Bypässe in Frequenzweichen

  • Moin,


    hier würde ich gerne Empfehlungen für kleine Kapazitäten sammeln, die als Bypässe in Frequenzweichen eingesetzt werden.


    Macher verwendet sie, um Geld oder Platz zu sparen, indem er kleine und billige Elkos damit aufwertet und ein Anderer, um bei der Feinabstimmung seiner Weiche das letzte Quäntchen herauszuholen.


    Das Problem dabei ist, daß sich zwar einige geeignete Typen mittlerweile in der HiFi-Welt herumgesprochen haben, aber dann werden sie nicht mehr hergestellt und die Restbestände werden zu abenteuerlichen Preisen unters Volk gebracht. Irgendwann sind die Dinger dann gar nicht mehr zu bekommen, oder langsam doch zu alt, als daß man sie noch verwenden möchte.


    Die Hersteller von Boutiqueware haben natürlich den Bedarf erkannt und gleich entsprechende Exemplare auf den Markt geworfen. Da bezahlt man dann gerne mal für 0,1 µF satte 30 Euronen oder 60 oder 120 - alles kein Problem, wenn man sehr gut betucht ist...


    Oder es gibt da so allgemeine Empfehlungen wie "probier mal nen Glimmer-Kondensator" und wenn man das dann mit mehreren Exemplaren testet sind die nicht alle geeignet und wenn mal einer gut funktioniert, ist der nicht mehr erhältlich 8o


    Also, es wäre schön, wenn wir hier gut geeignete Exemplare auflisten können, die bestenfalls noch aktuell hergestellt werden und bezahlbar sind. Zu den anderen, die nur noch als NOS erhältlich oder richtig teuer sind, darf natürlich auch was geschrieben werden, wenn auch der praktische Nutzen etwas kleiner ist. Bei NOS-Ware wäre natürlich eine fundierte Enschätzung prima, in wie weit diese antiken Devotionalien noch intakt und nutzbar sind ...?


    Der Fragestellung, wie man solche Bauteile dimensioniert könnte man auch aufgrund von Erfahrungswerten mal angehen.


    Auch andere Bewertungen aus dem Netz sind willkommen - hier:

    Bescheidenes hausgemachtes Hifi - Kondensatortest (humblehomemadehifi.com)

    ...hat jemand eine entsprechende Liste gemacht, über die teilweise wohl etwas geschmunzelt wird, da die Bewertung mit Punktesystem und klarer Beschreibung einer klanglichen Signatur dort womöglich etwas konkreter ausfällt, als sie bei der Vielzahl und Komplexität der möglichen Anwendungen allgemeingültig ausfallen dürfte... aber so wirklich daneben liegt der Herr bei den mir bekannten Exemplaren nicht.


    So - und nun bitte ich um reichlich Vorschläge, die auch gerne diskutiert werden dürfen und bitte führt die Grundsatzdiskussion über Sinn und Unsinn von Bypässen woanders ;)



    Grüssle Henner

  • Vintage Roderstein KP1832 blaue Zylinder


    Vintage sowjetische olivgrüne Glimmer ksot Modell Hustenbonbon


    Die sind bei mir vorbei gekommen.

    Richtig verglichen habe ich nie. Die grünen habe ich mal nach Anleitung als Brücken für einen Mundorf Supreme in eine Dynaudio Special One eingebaut. Holger Senkel (Audio Endt) war derjenige, von dem ich hatte. Die Supreme auch. War so um 1997 rum.

    Entspanntes Hören, Frank


    ] Vorhandensein von Musik - Zuhandensein von Klang [

  • Hallo Frank,



    ja, das sind aber auch so "schwere Fälle", weil nur noch NOS erhältlich und zumindest die Röderstein werden teils zu abenteuerlichen Preisen gehandelt.


    Auch ist ein hohes Alter bei manchen Kondensatoren noch kein akutes Problem, aber eine wünschenswerte Eigenschaft isses trtozdem nicht.


    BTW - Russen hab ich hier auch noch:


    Der Glimmer-Russe

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    ...0,1 µ und dabei groß wie ne Streichholzschachtel. Macht nix falsch, ist aber von den Eigenschaften her nicht sooo gut ,daß es lohnen würde, den Trümmer zu verbauen.

    ca. 5 € das Stück.


    Die silbernen Russen

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    ...verpassen dem Klangbild eine "erdige" Färbung und helfen manchem C noch etwas auf die Sprünge. Hier trifft aber durchaus der Tatbestand des "groben Soundings" zu.

    Die Teile machen den Eindruck, als hätten sie trotz massivster Verarbeitung die Altersgrenze überschritten, denn sie verändern sich während der Einspielphase doch zu stark und wirken dann teils etwas unterbelichtet. Es handelt sich um MP Kondensatoren und sie sind für überschaubares Geld nur noch NOS zu bekommen.

    ca. 3 € das Stück


    Die grünen Russen

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    Noch derberes erdigeres Sounding und ein grober Eingriff in die räumliche Darstellung.

    Damit kann man eine sterile Kette in ein warmherziges vintage Setup verwandeln - so derbe ist der "Impact". Das ist durchaus sehr charmant, aber womöglich kein HiFi mehr.

    Entweder ist die Streuung breit, oder einige der Dinger haben die Altersgrenze überschritten..

    ca. 3 € das Stück


    Grüssle Henner

  • Versuch

    Zu Versuchen fehlt mir langsam der Elan, denn es haben sich hier mehrere Beutel mit "Fehlschlägen" angesammelt.


