

    Viele Grüße


    Jörg


    Ich höre damit und meine kleine Plattensammlung seht ihr bei DISCOGS.



  • Hi


    ich arbeite unter anderem in einem Museum für alte Kinotechnik und analoge Filme. Wir haben eine riesige Sammlung an Geräten und Filmen. Eine solche Sammlung muss gepflegt und kuratiert werden. Dazu gehört bei uns auch, dass man ab und zu Entscheide trifft, was man überhaupt aufbewahrt und was man ins Lager aussortiert oder ganz entsorgt. Und auch entscheidet, welche Schwerpunkte man legt.


    Ähnlich sehe ich es bei meiner Schallplattensammlung. Ich sammle noch nicht so lange, am Anfang habe ich aus Begeisterung über Vinyl Sachen aufbewahrt (und in meiner Discogs-Sammlung erfasst), die ich heute sofort weitergeben oder entsorgen würde. Diese Sachen bin ich am Aussortieren. Andererseits habe ich gemerkt, dass ich aus der "Schmuddel-Ecke" des deutschen Schlagers doch von den bekanntesten Künstlern je eine Platte behalten möchte, auch wenn ich sonst keine Schlager höre. Aber es interessiert mich von der Geschichte her mehr, als von jeder durchschnittlichen amerikanischen Rockband jede Platte zu haben. Deshalb habe ich bei Status Quo, Marillion und dergleichen ziemlich aussortiert.


    Unschlüssig bin ich bei Klassik - soll ich sammeln oder nicht? Und dafür bin ich immer mehr der Überzeugung: Wenn es mich nicht reizt, ab und zu wieder reinzuhören - dann gehört es weg.

    Damit höre ich Musik:


    Swissonor AM 6221 Tube amp

    Swissonor BACH 12 Lautsprecher


    TD 124

    LINN LP 12

    Studer A807

    Studer B62

    Studer C37

    Telefunken M15a int.

  • ...natürlich gibt`s kein Patentrezept und keine Patentlösung, ich wollte nur einen (recht sicheren) Weg aufzeigen damit die beschriebene "Borniertheit" enden kann.

    Wenn der betriebene Aufwand schon Richtung Zwanghaftigkeit geht (so wurde es ja auch beschrieben) dann kann natürlich die wiedergegebene Musik keine Freude mehr machen, weil sie in dem Fall keine Musik, sondern nur noch "Wiedergabe" ist.


    Das Hifi-Hobby ist schön , weil es den Spagat aus Beschäftigung mit der Technik und dem Genuss von Musik schafft, mehr noch - sogar ne Einheit dieser Welten hinbekommt. Kippt das dann extrem zu der Technik und es kommt noch Zwang dazu, geht die Musik unter und damit das Element dieser Kombi, das die Seele anspricht.


    Ich kenne tragische Fälle solch falscher "Hingabe" auch aus anderen Bereichen....Oldtimer-Schrauber die ihre Partnerschaften ruinieren, Fotoequipment-Fetischisten die keinen Blick für Bilder haben, Fahrrad-Freaks mit Bauch die ihre Bikes totputzen und tot-tunen, Gitarrenfreaks die komplett unmusikalisch sind usw...


    Wenn`s gesund ist macht`s Spaß - der Spaß daran hört auf wenn es ungesund ist.


    Gruß,

    Bernie

    Musikmaschinen: Pro-Ject Xtension 10 / Benz ACE SL, MuFi MX-Vinyl, Sony CDP-XA555ES+Breeze Audio DAC, MuFi M5si, Visaton Atlantis MKII mit Weichen von "Kalle MKII" - Dauertinnitus wegen Rock`n Roll^^

  • Ich denke, es gibt Menschen, die sich wohl fühlen in einem Raum mit tausenden von Tonträgern und für andere ist das viel zu viel an Reiz und "Belastung".


