Instandsetzung eines Ultrapath Line Stage Röhrenverstärkers

  • Hallo,


    mich ereilte der Hilferuf eines Forumsmitgliedes aus dem Ahrtal. Bei dem Hochwasser war seine Hifi Anlage komplett abgesoffen. Unter Anderem hatte es eine Ultrapath Line Stage erwischt. Nach mehreren Trocknungs und Repararturversuchen, verschiedener hilfsbereiter Kollegen, landete das Gerät bei mir auf der Werkbank. Mitgeliefert wurden zwei neue Netztrafos. Die alten waren angeblich defekt. Dazu aber mehr später.


    Als Erstes ein Sicherheitscheck:

    Der Check brachte zwei Todsünden zum Vorschein. Zum einen waren die Leiterbahnabstände zwischen den 230V Netzspannung zu gering. Es waren 1mm statt der nach VDE vorgeschriebenen 6mm. Das zweite Problem Analogground und und PE waren nicht wie laut VDE vorgeschrieben direkt erfolgt sondern mit der "Musikertod Erdung" ausgeführt. Ein 100 Ohm Widerstand verband PE und Analogground. Eine Lebensgefährliche Sache. Ich weis das wird öfters gemacht um Brummproblemen den Garaus zubereiten.

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    Ok nicht schön aber nicht das Problem.


    Als nächstes die Platine aus dem Gehäuse ausgebaut. Auf der Rückseite zeigte sich das eigentliche Problem. Die Symmetrierwiderstände waren verbrannt und haben die Platine beschädigt. Die Brandstelle wurde gereingt und mit Epoxy stabilisiert. Die verbrannte Leiterbahn wurde mit Kupferband wieder hergestellt. Problem welche Werte hatten die Widerstände. Zum Glück gab es ein zweites Geräte das zwar 7 Jahre jünger war und ein anderes Platinenlayout hatte, aber die beiden Symmetrierwiderstände waren gut zu finden. Es waren 2 x 47 Ohm 0,6 Watt. Ich endschied mich für 2 x 47 Ohm 2 Watt MOX- Widerstände.

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    Im nächsten Schritt wurde noch ein aufgeplatzter Elko in der Heizspannungssiebung ersetzt und die Platine an das Labornetzgerät gehängt. Dabei zeigte sich das der Heizkreis der Stromregelung nicht funktionierte. Die Suche mit dem Messgerät brachte 4 defekte 1 Ohm Widerstände zum Vorschein. Die dienten offenbar dazu die viel zu hohe Gleichstromheizspannung herab zu setzen. Nach dem Austausch heizten die Röhren wieder.


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    Weiter ging es mit dem lustigen Fehlersuchen. Einer der Vorgänger hatte die viel zu großen Elko der Anodenspannung- Siebung getauscht. Leider wurde die Elko zwar korrekt wieder eingebaut, aber die Lötstellen waren alle "kalt". Es wurde bleifreies Lot verwendet und bei zu niedriger Löttemperatur verarbeitet. Also mit der Weller Entlötpumpe das alte Lot entfernt und mit verbleitem Lot, wie vorher, verlötet. Das brachte wieder eine saubere Anodenspannung.


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    Jetzt war es an der Zeit die Platine wieder in das Gehäuse zu setzen und die neuen Trafos einzubauen. Dabei stellte sich heraus das die Dinger zu groß für das Gehäuse sind. Das war den Vorgängern anscheinend auch schon aufgefallen denn die Befestigungswinkel waren schon angepasst worden. Was das Platzproblem aber nicht löste. Der rechte Trafo steht 5mm über. Ohne Deckel ging es aber und der Verstärker wurde an den Regeltrenntrafo gehängt. Oh Schreck nix ging. Sind die neuen Trafos auch kaputt, kann doch nicht sein. Also musste ich die 230V Netzseite untersuchen, was ich aber auf Grund der fachlichen Fehler nicht machen wollte. Was "mutt das mutt". Stück für Stück die Verkabelung überprüft und die Fehlerquelle gefunden: den Netzschalter hat es zerlegt. Das Wasser der Ahr hatte ihn aufquellen lassen, beim Ausbau zerfiel er in seine Einzelteile. Über diesen Netzschalter hat man keinen Trafo prüfen können. Es liegt der Schluss nahe das die Originaltrafo in Ordnung waren.


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    Nächster Prüfschritt: Signalkontrolle. Der rechte Kanal lieferte bei 1kHz und 100mV auf allen Kanälen ein sauberes Signal. Der linke Kanal war tod. Die Suche förderte eine defekte 1N4148 Diode in der Spannungsregelung zu Tage. Getauscht und das Gerät lief wieder.

    Erledigt die Kiste läuft wieder. Wie der Besitzer mit den viel zu großen Trafos umgeht weis ich noch nicht da halte ich mich raus. Vielleicht bauen wir einen der alten Trafos wieder ein, nach einer gründlichen Sicherheitskontrolle.

    Ich werde auf Grund der Verstösse gegen die elektrische Sicherheit in dem Gerät, das Gerät als defekt und nicht sicher betreibbar an den Besitzer zurück geben. Ob er es dann einschaltet und betreibt ist seine Sache.


    Salu Hans

    PS: Auf Grund des Alters (17 Jahre) des Gerätes kann ich nicht sagen ob die fachlichen Fehler schon im Neuzustand des Gerätes existiert haben. Was ich mir nicht vorstellen kann.

