Faust - So Far (1972)
Faust - So Far | Releases | Discogs
Der Journalist Nettelbeck hatte die aus 2 Hamburger Bands entstandene Gruppe 1970 mit irren Versprechungen an Polydor bringen können. Den Ausnahmemusikern, aber auch Ausnahmefreaks wurde ein ehemaliges Schulhaus inklusive Technik und Toningenieur zur Verfügung gestellt, in dem sie die nächsten 2 Jahre residierten.
So Far war 1972 allerdings die letzte Chance für Faust ihr Schulhausstudio zu behalten. Die erste, überambitionierte Platte war grandios gefloppt. Journalisten mögen die zwar, ich halte sie aber für missglückt und zu wirr geschnittenen. Man war einfach noch zu stark von Zappa beeinflusst.
Polydor forderte nun vehement kommerzielleres Material. Nur wussten leider weder Nettelbeck noch die Freaks wie sie das bewerkstelligten sollten. Es wurde einfach darauf geachtet den einzelnen Stücken mehr Struktur zu geben und auch die Schnitte waren harmonischer und weniger zappaesk.
Den Anfang macht ihr wohl eingängigstes Lied „Its a Rainy Day Sunshine Girl“, ein monoton (1/1 Takt? ) schamanistisch stampfendes Wunderwerk mit dem (für mich) schönsten Saxafonsolo der Welt am Ende.
"On The Way To Abamae" ist eine verträumt pastorale Ballade im Stile Syd Barretts vom Hauptsongwriter Rudolf Sosna und dann geht es erst richtig los.
"No Harm" klingt wie die Blaupause für Post-Punk im allgemeinen (lediglich der nervige Gesang, stört ein wenig).
Das Titelstück "So Far" selbst ist ein rythmisches vertracktes Meisterwerk, das ich so noch von keiner anderen Band hörte und wäre in einer besseren Welt wohl die Erkennungsmelodie einer TV-Show geworden.
Das mächtig elektronisch dahinblubbernde "Mamie is Blue" könnte auch einer der besseren Momente von Throbbing Gristle sein.
Die Platte floppte natürlich wieder und das Kapitel Polydor und Wümme war für sie endgültig vorbei.
Jeder der die wirreren Sachen von Can, oder Post-Punk im allgemeinen mag, sollte in dieses Werk mal reinhören. Die Platte leidet, wie alles von Faust etwas am schwachen Gesang und dem erratischem Schnitt.
Die ordnende Hand eines Holger Czukay bei der Wahl der Bänder oder ein Produzent wie Conny Plank, von mir aus auch Lee Perry (der hätte die wenigstens unter den Tisch kiffen können) hätte mehr aus dem Material herausholen können. Die Stärken von Faust waren leider auch immer ihre Schwäche.
Trotzdem ein unglaublich einflussreiches Meisterwerk, dem man mehr als eine Hörsession geben sollte. Mir hat sich diese Platte nicht beim erstenmal erschlossen und ich entdecke bei fast jedem auflegen noch Details.
Das Original ist, mit ein wenig Geduld, unter 70€ (ohne Inserts) zu bekommen und das Reissue von Bureau B klingt auch nicht schlecht, nur etwas anders.
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