Symmetrische Anschlüsse ohne symmetrische Signalverarbeitung - Vorteile nur bei langen Verbindungen ??

  • Für Laien, aber auch für viele, wo man erst mal entsprechendes Fachwissen unterstellen würde, stellen symmetrische Anschlüsse an Home-Audio Komponenten erst mal ein Synonym für Qualität dar, da die Signalverarbeitung gemäß einem sog. "Studio-Standard" wahrgenommen wird.

    Die Geräte besitzen dadurch bei potentiellen Käufern eine hohe Strahlkraft.


    In Wirklichkeit ist das alles Augenwischerei - symmetrische Eingänge stellen in den meisten Fällen eine Verschlechterung dar, weil entweder die pos. Hälfte oder die neg. Hälfte durch eine zusätzliche Stufe geleitet wird zum Invertieren.

    Das wiederum hat damit zu tun, das Audio-Komponenten aus der Verstärkertechnik sowohl im Studio als auch auf der Bühne (PA) praktisch alle intern eine unsymmetrische Signalverarbeitung aufweisen - auch Brückenschaltungen sind meistens nicht wirklich spiegelbildlich.


    Man hat also i.d.R. elektronische OPA-Konverter-Schaltungen, die das Signal wandeln von symmetrisch auf unsymmetrisch (balanced/unbalanced) und umgekehrt (bei höheren Ansprüchen werden Symmetrie-Übertrager z. B. von Lundahl verwendet), so daß nur dann Vorteile zu verzeichnen sind bezüglich Verbesserung des Störspannungsabstandes, wenn große Längen bei den Signalleitungen verwandt werden.


    Eine symmetrische Signalverarbeitung mit perfekter Spiegelbildlichkeit (ohne Massebezug) ist aus meiner Sicht nur mit einer Circlotron-Schaltung möglich - siehe

    https://forum.visaton.de/filedata/fetch?id=612456

    die auch oft "PPP" (parallel push pull) genannt wird.


    Ich kenne dieses Prinzip nur bei einigen Endstufen - Line-Vorstufen und RIAA-Vorstufen sowie MC-Vorvorverstärker müßten aber auch nach diesem Prinzip realisierbar sein, die eigentlich nur den Nachteil haben, das pro Kanal zwei unabhängige Netzteile samt Trafo notwendig sind.


    Lange Vorrede - kurze Frage:

    Wer kennt Marken, die eine konsequent symmetrische Signalverarbeitung im gesamten Pfad aufweisen ?

    Besten Dank für Hinweise.

    == Gewerblicher Teilnehmer ==

    3 Mal editiert, zuletzt von A.K. ()

  • A.K.

    Hat den Titel des Themas von „Symmetrische Anschlüsse ohne symmetrische Signalverarbeitung - Vorteile nur bei langen Verbindungen.“ zu „Symmetrische Anschlüsse ohne symmetrische Signalverarbeitung - Vorteile nur bei langen Verbindungen ??“ geändert.
  • In Wirklichkeit ist das alles Augenwischerei - symmetrische Eingänge stellen in den meisten Fällen eine Verschlechterung dar, weil entweder die pos. Hälfte oder die neg. Hälfte durch eine zusätzliche Stufe geleitet wird zum Invertieren.

    Das sehe ich genauso wie du, 'Symmetrisch' ist halt das Schlüsselwort im beliebten Hifi-Bullshit-Bingo. Worauf es z.Bsp. bei einer symmetrischen Verbindung wirklich ankommt habe ich in den letzten 25 Jahren in keiner Hifi-Zeitschrift lesen können und scheint auch niemanden zu interessieren. In Fachbüchern wie 'EMV' von Joachim Franz ist das neben vielen anderen Zusammenhängen der Entstehung von Störungen und deren Vermeidung aber sehr gut erklärt.

    Auf irgendwelche OP-Amp-Gräber zur angeblichen Erzeugung symmetrischer Singale kann ich auch gut verzichten.

    Wer kennt Marken, die eine konsequent symmetrische Signalverarbeitung im gesamten Pfad aufweisen ?

