Wie kann es sein, dass ein bestimmtes Laufwerk besser klingt als ein anderes ?

  • 'Klang' lässt sich einfach nur schwer fassen. Und auch Spitzenlaufwerke oder besser gesagt 'heilige Kühe der Plattenspielerwelt', wie Holger Barske es einmal treffend nannte, klingen nicht alle genau gleich, auch wenn sie mit dem gleichen Tonabnehmer bestückt sind.


    Das hat sich mir schon bei verschiedenen Gelegenheiten erwiesen. Wundert mich auch nicht. Woran es im einzelnen genau liegt - schwingungstechnisch - ist nicht immer ganz klar.


    Konstruktionen die längere Zeit gereift sind, wie heute bspw. von Linn oder Technics brauchte man im dieser Hinsicht wohl dennoch nur am wenigsten zu hinterfragen.

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • Hi,

    das sind doch zwei Paar Schuhe:

    Erstens die unbestreitbar vorhandene Limitierung des Mediums (deren Untergrenze aber höher liegt, als meistens zu Grunde gelegt wird) .

    Zweitens die weitere Annäherung an die 100 % Ausreizung dieses Mediums durch Abspielgeräte.

    Hätte man "Erstens" von Anfang an als Schere im Kopf gehabt, wären wir heute noch beim Dual 491 oder ähnlichen Geräten, die das Medium vielleicht zu 2/3 ausgereizt haben.

    Wie weit man die Abspielgeräte an 100 % anzunähern versucht, ist am Ende eine wirtschaftliche Frage, aber auch eine technische. Manche gute Ingenieursidee erlaubt vorher nicht für möglich gehaltene Quantensprünge zu relativ geringen Kosten. Das nennt man dann Innovation. Geniale technische Innovationen haben schon auf vielen Gebieten nicht nur technische, sondern auch entsprechende wirtschaftliche Hürden überspringen können. Als einfaches Beispiel fällt mir ein: Optimierung des Antriebs durch Einregelung der exakten Geschwindigkeit und des exakten Gleichlaufs über quartzgestützte Regelkreise. Die Feinmechanik spielt weiter eine große Rolle, kann aber durch Einsatz von IT, Mess- und Regeltechnik usw. unterstützt werden.


    Richtig ist, dass die Annäherung tendenziell immer schwieriger und teurer wird, je näher man an die 100 % kommt. Da setzen dann "natürliche" Bremsen ein, da immer mehr Kapital benötigt wird, aber wegen des hohen Risikos immer schwieriger zu beschaffen ist. Dennoch kommt doch immer mal wieder ein genialer Daniel Düsentrieb mit innovativen Ideen daher und findet einen mutigen Geldgeber, der die Entwicklung finanziert - und Kunden, die dafür zu zahlen bereit sind. Daneben haben wir, ob man das jetzt gut findet oder nicht, einen wachsenden Bestand von Superreichen, die ihr Geld entweder mit hohem Risiko anlegen oder für irgendwas besonders Luxuriöses ausgeben wollen.


    Konsequenz ist, dass man nicht jeden weiteren Verbesserungsansatz mit dem Hinweis "das Medium ist ohnehin limitiert" und "alles über die bereits erreichten x Prozent wird doch viel zu teuer" abwürgen muss. Denn das regelt sich ganz ohne unsere kleingläubigen Prognosen recht gut und ganz von allein.


    BG Konrad

  • über die bereits erreichten x Prozent

    Damit wären wir dann wieder bei den Messwerten, die sich mit diesen ganz besonders aufwändigen Lösungen erreichen lassen. Sie werden leider nicht immer publiziert. Heute sogar noch seltener als früher.


    Man könnte den Eindruck bekommen, der Aufwand allein - z.B. ein überschwerer Plattenteller - soll schon für sich selbst sprechen. (Bestimmt gibt es noch bessere Beispiele)

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • Nochmal silberfux


    wenn z.B. ein Geräuschspannungsabstand (betr. Lagergeräusche und Antrieb) von mehr als -70dB erreicht wird, so sind die Nebengeräusche der Abtastung höher. (Rillengeräusch der Schallplatte)


    Was bringt es da noch, sich zu steigern? Und wenn der Gleichlauf besser ist, als der Gleichlauf der Schneidemaschine... ? etc. etc.


