Die Physik unserer Plattenspieler


  • Als Maschinenbauer ist für mich ein Plattenspieler ein Gerät, das vorrangig technische Ziele erfüllen muss. „Form folgt der Funktion“. Erst diese Forderung guter Designer des 20. Jahrhunderts hat die Maschinenbauer wieder zu sauberen Konstruktionen ohne Schnörkel zurückgeführt. Um sich im Wettbewerb gegen Marktbegleiter durchzusetzen, tauchen leider insbesondere auch bei Plattenspielern wieder Schnörkel und Verzierungen auf. Auch sehe ich im zunehmenden pseudotechnischen Klapperatismus eine große Gefahr der Qualitätsminderung.



    Diesen Thread starte ich mit der Bitte um Beiträge zur „Physik des Plattenspielers“ und beginne mit der Beschreibung des EAT s-forte. Wenn ich oberen Bereich der Latte starte, wünsche ich mir genauso die Beschreibungen einfacherer Plattenspieler und insbesondere auch der Vintage-Stars Dual, Thorens, Lenco und Co.



    Grüße aus Österreich

    Kurt


  • EAT s-forte


    Lange habe ich einen Plattenspieler gesucht, der das technisch Erforderliche möglichst perfekt und ohne Schnörkel erfüllt.


    Angetrieben wird im EAT s-forte mit zwei nicht hörbaren Synchronmotoren, die stur mit der Netzfrequenz laufen (die reale Netzfrequenzschwankung in unserem Stromnetz liegt bei +/- 0,025 Hertz, damit schwankt der Kammerton A mit 440 Hz um +/- 0,22 Hz. Orchester stimmen ihre Instrumente zwischen 442 und 444 Hz. Die Stimmung eines Streichinstrumentes vom Anfang bis zum Ende einer Symphonie kann bis zu 3 Hz driften). Synchronmotoren ruckeln leider beim Polwechsel. Dies wird beim EAT mit hochelastischen Triebriemen durch Dehnung und Zusammenziehen auf der Strecke zwischen Motor und Plattenteller aufgefangen. Hierfür müssen die Riemen bei geringer Zugkraft am Teller immer innerhalb der Haftreibung bleiben, was mit der etwas raueren Oberfläche des Tellerylinders erreicht wird. Im Zusammenspiel mit einem 15 Kilo schweren Teller, dessen großer Durchmesser mit 36 cm Durchmesser sein Gewicht nach außen schiebt und damit die Trägheit zusätzlich vergrößert, ist der Gleichlauf so stabil, wie er von keinem anderen Konzept erreicht werden kann.


    Der Teller ist mit einer Keramikkugel in einer Teflonpfanne gelagert ist. Der Druck auf das Teflon wird durch zwei starke Neodym-Magneten verringert, welche den Großteil der Vertikalkraft aufnehmen. Ein kleiner Rest der Vertikalkraft und die Lagerung des Tellers auf dem Magnetfeld halten die Lage des Tellers. Damit ist keine Gleitbüchse in der Tellerachse erforderlich. Eine Lagerinspektion braucht jeder gute Plattenspieler. Ich habe diese Inspektion in meinen Jahresrhythmus aufgenommen. Jeden Herbst schmiere ich die Lager und poliere dabei auch den Plattenteller auf sauber, nicht auf glänzend (wäre eine Sisyphusarbeit und wahrscheinlich ohne Politurmittel gar nicht möglich, womit die für das Antriebskonzept wichtige rauere Oberfläche dahin wäre).


    Das etwa 25 kg schwere Chassis, sauber mit schwarzen Klavierlack, ist mit Sand und Bleischrott gefüllt und minimiert so die Schwingungsübertragung weit unter unsere Hörgrenzen, einerseits zwischen Teller und Tonarm und andererseits auch den Schwingungseintrag von außen. Zusätzlich wird die Schwingungseintragung von außen mit magnetgedämpften Füßen reduziert.


    Womit die Technische Beschreibung EAT s-forte beendet ist, denn mehr an Technik ist nicht drinnen und auch nicht erforderlich.


    Um die hohe Qualität des EAT s-forte tatsächlich zu nutzen, ist ein präziser Tonarm (nur 12“) vorzugsweise aus japanischer Fertigung erforderlich. Das heißt, wer mit circa 5.000 Euro A zum S-forte sagt muss auch mit 6 bis 10.000 Euro B zu einem hochwertigen Tonarm sagen. Wenn dies die finanziellen Grenzen nicht zulassen, würde ich für 1000 Euro Aufzahlung den 12-Zoll Tonarm Pro-Ject Evo 12cc als Übergangslösung nehmen. Dieser hat eine wechselbare Headshell mit SME Bajonettanschluss, die ich für unverzichtbar halte. Präzise Tonarme sind meist etwas schwerer, damit ist eine Nadelnachgiebigkeit unter 15 µm/mN erforderlich. Das heißt, man muss von Van den Hul Abschied nehmen.


