Hörerfahrungen: Röhren- oder Halbleitergleichrichter

  • In den letzten Tagen habe ich angefangen einen alten China-Kracher Röhrenverstärker wieder aufzubauen. Dabei plane ich viele Teile, die aus verschiedenen Projekten übriggeblieben sind zu benutzen.


    Unter Anderen war das Originalnetzteil mit einer Gleichrichter-Röhre versehen ( 5Z3P ), die ich auch wieder nutzen wollte. Im Prinzip nichts aufregendes, ein SET mit KT88 als Leistungsröhre und eine China 6N1 ( nicht identisch mit der 6N1P ) als Treiber. Aufgrund des Netztrafos sind Leistungen so um die 3 - 4 Watt zu erwarten.


    Einen ersten Testaufbau habe ich bereits hinter mir und ehrlich gesagt sprach mich der Klang nicht richtig an. Messtechnisch alles im Rahmen dessen wie zu erwarten war, aber der Funke sprang sprichwörtlich nicht rüber. Es klang für mich alles etwas verhangen im Hochton, Details wurden nicht in gewohnter Manier hervorgehoben, der Bass war zwar schön füllig aber es fehlte an Kontur und Strafheit. Stimmen wurden im Allgemeinen zurückhaltender wiedergegeben und es fehlte ihnen in vielen Stücken die gewohnte Präsens.


    In meinen Fundus war auch ein Halbleiter-Gleichrichter, den man an Stelle der Gleichrichter-Röhre einsetzen kann. Das tat ich beim Probehören auch und ich staunte nicht schlecht, denn auf einmal ging die Tendenz vom Klang in die Richtung wie ich das aus meinen anderen Röhrenendstufen her kenne. Flink, straffer Bass, Stimmen deutlich besser hevorgehoben und im Hochton kehrten die vermissten Details zurück. Ich hatte meinen lebendigen Klang wieder...


    Ich bin kein Verfechter von "All Tube" Konzepten, nach dem Motto so wie früher, und gerade im Netzteil habe ich schon bei meiner ersten Röhrenendstufe im Lastenkatalog auf Halbleiter gesetzt.


    Nichts desto trotz, ich hätte jetzt nicht so einen gravierenden Klangunterschied erwartet und wollte einfach mal in die Runde fragen wie da eure Erfahrungen sind.


    Hat jemand schon ähnliches erlebt ?

  • Hallo Cay-Uwe ,

    hast du mal die Anodenspannung mit Röhre und mit Halbleitergleichrichter gemessen ?

    MfG , Alexander .

    EMT 927 mit Ortofon und DL 103 / SPU, EMT 948 , EMT 938 , 1 x TD 124 , Transrotor AC , RIAA - VV mit D3a , V 73 , V 81 , V 69 in TFK O 85 , Eintakt mit RE 604 und E406N , VOTT , Eckmiller O 15 , MTA Endstufe nach Frank Blöhbaum , TFK M 12a , R+S EU 6201 mit MSDC , EBU 3137/3 mit TAB USDC und ca . 8000 Röhren zum Basteln...und zum Messen ein UPL von Rohde + Schwarz

  • Die Anodenspannung mit Röhrengleichrichter ist ca. 330V, mit Halbleitergleichrichter ca. 350V.


    Natürlich hat sich der BIAS der KT88 etwas verstellt, von vorher 27V auf 30V, aber ich sehe da die Unterschiede eher als vernachläßigbar.


    Für mein Empfinden allerdings, das Gehörte ist schon sehr unterschiedlich...

  • Hallo Cay-Uwe,


    für mich sind die Unterschiede Ua und Ug1 , also auch Ia, nicht vernachlässigbar und können mE schon zu einer Veränderung des Klanges führen.

    Man könnte auch die Gegenfrage stellen:


    "Was macht die Halbleiterbrücke besser als der Röhrengleichrichter, ausser Schaltgeräusche erzeugen ?"


    Nun ja sie ist niederohmiger , aber macht das bei einem SE Amp was aus ?


    gruss


    juergen

  • Die Anodenspannung mit Röhrengleichrichter ist ca. 330V, mit Halbleitergleichrichter ca. 350V

    Moin Cay-Uwe,


    versuche bitte beim Betrieb der Sand-Brücke, die zusätzlichen 20V durch einen geeigneten Lastwiderstand "weg zu drücken" und dann nochmal zu hören. Ich vermute, daß die Unterschiede durch den anderen Arbeitspunkt der KT88 zustande kommen (wie schon von Jürgen angemerkt).


