Kennt jemand externe Tonkopf-Verstärker zur Tonbandwiedergabe??

  • Hallo,


    ich denke auch dass man die Qualität der Wiedergabeverstärker der professionellen Studer-Maschinen kaum toppen kann.


    Aber bei Consumer-Geräten lohnt sich das durchaus. Die Technics Maschinen bieten sich dafür geradezu an. Der Kopfträger trägt ja 2 Wiedergabeköpfe. Man führt das Signal des zweiten am Umschalter vorbei direkt zum Steckkontakt - dort sind noch ein paar Pins frei - und geht intern unter Umgehung des Wiedergabeverstärkers zu einem der beiden Ausgänge an der Rückwand. Die parallele Verbindung der beiden Ausgänge muss man natürlich trennen. So kann man die Maschine als normales Technics Aufnahme-/Wiedergabe-Gerät oder als reines Laufwerk nutzen. Man sieht von außen nichts und kann die ganze Sache jederzeit wieder ohne großen Aufwand zurück bauen.


    Gruß Jan

  • Das Gitter einer Röhre interessiert sich recht wenig für die Induktivität des Kopfes, es wird die Spannung verstärkt.

    Das stimmt, aber das Thema ist wie häufig doch tiefergehend.


    Die Induktiviät des Kopfes ist bedingt durch das verwendete Material und die Anzahl der Windungen. Da es keine Norm für Köpfe gibt, hat jeder Hersteller hier seine eigenen Werte. Wichtig ist aber die korrekte Anpassung der Köpfe an die folgende Verstärkerstufe, indem die optimalen Werte für Abschlußwiderstand and Kapazität verwendet werden. Die Länge des Kabels und die verwendete Eingangsstufe des externen Verstärkers haben damit durchaus Einfluß, insbesondere im Hochtonbereich.


    Der Wiedergabeverstärker sollte auch die Reste der Bias-Frequenz durch ein entsprechendes Filter aus dem Wiedergabezweig entfernen. Diese Frequenz ist ebenfalls gerätespezifisch und ein externes Filter ist daher nur schwer zu realisieren. Ohne dieses Filter leidet die Wiedergabe insbesondere im Mithörbetrieb während einer Aufnahme.


    Ein Kabel, das direkt an den Wiedergabe-Tonkopf angeschlossen wird und nach extern herausgeführt wird hat immer das Problem, dass magnetische Felder eingekoppelt werden können. Diese Felder erzeugen damit im Wiedergabe-Tonkopf ebenfalls eine Spannung, die auf das Band einwirken kann.


    Ob ein externer Röhrenverstärker beim Signal-Rauschabstand gegenüber einer Halbleiter-Schaltung mithalten kann ist für mich zweifelhaft.



    Toni

  • Ja, gut, es wird ja auch viel geschrieben. Einige sagen, bereits eine A77 reicht aus. Habe auch schon gehört 19cm sei quatsch, hört man eh nicht den Unterschied zu 9,5cm.

    Am besten, man macht sich selber ein Bild. Und meine Studer klingt nunmal doch besser als die Revoxe, es sei denn eine 36er, die hat ja wieder Röhren. :)


    P. S. Wenn ich mich recht entsinne hat Studer doch recht lange die Verstärker mit Übertragern aufgebaut, da der Kopf hierdurch galvanisch getrennt war vom Verstärker (?)

    Erst später hat man Köpfe und Schaltungen konstruieren können, welche diese Übertrager nicht mehr benötigten, wenn ich das richtig memoriert habe.

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  • Die A80 ist eine Ansage die nicht leicht zu überbieten ist, auch nicht von den Studer Nachfolgemodellen.

    Wenn wir schon bei Kartenlösungen sind, könnte das Studium des Schaltplans des Telefunken M20/M21 Wiedergabeteils hilfreiche Hinweise geben:

    https://we.tl/t-YM94gKBmAU

    So sieht der Aufbau mitsamt Aufnahmeteil aus (jeweils für 1 Kanal):

    BG-AW13R.jpg


    So der Frequenzgang bei 19 cm/s mit den Telefunken-typischen asymmetrischen Polschenkeln. Das muss ihr mal einer nachmachen, besonders in der Tiefenwiedergabe:

    M21 #1263 19 AW.gif


    Das zugehörige Störspannungsspektrum bei 38 cm/s und CCIR:

    M21 Störspannungsspektrum @38 CCIR.gif

    Grüße, Peter

    Einmal editiert, zuletzt von Peter Ruhrberg ()

  • Und so sieht der Aufbau mitsamt Aufnahmeteil aus:

    Technik der 80er Jahre :thumbup:.

