Warum geben sich ARD-Anstalten nicht als solche zu erkennen?

  • Hi: Als Ausgangspunkt wurde bemängelt, dass man nicht schon am Sendernamen erkennen könne, ob der betr. Sender ein ÖR-Derivat ist. Die Diskussion hat ergeben, dass dies ohnehin kein Qualitätsgarant mehr ist. Insofern hat der beklagte Substanzmangel bei Hörfunksendern nicht viel mit der Ausgangsfrage zu tun. Vielmehr gilt auch hier: An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen... d.h. anschalten, bewerten, entscheiden.

    BG Konrad

    Einmal editiert, zuletzt von silberfux ()

  • Himmel, ihr habt Sorgen. Wie lange gibt es Radio Fritz? 25 Jahre? 30 Jahre? Und jetzt regst Du Dich darüber auf? Zumal einem beim Hören der Bezug zum RBB alle paar Minuten um die Ohren gehauen wird. Radio1 übrigens das Gleiche.

    Nein, ich mache mir keine Sorgen und ich bin auch nicht in Aufregung. Ich habe lediglich in der Eröffnung dieses Fadens die Frage aufgeworfen, warum man sich hinter Phantasienamen versteckt. Es hätte ja tatsächlich sein können, dass jemand die Hintergründe kennt.

    Gruß tomfritz

  • Ich denke dass die ÖR befürchten, bei neuen Zielgruppen schon wegen eines erkennbar ör Namens schlecht anzukommen. Die Befürchtung ist ja nicht aus der Luft gegriffen, Assoziationen zum Fernsehen dürften nahe liegen. Schade eigentlich, es käme doch nur darauf an, ein gutes Hörfunkprogramm zu machen. BG KonRAD

  • Könnte so sein. Das hätte ja dann sogar Tradition. Wegen Radio Luxembourg konnte der benachbarte SR sein erstes Programm offenbar nicht mehr SR1 nennen, sondern musste es in Europawelle Saar umtaufen :/


    Das erklärt jetzt allerdings nicht die Umbennungen, die es beim in Köln unbeliebten Schwestersender in Berlin geben musste. Aus Deutschlandsender wurde DS-Kultur, dann Deutschlandradio Berlin, dann D-Radio, dann D-Kultur, dann Dlf-Kultur. Hab ich noch was vergessen? Jedenfalls gibt es hierzu ja kein privates Pendant und trotzdem wurde der Name gewechselt, wie anderswo die Unterwäsche :/

    Gruß tomfritz

  • Ich denke dass die ÖR befürchten, bei neuen Zielgruppen schon wegen eines erkennbar ör Namens schlecht anzukommen.

    Zum einen sind die angesprochenen Sender teilweise seit inzwischen 20 Jahren mit diesen Jugendnamen unterwegs (nix neue Zielgruppen), zum anderen haben Sendungen mit komplett angestaubten Namen wie "Musik für junge Leute" damals ein extrem gutes Image, auch mit dem beknackten Namen und obwohl es auf NDR 1 - Welle Nord (Pfui Deibel!) lief. Das war eine der wenigen Oase im Radio, damals noch mit Paul Baskerville. Wenn es sowas zielgruppengerechtes heute noch gäbe, dürfte die Sendung auch "Modernes Liedgut bei der NDR Schlagerwelle" heißen und trotzdem würden die Leute es hören. Inhalt statt Verpackung zählt(e).

  • Ja Nostalgie, schöne Zeiten damals.

    Aber das eine Thema ist doch, diese ehemaligen "jungen Leute", die jetzt 20 oder 30 Jahre älter sind, zu halten bzw. wieder zu gewinnen.

    Das zweite Thema ist, wie man die nachwachsenden Zielgruppen erreicht. Richtig ist, dass wohl Teile beider Gruppen nicht nur Musikgedudel hören wollen, sondern auch eine gute Moderation wünschen. Der Name des Senders ist dabei nicht egal, sondern sollte schon rüberbringen, wenn da mehr als Gedudel geliefert wird. Schwierig aber lösbar. Die Marke muss irgendwie den Anspruch rüber bringen, sonst geht man unter.