    Gruß Björn

    AAA-Mitglied

  • für mich sind die Unterschiede Ua und Ug1 , also auch Ia, nicht vernachlässigbar und können mE schon zu einer Veränderung des Klanges führen.

    Ich bin das mal mit einer Simulation durchgegangen und es gibt zwischen beiden Varianten z.B. im Klirr keine Unterschiede, oder beim Anodenwiderstand. Bei 1 Watt Ausgangsleistung sieht das so aus:


    350V Anode, BIAS Uk=31,5V, Ra=875Ohm, K2=3,0%, K3=0%

    330V Anode, BIAS Uk=29,5V, Ra=884Ohm, K2=3,1%, K3=0%


    Also nicht wirklich sehr unterscheidlich...


    Bei 1 Watt Ausgangsleistung ist bei meiner Umgebung schon recht laut. Ich höre eher im Bereich von ca. 0,25W. Wenn ich es mal richtig krachen lasse, 2W.


    Dennoch, wie beschrieben, sind Unterschiede beim Hören aus meiner Sicht deutlich.


    Mir ging es auch nicht jetzt technisch alles irgendwie zu durchleuchten, sondern eher um Erfahrungen, die User diesbezüglich gemacht haben.

  • Nun ja sie ist niederohmiger , aber macht das bei einem SE Amp was aus ?

    Sehr viel sogar.

    Der Strom, der beim SE aus dem Netzteil gezogen wird ist ja nicht konstant, sondern ändert sich mit dem zu verstärkendem Signal. Nur im Mittel, also über einen länger betrachteten Zeitraum ist der Strom als konstant anzusehen.

    Bei impulsförmiger Belastung muss das Netzteil auch beim SE genau betrachtet werden, hier ist der Innenwiderstand des Netzteils durchaus relevant. Wenn dann noch die Siebelemente fehlerhaft (nach dem Motto: viel hilft viel) dimensioniert sind, reichen die 50 Hz Halbwellen nicht aus die Siebelemente in der benötigten Zeit wieder voll zu laden.

    Am stärksten ist dieser Effekt allerdings beim PP Verstärker ausgeprägt, da hier ohne Signal nur der Ruhestrom aus dem Netzteil gezogen wird. Mit einer GZ34 und 2xEL34 mit ca. 35W kann man sehr gut bei Vollaussteuerung den Einbruch in der Betriebsspannung erkennen; ein Effekt, der übrigens ganz bewußt bei Gitarrenverstärkern eingesetzt wird.

    Wird die GZ34 durch Halbleiter ersetzt, klingt der Verstärker dann völlig anders.

    Das kann die Ursache sein, muß es aber nicht :/ .

    Ach ja, und auch Röhren Gleichrichter produzieren "Schaltgeräusche".


    Toni

  • Hallo cay-uwe,

    Einen Oktal Fuß mit zwei Dioden bestückt

    hat fast jeder gemacht der sich lange genug mit

    der Röhre befasst hat.

    Aber darum geht es nicht, wenn ich über eine großen

    Fundus von Typen und Fabrikate verfüge, liegt der Reiz

    im Probieren.

    Der wirkliche Röhren Freak sucht nicht die technisch

    beste Lösung. Er will etwas zum spielen, anfassen und

    anschauen.

    Wenn ich konservierte Musik höre, darf ich nicht

    vergessen, es ist geht um eine "KONSERVE" !

    Wer selber gerne kocht hat sicher schon mal versucht

    ein Fertigprodukt aufzuwerten, es in Richtung frisch

    zubereitet zu bringen.

    Das versucht auch der Röhren Freak, wer Musik im

    Original hören will, muss sich meist aus dem Haus begeben.

    Mit einer technischen Anlage Musik zu hören, ist immer

    nur Surrogat.

    Gruß

    heinrich

  • Vollaussteuerung den Einbruch in der Betriebsspannung erkennen; ein Effekt, der übrigens ganz bewußt bei Gitarrenverstärkern eingesetzt wird.

    Genau das hatte ich auf Gitarrenverstärker Herstellerwebseiten gelesen. Da macht man sich das zur Nutze um einen bestimmten Klangcharakter zu erreichen.


    Das bewog mich damals mich für Halbleiter-Gleichrichter zu entscheiden, denn bei Röhren geht es bei mir natürlich um deren Klang, aber ich wollte das doch nicht zu übertreiben...