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    Die einzige Entdeckung in der Phase, als sich diese Tüte gefüllt hat, waren die kleinen Philipse, wovon ich mittlerweile zwei Typen entdeckt habe, die beide eine sehr gute Form machen und die Informationsausbeute im Hochton akurat steigern:


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    ...aber auch die Dinger sind nur noch mit Glück als NOS zu finden und einigermaßen betagt. Alllerdings hatte ich da noch keinen Ausfall wegen Überalterung dabei...

    Teuer sind die auch nicht - etwa 1-2 € pro Stück...

  • Mit diesen Dingern habe ich richtig miese Erfahrungen in Röhrenverstärkern gemacht .

    Alt Russisch muss nicht gut sein . Teilweise 1 Ohm Widerstand .

  • Schon mal russische Teflon probiert?

    Nö - taugen die denn noch was? Die sind ja auch gerne schon ein halbes Jahrhundert alt.


    Russische MP Kondensatoren werde ich nicht mehr testen, denn die haben es zu oft hinter sich und ich löte auch nix in meine LS, was dann alsbald vor dem Ablaufdatum steht.

  • Ehrlich gesagt, Ich habe es aufgegeben. Nichts hat mich auf Dauer überzeugt und es war einiges von der humblehomemade-Liste dabei.

    Probier mal für größere Werte AN Kasei Elkos solo aus. Die gefallen mir besser als die meisten Plaste-Caps.

  • Siemens MKL Zelluloseacetat fallen mir noch ein, wobei, die habe ich nur als Koppelkondensatoren probiert. Die waren vor Jahren mal Hype.

    Entspanntes Hören, Frank


    ] Vorhandensein von Musik - Zuhandensein von Klang [

  • Irgendwelche dubiosen Kondensatoren oder NOS Ware verwende ich grundsätzlich nicht. Da was passendes zu finden ist wie beim Lotto einen 6er mit Zusatzzahl zu tippen.


    Bevor ich einen Kondensator einsetze, werden zuerst einmal die Anforderungen an diesen ermittelt und dann ein entsprechender Typ nach Datenblatt ausgewählt. Als Mindestanforderungen sind dabei Kapazitäts-Wert, Spannung, Strom, Frequenz und Temperatur anzusetzen. Meist kann man dabei empirisch vorgehen und wird sich nicht an Grenzwerte der Datenblätter legen.


    Bei Leistungselektronik (und das kann man durchaus auch für LS-Frequenzweichen annehmen) sind jedoch noch weitere Anforderungen an einen Kondensator (auch wenn er "nur" als Bypass dient) zu überprüfen: Bauform, Temperaturüberhöhung oder Spannungs-Anstiegszeiten, sowie der Verlustfaktor tanδ, um nur ein paar zu nennen.


    Um mal zu zeigen, dass solche Anforderunge nicht sinnlos sind, mal das Beispiel wie sich die Bauform eines Kondensators auf den Verlustfaktor auswirkt. Wahrscheinlich haben sich viele schon mal die Frage gestellt, warum Audio-Kondensatoren meist kurze und dicke Rundwickel sind. Hier die Antwort:

    pasted-from-clipboard.png


    Oder die Temperaturüberhöhung: Um bei modernen Kondensatoren permanente Schädigungen zu vermeiden, darf z.B. bei Polypropylenkondensatoren die Eigen-Erwärmung durch den durchfließenden Strom nicht größer als 10° Celsius sein. Ein Grund dafür, dass Leistungskondensatoren meist ein recht großes Volumen haben.


    Man kann also mMn einen Kondensator nicht bedenkenlos empfehlen, ohne die Randparameter dessen Einsatzes zu kennen.


    Toni

  • Es sollten "schnelle" Kondensatoren mit Spannungswerten von 250-400V haben, mehr ginge auch, aber nicht notwendig. MKP oder auch Styroflex. Ferner gingen auch Glimmer-Cs, sind aber teuer. Gut eignen sich auch Siemens MKH/FKP in Schichtbauweise.

    Was Leistung betrifft, die ist im Hochton weniger kritisch, besonders bei sehr hohen Frequenzen, wo die Bypässe wirken sollen, bewegen wir uns im mW-Bereich. 95% der Leistung gehen auf den TIeftöner.

    Gruß André
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  • Kurze Anstiegszeiten, geringe Ladewechselszeiten, geringe Induktivität, hohe Grenzfrequenzen. Da fallen die klassischen Naß-Elkos schon mal raus. Oder eben auch die "Russenkondensatoren"....wo mir das Verständnis fehlt, was an den Dingern so besonders sein soll?

    Gruß André
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  • Man kann also mMn einen Kondensator nicht bedenkenlos empfehlen, ohne die Randparameter dessen Einsatzes zu kennen.

    Sind diese Parameter denn bei Lautsprechern mittleren Wirkungsgrades für die heimische Kemenate derart unterschiedlich?


    Die für diesen Zweck als "Audiokondensatoren" angebotenen Teile sind doch zu 90 % MKP 450 - 600 V Typen mit seltenen Abweichungen nach unten, was auch für die als Bypässe angebotenen Varianten gilt, die wiederum größtenteils mit Werten zwischen 0,1 - 0,01 µF angeboten werden.


    Könntest du mal kurz & überschlägig an einem Beispiel zeigen, wie du bei der Bemessung vorgehen würdest? Das war ja durchaus Teil der Fragestellung meines Freds und ich schrob ja, daß ich mich meist an Erfahrungswerten oder eben dem Angebot orientiere...

    Hätte man beispielsweise vorher absehen können, daß die Panasonic ECW-FD MKP Kondensator 3,3 µF 1 % 450 V, die ich zum Aufbau einer LS 3/5a Clone Weiche getestet habe (weil sie sich halt prima auf dem Layout der Platine unterbringen ließen), am Ende völlig grütze klingen würden?



    Grüssle Henner