    Und das dritte Thema ist, dass Marktanteile wie seinerzeit wegen konkurrierender Medien, also Internet, Streaming, Fernsehen mit einer seinerzeit noch nicht vorhandenen Programmvielfalt, usw., heute ohnehin nicht mehr erzielbar sind. Die Hörfunk Sender stehen gerade wegen der externen und internen Konkurrenz unter immer stärkerem Druck. Die öffentlich rechtlichen Sender haben da immer noch eine solidere Finanzierungsgrundlage und sollten diese auch nutzen, um durch Qualität zu überzeugen und nicht, um in der Menge der Konkurrenten mitzuschwimmen. Dieses Feld können sie den privaten Anbietern doch gern überlassen.

    BG Konrad

  • Ja Nostalgie, schöne Zeiten damals.

    Aber das eine Thema ist doch, diese ehemaligen "jungen Leute", die jetzt 20 oder 30 Jahre älter sind, zu halten bzw. wieder zu gewinnen.

    Das zweite Thema ist, wie man die nachwachsenden Zielgruppen erreicht. Richtig ist, dass wohl Teile beider Gruppen nicht nur Musikgedudel hören wollen, sondern auch eine gute Moderation wünschen. Der Name des Senders ist dabei nicht egal, sondern sollte schon rüberbringen, wenn da mehr als Gedudel geliefert wird. Schwierig aber lösbar. Die Marke muss irgendwie den Anspruch rüber bringen, sonst geht man unter.

    Und das dritte Thema ist, dass Marktanteile wie seinerzeit wegen konkurrierender Medien, also Internet, Streaming, Fernsehen mit einer seinerzeit noch nicht vorhandenen Programmvielfalt, usw., heute ohnehin nicht mehr erzielbar sind. Die Hörfunk Sender stehen gerade wegen der externen und internen Konkurrenz unter immer stärkerem Druck. Die öffentlich rechtlichen Sender haben da immer noch eine solidere Finanzierungsgrundlage und sollten diese auch nutzen, um durch Qualität zu überzeugen und nicht, um in der Menge der Konkurrenten mitzuschwimmen. Dieses Feld können sie den privaten Anbietern doch gern überlassen.

    BG Konrad

    Sehe ich genau so. Leider sind diese Gruppenanteile so gering, das auch die Marktanteile dafür zu gering sind. Bei den öffentlich rechtlichen sind meiner Meinung nach so viele Opportunisten, das ich davon ausgehe, das diese eher in der Masse der Konkurrenten mit schwimmen als gute bzw. innovative Ideen einzelner Mitarbeiter umzusetzen.

    Sendungen wie diese von BBC2 unter

    https://www.bbc.co.uk/programmes/b00rr86v

    oder für mich unvergessene Sendungen von Alan Bangs - siehe

    https://www.alanbangsarchiv.com/radio/nightflight/

    werden auf breiter Ebene kaum zu finden sein (WDR-3, BR-Klassik und div. andere Kulturprogramme sind einige Ausnahmen). Da bleibt nur streamen.

    == Gewerblicher Teilnehmer ==

  • Aus Deutschlandsender wurde DS-Kultur

    Das war vor der Zeit der heutigen Strukturen, das war in der Zeit des Rundfunks nach Art. 36 Einigungsvertrag. Man brachte die Kultr-Inhalte von Stimme der DDR (lange davor "Deutschlandsender" und Radio DDR 2 im Sommer 1990 zu "DS Kultur" zusammen. Ob das Programm nach Ende 1991 irgendeine Perspektive haben wird, dürfte damals noch völlig unklar gewesen sein.


