RIM Imperator- Restauration einer Leiche

  • Liebe Röhrenfreunde,


    um mal zu zeigen, womit man sich in dunklen Winterstunden beschäftigen kann, werde ich mal die Auferweckung einer nahezu hoffnungslosen Leiche von Radio Rim zeigen. Der Radio RIM Imperator war ein sehr früher Stereo Hifi Röhrenverstärker aus deutscher Produktion und Entwicklung, der ca. 1962 als Bausatz auf den deutschen Markt kam.


    Ein Freund kaufte das total verdreckte Gerät auf einem Elektronikflohmarkt und übergab es mir mit den Worten: "Das Ding ist außen und innen voller Schlamm. Der muß wohl die Flutkatastrophe im Sommer 2021 erlebt haben."


    Ich werde hier mal ab und an Fotos der Restaurierung dieser Leiche präsentieren. Erste Untersuchungen nach der Akquise ergaben, dass das Gerät bis auf das abgeschnittene Netzkabel anscheinend komplett war. Alle Röhren steckten drin. Der optische Zustand war erbärmlich.


    Beim Dreck handelte es sich aber nicht um Schlamm, sondern um Kohlenstaub. Das Gerät war zwar tw. angerostet, aber weitestgehend trocken geblieben. Eine Maus hatte sich es wohl mal gemütlich darin gemacht, davon zeugten ein angeknabberter Isolierungsschlauch und diverse Körnerreste. Das Gerät hatte wohl einen Teil seines Daseins in einem trockenen Kohlenkeller verbracht oder (Ruhrpott!) vielleicht als Durchsageverstärker in einem Pütt fungiert. Es hat nämlich einen zumischbaren Mikrofoneingang.


    Hier ein paar Fotos des ursprünglichen Zustands. Die Endröhren (4 x EL84) erwiesen sich nach Reinigung und Überprüfung in meinem Röhrenprüfer als tot bzw. verschlissen.


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  • Andreas


    Shabby-Chic und Retro ist ja zur Zeit modern. Also zuerst technische Instandsetzung, nicht groß herausputzen, dann teuer an einen Hipster verkaufen. :)

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • Die Übertrager sind richtig gut , wenn sie noch OK sind . Ich habe sie damals in meinem Klon verwendet ^^ .

    MfG , A .


    EMT 927 mit Ortofon und DL 103 / SPU, EMT 948 , EMT 938 , 1 x TD 124 , Transrotor AC , RIAA - VV mit D3a , V 73 , V 81 , V 69 in TFK O 85 , Eintakt mit RE 604 und E406N , VOTT , Eckmiller O 15 , MTA Endstufe nach Frank Blöhbaum , TFK M 12a , R+S EU 6201 mit MSDC , EBU 3137/3 mit TAB USDC und ca . 8000 Röhren zum Basteln...und zum Messen ein UPL von Rohde + Schwarz

  • Weil man beim reinen Berühren dieses Verstärkers dermaßen schwarze Finger bekommt, dass die Dame des Hauses wenig Begeisterung zeigt. Ich bin ja schon etwas weiter und meine Nasenlöcher sind ebenfalls schwarz vom Kohlenstaub. Ich hätte eine FFP2 Maske beim Auspinseln aufsetzen sollen. Jetzt weiß ich, wie die Jungs auf dem Pütt sich nach der Schicht gefühlt haben :merci:

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  • Die Übertrager sind richtig gut , wenn sie noch OK sind . Ich habe sie damals in meinem Klon verwendet ^^ .

    MfG , A .

    ultralinear und symmetrisch verschachtelt gewickelt für 49,50 DM, was so einer wohl heute kostet?


    Gruß Hans

  • Hi Ronny, leider ohne Phono MM. Die Version kam erst später. Meiner ist von 1962. Der Erbauer hat sich mit dickem Filzstift und Datum darauf verewigt.


    Gruß

    Andreas

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  • Hallo Namensfetter!

    Da hast Du ein richtiges Sahnestück, dessen Restaurierung sich in jedem Falle lohnt!


    Da ich selbst auch einen Imperator irgendwo verbuddelt habe, inspiriert mich Dein Bericht vielleicht ja dazu, auch meines endlich wieder herzurichten.

    Der ist zwar optisch noch sehr gut, aber zumindest eine Kondensator-Kur muß da gemacht werden...


    Informationen findest Du hier:

    http://www.jogis-roehrenbude.de/Rim/Imperator.htm

    Die originale RIM-Baumappe kann ich Dir zumailen (11MB).