    Auf der Suche nach besserem Klang habe ich mit einem Tonarm GLANZ MH-124S, ein minimalistischer japanischer Präzisions-Tonarm, aufgerüstet (8.000 Euro). Zusammen mit dem Tonababnehmer Soundsmith Hyperion und dem Röhrenphonvorverstärker EAT s-glo bin ich im High-End Himmel angelangt. Ich denke, eine wirklich hörbare Verbesserung ist nur mehr schwer möglich.


    Hörbar sind aber die Klangunterschiede verschiedener Tonabnehmer. Je besser vom Tonarm geführt, umso deutlicher zeigen die Tonabnehmer ihr Können und ihre Eigenschaften. Hier komme ich zu meiner Plattenspielerphilosophie. Dreher und Tonarm müssen unhörbar im Hintergrund Gleichlauf und Schwingungsdämpfung gewährleisten. Zwischen Plattenteller und Tonabnehmer müssen die durch Schwingungen verursachten Bewegungsabweichungen möglichst gering bleiben. Das Ziel ist eine stabile Bühne für den Tonabnehmer, der in seiner Funktion ein hochsensibles Musikinstrument ist. Die stabile Bühne habe ich mir geschaffen und so kann ich mein Experimentieren auf die Strecke Headshell, Tonabnehmer, Platte und Plattentellerauflage einschränken.



    Grüße aus Österreich


    Kurt

  • Hi,


    beginnen Schnörkel erst oberhalb 2 Synchronmotoren? :/

    Wieso kommen viele gute Dreher mit nur einem einzigen Motor aus :?:

    ... bei DDs würde es ohnehin konstruktiv schwieriger 2 oder mehr Motoren für den Tellerantrieb zu implementieren.

    Könnte man nicht direkt nicht-polruckelnde Motoren nehmen?

    Wie weich muss der Riemen sein, um zuverlässig das Ruckeln des Motors in ein Schwabbeln des Tellers zu wandeln? 8)

    Fragen über Fragen.


    jauu

    Calvin

    ..... it builds character!


    gewerblicher Teilnehmer

  • Hi Calvin,


    ein Synchronmotor hat eine stabile Drehzahl aber eben ein Ruckeln beim Polwechsel. Die stabile Drehzahl beweist er in den elektrischen Uhren und auch in vielen Regelventilen.

    Um das Schwingen einer Drehbewegung zu mindern, werden schon lange Schwungräder eingesetzt, in Spinnrädern, Turbinen, Verbrennungsmotoren...

    Ein leichter Plattenteller würde schwabeln, aber ein 15 kg schwerer Plattenteller ist da schon sehr stabil gegen kleine Nadelstiche, insbesondere wenn sie über den Riementrieb bereits gedämpft sind.


    Der EAT s-forte liegt mit einer Gleichlaufschwankung von < 0,009% in einem Bereich, den viele Brettspieler auch mit nachgerüsteter elektronischer Drehzahlregelung nicht erreichen.

    LG

    Kurt

  • Unnötige 2 Motoren, indiskutable Hochlaufzeit, keine Endabschaltung, Fantasiepreis für einfachste Technik. Da lobe ich mir meine PS-X9s bzw. meinen DP-100.

    Freundlich

    Frank

  • Hm, deine 2 Synchronmotoren ruckeln, da ja Synchron, beide gleichzeitig. Also Fehler x2.

    Prima Konzept. Dein Lager wirst du in 10 Jahren aufmagnetissieren müssen. Und woher stammt die Messung von 0,009%, bei welcher Meßmethode und welcher Gewichtung?


    Noch mehr Fragen, Kienzle :-)) ??


    Grüße,


    Frank


    P.S.: Nichts gegen deinen Dreher, aber so eine Vorstellung ist eine Steilvorlage für einen "Thread, den wir schon lange nicht hatten".


    P.P.S: und das das Netz synchron ist, mein Gordian zeigt mir anderes auf.


    @ Frank: das mit dem DP-100 ist unfair, völlig falsche Gewichtsklasse :-))

    "Ich habe schon mehr über High End vergessen als Ihr je darüber lernen könntet!"