    Erst im Sommer 1991 wurde politisch entschieden, dass sich Deutschland einen "nationalen HörfunK" leisten soll und dieser neben dem DLF auf ein Programm aus der vorhandenen Substanz von RIAS Berlin und DS Kultur beinhalten soll.


    Am 1.1.1994 war dann die Fusion von RIAS und DS Kultur vollzogen (es gibt Berichte einzelner Ost-Mitarbeiter über die Art und Weise, wie mit ihnen im RIAS-Funkhaus umgegangen wurde, deren öffentliche Wiedergabe durchaus als nicht "politisch korrekt" gelten könnte, da sie dem politisch verordneten Hurra nicht so ganz entsprachen).


    Das gemeinsame Programm hieß ab 1.1.1994

    dann Deutschlandradio Berlin

    während mit

    D-Radio

    der Gesamtverbund aus DLF und DLR Berlin bezeichnet wurde und auch heute noch das Deutschlandradio insgesamt bezeichnet wird:


    https://www.deutschlandradio.de/


    "D-Radio" enthält also nicht nur das Berliner Programm, mit dem weder die Rosinenbomber-Nostalgiker aus der Hörerschaft von RIAS 1 noch die einstigen Hörer von DS Kultur glücklich wurden, sondern auch den Kölner DLF.


    Das Berliner Programm litt unter fehlenden Frequenzen (letztlich gab es nur in MeckPomm, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen UKW-Grundnetzsender, in Sachsen hatte Kurt Biedenkopf den DLF auf die Frequenzen legen lassen) und es litt vor allem unter seiner Wahrnehmung als "Berliner Lokalprogramm", was dem Charakter des nationalen Hörfunks widersprach.


    Deswegen gab es später eine Umbenennung in


    D-Kultur

    (Deutschlandradio Kultur, geschrieben wohl DeutschlandRadio Kultur, Spötter schrieben "DeutschLandRaDio KulTur").


    Das Programm kratzte aber stets tapfer an der Wahrnehmbarkeitsgrenze herum (selbst in Sachsen-Anhalt mit reichweitenstarker Frequenz auf dem Brocken unter 1% und damit deutlich schlechter als MDR "Kultur").


    Im Zuge einer Vereinheitlichung unter der Dachmarke wurde dann vor einigen Jahren aus dem Programm

    Dlf-Kultur.

    Hier die Eigenschreibweisen:


    https://www.deutschlandradio.de/programme.2080.de.html


    Warum man "Dlf" statt "DLF" verwendet hat, kann ich nur erahnen. Möglicherweise war als Longlabel im DAB+ mal "Deutschlandfunk" in Nutzung, was im maximal 8-stelligen Shortlabel nur als "Dlf", nicht aber als "DLF" anzeigbar gewesen wäre. Die Langfassung "Deutschlandfunk" wird aber nirgendwo (mehr?) verwendet, insofern hätte man auch "DLF" nehmen können.

  • Ich denke dass die ÖR befürchten, bei neuen Zielgruppen schon wegen eines erkennbar ör Namens schlecht anzukommen.

    Das war soweit ich mich erinnere tatsächlich in einigen dieser Fälle ein Grund. Man wollte vermeiden, das bei der Jugend als "staubig" und "alt" verinnerlichte Image der ARD-Anstalt zu strapazieren. N-Joy Radio vom NDR war so ein Fall.


    In andere Fällen war dem definitiv nicht so, denn da gab es vorher die Mutteranstalt gar nicht. Das inhaltlich sehr konsequente "Rockradio B" vom ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg) startete am 1.1.1992, wie der gesamte ORB auch. Einen Grund, sich zu verstecken, gab es da nicht.


    Die allgemein häufige Ablehnung der Öffis in der Gesellschaft - vor allem in Ostdeutschland - hatten wir damals 1992 ja noch gar nicht. Das kam ja erst in den späteren Jahren.