  • Ich finde deine klare und strikte Haltung zum Thema fachgerechte Ausführung auf der Primärseite sehr löblich! Da redet man hier in diesem Forum oft gegen Wände und handelt sich regelmäßig Kommentare unterhalb der Gürtellinie ein...


    Deine Reparatur ist sehr gut dokumentiert und zeigt ein Herangehen mit Sachverstand. Es lässt aber durchblicken, dass die Vorgängerkollegen sich lieber anderen Dingen widmen sollten, als einer solchen Instandsetzung. Das eigene Können richtig einzuschätzen ist offenbar nicht immer so einfach...


    Schön, dass das Gerät wieder läuft!

    Meinen Glückwunsch zur gelungenen Reparatur. :thumbup:

    Kontaktaufnahme nur per E-Mail. Eigene Adresse ist mitzusenden.

  • Moin 🍻

    PS: Auf Grund des Alters (17 Jahre) des Gerätes kann ich nicht sagen ob die fachlichen Fehler schon im Neuzustand des Gerätes existiert haben. Was ich mir nicht vorstellen kann.

    Bei den Leiterbahnenabständen muss es ja so sein – oder habe ich einen Denkfehler?

    VG
    Mario

  • Moin 🍻

    Bei den Leiterbahnenabständen muss es ja so sein – oder habe ich einen Denkfehler?

    Hallo,


    es gibt eine Alternative zur 230V Versorgung des zweiten Trafo über ein Kabel ohne die Platinen Verbindung zu nutzen. Ich kann aber nicht mehr feststellen wie das im Auslieferungszustand ausgeführt war. So wie ich das Gerät bekam wurde die Platine für die Netzversorgung des zweiten Trafo verwendet.


    Salu Hans

  • Hi,

    von welchem Hersteller ist denn das Gerät?

    Vielleicht ist da ja etwas mehr Info raus zu bekommen.

    Entspanntes Hören, Frank


    ] Vorhandensein von Musik - Zuhandensein von Klang [

  • Hi,

    von welchem Hersteller ist denn das Gerät?

    Vielleicht ist da ja etwas mehr Info raus zu bekommen.

    Hallo,


    da es sich um ein gesperrtes Forumsmitglied handelt sage ich da nichts dazu. Die Diskussion wurde vor meiner Zeit im Forum geführt.

    Die Spezialisten hier im Forum werden das Gerät mit Sicherheit anhand der Fotos erkennen.


    Salu Hans

  • Hallo Hans,


    bei dem Alter von 15 Jahren ist eigentlich davon auszugehen, daß bei der Herstellung durchgängig mit Pb-freiem Lot gearbeitet wurde.

    Kenne aber auch das Problem mit der Verarbeitung - v.a. damit auf Platinen schöne Lötstellen hinzubekommen - und kann verstehen, daß Du lieber mit gutem hergebrachten Material gearbeitet hast.


    Platinen bei Röhrenschaltungen mag ich allein aufgrund der Erfahrungen im Service vor vielen Jahren nicht mehr sehen.

    Besonders übel: doppelseitige Layouts mit Zig Durchkontaktierungen.


    Gruß Klaus

  • Hi,
    meiner Meinung nach sollte ein Ground Lift immer schaltbar sein, damit man es bewerkstelligen kann, dass bei einem Gerät mit Schutzleiter in der Anlage die Signalmasse mit dem Schutzleiter verbunden ist. Das ist dann im Fall wo die Phase an die Signalmasse gerät, sicher, weil kein Bauteil durchbrennen kann.
    Im Fall von einer Brummschleife einfach alle Ground Lift Schalter zu betätigen ist nicht im Sinne des Erfinders.

    Entspanntes Hören, Frank


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  • 2 dicke Leistungsdioden anti-parallel, parallel zum 100R gelegt, reduzieren im Katastrophenfall die mögliche Fehlerspannung auf maximal 1 V, bevor dann die Absicherung der Haus-Steckdose anschlägt.

    Grüße Andreas


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    We shall never surrender!

  • 2 dicke Leistungsdioden anti-parallel, parallel zum 100R gelegt, reduzieren im Katastrophenfall die mögliche Fehlerspannung auf maximal 1 V, bevor dann die Absicherung der Haus-Steckdose anschlägt.

    Welcher Strom fließt im Kurzschlussfall?

    Welchen Strom halten die Dioden kurzzeitig aus?

    Was brennt eher durch, die Dioden oder eine der Sicherungen?


    Ich weiß keine genauen Antworten auf die Fragen.


    Gefühlt finde ich einen Groundliftschalter die bessere Lösung. Ja, der hat auch nur einen gewissen Strom, dem er stand hält. Da verbacken die Kontakte wahrscheinlich zuerst, bevor sie durchbrennen.


    Ist etwas off topic.

    Entspanntes Hören, Frank


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  • Das ist ein handelsübliches Gerät und der der es gemacht hat weiss was er tut. War ja auch teuer genug. Ich habe von dem Hersteller Phono's gehört und die waren gut. Viel schöner , daß der Aniliner mal was substantielles über Geräteausführung im Hinblick auf Sicherheit sagt. Ich musste an meinen Händler denken, der ist auch immer mit Isolierband rumgelaufen und hat die Masseleitungen abgeklebt oder durchgepezt wenn's gebrummt hat.

    Steht übrigens hinten drauf wer's gemacht hat Frank. Sieht man an den Trafos und der Platine.... Der Robert hat was von dem.