    Bei Tonarmen und Tonabnehmern liegen die Dinge etwas komplizierter - zugegeben.


    Aber wie kann es dann sein, dass bspw. ein Schick-Arm klanglich so gut performt? Hi-Tech ist das nicht.

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • mir gefällt es , ausgereizte Konzeptionen der Vergangenheit zu analysieren, die verfügbaren Informationen sind ja heutzutage recht leicht „googlebar“


    Im Grunde sind Probleme und potentielle Lösungen schon vor rund 30 bis 50 Jahren verstanden worden.


    In den goldenen Zeiten der analogen Wiedergabe konnte man viele techn Lösungen auf Grund der hohen Stückzahlen mit Leichtigkeit kalkulieren und umsetzen, zB Chassis aus individueller Legierung. Heutzutage scheitert dies an den Kosten der Werkzeugform, die man nur schwer über das Volumen amortisiert bekommt.


    Insofern waren früher bei high end Laufwerken individuell gegossene Chassis nahezu Standard, wohingegen heutzutage die CAD/CAM Möglichkeiten zu aus den vollen gefertigten Aluminium Körpern im Chassis Bau führen.


    Die grossen Stückzahlen liessen auch sehr komplexe Tonarm Konstruktionen zu, weiterhin kann man zu den früheren Zeiten sagen, dass der Analog Kunde auch sehr sachkundig war, so dass auch Tonarme mit komplexem handling angeboten werden konnten.


    So hatte ein Technics EPA-100 Tonarm ein skalierbare Dämpfung . Für diese musste man die Nadelnachgiebigkeit, das Headshellgewicht und das Tonabnehmergewicht kennen und in eine Tabelle übertragen, aus der man dann den einzustellenden Wert der Skalierung ablesen kann.


    In meiner Zeit als Händler habe ich eigentlich noch keinen Dreher gesehen, bei dem dieser Wert korrekt eingestellt war (meistens wurde der Wert der Auflagekraft auch an diesem Rändelrad eingestellt)


    Es gab auch Tonarme, bei denen diese Parameter genutzt wurden, um die korrekte Viskosität der zu verwendenden Dämpfungsflüssigkeit zu bestimmen.


    Derart komplexe Tonarmsysteme würden die heutigen Nutzer zumeist deutlich überfordern,

    diese sind häufig mit der rein geometrischen Einstellung bereits so gefordert, dass man dies zumeist als Händler Service anbietet.


    Entsprechend findet man heute primär recht einfach einstellbare Tonarmkonstruktionen, die wiederum versuchen die bekannten techn Anforderungen durch innovative Details, zB in der Ausführung des Tonarmrohrs zu lösen.



    Höre ich mir moderne High End Laufwerke an, so müssen diese als erstes gegen alte TopLaufwerke bestehen. Bei mir stehen aktuell Kenwood L-07d, Technics SL1200MKII, Luxman PD-444 sowie immer wieder wechselnde Micro Seiki Laufwerke (bis hin zum SX-8000) zum Vergleich bereit.


    Pauschal kann man sagen, dass man heutzutage leicht in der 20k Preisklasse landet, wenn man diesen Laufwerken Paroli bieten mag. Bei einem Ms SX-8000 sind dann heutzutage auch schon mal 50k und mehr nötig, um einen Klang auf dem level dieses Drehers zu ermöglichen.


    Hinsichtlich Kaufkraft bleibt anzumerken, dass ein kompletter MS SX-8000 (dh mit Airbase) dem damaligen Neupreis von 3x VW Golf in Basisausstattung entsprach, was auch damals ein amtlicher Preis war.


    Insofern sind heutige Laufwerke mit vergleichbarer Performance im Marktpreis ähnlich angesiedelt.


    Gruss

    Juergen

    HEIMSTATT DER MUSIK

    Veranstalter musikalischer Events,
    Händler für hochwertige audiophile Genussmittel mit analogem Schwerpunkt


    AAA- Mitglied

  • Hätte man "Erstens" von Anfang an als Schere im Kopf gehabt, wären wir heute noch beim Dual 491 oder ähnlichen Geräten, die das Medium vielleicht zu 2/3 ausgereizt haben.

    Hallo Konrad,


    ich widerspreche Dir nicht gerne, aber schon ab 1219, 1229, 1249 und spätestens

    bei 701 und 721 war Dual schon bei 100% und die Platte das limitierende Element.