    Zum einen sind die angesprochenen Sender teilweise seit inzwischen 20 Jahren mit diesen Jugendnamen unterwegs (nix neue Zielgruppen)

    Sie geben sich aber hin und wieder doch größte Mühe, durch Entsorgen von Inhalten auch die Hörerschaft zumindest partiell auszutauschen. Das Fritz von 1993 ist natürlich nicht das Fritz von 2023. Das Sputnik von 1993 ist bereits mit dem Sputnik von 1995 nicht mehr zu vergleichen gewesen und anständiges Sputnik gabs dann nochmal in der Ära Markuse 2006-2010, bis das handstreichartig per Beschluss wieder auf Flachfunk umgestellt wurde. Beim hr warf man konsequenterweise gleich den Namen des authentischen Jugendprogramms (hr XXL) mit auf den Müll, als man das Programm durch diese inszenierte Privatfunk-Kopie namens YouFM austauschte.


    zum anderen haben Sendungen mit komplett angestaubten Namen wie "Musik für junge Leute" damals ein extrem gutes Image

    ...wenn andere Sendungen zu dieser Zeit "Für die Landfrau" oder ähnlich hießen, ... ;)


    Im Ernst: es gab doch damals kaum eine Chance, außerhalb solcher Sendungen an neue Musik ranzukommen. Also konzentrierte sich alles auf diese wenigen Stunden pro Woche.


    Heute kommt man überall an Musik jeder Art ran, dieses Alleinstellungsmerkmal ist also weg. Trotzdem halte ich eine musikjournalistische Befassung und eine Begleitung durch eine art "Kurator" für wichtig und wertvoll - und das kann kein Algoithmus, der aus meinen bisherigen Abrufen meine künftigen Abrufe generiert. Das können nur gute Musikjournalisten. Die laden auch mal Künstler zum Interview ein, geben Hintergrundinfos ets.


    Um im Norden zu bleiben: Klaus Wellershaus und die einst von ihm aufgebaute Redaktion war da sehr großartig.


    damals noch mit Paul Baskerville. Wenn es sowas zielgruppengerechtes heute noch gäbe

    Gibt es ja eigentlich noch.


    https://www.paul-baskerville.de/


    https://www.ndr.de/ndrblue/sen…ediatheknachtclub100.html


    Das Umfeld, ein computergesteuertes Automatenradio mit vorproduzierten Sendungen und nun auch noch ohne richtige Nachrichten, will nur irgendwie gar nicht mehr als angemessen erscheinen, sondern wirkt nur noch billig. Paul Baskerville ist aber immer noch dabei.


    Dank nicht mehr vorhandener UKW-Frequenzen dürften solche Angebote aber kaum neue Interessenten finden.


    Und auch ein Paul Baskerville wird irgendwann in en Ruhestand gehen. Klaus Wellershaus ist bereits vor einigen Jahren verstorben. Die Frage ist also: was kommt nach, wird es diese - ich nenne es einmal so - "Kunstform" des musikjournalistischen Autorenradios überhaupt eine Zukunft haben?


    Aber das eine Thema ist doch, diese ehemaligen "jungen Leute", die jetzt 20 oder 30 Jahre älter sind, zu halten bzw. wieder zu gewinnen.

    Mit dem Abschieben auf den Stream oder auf DAB+ dürfte man sie kaum halten können.


    Das zweite Thema ist, wie man die nachwachsenden Zielgruppen erreicht.

    Und das ist dann tatsächlich das existenziell wichtige Thema. Kann man es überhaupt noch? Oder geht da nur noch der jeweilige altersgruppenbezogene Mainstream?


    Da mir die eigene Familie verwehrt geblieben ist, kann ich auch gar nicht darüber sagen, wie homogen oder inhomogen die heutige Jugend tickt. Die Jugendlichen, die hier zu lautem Bassgewummer abends hin und wieder vorbeiziehen, wirken auf mich wie die Vorboten der Apokalypse, aber das dürfte auch 1960 und auch 1980 schon ganz genauso der Fall gewesen sein.

