Moin,
eigentlich wollte ich hier ja ein Hilfegesuch starten, weil mein Neuerwerb, ein Thorens TD320 MK iii beim Starten die federnd aufgehängte Chassis Platte mit dem Tonarm zum Wackeln bringt.
Dann bin ich auf eine Umbauanleitung im Web gestoßen, die sich ganz allgemein dem Thema Wackeln beim TD280 und TD3xx widmet. Ich war zwar etwas skeptisch, aber die beigefügten Erläuterungen klangen erstmal schlüssig. Also habe ich den Umbau gewagt - und in Teilen wieder zurück gebaut. Anschließend habe ich selbst mal gemessen und alles so angepasst, dass es auch wirklich was bringt. Vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen von euch bei der Reparatur eures Plattenspielers.
Zuerst mal sei gesagt, dass Thorens offenbar einige optisch sehr ähnliche Platinen verbaut hat! Sucht nach der Nummer auf der Platine, wenn ihr das passende Schaltbild benötigt.
Es ist meiner Meinung nach weder sinnvoll, noch irgendwie vorteilhaft, die verwendeten Operationsverstärker gegen "höherwertige" Bauteile zu ersetzen. Sofern sich, wie im anderen Artikel beschrieben, die Offsetspannung ändert, muss man auch die Bauteile rund um die OPs anpassen, damit es wirklich was bringt. Das wurde nicht getan. Bei mir hat der Wechsel der OPs zu einem dauerhaften Zittern des Motors selbst in Stop-Stellung geführt. Also ganz schnell wieder zurück gebaut.
Den für den Gleichlauf interessanten Teil erledigen die LM324 klaglos. Sie dienen als Vorstufe der Komplementärendstufen und zur 90 Grad Phasenverschiebung der erzeugten Sinuswelle. Wir reden hier von Frequenzen zwischen 20 - 40 Hz, das kann jeder OP leisten.
Kommen wir nun zum restlichen Umbau. Die Originalschaltung findet man zum Beispiel hier: Thorens-TD280_MkII phono.pdf (audio-circuit.dk)
Will man die Ausgangsleistung erhöhen, so muss man entweder den Strom oder die Spannung erhöhen (P=U x I). Der Strom der vier Komplementärendstufen wird durch R138 begrenzt, das sollte man so lassen, sonst überlastet man eventuell den Brückengleichrichter oder das spartanische Steckernetzteil. Also erhöhen wir mal die Spannung.
Das passiert vor allem durch Anpassung der Basis-Vorwiderstände R123, R130, R132 und R137. Die andere Anleitung hat hier einen Wert von 560 Ohm statt 1K vorgeschlagen, das passt aus meiner Sicht so. Zusätzlich muss man allerdings die Begrenzungsschaltung bestehend aus den Zener-Dioden D107-D110 anpassen, sonst wird die Sinuswelle unten und oben abgeschnitten. 6,2V, 0,5W war hier die Empfehlung, auch das passt aus meiner Sicht. Die Unterscheidung zwischen 33 und 45 RPM in der Original-Schaltung kann man vernachlässigen.
Ok, nun haben wir also mehr Leistung über die vier Endstufen, die aber sind mit Transistoren, die jeweils 100mA schaffen, vergleichsweise schwach ausgelegt. An dieser Stelle werden nun in der anderen Anleitung die BC547 gegen 1A Transistoren in einem anderen Gehäuse ersetzt. Die BC557 bleiben unangetastet. Das macht aus zwei Gründen keinen Sinn. In einer symmetrisch arbeitenden Komplementärendstufe sollten immer Transistoren mit gleichartiger Kennlinie verwendet werden, um eine unverzerrte Verstärkung zu erreichen. Außerdem sind 1A Transistoren bei einem 800mA Gleichrichter zwar unzerstörbar, aber warum nimmt man die dann?
Ich habe die verwendeten Transistoren (BC547 und BC557) am Ende durch BC327 und BC337 ersetzt. Die neuen schaffen 800mA (also um Faktor 8 stärker), haben das selbe Gehäuse und sind 1:1 pinkompatibel. Noch dazu sind sie überall für sehr kleines Geld verfügbar.
Nun hatte ich also einen passablen Sinus am Motor anliegen, aber da war immer noch eine komische Oberwelle, die das alles überlagerte. Die Ursache war schnell gefunden. Die angelegte Betriebsspannung über R138 war "nicht sauber". Das liegt in dem Fall nicht am dicken Elko hinter der Gleichrichtung, sondern an einem fehlenden C hinter R138. Hier habe ich nun eine echte Modifikation vorgenommen und einen 220uF Elko nach Masse eingebaut, den es da vorher nicht gab. Der glättet nun nicht nur die Versorgungsspannung der Endstufen, sondern liefert auch im Anlaufmoment zusätzliche Energie und lässt so die Endstufen weniger beim Start in die Knie gehen.
Ich habe mir mehrere Thorens Schaltungen dieser Baureihen angeschaut. Die wichtigen Elemente sind eigentlich immer gleich. Somit sollte sich dieser Umbau auf ähnliche Modelle übertragen lassen. Wem das Drehmoment zu hoch ist, der kann bei den vier Widerständen mit etwas höheren Werten (zB. 680 Ohm) experimentieren. Die Drehzahl ändert sich bei diesem Umbau nicht, muss also auch nicht neu eingestellt werden.
Bilder mit den getauschten OPs habe ich nicht gemacht, da der Teil für mich keinen Sinn macht.
So sieht es mit nicht symmetrischer Endstufe aus:
Hier ist die Endstufe nun symmetrisch, aber insbesondere in den fallenden Flanken sind die Dellen gut sichtbar und verändern sich vor allem auch dauernd:
Und hier das Ergebnis mit zusätzlichem Elko:
Und was hat das Ganze technisch gebracht? Der Motor dreht nun deutlich kräftiger. man kann den Plattenteller nicht mehr mit einer Kohlefaserbürste zum Stillstand bringen. Das Ruckeln beim Start ist nicht ganz verschwunden, aber kaum mehr wahrnehmbar. Letztlich ist es wohl der Freischwingtechnik des Systems geschuldet. Ob sich das nun auch klanglich auswirkt, kann ich nicht mal abschließend beantworten, da ich den Plattenspieler derzeit mit einer uralten DUAL Cartridge betreibe, bis die neue Nadel für den Ortofon Systemträger eingetroffen ist. Aus leidvoller Erfahrung mit meinem Pro-Ject System kann ich aber sagen, dass sich jede positive Veränderung in der Motorsteuerung am Ende auch positiv im Klang bemerkbar macht.
In diesem Sinne einen fröhlichen Tag
Sven