    Der von Dir genannte 491 war ein Brot und Butter Plattenspieler, für den aufgerufenen Preis gar nicht mal so schlecht, nicht mehr aber auch nicht weniger :sorry:


    Liebe Grüße aus der Nordsee


    Jürgen

    "Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen"


    Theresia von Avila

  • Man kann das so sehen. Die Erfahrung auf vielen Gebieten ist allerdings, dass es meistens noch reichlich Luft nach oben gibt. Was den Schick Arm angeht: Bei jeglicher Kontruktion ist doch entscheidend, was "hinten rauskommt". Wenn ein Super Ergebnis mit einer einfachen Konstruktion erreichbar ist, nenne ich das "smart engineering" und aufwändigere Konstruktionen, die auch nicht mehr erreichen, wären nicht HiTech, sondern ein Overkill und Ressourcenverschwendung. BG Konrd

  • Wenn man dann als haptische Steigerung über die Duals 701 und 721 dann mal einen Micro Seiki DDX-1000 bzw. einen BL-91 anschaut und anhört oder einen Sony PS-8750, dann erkennt man, dass spätestens mit diesen Spielern aus den 70ern technisch das Medium Schallplatte mehr als ausgereizt ist.


    Ich begreife deshalb nicht, wie ältere Männer mit ihren naturgemäßen Defiziten im Hörvermögen bedeutende Unterschiede zwischen hochwertigen Laufwerken heraushören können. Ich traue mir das mit meinen 61 Jahren nicht zu und kenne einige andere Musikhörer, denen das ebenso geht. Ich bin mit Plattenspielern und Hifi seit mehr als 45 Jahren unterwegs und traue mir selbst durchaus ein gutes Urteilsvermögen zu.


    Deshalb verorte ich solche Ansagen wie "Luft nach oben" eher ins Reich der Eigen- bzw. Fremdsuggestion, verursacht durch geschickte Beeinflussung von Herstellern, Medien und Händlern, die im Hifi Business ihr Geld verdienen, Marketing halt. Alter Spruch: Folge dem Geld!


    Gruß


    Andreas

    AAA Member mit Unmengen an altem Geraffel

  • Andreas,

    ich stimme Dir zu. Dennoch stoße ich selbst mit 72 Jahren manchmal noch deutlich an die Grenzen des Mediums Schallplatte.


    So z.B. wenn ich bei stillen Musikpassagen, wo praktisch kein Ton auf der Rille geschnitten ist, das Rillengeräusch rauschen höre, sobald ich laut aufdrehe.


    Stecknadeln kann ich also auf Schallplatte nicht fallen hören. Digital geht das schon viel eher! Bin halt ein alter Noise-Phobiker.

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • So z.B. wenn ich bei stillen Musikpassagen, wo praktisch kein Ton auf der Rille geschnitten ist, das Rillengeräusch rauschen höre, sobald ich laut aufdrehe.

    "Laut aufdrehen" -- wie laut, lauter als Platten üblicherweise gehört werden?


    Ab einem gewissen Pegel rauscht auch die Phonovorstufe, oder das Bandrauschen des Masterbandes wird hörbar.


    -- Joachim

  • Ab einem gewissen Pegel rauscht auch die Phonovorstufe, oder das Bandrauschen des Masterbandes wird hörbar.

    Yes Sir, das kommt noch dazu. :(


    Bandrauschen, damit habe ich mich früher viel mit rumgeschlagen, sei es bei Open-Reel oder Cassette. Ich sag nur: DNL, DBX, DOLBY... :)

    Mit freundlichen Grüßen, Jo


    Jedes Mal, wenn ich es einfacher machte, klang es besser.

  • Aber ist das Vollaufdrehen des Lautstärkereglers an der Vorstufe wirklich der Maßstab? Bei meiner Röhrenvorstufe kann ich dann auf Phono ungewollt meinen eingeschalteten Tuner hören.


    Relevanter ist doch eine Stellung des Potis bei der die lautesten Passagen einer Platte nicht zu laut sind. Bei einigen Platten (z.B. nicht auf 33mm Filmband aufgenommenen Mercury Klassik-LPs, und übrigens auch auf den CDs dieser Aufnahmen) kann ich auch bei realistischen Poti-Stellungen Bandrauschen wahrnehmen.