  • nicht zu vergessen Georg Kostya vom BR "Aus meiner Rocktache"

  • Mit dem Abschieben auf den Stream oder auf DAB+ dürfte man sie kaum halten können.

    Hi: Der Hörfunk schiebt doch nicht aktiv auf den Stream ab? Das ist eher ein Prozess, der quasi automatisch einsetzt, wenn Zielgruppen nicht ihren Ansprüchen entsprechend bedient werden. Es wurde hier bereits erwähnt, dass die Konkurrenzsituation bei der Mediennutzund heute gänzlich anders ist als früher. Eine große Zahl von Fernsehsendern, Internet, Games usw., all das gab es früher bekanntermaßen nicht und deswegen ist die Situation nicht so einfach vergleichbar, denn das einzelne Medium, zumal ein so traditionelles wie der Hörfunk, hat es viel schwerer als damals.


    Was gute Sendungen und Formate von "früher" angeht, ergänze ich den "Abend für junge Hörer" mit Wolfgang Jäger und später zu "meiner" Zeit Detthard Fissen. Da wurden Dinge thematisiert, die die jungen Leute wirklich interessierten und ihnen auf den Nägeln brannten. Während Politik und Gesellschaft in den 60ern die Probleme der Jugend weitgehend aus den Augen verloren hatten, hat der NDR diese Zielgruppe damals über solche Sendungen thematisch erfolgreich angesprochen und erreicht. Ich hatte als Jugendlicher in der zweiten Hälfte der 60er das Vergnügen, einem Beirat dieser Sendungsreihe anzugehören, in den gesellschaftlich relevante Gruppen (bei mir war es einer Kirchengemeinde in der Nachbarschaft des Funkhauses Hamburg Oberstraße) Vertreter entsenden konnten. Dort wurden die Inhalte der jeweiligen Sendung ausgewählt und vorbereitet.


    Die Qualität einer Hörfunksendung scheint mir nur wenig davon abzuhängen, auf welchem Wege sie verbreitet wird. Wichtiger sind dagegen überzeugendes, zielgruppenorientiertes Konzept und eine professionelle Umsetzung. Das geht nicht ohne gutes journalistisches Personal und ausreichendes Budget. Bei privaten Sendern ist sowas schwierig unterzubringen. Und bei ör Sendern ist das Geld knapper geworden, zum Teil wegen veralteter und kostentreibender Strukturen und weil man vielleicht zu viele Felder besetzen wollte und sich dabei verzettelt hat, statt sich auf bestimmte Felder zu konzentrieren und dabei eine Arbeitsteilung mit den anderen Sendeanstalten anzustreben.

    BG Konrad

  • Der Hörfunk schiebt doch nicht aktiv auf den Stream ab? Das ist eher ein Prozess, der quasi automatisch einsetzt, wenn Zielgruppen nicht ihren Ansprüchen entsprechend bedient werden.

    Wenn gegen Proteste Programminhalte ausgesondert und abgeschoben werden, geht die Initiative doch wohl eindeutig von den Rundfunkanstalten aus:


    https://www.abendblatt.de/kult…-Radio-Hamburg-Musik.html


    Oder der Kinderfunk:


    https://www.abendblatt.de/kult…renbaer-auf-NDR-Info.html


    Dazu die geniale Geschichte, die als letzter Ohrenbär auf UKW lief und mit der die von der Abschiebung ebenfalls schwer betroffenen Macher der Sendung sich eher an die Elterngeneration richtete:


    http://web.archive.org/web/202…d,abendzauberwald100.html


    Das Audio spielt noch immer aus dem Web-Archiv. Sehr, sehr böse, wenn man die menschlichen Namen der portraitierten Tiere im Hinterkopf hat.