    Schöne Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    danke für Dein Angebot mit der Baumappe, das ich gerne annehme. Ich bin ja schon etwas weiter. Alle, wirklich alle Kondensatoren werde ich austauschen.Also alle Elkos inklusive der 3 Becherelkos, die ich von Jan Wüsten bezogen habe. Und natürlich alle Schokobonbons. Die sehen wirklich grenzwertig aus. Einige hat es schon zerlegt. Bilder folgen ;)


    Gruß

    Andreas


    PS Die Infos von Jogis Röhren Bude kenne ich natürlich schon ;)

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  • Hallo Andreas,


    ...dann lad Dir die Seite von Jogi besser gleich runter!

    Ich habe gelesen, daß der Gute leider vor nicht allzu langer Zeit gestorben ist ;( und ich weiß nicht, wie lange die Site noch online sein wird.


    Die Baumappe kann ich Dir nur per Mail schicken, da das PN-System leider keine PDFs kann (und 11 MB schon gar nicht)...

    So brauch ich dafür von Dir eine valide eMail-Adresse.


    Was nimmst Du anstelle der "Bonbons"?

    Ich nehme eigentlich immer Wimas von Reichelt, aber "Achsiale" wären natürlich schöner (aber auch deutlich!! teurer, zumal wenn da ein Markenname drauf sein soll).

    Dafür würde ich dann "Mouser" empfehlen - aber da muß man mindestens für 50 Euro bestellen, um kein horrendes Porto zu zahlen...


    Schöne Grüße,

    Andreas

  • Hi Andreas,


    danke, ich schicke Dir meine Email Adresse per PN. Ich habe ebenfalls bei Jan Wüsten Ersatz für die Bonbons bestellt. Der hat schöne schwarze Axial Kondensatoren mit 600 bis 1250 Volt Spannungsfestigkeit. Das schwarz passt gut zum Kohlenstaub ;)

    Gruß

    Andreas

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  • So, weiter geht es. Das ist die Unterseite des Verstärkers mit den leckeren Karamellbonbons mit immerhin 600 Volt Spannungsfestigkeit. Die werden alle ausgetauscht. Dazu alle kleinen Elkos und natürlich die 3 Becherelkos, von denen sich einer auf der Oberseite befindet. Die Endröhren haben hochwertige Keramikfassungen. Diese sind sinnvollerweise auf dem Blechchassis verschraubt.


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    Inzwischen sind auch die neuen Becherelkos und die schwarzen Hochspannungskondesatoren von Jan Wüsten eingetroffen.


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    Das Käfiggehäuse wurde intensiv gereinigt und poliert. Sieht ganz gut aus. Die leicht angerostetetn Fehlstellen werde ich mit einem passend gemixten Lack aus meiner Humbrol/Airfixkiste ausbessern. Die massive Blechfront und der Bodendeckel wurden ebenfalls gereinigt und neu lackiert. Das Beschriftungspanel, das einfach nur auf der Blechfront durch die Befestigungsmuttern der Reglerpotis und des Ein/Aus Schalters gehalten wird, ist auch fertig für die Montage.


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    Und so sieht es vorläufig aus. Die weißen Bedienknöpfe der Regler sind noch in der Intensivreinigung und werden danach montiert. Man kann langsam ahnen, wie wunderschön Vintage dieser rare Verstärker aussehen wird. Der Ein/Aus Schalter ist übrigens auch schon ausgetauscht. Der alte Schalter war zu gammelig. Und ein neues (gebrauchtes) Netzkabel in weiß ist auch schon dran. Es folgen noch die drei angegammelten DIN Buchsen, die ich durch bessere aus meinem Fundus wechsle. Da kommen einige Löt- und Bastelstunden zusammen.


    RIM-8.jpg

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    Einmal editiert, zuletzt von Sansui SR929 ()

  • So, weiter geht es. Gestern mal eine Nachtschicht eingelegt und alle Kondensatoren getauscht. Im Bild zwei neue Becherelkos, die neuen schwarzen Hochvoltkondensatoren und alle anderen neuen Niedervolt Elkos (in blau).


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    Dazu habe ich alle 3 DIN Buchsen (Stereo Mikrophon, Plattenspieler Hochpegel bzw. Kristallsystem und Tonband) getauscht (eine sieht man im Bild links) und die beiden rückseitigen Drahtpotis für die Reduzierung des Brumms. Die hatte ich noch in meinem Fundus. Schön ist, dass der Imperator für den Anschluß der Lautsprecherkabel einfache Bananenbuchsen hat.


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    Als nächstes werde ich die 4 Trimmpotis für die Einstellung der negativen Vorspannung der Endröhren sowie ihrer Symetrierung überholen. Sie sind einfach von hinten durch Löcher (neben dem Netzkabel) mit einem Schlitzschraubenzieher erreichbar. Ebenso, wie die 6 Regler und der Stereo/Mono Umschalter auf der Front werde ich sie mit Ballistol reinigen und konservieren. Die 4 genannten Trimmpotis werde ich nach der Reinigung tw. ablöten und mit einem Widerstandsmesser auf einwandfreien Lauf überprüfen. Dies ist extrem wichtig, da Symetrierung und Ruheströme der Endstufenröhren genau passen müssen. Am liebsten würde ich neue Trimmpotis einbauen, aber die habe ich leider nicht in dieser Ausführung da. Mal schauen!


