Hallo zusammen,
nachdem es zu diesem Thema sehr unterschiedliche Hörberichte und keine wirklich zufriedenstellenden theoretischen Erklärungen gibt, habe ich mir einmal die Mühe gemacht, es einmal intensiver aus theoretischer Sicht zu betrachten.
Das verwendete Ersatzbild ist folgendes:
siehe Anhang: ESB.pdf
Uta: Wechselspannung des Tonabnehmers
Rta: Gleichstrom Innenwiderstand des Tonabnehmers
Lta: Induktivität des Tonabnehmers
Z1: komplexer Wechselstromwiderstand der Reihenschaltung von Rta und Lta
C(k+vv): Kabelkapazität und Eingangskapazität des Vorverstärkers
Rvv: Abschlusswiderstand des Vorverstärkers
Z2: komplexer Wechselstromwiderstand der Parallelschaltung von Rvv und C(k+vv)
Uvv: Wechselspannung am Eingang des Vorverstärkers
Formeln: (leider elektronisch nicht so schön darstellbar)
Ausgehend vom Spannungsteiler Z1, Z2 ergibt sich folgende Ausgangsformel:
1.) Betrag(Uvv/ Uta) = Betrag(Z2/ (Z1+Z2))
2.) Betrag(Uvv/ Uta) = Betrag (Z2)/ Wurzel( (Rta+Betrag (Z2)*cos(alpha)) zum Quadrat + (2*Pi*f*Lta – Betrag(Z2)*sin(alpha))zum Quadrat)
3.) Betrag(Z2) = Rvv/ Wurzel(1+(2*Pi*f*Rvv*C(k+vv)) zum Quadrat)
4.) Alpha = arctan (2*Pi*f*Rvv*C(k+vv))
Sieht man sich diesen Formelwust einmal an, wundert man sich nicht mehr, dass dieses Thema gerne ein wenig oberflächlicher diskutiert wird.
Was sagt uns das Ganze:
1. bei niedrigen Frequenzen (f gegen 0) ergibt sich der rein ohmsche Spannungsteiler zwischen Rta und Rvv.
2. bei hohen Frequenzen (f gegen 20 kHz) , kleinem Rta und kleinem Rvv muß die Induktivität berücksichtigt werden
3. bei hohen Frequenzen und großem Rvv (>20 kOhm) muß die Kapazität mitberücksichtigt werden
Beispiele: Benz ACE SL und Grado Statement Platinum
siehe Anhang: Abschlußwiderstand.pdf
Auswertung der Ergebnisse:
1.) Auswirkung des Abschlusswiderstandes auf den Frequenzgang:
Die hierbei relevante Zeile ist: Abweichung Uvv/Uta bei f=20 Hz gegenüber f=20 kHz in dB
1a.) Benz: Keine Auswirkung des Abschlusswiderstandes auf den Frequenzgang.
1b.) Grado: durch den kleinen Innenwiderstand und die hohe Induktivität des Systems, werden hohe Frequenzen bei kleinem Innenwiderstand gedämpft. Bei Rvv=10 Ohm ergibt sich eine Absenkung um 9,6 dB, was einer Klangkatastrophe gleichkommt. Bei Rvv=100 Ohm ist immer noch eine leichte Absenkung um 0,5 dB festzustellen. Ab Rvv=220 Ohm sind keine wesentlichen Veränderungen mehr zu erwarten.
Trotz der in beiden Fällen hohen Resonanzfrequenz (Benz: 1,5 Mhz, resp. Grado: 670 kHz) habe ich für beide Systeme die Formeln mit Rvv=22 kOhm und den Frequenzen von 10 kHz bis 21 kHz in 1 kHz-Schritten durchgespielt, um sicherzugehen, dass keine Resonanzeffekte im hörbaren Bereich liegen. Da das Ergebnis wie erwartet war, es gibt keine, habe ich auf diese Diagramme verzichtet. Somit sind die Werte für f=20 Hz und 20 kHz repräsentativ für die Aussagen über den Frequenzgang.
2.) Auswirkung des Abschlusswiderstandes auf den Ausgangspegel
Die hierbei relevante Zeile ist: Pegelunterschied zum nächst niedrigeren Widerstandswert in dB bei f=20 Hz
2a.) Benz: Steigert man den Abschlusswiderstand von 10 auf 100 und dann auf 220 Ohm, so steigt der Pegel um 5,2 dB (Rvv von 10 auf 100 Ohm), bzw. 0,4 dB (Rvv von 100 auf 220 Ohm). Danach ist keine hörbare Pegelerhöhung mehr feststellbar.
2b.) Beim Grado steigt der Pegel in diesen Fällen um 1,7 resp. 0,12 dB. Der erste Pegelunterschied ist hörbar.
3.) Auswirkung des Abschlusswiderstandes auf die Dynamik
Je geringer die Eingangspannung Uvv, umso schlechter ist der Signal-/ Rauschabstand am Ausgang des Leistungsverstärkers. Hörbare Pegelunterschiede bewirken demnach auch eine hörbare Verringerung der Dynamik.
Fazit:
1. hörbare Frequenzgangunterschiede sind nur in folgendem Sonderfall feststellbar: großes Lta, kleines Rta, kleines Rvv. Auch in diesem Fall ist ab einem Rvv=220 Ohm (also 100*Rta) ebenfalls kein Unterschied mehr ableitbar. Nicht ohne Grund wird ein höherer Abschluss für das Grado empfohlen. In allen weiteren Fällen ist keine hörbare Auswirkung des Abschlusswiderstandes auf den Frequenzgang feststellbar.
2. Mit steigendem Rvv steigt der Pegel Uvv, das Signal wird einfach lauter, ohne sich tonal zu verändern. Korrigiert man diese Pegeldifferenz bei Hörvergleichen nicht, erscheint das lautere Signal besser. In beiden Fällen ist aber ab Rvv= 220 Ohm kein hörbarer Unterschied vorhanden.
3. Die Dynamik wird ebenfalls besser, wenn der Pegel Uvv höher wird. Auch hier ist in beiden Fällen ab Rvv=220 Ohm keine hörbare Veränderung mehr zu erwarten.
4. Somit konnte ich nur eine Empfehlung für eine Untergrenze des Verhältnisse von Rvv/ Rta ableiten. In den meisten Fällen „passt“ die alte Daumenregel 1:10 ganz gut (Benz), in einigen Sonderfällen (Grado) kann die Untergrenze höher liegen.
5. Eine Obergrenze für den Abschlusswiderstand konnte ich nicht herleiten. Die Aussage, dass ein Benz bei 22 kOhm anders klingen soll als z. B. bei 1kOhm, ist nicht theoretisch belegbar.
Viele Grüße
Christian