    Oder sogar der Schlager, für "quotensenkend" befunden und deshalb genauso wie die Popkultur von UKW abgeschoben. Hier eine Provinzposse aus dem Sendegebiet des MDR, leider hinter Paywall:


    https://www.otz.de/leben/vermi…egen-mdr-id223483759.html


    Soweit ich mich erinnere wurde Ramelow gebeten, sich für mehr deutsche Musik und mehr Schlager im UKW-Regionalprogramm des MDR einzusetzen (was er freilich formal gar nicht darf und gar nicht kann). Die Hürde der Anschaffung eines DAB-Radios wurde von den Betroffenen ganz klar benannt, selbst 50 EUR waren ihnen zuviel. Es lag halt an der fehlenden Einsicht, für eine Wiedererlangung einer nun vorenthaltenen Leistung Geld ausgeben zu müssen - und das kann ich gut nachvollziehen.


    Als es die MDR Schlagerwelt dann auf DAB+ gab (ein lausiges, grottigst klingendes Automatenradio mit Voicetracking), musste der regionale Kabelnetzbetreiber auf Bitte von Kunden das Programm auch auf UKW umsetzen.

    Was gute Sendungen und Formate von "früher" angeht, ergänze ich den "Abend für junge Hörer" mit Wolfgang Jäger und später zu "meiner" Zeit Detthard Fissen.

    Danke - war mir als zu jung und nicht aus dem Sendegebiet stammend bislang völlig unbekannt.


    Ich hatte als Jugendlicher in der zweiten Hälfte der 60er das Vergnügen, einem Beirat dieser Sendungsreihe anzugehören, in den gesellschaftlich relevante Gruppen (bei mir war es einer Kirchengemeinde in der Nachbarschaft des Funkhauses Hamburg Oberstraße) Vertreter entsenden konnten.

    Das ist ja wirklich eine Dimension der Teilhabe, die es heute trotz "schick eine Whatsapp-Nachricht an..." nicht mehr gibt. Wo klären junge Leute heute solche Themen? Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk offenbar nicht mehr.


    Die Qualität einer Hörfunksendung scheint mir nur wenig davon abzuhängen, auf welchem Wege sie verbreitet wird.

    Formal hat die Qualität tatsächlich nichts mit dem Verbreitungsweg zu tun (wir haben DT64 ein Jahr lang auf Mittelwelle gehört, nachdem die UKW-Frequenzen an die neuen Privatdudler gegangen waren). Aber ich nehme die Tendenz wahr, dass für "online" bevorzugt auch "billig" produziert wird, weils ja sowieso von vornherein nicht als allzu attraktiv eingestuft wird und also auch für keines Aufwandes würdig befunden wird. Das gleiche mit den Automatenradios auf DAB+. Der NDR-Nachtclub hat ca. 50% seiner moderierten Sendezeit verloren, als er von NDR Info auf NDR Blue abgeshcoben wurde - obwohl dort Platz und Zeit ohne Ende gewesen wäre.


    Wichtiger sind dagegen überzeugendes, zielgruppenorientiertes Konzept und eine professionelle Umsetzung.

    Das verpufft ja halt auf Verbreitungswegen, auf denen man nicht mit drei oder fünf regionalen Angeboten konkurriert, sondern einer von zehntausenden ist. Man kann so auch kaum neue Interessierte auf dem Wege des "habe ich zufällig gehört und bin drangeblieben" finden.


    ByteFM ist ein fantastisches Popkultur-Radio - halt bis auf Hamburg (UKW und DAB) und Berlin (DAB) nur im Stream. Wer es nicht wegen genereller Befassung mit Popkultur und Medien kennt, wird es kaum kennenlernen.


    Aber das ist in Zeiten der Vollversorgung mit audiovisuellen Reizen auf unendlich vielen Kanälen ja ein generelles Problem.

  • ByteFM

    Tatsächlich...danke für den Tipp.

    Gerade, wo ich es ausprobierte, lief auchgerechnet Dr. Johns "Right place, wrong Time". :D

    Den Sendernamen hatte ich schon mal wahrgenommen, er hörte sich für mich aber ein wenig zu albern an und ich hatte ihn gar nicht versucht.


