5881 in Triode

  • Mein erster SET war ein Verstärker mit der 5581 Pentode als Triode beschaltet.


    Es war ein nettes Testobjekt und ich habe dabei einiges an Erfahrungen über Röhrenverstärker und deren prinzipielle Dimensionierung sammeln können.


    Letztlich bin ich über meine Dokumentation gestoßen und habe mir wieder etwas genauer angeschaut was ich da vor Jahren mal auf die Beine gestellt habe.


    Für die Dimensionierung der 5881 als Endstufenröhre habe ich ein weit verbreitetes Dokument der Tung-Sol 5881 herangezogen, dass zudem sehr verlässliche Berechnungen zuließ.


    https://www.tungsol.com/specs/5881-tung-sol.pdf


    Betrachtet man sich die Kennlinien als Triode, fällt auf, dass diese auch Kennlinien bei positiver Gitter-Spannung anzeigen. Das ist auch der Fall in anderen Dokumenten, z.B. bei der Svetlana 6L6GC, beides Röhren die näher verwandt sind.


    Diese Kennlinien sugerieren mir, dass man die 5881 oder 6L6GC auch mit positiver Gitter-Spannung betreiben könnte.


    Wie seht ihr das ?


    Hat jemand damit schon Erfahrungen sammeln können ?

  • Hallo Cay-Uwe,


    man kann die 6L6 und ihre Derivate als Triode in Klasse A2 (mit Gitterstrom) betreiben. Bei Sendetrioden wird die regelmäßig gemacht.

    Vorteil wäre der höhere Wirkungsgrad ohne die Notwendigkeit, die Betriebsspannung zu erhöhen. Leichter kann man aber den Wirkungsgrad durch Tetrodenschaltung erhöhen und spart zudem Aufwand bei der Ansteuerung..., wohl deshalb wird dies selten gemacht. Ergebnisse findest Du in Suchmaschinen mit "Class A2 tube amplifier".


    Gruß Andreas

  • Habe schon fast gedacht, dass sich hier keiner meldet.


    Senderröhren in Class A2 ist sehr bekannt und man findet dazu auch ausreichend Informationen.


    Bei Pentoden in Triodenmode eher weniger und daher freut es mich zu hören, dass gerade die 6L6 und deren Verwandte das wohl vertragen.


    Das sage ich, weil z.B. die El156, die ich in einen meiner Verstärker benutze, sich das laut Datenblättern nicht machen ließe. Dort werden Ug > 0 nicht geraten...

  • Dort werden Ug > 0 nicht geraten...

    und das hat seinen guten Grund.

    Bei negativer Gitter 1 Spannung werden die Elektronen durch die Gitteröffnungen praktisch gebündelt, da negative Ladungen sich gegenseitig abstossen.

    Bei positiver Gitterspannung (siehe Bild) wirken die Gitteröffnungen wie eine Zerstreuungslinse, da ein positives Gitter die negativen Elektronen anzieht, abbremst und damit von ihrer ursprünglich geraden Bahn ablenkt.


    pasted-from-clipboard.png


    Das führt dazu, dass insbesondere bei niedrigen Anodenspannungen eine hohe Anzahl von Elektronen gar nicht zur Anode gelangen kann und zurück zum Gitter wandert.

    Daher sinkt insbesondere bei niedriger Anodenspannung mit steigender Gitterspannung der Anodenstrom und das Gitter übernimmt den Anodenstrom (siehe Bild).

    pasted-from-clipboard.png


    Insgesamt führt das (wenn das Gitter 1 das überstehen sollte) zu hohen Klirrfaktorwerten, was für breitbandige Verstärker nicht tragbar ist.


    Das ist übrigens auch der Grund, weshalb bei Senderöhren sehr hohe Anodenspannungen verwendet werden, damit nämlich die Elektronen eine möglichst hohe Geschwindigkeit erhalten und nicht zurück zum Gitter wandern. Bei Senderöhren ist zusätzlich das Gitter besonders ausgebildet und kann den erhöhten Strom auch verkraften; die maximalen Gitter Ströme sind ja in den Datenblättern für Senderöhren explizit angegeben. Ausserdem werden Senderöhren nur bei einer Frequenz betrieben, so dass entstehende Oberwellen leicht gefiltert werden können.


    Röhren ohne Angaben der Belastung des Gitters 1 sollten mMn nicht für Audio Anwendungen mit positiver Gitter 1 Spannung verwendet werden.



    Toni

  • Röhren ohne Angaben der Belastung des Gitters 1 sollten mMn nicht für Audio Anwendungen mit positiver Gitter 1 Spannung verwendet werden.