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  • Moin Andreas,


    sieht klasse aus!

    Schöne, saubere Arbeit!


    Was mir jetzt aber noch zu den Folienkondensatoren eingefallen ist (was ich föllig aus den Augen verloren hatte, da ich immer "Wimas" nehme) ist, daß evtl. bei den achsialen Modellen beachtet werden muß, wo der Aussenbelag anliegt (Rollkondensatoren), um dadurch Brummen zu vermeiden. Das ist leider im Schaltplan auch nicht angegeben...

    Meines Wissens kommt der Aussenbelag immer an das "negativere" Potential (im Idealfall also an Masse), so daß er gleich eine Abschirmung bildet.

    Bei dieser hochohmigen Röhrentechnik ist das ja nicht wirklich unerheblich.

    Du kannst ja jetzt, wenn er dann bald wieder richtig läuft auch im laufenden Gerät messen und die Folien dann ggf. noch mal richtigherum drehen.

    Leider kann ich auf den Bildern auch nicht erkennen, ob auf den Kondis die Polung angegeben wird. "Früher" war da gerne mal eine Markierung...


    Die 4 kleinen Trimmer sind ja "offen" ?!

    Die würde ich dann einfach mal mit 1000er-Schmirgelpapier abziehen (den "Läufer" natürlich auch). Dann sind die wieder wie neu.


    Schöne Grüße,

    Andreas

  • Meinen Glückwunsch zu diesem schönen alten Teil und guten Stapellauf nach Reatauration!

    Ich habe das mit so einigen Geräten hinter mich gebracht, dabei auch Verstärker PHILIPS Stereo Kontroll Vorverstärker HF 306 und 2 x Mono Endstufen HF 309 - immer noch ein toller Röhrensound

    und, obwohl Gegentakt B, 4 richtig gut klingende EL 6411.

    Mit besten Grüßen

  • Hallo Andreas,


    die axialen Folienkondensatoren vom Jan Wüsten sind meines Wissens nicht gemarkt. Aber danke für den Tip, ich werde mir das mal nach fertigstellung genauer anhören mit dem Brummen. Und danke für die Zusendung des Imperator Bauplans.


    Die 4 Trimmer sind offen. ich habe sie nun mit Ballistol behandelt und mehrmals bis zu den jeweiligen Anschlägen hin und her bewegt. Danach mit Q-Tips den Dreck darauf entfernt. Sie sehen jetzt sauber aus und nach Ablöten der angeschlossenen Käbelchen habe ich sie auf sauberen Lauf mit dem Multimeter vermessen. Das sieht gut aus. Hier noch einmal ein Bild dieser Trimmpotis.

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    Darauf sieht man auch eine Selen Gleichrichterdiode, die ich entfernt und durch eine 1N4007 Siliziumdiode ersetzt habe. Diese Diode wirkt als Einweg Gleichrichter für die 50 Volt Spannung aus dem Netztrafo, die für die Gittervorspannung der Ultralinear Gegentaktendstufen verantwortlich ist. Die exakte Einstellung erfolgt dann mit zwei der gezeigten Trimmpotis. Hier die ausgelötete Selen Diode



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    Inzwischen ist ein ganzes Säckchen voll von ausgetauschten Bauelementen, wie man im folgenden Bild sehen kann. Dazu gehören die 4 Stück EL84 Endröhren, 3 DIN Buchsen, 2 Drahtwendelpotis, 3 Hochvolt Becherkondensatoren, einige Niedervolt Elkos, etliche 600 Volt Folienkondensatoren (Karamellbonbons), 4 Gummifüße und etliche angerostete Schrauben (nicht im Bild).


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    Das Gerät ist jetzt soweit komplettiert und sieht inzwischen wieder richtig gut aus. Jetzt folgt ein langsames Hochfahren am Regel-Trenntrafo bis zur Betriebsspannung von 230 Volt unter besonderer Beobachtung der ersetzten Endröhren. Die dürfen keine roten Bäckchen bekommen! Und natürlich erfolgt die genaue Justage der Gittervorspannungen sowie die Symetrierung der Endröhren. Das bedeutet Arbeiten unter Hochspannung!


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    Die angerosteten Oberflächen der Ausgangstrafos und des Netztrafos habe ich übrigens mit etwas feinem Schmirgelpapier gereinigt, feucht abgewischt und dann mit einem dicken Edding schwarz lackiert. Sieht doch wieder gut aus, oder?


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