    Tolle konstruktive Diskussion hier!


    Und, ja, auch wenn in der Radiolandschaft nicht alles gut ist, muss man aber auch (zu)hören wollen...;)

    Es gibt sie noch, die Perlen...


    Schöne Grüße

    Frank

  • Aber das ist in Zeiten der Vollversorgung mit audiovisuellen Reizen auf unendlich vielen Kanälen ja ein generelles Problem.

    Ja klar, das Problem ist erkannt. Aber eine Antwort wird noch gesucht. Qualität und Reichweite, das passt nicht immer zusammen. Hoher finanzieller Aufwand für gute Sendungen lohnt sich eigentlich nur bei hoher Reichweite. Die Finanzierung des ör Rundfunks reicht nicht mehr für alle Bedürfnisse und auch die ör Sender können die Quoten nicht außer Acht lassen und an den Wünschen der Zuschauer nicht vorbei gehen (Fußball, Olympia z.B.). Viele Nutzer legen auf Qualität und Moderation gar keinen Wert mehr, sondern ihnen genügt eine anspruchslose Berieselung. Diese Erscheinung gibt es übrigens auch beim Fernsehen (siehe RTL Nachmittagsprogramm). Was mir in der ganzen Diskussion fehlt, ist ein realistischer und bezahlbarer Vorschlag, was man denn machen könnte, um hochwertigen Content am Leben zu halten. BG Konrad

  • Warum man "Dlf" statt "DLF" verwendet hat, kann ich nur erahnen. Möglicherweise war als Longlabel im DAB+ mal "Deutschlandfunk" in Nutzung, was im maximal 8-stelligen Shortlabel nur als "Dlf", nicht aber als "DLF" anzeigbar gewesen wäre. Die Langfassung "Deutschlandfunk" wird aber nirgendwo (mehr?) verwendet, insofern hätte man auch "DLF" nehmen können.

    Ich denke, es liegt daran dass es den DLF gar nicht mehr gibt. Der ursprüngliche DLF wurde nach der Wende durch den neuen Dlf ersetzt. Die Politik war dem DLF schon immer sehr freundlich zugewandt, sahen sie in ihm doch ein Sprachrohr. So sorgten sie auch für den einzigen UKW-Sender seinerzeit, der natürlich seinen Standort in Bonn haben musste. Später dann, nach der Wende, wollte man seinen DLF natürlich nicht abgewickelt wissen und hat mit dem Deutschlandradio eine neue nationale Rundfunkanstalt gegründet. Der Deutschlandfunk durfte sogar seinen Namen behalten, während der Schwestersender den Namen Deutschlandradio Berlin verpasst bekam. Der Standort in Berlin war aber für die Politik wichtig, sollte es doch der künftige Regierungssitz werden. Wer weiß, was sonst mit RIAS und dem Deutschlandsender passiert wäre?

    Zitat
    Quelle Wikipedia:
    Nach der Vereinigung beider deutscher Staaten 1990 hatte der DLF seinen ursprünglichen Auftrag, die DDR und Osteuropa mit Informationen aus dem freiheitlich-demokratischen Deutschland zu versorgen, verloren. Auch war die „Treuhänderschaft“ des Bundes für die DDR-Bevölkerung abgelaufen, weswegen der Deutschlandfunk als per Bundesgesetz errichtete Anstalt nicht dauerhaft hätte weiterexistieren dürfen. Dennoch wollte man weiterhin überregionalen Hörfunk für das vereinigte Deutschland anbieten. Daher einigten sich die 16 Bundesländer mit Wirkung zum 1. Januar 1994 darauf, die Körperschaft des öffentlichen Rechts Deutschlandradio per Staatsvertrag unter einem gemeinsamen Dach von ARD und ZDF zu errichten. Die bisherige Bundesanstalt des öffentlichen Rechts Deutschlandfunk ging zusammen mit dem ehemaligen West-Berliner RIAS und dem ehemaligen DDR-Sender Deutschlandsender Kultur in dieser neuen Körperschaft auf.