    Danke der ausführlichen Erläuterungen und dazu noch Bildchen. Das gefällt mir :thumbup:


    Trotzdem finde ich es interessant, wenn man Kennlinien veröffentlicht, die positive Gittersapnnungen beinhalten. Wie gesagt, es sugeriert dass das geht...


    Mir ist schon klar, so ein "Gitterchen" wird nicht unbedingt ein höhere Leistung, bzw. Strom vertragen.


    Aber, ich werde es mal probieren, und wenn es nur um Erfahrungssammlung geht. So eine 5881 kostet auch nicht die Welt und liegen bei mir seit einigen Jahren nur so herum.


    Da kann man doch etwas mit spielen :saint:

  • Trotzdem finde ich es interessant, wenn man Kennlinien veröffentlicht, die positive Gittersapnnungen beinhalten. Wie gesagt, es sugeriert dass das geht...

    Vorsicht: Solche Kennlinien mit positiven Gitterspannungen wurden im Impulsbetrieb aufgenommen, damit das Gitter nicht zerstört wird.

    Trotzdem viel Spass mit den Versuchen, du kannst die Ergebnisse ja dann hier posten.


    Toni

    Einmal editiert, zuletzt von Toni31 ()

  • Mir ist schon klar, so ein "Gitterchen" wird nicht unbedingt ein höhere Leistung, bzw. Strom vertragen.


    Aber, ich werde es mal probieren, und wenn es nur um Erfahrungssammlung geht. So eine 5881 kostet auch nicht die Welt und liegen bei mir seit einigen Jahren nur so herum.

    Hallo cay-uwe,


    da die 5881 mit der 6L6GB und damit auch mit der 807 verwandt ist, lohnt vielleicht mal ein Blick in die sehr ausführliche Dokumentation von STC zur 807. Da gibt es u.a. einen konkreten Vorschlag für einen Class AB2 PP Verstärker - "natürlich" nicht in Triode - und sehr viele Messungen/Diagramme. Ja, das ist nicht 1 zu 1 auf die 5881 übertragbar, aber vielleicht ein Anhaltspunkt. Das ist wirklich eine sehr lehrreiche Doku, wie ich finde. (Leider habe ich gerade keinen Link für die vollständige Doku mit ihren 43 Seite gefunden.) Vielleicht hat jemand anderes da was parat. Das PDF habe ich selbst schon, weiß aber nicht wie ich das hier teilen kann.


    Die 807 oder noch besser die 1625 sind noch viel günstiger als eine 5881 aber mit topcap - mag halt nicht jeder - obwohl technisch für hohe Spannungen natürlich besser.

    Viele Grüße

    Boris

  • Vorsicht: Solche Kennlinien mit positiven Gitterspannungen wurden im Impulsbetrieb aufgenommen, damit das Gitter nicht zerstört wird.

    Trotzdem viel Spass mit den Versuchen, du kannst die Ergebnisse ja dann hier posten.

    Mal sehen wann ich dazu komme an diesen Thema etwas zu spielen. Einen halb aufgebauten Vertärker hätte ich schon...


    Dass mit den Impulsbetrieb ist auch ein guter Hinweis. Meine Idee war im Prinzip die 5881 als SE zu beschalten, bei typischen Ug=-20V und dann am Gitter über einen transistorisierten Amp das Gitter mit z.B. 50Vpp bei 1kHz anzufahren und schauen was passiert. Also quasi eine Art "Impulsbetrieb"...


    da die 5881 mit der 6L6GB und damit auch mit der 807 verwandt ist, lohnt vielleicht mal ein Blick in die sehr ausführliche Dokumentation von STC zur 807.

    Danke für die Infos. Ich werde mal sehen was ich da finde.


    Ansonsten könntest Du das PDF wahrscheilinch als Dateianhang an einen Post von Dir hochladen.


    Ein Versuch wäre es Wert ;)

  • Das PDF habe ich selbst schon, weiß aber nicht wie ich das hier teilen kann.

    Hallo,

    Ich habs mal gerade im 'Forum'-Thread ausprobiert:


    Wenn das PDF kleiner als 1MB ist, kann man es kopieren, von .pdf in .jpg umbenennen und wie ein Bild einfach hier in den Text einfügen. In der Vorschau sieht man dann nur den internen Link, beim anklicken wird bei mir im Browser sogar das PDF korrekt angezeigt, obwohl es die Endung .jpg hatte. Ich glaube mal nicht, das das die Forums-Software weiter stört, gelesen wird der Inhalt ja erst im Browser.