    Hier müsste man nach meiner Meinung zwei Dinge grundsätzlich unterscheiden:


    - Gibt es nur ein elektrischen Signal zwischen 2 Polen, wie halt beim Ausgang von MM- oder MC-Systemen und werden diese dann im ersten Verstärker einseitig oder per Widerstände oder Trafoankopplung mittig auf die Schaltungsmasse gelegt und damit symmetriert ?


    - Oder werden im Verstärker zwei vollkommen eigenständige Signale erzeugt, die genau spiegelsymmetrisch sein sollen, und jeweils ihre Spannung gegen die Schaltungsmasse haben? Dann gibt es eben zwei vollkommen unabhänige Signale im Verstärker und theoretisch könnte im einem Mozart laufen und im anderen die Beatles.


    Gerade letzteres scheint in 'symmetrischen' Schaltungen eher angewand zu werden, genauso wie in den Fällen, wo mit OP-Amps die beiden vollkommen unabhängigen Signale für die symmetrischen Ausgänge erzeugt werden. Irgendwann müssen diese beiden unabhängigen Signale wieder zu einem Signal zusammengefasst werden, da am Ende der Lautsprecher wieder nur ein Signal zwischen zwei Polen sehen möchte.

    Je länger die beiden Signale jetzt 'vollsymmetrisch' und damit unabhängig voneinander die ganze Verstärkerkette durchlaufen, desto stärker können sie sich am Ende auch amlituden- und vor allem auch zeitmässig unterscheiden. Am Ende hört man nur die Differenz zwischen diesen beiden Signalen, da sie ja in einem Differenzverstärker zusammengefasst werden müssen oder zur Ansteuerung der beiden Halbwellenzweige in einem Gegentaktverstärker verwendet werden. Genau dabei können nach meiner Auffassung viele Details verwaschen werden oder verloren gehen. Das ist auch manchmal mein Eindruck gewesen, wenn ich solche Ketten gehört habe.

    Viele Grüsse

    Jürgen

  • Das meinte mal Hr. Pass dazu:


    The question comes up all the time – are balanced inputs (XLR) better than single-ended (RCA)? The answer is that balanced lines generally give lower noise and slightly less distortion. They are recommended unless your favorite source component has only RCA outputs.


    Angeblich soll mein INT-150 vollsymmetrisch arbeiten. Pass nennt das ja X/SuperSymmeric.


    Die meißten werden XLR-Ausgänge bevorzugen, weil sie lauter sind als die RCA :)

  • Symmetrische Verbindung hin oder her...

    ...ich bevorzuge sie allein schon deshalb weil RCA-Stecker immer irgendwie ein Geraffel sind... da lob ich mir doch einen Neutrik XLR, beim Konfektionieren, beim Stecken und im Handling generell und im Vergleich zu hochwertigen RCA-Steckern auch noch fast schon billig...


    Gruß

    Stefan

  • Wer kennt Marken, die eine konsequent symmetrische Signalverarbeitung im gesamten Pfad aufweisen ?

    Da fällt mir keine einzige ein, wäre ja auch kontraproduktiv. Accuphase stellt dies aber

    im Prospekt gern so dar. Bei einzelnen Geräten gab es mal die Burmester 850, eine Brückenendstufe mit symetrischem Eingang. Danach hat DB aber wohl dazugelernt.

    Ein Akkord reicht aus. Zwei Akkorde sind schon Grenzwertig.

    Bei drei Akkorden bist du im Bereich des Jazz.


    Lou Reed


  • Wer kennt Marken, die eine konsequent symmetrische Signalverarbeitung im gesamten Pfad aufweisen ?

    Nelson Pass macht das z.Bsp. in seiner Vorstufe Aleph P1.7 :

    http://poshaudio.blogspot.com/2012/06/aleph-p17-pre-amp.html

    Invertierter- und Nicht-Invertierter-Eingang werden hier vollkommen getrennt verstärkt wobei jeweils ihre Phase gedreht wird.

    Es gibt wohl auch Endstufen von ihm die sehr ähnlich arbeiten.

    VG Jürgen

  • Sehr viele Infos gibt der Hersteller leider nicht raus. Die im Prospekt versprochenen

    ausführlichen Infos sucht man auf der Homepage leider vergeblich.