    NE5534 war damals mit das beste was man bekommen konnte. Und wenn das S/N ausreichend war, hat man anschließend den vierfach OP TL084 verwendet. Auch die CD4066 Schalter sind durchaus brauchbar; bei besonders kritischen Schaltungsteilen hat man dann die J-Fets BF245 oder J111, J177 verwendet

    Halbleiter können durchaus reizvoll sein (wenn man sie denn richtig einsetzt). Was diese Maschine sicher auch heute noch beweisen kann.

    Danke für den Schaltplan. :)


    Toni

  • Wenn wir schon bei Kartenlösungen sind, könnte das Studium des Schaltplans des Telefunken M20/M21 Wiedergabeteils hilfreiche Hinweise geben:

    Hallo Peter,


    es ist immer hilfreich und gut sich den Schaltplan anzusehen, noch besser ist, das gesehene auch zu verstehen :D

    Und so sieht der Aufbau mitsamt Aufnahmeteil aus (jeweils für 1 Kanal):

    Die von mir gezeigte Aufnahme und Wiedergabekarte ist auch jeweils nur
    für einen Kanal, es sind also in der A80 2 Wiedergabe und 2 Aufnahme Karten.


    Liebe Grüße aus der Nordsee


    Jürgen


    P.S.: Eine Menge Krabbler in der TFK

    "Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen"


    Theresia von Avila

  • Hallo Jürgen,

    Die von mir gezeigte Aufnahme und Wiedergabekarte ist auch jeweils nur
    für einen Kanal, es sind also in der A80 2 Wiedergabe und 2 Aufnahme Karten.

    Klar.

    P.S.: Eine Menge Krabbler in der TFK

    Aber leicht ersetzbar. Und vor allem: Sie läuft seit Jahren ohne Mullen und Knullen. Lediglich einen 4066 (D6 im SP des AV) musste ich mal ersetzen, weil seine digitale Umschaltspannung für den analogen TL 084 "durchgeschlagen" war und deswegen die Gegenkopplung der Pegeltrimmer komplett ausfiel:

    M21 AW13 SP.jpg

    Grüße, Peter

  • Natürlich ist die ideale Lösung eine optimale Anpassung des Wiedergabeverstärkers an den Tonkopf (Abschlusswiderstand, Kapazität).

    Aber man kann das vergleichen mit Plattenspielern ohne eingebautem Phonoentzerrer, was ja heutzutage durchaus üblich ist. Die Tonabnehmer sind auch nicht genormt. Jeder hat einen anderen Innenwiderstand und ein anders Kernmaterial. Und trotzdem gibt es viele auch hochwertige Phonovorstufen, wo man nichts einstellen kann und die mit einer breiten Palette von Tonabnehmern bestens funktionieren.


    Gruß Jan

  • Ein Kabel, das direkt an den Wiedergabe-Tonkopf angeschlossen wird und nach extern herausgeführt wird hat immer das Problem, dass magnetische Felder eingekoppelt werden können. Diese Felder erzeugen damit im Wiedergabe-Tonkopf ebenfalls eine Spannung, die auf das Band einwirken kann.

    Lange Verbindungsleitungen waren bei Bandmaschinen mit abgesetzten Gestellverstärkern seit den späten 30er Jahren unverzichtbar (Stichwort V7):

    V7(1).jpg

    Dafür ist symmetrische Leitungsführung und gute Abschirmung notwendig, wie bei Kabeln für dynamische Mikrofone, die bis zu 200 m lang sein dürfen.

    Der Wiedergabeverstärker sollte auch die Reste der Bias-Frequenz durch ein entsprechendes Filter aus dem Wiedergabezweig entfernen. Diese Frequenz ist ebenfalls gerätespezifisch und ein externes Filter ist daher nur schwer zu realisieren.

    Eigentlich nicht. Mit einem Doppel-T-Glied lässt sich eine Dämpfung von ca. 70 dB realisieren, wie z.B. in der M15A:

    WV11 Doppel-T-Glied.jpg


    Der Dämpfungsverlauf dazu:

    WV11 Doppel-T-Glied Dämpfungsverlauf.jpg

    Grüße, Peter

  • Eigentlich nicht.

    Es sind zwar keine 72 dB, aber egal. Das Thema ist die Notchfrequenz, wenn die nicht bekannt ist, tut man sich mit einem externen Verstärker recht schwer. ;)



    gute Abschirmung notwendig

    Das ist der wirkliche Knackpunkt. Selbst die besten Kabel erreichen nicht die notwendige Schirmdämpfung. Deshalb werde ich einen externen Wiedergabe-Verstärker nicht verwenden.



