Albert Mangelsdorff -Trilogue Live!

  • Moin Gemeinde,


    inspiriert von Audioalex möchte ich auch mal eine Platte unseres Local Heros hier vorstellen:



    Abert Mangelsdorff, tb, Jaco Pastorius, bg, Alphonse Mouzon, dr,
    Trilogue- Live at the Berlin Jazz Days 1976, MPS 0068.175, produced by J.E. Behrend



    Dieses Werk von 1977 ist eine Sternstunde des Jazz, wie es sie so oder so ähnlich selten gegeben hat. Eigentlich gibt es tausend Gründe dafür, warum so eine Besetzung gar nicht funktionieren kann... haben wir doch hier drei sehr individuelle Musiker, die sich dennoch auf der Bühne der Berliner Jazztage an diesem 06.November 1976 so wunderbar ergänzten, als hätten Sie nie etwas anderes getan.
    Dabei war als Bassist ursprünglich Dave Holland oder Charlie Haden vorgesehen, weil Albert mehr auf "akustisch" stand. Beide, wie auch Ron Carter und Buster Williams, waren aber mit anderen Bands auf Tour oder nicht bezahlbar.
    So kam es, dass J.E. Behrend Jaco Pastorius aus einer ebenfalls laufenden Tournee mit Weather Report gegen die Widerstände von Joe Zawinul loseisen konnte, und Jaco tatsächlich 4 Tage vor Konzertbeginn mit seinen zwei bundlosen Fender-Jazz-Bässen und einer dicken Anlage einflog.
    Es folgten 3 Tage Proben und dann am 4 Tag das Konzert, was dann in dieser Reihenfolge von Carlos Albrecht auf Band festgehalten wurde:


    "Trilogue" 6:13
    "Zores Mores" 8:12
    "Foreign Fun" 7:31


    "Accidental Meeting" 8:50
    "Ant Steps on Elephant Shoes" 9:35


    Die Klangqualität ist für ein Live Konzert wirklich gut gelungen, auch wenn Jacos Bass etwas mehr Druck vetragen könnte, auch so raschelt der Teppich von Mouzons Snaredrum immer mit. Pressung und Fertigung ebenfalls sehr ordentlicher BASF/MPS Standard.
    Ich möchte das musikalisch gar nicht so sehr kommentieren, aber was dieses Trio da spielt, das ist auch an heutigen Masstäben gemessen immer noch sensationell, die polyphone Akkordüberblastechnik von Albert, die maschinengewehrähnliche Präzision der Rolls und Fills von Alphonse Mouzon und die klug pointierten, singenden Riffs von Jaco ergeben eine einzigartige beseelt- explosive Mischung, an der ich mich bis jetzt einfach nicht satthören konnte.
    Bei jedem Auflegen dieses Tondokuments fallen einem neue Details auf, die man bisher gar nicht wahrgenommen hatte. Ein unerschöpflicher Mikrokosmos musikalischer Interaktion und fast blindem Verständnis.
    Wenn ihr ein bisschen offene Ohren habt und gelegentliche "freie" Passagen in der Musik nicht schrecken(obwohl es hier kaum solche Momente gibt) dann kann ich nur jedem empfehlen, sich diese Platte zu besorgen. Macht euch selbst ein Bild davon.


    Ich hatte in meiner Zeit als Taxifahrer in Frankfurt mehrmals Gelegenheit, Albert Mangelsdorff von seinem Zuhause in Frankfurt Rödelheim(Westside!) zum Jazzkeller oder anderen Auftrittsorten zu fahren, das waren Begegnungen, an die ich mich sehr gerne erinnere. Er wirkte in seinem Auftreten sehr bescheiden, obwohl er schon mit so vielen grossartigen Musikern zusammengespielt hatte, immer ein paar lustige Anekdötchen über Auftritte oder Musikerkollegen auf der Pfanne...
    Zu "Trilogue" meinte er nur: "Ja, das war schon einmalig, der Jaco ist ja leider schon tot, das hätten wir gerne nochmal wiederholt."


    Ich entgegnete damals, dass er mir unbedingt einmal diese Platte signieren müsste "beim nächsten Mal"...leider kam es aber nie mehr dazu...



    frank

    4 Mal editiert, zuletzt von applewoi ()

  • Hallo Frank,
    wirklich schöne Rezension, hat mich so neugierig gemacht, dass ich mir die Platte gleich bestellt habe.... bin dann mal sehr gespannt!