    Ach ja, und auch Röhren Gleichrichter produzieren "Schaltgeräusche".

    Habe ich an meinen Testobjekt mitbekommen. Da waren die Halbleiter "leiser" ;)

  • Der wirkliche Röhren Freak sucht nicht die technisch

    beste Lösung.

    Ist mir schon bewusst und auch ich bin bemüht den Klangcharakter der Imperfektion zu eruieren.


    Wie gesagt, ob einen das gefällt oder nicht, muss jeder für sich entscheiden, aber mir ging es darum eure Erfahrungen zu hören.

  • Genau das hatte ich auf Gitarrenverstärker Herstellerwebseiten gelesen. Da macht man sich das zur Nutze um einen bestimmten Klangcharakter zu erreichen.


    Das bewog mich damals mich für Halbleiter-Gleichrichter zu entscheiden, denn bei Röhren geht es bei mir natürlich um deren Klang, aber ich wollte das doch nicht zu übertreiben...


    Habe ich an meinen Testobjekt mitbekommen. Da waren die Halbleiter "leiser" ;)

    Hallo cay-uwe,


    Gitarrenversärker sollte mal eigentlich als Teil des "Instruments" sehen. Der gewünschte Effekt eines "weichen" Netzteils im Gitarrenverstärker kommt ja dann zum Tragen, wenn die Aussteuerung so weit geht, dass der Amp übersteuert und gleichzeitig das Netzteil "einbricht". Mit steigender Aussteuerung sinkt die Betriebsspannung und der Amp übersteuert noch früher. Wenn es dann noch ein Stück Gegenkopplung über die Lautsprecher zur Gitarre gibt, dann "singt" der Amp. Jeder der hier Gitarre spielt, wird wissen was ich meine. Der Effekt tritt besonders dann gut zutage, wenn die Elkos im Amp klein sind.
    (Die heiß gesuchten vitage Amps hatten teilweise nur 8uF-16uF Elkos viel größere gab es eben damals nicht - oder die Kondensatoren haben im Lauf der Zeit Kapazität verloren - und das macht dann eben den vintage tone aus.)


    Für Hifi Amps würde ich versuchen das zu vermeiden. ^^

    Viele Grüße

    Boris

  • Gitarrenversärker sollte mal eigentlich als Teil des "Instruments" sehen.

    Ist schon verständlich...

    Für Hifi Amps würde ich versuchen das zu vermeiden.

    Sehe ich auch so, weshalb ich mich, wie schon gesagt, schon von Anfang an für Halbleiter-Gleichrichter entschieden.


    Und nochmals, mir geht es nicht darum was technisch dahinter steckt, sondern vielmehr ob andere User ähnliche Erfahrungen gemacht haben und was sie darüber berichten können.

  • Und nochmals, mir geht es nicht darum was technisch dahinter steckt, sondern vielmehr ob andere User ähnliche Erfahrungen gemacht haben und was sie darüber berichten können.

    zwei Ampearl RE1030 RIAA , eine mit 6X4 Gleichrichter, die andere mit Halbleiter. Die Halbleiterversion klang besser. Leider verkauft, kann sie aber nicht zurückkaufen, sonst würde ich es tun.

    Grüße

    Knut



    "Pokal oder Spital"

  • Aus meinem bescheidenen Erfahrung ist immer besser gewesen die Endstufe mit einem Diodengleichrichter und der Treiber von einem Externen niederohmigen Netzteil mit Röhrengleichrichter zu betreiben weil der Treiber macht der Klang, vorausgesetzt der ordentlich dimensioniert ist .

    mfg, Arkadi

  • Aus meinem bescheidenen Erfahrung ist immer besser gewesen die Endstufe mit einem Diodengleichrichter und der Treiber von einem Externen niederohmigen Netzteil mit Röhrengleichrichter zu betreiben weil der Treiber macht der Klang, vorausgesetzt der ordentlich dimensioniert ist .

    So gesehen, könnte man für die Endstufe auch Transistoren nehmen, Hauptsache der Treiber ist mit Röhren aufgebaut. :)

    • Offizieller Beitrag

    So gesehen, könnte man für die Endstufe auch Transistoren nehmen, Hauptsache der Treiber ist mit Röhren aufgebaut. :)

    Schonmal ein Machwerk von Arkadi erhören können? LG Ronny

    gewollt habe ich schon gemocht, gedurft haben sie mich nie gelassen