    Hier das Logo des ursprünglichen Deutschlandfunk...

    https://upload.wikimedia.org/w…andfunk_%28DLF%29.svg.png


    Dass der heutige Deutschlandfunk eigentlich Deutschlandradio ist, kaschiert man geschickt mit dem aktuellen Logo, welches ein stylisiertes D ist...

    https://www.designtagebuch.de/…nk-bildmarken-210x210.jpg


    Hier mehr... https://www.designtagebuch.de/…-funkt-unter-neuem-namen/

    Gruß tomfritz

  • Was mir in der ganzen Diskussion fehlt, ist ein realistischer und bezahlbarer Vorschlag, was man denn machen könnte, um hochwertigen Content am Leben zu halten.

    Sich auf das Wesentlich konzentrieren. Braucht eine chronisch klamme Rundfunkanstalt wie z.B. der hr tatsächlich sechs Wellen? Früher hatte man zwei Programme, dann kam hr3 als Autofahrerwelle dazu, später dann noch hr4 für die ältere Hörerschaft und dann noch eine Jugendwelle und ein Nachrichtenkanal. Wenn man aber mal rein hört, stellt man schnell fest dass vier Wellen (hr1, hr3, hr4, YouFM) reinen Dudelfunk mit unterschiedlicher Ausprägung darstellen. Wenn man wollte, dampft man das wieder auf drei Wellen zusammen:

    1. Information

    2. Kultur

    3. Unterhaltung

    Gruß tomfritz

  • Formal hat die Qualität tatsächlich nichts mit dem Verbreitungsweg zu tun (wir haben DT64 ein Jahr lang auf Mittelwelle gehört, nachdem die UKW-Frequenzen an die neuen Privatdudler gegangen waren)

    Ich auch. Damals gab es auf DT64 sogar Vorschläge, wie man den MW-Empfang verbessern könne. Wenn ich mich recht erinnere wurden damals Röhrenradios, Langdrähte und Rahmenantennen empfohlen.

    Gruß tomfritz

  • Ja klar, das Problem ist erkannt. Aber eine Antwort wird noch gesucht. Qualität und Reichweite, das passt nicht immer zusammen. Hoher finanzieller Aufwand für gute Sendungen lohnt sich eigentlich nur bei hoher Reichweite. Die Finanzierung des ör Rundfunks reicht nicht mehr für alle Bedürfnisse und auch die ör Sender können die Quoten nicht außer Acht lassen und an den Wünschen der Zuschauer nicht vorbei gehen (Fußball, Olympia z.B.). Viele Nutzer legen auf Qualität und Moderation gar keinen Wert mehr, sondern ihnen genügt eine anspruchslose Berieselung. Diese Erscheinung gibt es übrigens auch beim Fernsehen (siehe RTL Nachmittagsprogramm). Was mir in der ganzen Diskussion fehlt, ist ein realistischer und bezahlbarer Vorschlag, was man denn machen könnte, um hochwertigen Content am Leben zu halten. BG Konrad

    Hohe Reichweite in Form von sog. "Linearem Rundfunk" funktioniert bei geringem Aufwand betr. Sendetechnik eigentlich nur mit einer Sat-Übertragung (also ohne notwendiges terrestrisches Sender-Netz mit UKW, DVB-T und DAB+).

    Ich gehe aber davon aus, das die Übertragung über das Internet (sowohl Festnetz als auch LTE/5G) zunehmend das lineare Radio - auch über Satellit - ablösen wird; siehe

    https://dokublog.de/a/lineares-radio

    Ein Beispiel ist der niederländische Sender "Radio 6", den ich früher öfters hörte, der bereits vor Jahren (außer für Ortsempfang) lineares Radio leider aufgegeben hat und nur im live-stream via PC und webradio empfangbar ist.

    == Gewerblicher Teilnehmer ==