    Toni

  • Von den 4066-Schaltern gab es unterschiedliche Qualitäten. Die damals bei Studer verbauten waren nicht die besten. Sie neigen auch etwas zu Verzerrungen. Heute gibt es da etwas bessere Teile. Das ist fast das Einzige, was ich bei einer B710 an "Klangtuning" machen kann, da dort recht viele von verbaut sind. Bei der B215 ist es nur noch einer pro Kanal.

    Gruß André
    Keine Emails mehr, nur PN. Emailfunktion ist deaktiviert.


  • Es sind zwar keine 72 dB

    Hat Multisim ausgerechnet. Die Berechnung "zu Fuß" ergibt tatsächlich 48 dB. Close enough for government work ...

    die Notchfrequenz, wenn die nicht bekannt ist, tut man sich mit einem externen Verstärker recht schwer. ;)

    Deswegen siehe oben. Geht auch mit dem kostenlosen LT-Spice.

    Selbst die besten Kabel erreichen nicht die notwendige Schirmdämpfung.

    Doppelt verseilte Abschirmung erreicht einen Bedeckungsgrad von nahezu 100%. Gemeinsam mit symmetrischer Anschlusstechnik ist man auf der sicheren Seite. Ich habe solche Kabel seit Jahrzehnten im Gebrauch (Neumann/Gotham), billig waren die nicht.

    Natürlich kann man auch zusätzlich Folienschirmung einsetzen, da kommt dann nix mehr durch ...

    Grüße, Peter

  • Natürlich kann man auch zusätzlich Folienschirmung einsetzen, da kommt dann nix mehr durch ...

    Für magnetische Einstrahlung nutzen die Folien aus Aluminium nichts. Kupfer ist bei tiefen Frequenzen auch nicht viel besser.

    Richtig gute Ergebnisse erzielt man nur mit verdrillten Kabeln, wobei die Anzahl der Verdrillungen möglichst hoch sein sollte. Dann noch darüber eine versilberte Kupferabschirmung gegen hohe Frequenzen und das Kabel mit einer Schirmung mit ca. 55 dB ist fertig. Mehr erreicht man damit nicht bei tiefen Frequenzen.


    Toni

  • ca. 55 dB ... Mehr erreicht man damit nicht bei tiefen Frequenzen.

    Bitte die Unsymmetriedämpfung nicht vergessen.

    Diese Methoden haben sich seit über 80 Jahren bewährt, nicht zuletzt in meiner Tonmeisterpraxis seit 45 Jahren.

    Das Eingangsrauschen des WV ist in jedem Fall um mindestens eine Größenordnung höher als Brumm- und sonstige Einstreuungen. Von Stephan Peus (ehemaliger Neumann-Chefentwickler) und Jörg Wuttke (Schoeps) gibt es übrigens sehr informative Schriften zum Thema. Wenn es überhaupt Probleme gibt, haben sie fast ausschließlich mit der Masseführung und der magnetischen Abschirmung des Wiedergabekopfs zu tun.

    Grüße, Peter

    Einmal editiert, zuletzt von Peter Ruhrberg ()

  • Bitte die Unsymmetriedämpfung nicht vergessen.

    Diese Methoden haben sich seit über 80 Jahren bewährt, nicht zuletzt in meiner Tonmeisterpraxis seit 45 Jahren.

    Das Eingangsrauschen des WV ist in jedem Fall um mindestens eine Größenordnung höher als Brumm- und sonstige Einstreuungen. Von Stephan Peus (ehemaliger Neumann-Chefentwickler) und Jörg Wuttke (Schoeps) gibt es übrigens sehr informative Schriften zum Thema. Wenn es überhaupt Probleme gibt, haben sie fast ausschließlich mit der Masseführung und der magnetischen Abschirmung des Wiedergabekopfs zu tun.

    Vielleicht kannst du dir den IEEE Std 1143-1994 mal besorgen: Guide on Shielding Practice for Low Voltage Cables.


    Toni

  • Vielleicht kannst du dir den IEEE Std 1143-1994 mal besorgen: Guide on Shielding Practice for Low Voltage Cables.

    Hab ich schon, nur leider werden darin auf S. 14 ("Spiral Shield") keine doppelt verseilten Abschirmungen besprochen. Das steht drin:

    Spiral shields may be helically applied to tape or wire. These shields provide flexibility. ... spiral shields find use only in the low-frequency range (audio frequency electronic cables, microphone, musical, retractile cords).

    Grüße, Peter