    Darüber hinaus entwickelt sich bei vielen der Musikgeschmack über die Jahrezehnte und festigt sich dann, und man entdeckt für sich jene Musik, aus der man Kraft schöpft. Ich höre sehr viel Klassik und hatte daher sehr viele Klassik CDs. Vor Jahren habe ich damit begonnen zu reduzieren, auszumisten und bis jetzt nicht bereut. Ich für mich fühle mich viel wohler mit einer kleineren Sammlung, die dafür Aufnahmen enthält, die man wirklich schätzt als alles zu behalten. Man hört dann auch wieder die Aufnahmen, die einem wirklich wichtig sind und stellt fest, dass man so manches Meisterwerk in einer Meisteraufnahme viel zu lange nicht mehr gehört hat, weil man sich in B-Werken und B-Aufnahmen verzettelt hat.


    Mir ist schon wichtig Tonträger zu besitzen, es sollten aber nicht zu viele sein, sodass ich die Sammlung im Griff habe und nicht die Sammlung mich (wie so schön heißt).


    Vielleicht hier ein link zu einem Minimalsmus Blogger, der sogar dann wieder mit Vinyl begonnen hat, nachdem er alle Tonträger weggeben hatte.


    https://www.einfachbewusst.de/2020/12/minimalist-sammler/


    Herzliche Grüße


    Gerhard

  • Hobbies machen oft dann keinen Spaß mehr, wenn sie mit verfügbaren Mitteln bis zum Perfektionismus ausgereizt werden. Ich kenne da viele Parallelen bei den Gitarristen...all die bornierten Gitarrensammler die mit der 5. Customshop Les Paul und 10. Fender Historic Auflage mit Tonnen handgebauten oder Vintage Amps zuhause sitzen und im Netz über Quellen für 50 Jahre alte Röhren oder 60 Jahre altes Magnetmaterial für Pickups palavern


    Amen oder: Wenn die Mittel zum Hauptzweck verkommen.

    Des Pudels tieferer Kern der meist unstillbaren Unzufriedenheit ist da meines Erachtens aber ohne Zweifel ein weit verbreiterter materialistischer Trugschluss : Um wie Hendrix, Klappstuhl oder sonstwer zu klingen, brauche ich unbedingt das exakt gleiche Rig und werde deshalb 'hauptamtlich' zum nerdigen Gear-Forensiker anstatt - vorausgesetzt man spielt überhaupt - zu üben und dabei vielleicht sogar irgendwann meinen eigenen Ton zu finden. :wacko:

    schrecklich amüsant, aber...

  • Ein ganz hervorragendes Buch, um zu verstehen, wie wir funktionieren in unserer "Zuvielistation" (mehr vom zuviel) ist das Buch "Im Teufelkreis der Lust" von Ingo Schymanski. Es erklärt sehr gut, wie unser Belohnungszentrum im Gehirn funktioniert (nuccleus accumbens), und wie sich das die Wirtschaft für die Konsumenten zunutze macht.


    Beste Grüße


    Gerhard

  • Ja, das mag jeder individuell auch anders sehen. ;) Ich denke, ein Patentrezept gibt es da nicht.


    In diesem Forum ist der Schwerpunkt allerdings mehr als deutlich bei der Technik. Der Austausch über Musik findet kaum bis überhaupt nicht statt.


    ..nicht, dass wir uns missverstehen - genau diesen Punkt "bemängel" (wobei das Wort vllt etwas streng ist) ich ja auch häufig. Aber so lebt das Hobby eben jeder anders für sich. Ich habe meine 139 Platten in Form von besonderen Pressungen und höre die mit viel Freude rauf&runter. Beim Technik-Geschwubbel bin ich raus, sobald ich einen Punkt erreicht habe, den ich erreichen möchte. Fehlen tut mir momentan lediglich noch der Plattenring und der ist in der Mache .. :)

    Thorens - McIntosh - ATC

  • Mag ebenfalls die Reduktion und lebe räumlich sicher deutlich minimierter als der Blogger.


    Mir geht es auch nicht prinzipiell darum nichts Materielles zu besitzen, sondern nur die Dinge die mir im Leben wirklich wichtig sind und mich erfreuen. Diese dürfen auch mehr Geld kosten.


    So erfüllt weder mein Audio Setup noch mein Radhobby den Anspruch der Reduktion auch wenn ich durch die Nutzungsdauer trotzdem eine Nachhaltigkeit damit erreiche.

    Der Rest ist tatsächlich meist nur Ballast.


    Grüße Chris