Noch kürzer:
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Ende Januar 1977. Nick Mason, seines Zeichens Schlagzeuger von Pink Floyd, die gerade auf Deutschland-Tournee sind, nimmt sich zwischen zwei Gigs Zeit für etwas eher Ungewöhnliches. Zusammen mit einem befreundeten Journalisten ist er unterwegs in Schleswig-Holstein. Dort lebt angeblich irgendwo eine Urgroßtante, und Mason ist auf der Suche nach seinen deutschen Wurzeln. Trotz des eisig kalten Winters im Norden der Republik zieht man um die Häuser und landet schließlich in der Kneipe von „Onkel Erwin“. Der hat, wie es seinerzeit so üblich ist, einen angeschlossenen kleinen Saal für Veranstaltungen, und dort steht auch ein Klavier ...
Irgendwann - der Abend ist schon fortgeschritten - taucht Jürgen Drews, der im nahegelegenen Schleswig aufgewachsen ist, auf und wird mit großem Hallo begrüßt. Nick Mason hingegen ist für die einheimische Landbevölkerung einfach nur ein Freak mit langen Haaren, den niemand kennt. Zwar gibt es „Animals“ auch in der Gegend um Drews´ Heimatort zuhauf - allerdings eher in Form von lebendem Nutzvieh, als in Gestalt des letzten Pink Floyd-Albums, das gerade veröffentlicht worden ist.
Drews selbst sieht natürlich sofort, wen er da vor sich hat, und nach einigen Gläsern Flensburger beschließt man, im Hinterzimmer ein wenig zu jammen, Nick Mason am Klavier und Drews an der Gitarre, die ihm irgendwer in die Hand gedrückt hat. Der befreundete Journalist nimmt alles auf. Und so geschieht es, dass Nick Mason unter anderem mit einem wunderbar radebrechten "Ein Bett im Kornfeld" zu hören ist. Zu vorgerückter Stunde kommt „Onkel Erwin“, um die Jungs mit Kartoffelsalat und Würstchen zu füttern. Es ist überliefert, dass Jürgen Drews, der angeblich damals schon Vegetarier war, den ganzen Kartoffelsalat alleine aufgegessen hat. Für Nick Mason blieben folglich nur die Würste. Der Journalist erzählt später, dass die Beteiligten nach Mitternacht mit heftigen digestiven Problemen zu kämpfen hatten …
Das schier Unglaubliche: Von dieser Session in einer Kneipe im winterlichen Schleswig-Holstein gibt es eine privat hergestellte LP, die natürlich nie offiziell in den Handel kam. Die Platte wurde einseitig gepresst, das Cover-Artwork besteht aus einem Cartoon von Mason und Drews. Es ist unklar, wer von den beiden in alkoholisiertem Zustand die Skizze zu Papier brachte; fest steht aber, dass sie noch bei „Onkel Erwin“ entstanden ist.
Anzunehmen ist, dass nicht nur Mason beim musikalischen Tête-à-Tête mit Drews trotz des nahrungsmittelbedingten Ungemachs jede Menge Spaß hatte. Wie sonst wäre es zu erklären, dass diese obskure LP überhaupt das Licht der Welt erblickte, wenn auch nur in (selbstredend) äußerst geringer Stückzahl, wie auf der Rückseite der Hülle zu sehen ist.
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In ähnlichem Maße interessant ist außerdem die Widmung, die der Sportwagenfan Mason später hinterließ. Welcher Brian vier Jahre nach der Session bei „Onkel Erwin“ wohl dem Pink-Floyd-Schlagzeuger die LP zum Signieren vorlegte, wird sich vermutlich kaum noch rekonstruieren lassen. Der Nürburgring als Treffpunkt illustrer Prominenz mag hier Anlass zu Spekulationen geben.
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Neben Drews´ oben genanntem Cover-Hit, der ab dem zweiten Refrain lautstark von den anwesenden Kneipenbesuchern mitgesungen wurde, sind hier noch zwei weitere Kuriositäten verewigt: der Gershwin-Klassiker „It ain´t necessarily so“ und eine urkomische, aber leider nach dem dritten Versuch abgebrochene Version von Pink Floyds „Money“. Drews hatte hier deutlich hörbare Probleme mit dem 7/4-Takt, der das Stück bekanntlich dominiert. In Anbetracht des kolportierten Alkoholpegels sei es ihm verziehen. Aufnahmetechnisch ist die Sache natürlich nicht ausgereift. Die Uher Report des Journalisten stieß spätestens bei der „Kornfeld“-Lautstärke des Kneipenpublikums an ihre Grenzen.
Analoge Grüße
Achim