    Gruß Gerd


    Micro Seiki BL 91, van den Hul „the frog“, Digna 2, AudioNet Sam G2, Harbeth 7 ES - 3


  • @ Frank:


    Hochinteressant! Pastorius hat ja neben Weather Report u.a. auch ganz gerne in Trios gespielt, und das, was Du schreibst, hat bei mir den gleichen Effekt wie bei Gerd und Wolle: Die Platte kommt auf die Wunschliste.


    Analoge Grüße


    Achim

    Ist es so falsch, zu Hause bei seiner Schallplattensammlung sein zu wollen? (Nick Hornby)


    Watching the Wheels.

  • Hallo,


    ja! diese Scheibe ist einer meiner Lieblings-Jazzscheiben seit mehr als 25 Jahren.


    Albert spielt betörend, Jaco brachial (und anders als bei Weather Report) und Mouzon ist ein Tier. Was der hier trommelt wird nur auf seinen Solo-Scheiben überboten.


    Könnt ihr euch noch vorstellen?: damals gab es Solo-Scheiben von Jazzrock-Drummern - die auch - zumindest in meinen damaligen Kreisen - fast alle kannten und hörten!


    Viele Grüsse,
    Mario

    Viele Grüsse,
    Mario


    It is good taste, and good taste alone, that possesses the power to sterilize and is always the first handicap to any creative functioning. (Salvador Dali)

  • Hallo zusammen,


    ob ihr es glaubt oder nicht, am Mittwoch habe ich eben diese neu (!) in Andernach für 13,45€ erworben. Allerding als Nachpressung aus der Serie "The JazzEdition" von MPS. Ich kann mich nur Franks gelungener Rezension anschließen. Klasse!


    PS: ich durfte ihn auch einmal live erleben während meiner Frankfoddä Zeit


    Viele Grüße
    Axel

  • Abermals Dank, Frank!


    Große Klasse, diese Rezension. Auch hier blieb die Wirkung nicht aus: soeben geordert. :)


    Gruß
    Gerd

  • Zitat

    Original von 2285b


    Allerding als Nachpressung aus der Serie "The JazzEdition" von MPS.


    Viele Grüße
    Axel



    Oh, Klasse, ich wusste gar nicht, das die nachgepresst wurde.
    Naja, diese Scheibe hat es auf jeden Fall verdient! ;)


    Da ihr mir jetzt soviel Honig um den Bart geschmiert habt, müsst ihr nächste Woche mit einer Rezension von Astrud Gilberto rechnen...:P


    frank

    Einmal editiert, zuletzt von applewoi ()

  • Zitat

    Original von solong


    Albert spielt betörend, Jaco brachial (und anders als bei Weather Report) und Mouzon ist ein Tier. Was der hier trommelt wird nur auf seinen Solo-Scheiben überboten.


    Könnt ihr euch noch vorstellen?: damals gab es Solo-Scheiben von Jazzrock-Drummern - die auch - zumindest in meinen damaligen Kreisen - fast alle kannten und hörten!


    Diese Scheiben aus dem Bereich Jazz -Rock (Fusion) gehören auch für mich immer noch zu meinen Liebsten. Neben der klassischen "Spectrum" von Billy Cobham, würde ich die MPS-Aufnahmen von Alphonse Mouzon (z.B. "Virtue" oder auch "Hip Elegy" mit Joachim Kühn) zu den Herausragenden zählen.
    Beim Trilogue Konzert in der Berliner Philharmonie war ich übrigens seinerzeit als Zuschauer vor Ort..ein unvergesslicher Abend!

  • Hallo zusammen,
    schön, dass hier "meinem" Instrument so viel Beachtung zuteil wird!!! Zur "Trilogue" wurde ja schon Einiges geschrieben, bei Interesse stelle ich Euch die Tage eine weitere schöne Posaunenplatte aus dem Hause MPS vor :meld: @ portello: Ich beneide Dich... Viele Grüße, Klaus-Bernd

  • Zitat

    Original von K-B
    bei Interesse stelle ich Euch die Tage eine weitere schöne Posaunenplatte aus dem Hause MPS vor


    Aber klar, mach hin!


    Zitat

    Original von K-B
    @ portello: Ich beneide Dich...


    Und ich erstmal...;(



    frank

  • Hallo Frank,


    tolle Rezession, wirklich!


