Hallo,
nachdem ich mich jetzt gut zwei Wochen an den ersteigerten Linn Axis mitsamt seinem originalen K9 gewöhnt hatte, war es Zeit für einen Umbau auf das Dynavector Karat bzw. einen intensiveren Vergleich mit dem Well Tempered.
Wie bereits geschrieben macht der Axis mit dem K9 am MM-Eingang des VTL Maximal sehr viel Spaß. Akustische Instrumente haben ordentlich Körper und klingen im Mittenbereich ziemlich fett. Obwohl man nichts vermißt, fallen die Höhen irgendwann doch gnädig ab. Man hat also nicht den Eindruck übermäßigen Detailreichtums, dafür halten sich Störgeräusche in engen Grenzen. Auch ältere Platten aus den 60ern (maximal VG+-Zustand) lassen sich richtig gut anhören.
Im direkten Vergleich zum Well Tempered kommt man schnell dahinter, daß das Ganze so klingt, als sei die (nicht vorhandene) Loudness-Taste am Verstärker gedrückt worden. Nicht aufdringlich, aber schon deutlich hörbar. Das hört sich jetzt allerdings schlimmer an, als es ist - tatsächlich habe ich mich dabei ertappt, diese Art der Präsentation besonders abends als angenehm zu empfinden. Man hört bei geringerer Lautstärke mehr von der Musik. Der Vergleich mit der Loudness-Taste ist natürlich etwas grob, ich wollte damit auch nur die Tendenz andeuten. Ein bißchen Kompression plus leichte Mittenbetonung trifft es vielleicht besser. Der Well klingt schlanker, hat aber bei noch geringeren Störgeräuschen in den Frequenzextremen mehr zu bieten. Besonders betrifft das den Baß: Unterhalb einer bestimmten Frequenz (ich würde gefühlsmäßig mal sagen so 80 Hz) macht der Axis im Wesentlichen nur noch "Blobbb", egal ob es sich um einen gezupften Kontrabaß oder eine Kickdrum handelt.
Interessant ist, daß der Axis eine sehr saubere Bühne in alle Richtungen zeichnet und damit ganz deutlich macht, was dem Well Tempered fehlt: eine anständige Motorsteuerung. Um das mal ganz klar zu sagen: In dieser Beziehung macht der Axis den Well platt, und zwar nach Strich und Faden. Die Gitarre von Narciso Yepes (The World of the Spanish Guitar, Decca SPA-179) steht wie angenagelt im Raum, obwohl die Aufnahme eher hallig ist und der Mikrofonabstand zum Instrument ungewöhnlich groß erscheint. Der Well klingt feiner, was die Nuancen des Gitarrenspiels angeht, aber die Raumabbildung ist undefinierbar.
Trotzdem konnte ich es nicht lassen, das K9 gegen ein von Herrn Göttmann mit Shibata-Nadel retipptes Dynavector Karat 17D auszutauschen, zumal der Vergleich gegenüber dem mit einem Denon DL-103R (ebenfalls Shibata-retipped) ausgestatteten Well damit etwas gerechter ausfällt.
Was soll ich sagen? Bis jetzt ist es eine große Enttäuschung. Das Dynavector wirkt mager und ausgezehrt. Der Baß ist nicht besser als mit dem K9, aber leider ist auch der satte, voluminöse Mittenbereich nicht mehr da, und das liegt nicht an den Übertragern. Ob am VTL oder direkt am MC-Eingang des Clockwork-getunten Cyrus2/PSX, es will sich einfach keine Freude einstellen. Obenrum ist es sehr hell, obwohl es nicht zischelt. Die Klangfarben sind eigentlich nicht schlecht, aber irgendwie fehlt überall das "Fleisch". Ich habe mir größte Mühe mit der Einstellung gegeben (MFSL Geodisc, 1,8 g Auflagegewicht), aber die Abtastung ist nicht so, wie ich es erwartet hätte.
Wenn ich ehrlich sein soll: Ich glaube, daß der Akito kein adäquater Arm für das hart aufgehängte Dynavector Karat 17D mit dem extrem kurzen Nadelträger ist. Vielleicht gehört das Karat ja auch in einen Dreher, der von Haus aus üppigen Baß zu bieten hat. Möglicherweise braucht es ja auch eine gewisse Einspielzeit, obwohl ich einfach nicht glauben mag, daß sich nach 200 Stunden plötzlich Welten auftun.
Jedenfalls spielt der Well im Vergleich jetzt deutlich geschmeidiger. Beim Axis mit Dynavector hat man fast den Eindruck, als seien die vorherigen Schattenseiten des Well und des Axis addiert worden.
Ich denke mal, ich werde einen der jüngst ersteigerten gebrauchten K9-Nadeleinschübe mit einer dem Original am nächsten kommenden elliptischen Nadel retippen lassen und dann auf MM rückrüsten. Oder hat jemand eine bessere Idee?
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Gehört an: VTL Maximal, Clockwork Cyrus2/PSX, Celestion SL600.
Platten: Narciso Yepes, The World of the Spanish Guitar, Decca SPA-179. Chuck Sagle, Splendor in the Brass, Reprise RS 6047. Airs from French Opéras comiques, Christiane Eda-Pierre/Academy of St. Martin in the Fields/Marriner, Philips 9500609.