    Zitat von: "TOBI ois is Blues"

  • Hi Frank,

    beschreib doch mal ein technisches Detail von Deinem Sony PS x9s, der ja preislich mit 5000 DM im Jahr 1984 nicht all zu weit entfernt vom EAT s-forte ist. Auch der DP 100, den ich nicht kenne, hat sicherlich interessante Details.

    LG

    Kurt

    Einmal editiert, zuletzt von EAT-Fan ()

  • Hi,

    auch wenn sich der erste Beitrag liest wie eine Werbebroschüre, ist es doch schön, dass er so begeistert ist von seinem Plattenspieler. Dann wird direkt so richtig dagegen geschossen.

    Ja, es gibt auch andere gute Oberklassenplattenspieler. Aber muss dann so scharf geantwortet werden?

    Entspanntes Hören, Frank


    ] Vorhandensein von Musik - Zuhandensein von Klang [

  • Ja, soll er die Beschreibung eines DP-100 lesen und weinen! Irgendwann muß jeder erwachsen werden, es gibt IMMER etwas besseres. Punkt.


    Gruß


    Frank

    "Ich habe schon mehr über High End vergessen als Ihr je darüber lernen könntet!"

    Zitat von: "TOBI ois is Blues"

  • Hi,


    Sony PS9X und Denon DP100 sind zwei Ikonen der Plattenspielertechnik.

    Beide mit Direktantrieb, der Sony per Gleichstrommotor, der Denon mittels Wechselstrommotor.

    Beide mit Tachosensoren, mit deren Signal wesentlich zuverlässiger und realistischer Drehzahlabweichungen erfasst werden können.

    Die reklamierten 0,009% entstammen sicher dem HighEnd Märchenbuch.

    0,09% wären schon sehr gut und weitaus realitätsnäher für so ein simples Antriebskonzept.

    Der Vorteil jedoch ist, daß man irgendwann mal mit einer unwesentlich aufwendigeren Motordose ein 'bedeutendes' upgrade anbieten kann, eine sogenannte CSMO ;)


    jauu

    Calvin


    csmo: customer secondary milking option

    ..... it builds character!


    gewerblicher Teilnehmer

  • Hallo Kurt,


    Lass dich vom ein oder anderen hier nicht beirren, hab den Test des Forte vor längerem ausgiebig in der Audiophile gelesen, ein echtes Audiophiles Meisterwerk von einem Laufwerk 8)


    Ganz besonders gefällt mir der Ikeda Tonarm als Absolutes Einzelstück vom Meister Persöhnlich einzig für dieses Laufwerk gefertigt, aber auch wenn ein anderer eingesetzt wurde sollte wie ich gelesen habe sicherlich auch da das beste gerade gut genug gewesen sein.

    Ist die suche nach dem klanglich idealen Teller/Lager Aufsetzgewicht (unterstützt duch das Magnetlager) nicht schwierig zu finden?

    Es muss ja laut dem Test kaum merklich erfolgen, d.h. die Keramikkugel sollte nur einen winzigen hauch festen kontakt zum Lager bekommen, das stell ich mir einzig etwas schwierig vor da das klangliche ideal zu finden, ansonsten viel Spaß mit dem Klasse Dreher!


    gruß

    volkmar



    ps..selber fahre ich kein so tolles Laufwerk, nur einen klassischen Thorens und als Zweitlaufwerk ebenfalls zufrieden DJY.

    AAA Mitglied

    ..die zeit wartet auf niemand (Ulla Meinecke 1991)

  • Schnörkelloser Maschinenbau schön und gut. Die Notwendigkeit eines 6-10k teuren Arms mag sich mir nicht erschliessen ;)

    Liebe Grüße Achim


    Das Schöne an der Suche nach der Richtigen ist der Spaß mit den Falschen 8)

  • Mir gefällt der EAT auch sehr gut. Dass das Konzept nicht funktioniert, vermag ich mir nicht vorzustellen.


    Dass man ein modernes HE Gerät nicht mehr mir Begeisterung präsentieren kann, ohne eines vermeintlich besseren belehrt zu werden, scheint hier im Forum Standard zu werden. Sehr schade eigentlich.


    Gibt ja etliche zwei Motoren Konzepte am Markt. Entscheidend ist dann wohl die Steuerung. Sind ja nicht nur Dösbaddel und Betrüger unterwegs.


    Gruß


    Dirk

    Streamen ist wie alkoholfreies Bier...scheint erstmal richtig zu sein, am Ende fehlt aber das Entscheidende.