    VG Jürgen

  • was ausreichend für ein Test wäre

    Das wird mit Sicherheit funktionieren. Habe ich schon mit EL84 und NE5534 ausprobiert. Wenn der OPA462 wieder günstiger zu bekommen ist, werde ich mal eine 211 damit ansteuern. Es entfallen dann alle Koppelkondensatoren und auch das Kathodenüberbrückungs C.

    Mit dem Entfall der Treiberröhre fällt auch die Klirr-Kompensation weg. Damit ist dann nur noch die Endröhre Klirr bestimmend. Mal sehen, wie sich das macht. :/


    Toni

  • Über den Einsatz von Halbleiter als Treiberstufe habe ich aus den von Dir genannten Gründen bereits auch schon nachgedacht, wobei gerade das mit der Klirrkompensation hier und da auch von Vorteil sein kann...

  • Über den Einsatz von Halbleiter als Treiberstufe habe ich aus den von Dir genannten Gründen bereits auch schon nachgedacht, wobei gerade das mit der Klirrkompensation hier und da auch von Vorteil sein kann...

    gutes Argument :)


    gruss

    juergen

  • So gestern Nachmittag habe ich mich mit dem Thema weiter beschäfitigt, bzw. für mich auch abgeschlossen.


    5881 Ug Max TestSetup.jpg


    Dies ist der Aufbau meines Test-Amps, der sich jeweils mit einen Halbleiter-Treiber ( LINN LK85 Endstufe ) oder Triode-Treiber ( 6N1 Röhre ) beschalten lässt.


    5881 Ug Max Testi.jpg


    Dies ist ein Diagramm des gewählten BIAS, der bei ca. Ug = -25V / Ua = 320V liegt. Wenn man die 5881 Röhre mit nur Ug < 0 betreibt kann sie mit ca. 50Vpp angesteuert werden. Geht man bis Ug = +15V, dann wären ca. 80Vpp möglich und das ist auch das Maximum das ich mit meiner LINN LK85 bewältigen kann.


    Die von mir berechneten möglichen Maximalleistungen aus den 5881 Kennlineiendiagramm habe ich links im Bild dargestellt, wie auch die Gemessenen.


    Abschliessend noch die Signale am Ausgang vom Übertrager ( PRI: 3,5kOhm / Sec: 6 Ohm ).


    5881 UgMax 6N1 3Wi.jpg

    Ich habe absichtlich das Ausgangssignal leicht Clippen lassen, was man an der etwas abgeflachten negativen Sinus-Halbwelle erkennt. Das zeigt, dass der 6N1-Treiber nicht in der Lage ist die 5881 Röhre mit positiver Gitterspannung zu betreiben. Die Treiberstufe knickt ein, was zu erwarten war.


    Ganz anders mit der LINN LK85 als Halbleiter-Treiber. Die maschierte einfach munter weiter bis zum Maximum von Ug = 15V oder 80Vpp ( mehr schafft die LINN LK85 nicht ).


    5881 UgMax+15Vi.jpg

    Man erkennt, dass der Halbleiter Treiber in der Lage ist, mühelos die 5881 auch mit positiver Gitterspannung zu betreiben. Auch das ein zu erwartendes Bild.


    Allerdings, wie lange das die 5881 Röhre mitmacht kann ich nicht sagen. Nichts desto trotz, ich habe das 1kHz-Signal nach den Test ca. 30 Minuten laufen lassen. Das hat der 5881 nichts ausgemacht und scheint mir daher möglich zu sein.


    Am Rande, gemessen habe ich mit einen 1:20 Differential-Tastkopf, weshalb die angezeigten Pegel mit 20x multipliziert werden müssen.


    Fazit: Der Test hat gezeigt, dass man diese Röhre und wahrscheinlich ihre "Verwandten" durchaus mit positiver Gitter-Spannung betreiben kann und man somit noch mehr Leistung aus diesen Röhren bekommt. Allerdings geht das wie man sieht nur, wenn man bereit ist den höheren Klirr in Kauf zu nehmen.

  • Man erkennt, dass der Halbleiter Treiber in der Lage ist, mühelos die 5881 auch mit positiver Gitterspannung zu betreiben. Auch das ein zu erwartendes Bild.

    Hallo Cay-Uwe,

    der Sinus mit der Linn als Treiber sieht aber sehr stark verzerrt aus. Die unteren Spitzen des Sinus sind deutlich schmaler als die oberen.

    VG Jürgen