    Ein Akkord reicht aus. Zwei Akkorde sind schon Grenzwertig.

    Bei drei Akkorden bist du im Bereich des Jazz.


    Lou Reed


  • Mir kam gerade beim Lesen von...

    War wohl bei der Accuphase 280L genau so. Vier Verstärkerzüge mit Vierfachpoti. Die ‚Differenzbildung‘ erfolgte in den Endstufen P800 / M1000

    ...der Gedanke: Um symmetrische Signalverarbeitung komplett durchzuziehen, z.B. in einem Vollverstärker mit symmetrischem Phonoeingang, dann folgenden getrennten + und - Verstärkerzügen, eigentlich auch vier Endstufen (also je + und eine - je Kanal in Brückenschaltung) verbaut sein müssten.


    Gibt's sowas?


    Ob das dann (u.a. wegen möglicher Toleranzen, Verstärkungs- und Verzerrungsunterschieden in den + und - Zügen) wirklich besser wäre...?


    Grüße,

    Winfried

    Die schlimmsten Geiseln der Menschheit sind nicht Krankheiten und Katastrophen, sondern menschliche Dummheit, Angst und Gier!

  • Mir kam gerade beim Lesen von...

    ...der Gedanke: Um symmetrische Signalverarbeitung komplett durchzuziehen, z.B. in einem Vollverstärker mit symmetrischem Phonoeingang, dann folgenden getrennten + und - Verstärkerzügen, eigentlich auch vier Endstufen (also je + und eine - je Kanal in Brückenschaltung) verbaut sein müssten.


    Gibt's sowas?

    Burmester 850, s.o.


    Zitat

    Ob das dann (u.a. wegen möglicher Toleranzen, Verstärkungs- und Verzerrungsunterschieden in den + und - Zügen) wirklich besser wäre...?

    Nein, die Desymetrierung gehört direkt an den Eingang.

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    Lou Reed


  • Nein, die Desymetrierung gehört direkt an den Eingang.

    Ich denke da liegt ein Mißverständnis vor: Konzeptidee war, daß man eben gar nicht erst desymmetriert, sondern mitt den symmetrisch weiterverarbeiteten Signalen + und - je eine Endstufe ansteuert und diese beiden in Brückenschaltung an die Lautsprecher anschließt.


    Grüße,

    Winfried

    Die schlimmsten Geiseln der Menschheit sind nicht Krankheiten und Katastrophen, sondern menschliche Dummheit, Angst und Gier!

  • Genau hier ist der Denkfehler beim Schlagwort vollsymetrisch, das würde dazu

    führen dass jede Störung maximal verstärkt würde und sich erst am Lautsprecher

    auslöscht. Genau das will man eben nicht haben, je früher die Störung eliminiert

    wird desto effektiver. Mal von der unnötigen Auslastung der Verstärkerstufen ganz

    abgesehen.

    Ein Akkord reicht aus. Zwei Akkorde sind schon Grenzwertig.

    Bei drei Akkorden bist du im Bereich des Jazz.


    Lou Reed


  • Hier mal ein praktisches Beispiel aus dem Prospekt zum Accuphase C3800:



    pasted-from-clipboard.png



    Oben ein Differenverstärker der aus dem symetrischen Signal das

    unsymetrische Differenzsignal macht, also Gleichtaktstörungen wie

    Einstreuungen oder Potentialdifferenzen eliminiert. Genau das ist

    der Zweck eines symetrischen Eingangs.


    Darunter die Schaltung im C3800. Hier sind zwei Differenzverstärker

    am Eingang parallelgeschaltet, einer davon mit vertauschten Eingängen.

    Beide liefern nun dasselbe Differenzsignal gegen Masse, wegen der

    vertauschten Eingänge aber mit unterschiedlicher Polarität. Es wird

    also desymetriert und quasi sofort wieder symetriert. In einem anderen

    Prospekt wurde das entsprechend gezeichnet damit es eben so aussieht

    als würden hier unterschiedliche Signale getrennt verstärkt.


    pasted-from-clipboard.png



    Quelle: Prospekt zum C3850

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    Lou Reed