    Bei den CDs hätte man durch Nachbearbeitung das Rauschen wohl eliminieren können -- aber vielleicht hätte man dann klanglich das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet.


    -- Joachim

  • Es geht doch bei Schallplattenwiedergabe gar nicht um das „Fallenhören der Stecknadel“ sondern um die „Emotionalität“ des Musikhörens. Bei guten Aufnahmen zieht es einen halt ungleich tiefer in die Musik als bei einer noch so guten digitalen Wiedergabe(und das sage ich als hauptsächlicher Digitalhörer). Was dabei eine Rolle spielt können wir letztendlich nur vermuten, aber es gibt definitiv Laufwerk/Tonarm/System Kombinationen die das eindeutig besser können als andere und das unabhängig von Messwerten und den „Grenzen des Mediums Vinyl“ an sich.

  • Ich höre Schallplatten auch eher wegen der Emotionen, der Haptik an und für sich und weil ich gewisse Platten nicht digital kaufen werde.


    Ich würde niemals 15.000€ für einen Plattenspieler ausgeben, der dann vielleicht die letzten 3% Tonqualität herausholt die mein Dual 714 nicht mehr erreicht.

    Für eine gute Tonqualität gibt es digitale Möglichkeiten die das Rauschen, Brummen und Zischeln viel kostengünstiger minimieren...

  • Zitat

    kommt doch immer mal wieder ein genialer Daniel Düsentrieb mit innovativen Ideen

    wo hatten wir denn in den letzten sagen wir mal 15 Jahren einen genialen Daniel Düsentrieb? Und um wieviel hat er bestehende Konzepte klanglich übertroffen?

    Mir fiele da nur das optoelektrische Tonabnehmer-System ein.

    ---------------------------------------------------------------------------------------------

    LS 5/9 BBC old school

  • wo hatten wir denn in den letzten sagen wir mal 15 Jahren einen genialen Daniel Düsentrieb? Und um wieviel hat er bestehende Konzepte klanglich übertroffen?

    Mir fiele da nur das optoelektrische Tonabnehmer-System ein.

    Den optoelektronischen Tonabnehmer gab es schon in den 70ern von Toshiba. Ein uralter Hut also.


    Gruß

    Andreas

    AAA Member mit Unmengen an altem Geraffel

  • Ernsthaft:

    Glaubt eigentlich jemand hier an die vollmundigen Versprechungen der Hifi-Industrie im allgemeinen und der Analog-Industrie im besonderen vom permanenten technischen und klanglichen Fortschritt? Von immer mehr Punkten in den Hitparaden der Testsieger?


    Ja mei, da wird dann mal das Lager gedreht oder dem Spurfehlwinkel mit den akrobatischsten Konstrukten zu Leibe gerückt oder die bösen Resonanzen bekämpft wie Nancy Faeser die zukünftigen Wutaufstände (äh, abgerutscht, Thema verfehlt 8) )



    Ich halte es mehr mit JWGoethe:


    Getretner Quark

    wird breit, nicht stark.

    ---------------------------------------------------------------------------------------------

    LS 5/9 BBC old school

  • Ich würde niemals 15.000€ für einen Plattenspieler ausgeben,...

    Ich auch nicht. Aber es gibt offenbar genügend Kunden, die das und mehr ausgeben. Vermutlich sind das auch nicht nur alte Männer (das scheint ja eine ganz besonders üble Sorte zu sein ;) ). Und es gibt genügend Firmen, die von solchem Luxuskonsum leben. Soll das (per Dekret?) beendet werden, nur weil einige Auskenner meinen, das der Plattenspieler nahezu ausentwickelt sei und es sich angesichts des limitierten Mediums ohnehin nicht lohne, an noch besseren Abspielern weiter zu arbeiten? Lassen wir das doch ausnahmsweise mal durch den Markt entscheiden. Auch beim Auto wird doch munter weiter entwickelt werden, obwohl Porsche oder Mercedes oder wer weiß wer schon mehrfach das perfekte Auto vorgestellt haben und demnächst ein Tempolimit eingeführt wird, für das jeder Dacia gut genug wäre. Und wer kauft dann die Superschlitten? Richtig: überwiegend alte Männer. BG Konrad