    Ich habe die Platte schon seit einigen jahren im Schrank stehen. Das Stück "Zores Mores" ist wirklich der Hammer. Hier kann man genau hören, warum Pastorius ein Ausnahmebassist war (leider).


    Noch ein Tip. Wenn ihr die Platte gebraucht kauft, dann achtet darauf, dass innen das Beiblatt beiliegt. Die Entstehungsgeschichte der Platte beginnt auf dem Cover und geht auf diesem Beiblatt weiter.



    Viel Spass beim Hören.


    Gruss


    Peter

    Gruss Peter

    Einmal editiert, zuletzt von Peter Dahm ()

  • Zitat

    Original von Peter Dahm
    Ich habe die Platte schon seit einigen jahren im Schrank stehen. Das Stück "Zores Mores" ist wirklich der Hammer. Hier kann man genau hören, warum Pastorius ein Ausnahmebassist war (leider).


    An guten Tagen irgendwie "out of this world" ;-), allerdings auch ein sehr schwieriger Typ bis hin zu seinem tragischen Ende. An besagtem Spätherbst - Wochenende in der Philharmonie schlugen u.a. noch Larry Coryell mit seiner sehr guten rhythm section (John Lee & Gerry Brown, der Mouzon an den drums abgelöst hatte), sowie Jan Hammer mit Fernando Saunders (heute bei Lou Reed) am Bass auf. Mangelsdorff war aber der absolute Höhepunkt. Im Rückblick ein Ausnahmekonzert (im Sinne des Wortes), ähnlich fulminant ging's nur noch beim Mahavishnu Orchestra (Mark I) zur Sache. Nach der Aufführung der "Birds of Fire" in der alten Düsseldorfer Rheinhalle '73 war für mich als (Rock Fan) nichts mehr so wie vorher ;)

  • Zitat

    Original von portello


    An besagtem Spätherbst - Wochenende in der Philharmonie schlugen u.a. noch Larry Coryell mit seiner sehr guten rhythm section (John Lee & Gerry Brown, der Mouzon an den drums abgelöst hatte),


    ;)



    Mit John Lee und Gerry Brown gibt es demnächst in diesem Theater noch eine Vorstellung einer ziemlich ge...nialen Jazzrock- Scheibe.


    Danny Toan, anyone?



    frank

  • So, jetzt ist die Trilogue auch schon bei mir angekommen, und sie klingt sehr gut, ist leider auch nur die Jazz Edition Nachpressung, die Musik ist trotzdem sehr gut aufgenommen und geht sehr sehr ab!
    Hat sich also mal wieder gelohnt, sich von der Rezension mitreißen zu lassen, danke nochmal!


    Gruß Gerd


    Micro Seiki BL 91, van den Hul „the frog“, Digna 2, AudioNet Sam G2, Harbeth 7 ES - 3


  • Also für die Kölner Stammtischler, ich habe diese Platte in der 'Jazz-Edition' Ausgabe über falls über obigen link vergriffen, weil ich mittlerweile eine echte MPS davon habe.
    Andererseits finde ich die 'Birds of Underground' nicht mehr wieder, nachdem mir der tolle Bericht darüber noch mal richtig Lust darauf gemacht hat -- wenn also noch jemand ein Exemplar übrig hat ... (*hust* *hust* *hust*)
    Rüdiger

  • Ich habe mir damals die Scheibe sofort nach Erscheinen gekauft und sie bis zum heutigen Tag in einem optimalen Zustand bewahrt. Allerdings bin ich bei ausgesuchten Meisterwerken schon lange dazu übergegangen, mir diese - sofern erhältlich - auch als CD zu "speichern". Diesbzgl. wird's bei der "Trilogue" aber im Handel langsam eng. Lieferbar über Amazon (Marketplace) ist noch für 23 EUR eine (erstklassige) japan. Pressung aus der Universal Jazz -Reihe, diese als Lp-Replika liegt bereits bei über 70 EUR. Der Sound dieser CDs ist vom Feinsten und wenn man das sogen.OBI-Verkaufsband am Rand nicht wegschmeisst, besitzt man schon bald eine gesuchte Rarität.


    Jaco und Alphonse haben ausser mit Albert auf Tonkonserve meines Wissens nur noch einmal zusammengespielt und zwar auf der Golden Dawn-Suite von/mit Al Di Meola.