Thorens TD145 "In Rock"

  • Hallo zusammen,
    eigentlich wollte ich nach einigen negativen Erfahrungen hier im Forum diesen Bericht gar nicht mehr schreiben, aber vielleicht gibt es doch den ein oder anderen Thorens- bzw. Schieferfreund, der sich für meine Erfahrungen interessiert.
    Zunächst hatte ich einfach für die wohnzimmerliche Nebenanlage einen bill..., äh, günstigen Plattenspieler gesucht. Nachdem mich der TD280 MkIV, den ich für 100€ hätte haben können, wg. seinem Plaste-Charme und seiner - sagen wir etwas einfacher ausgeführten Lager- / Tellerkonstruktion so gar nicht überzeugen konnte, schlug ich für denselben Preis in der Bucht bei einem TD145 MkI zu. Der hat bekanntlich noch das 10mm-Lager und den Metallinnenteller. Leider funktionierte die Endabschaltung nicht mehr; wahrscheinlich ein defekter Kondensator. Zeitgleich fiel mir in der englischen Bucht ein NOS L.A.D.-Jelco für incl. Transport unter 200€ in die Hände, sodass mich wieder der Basteltrieb packte: Hatte Klaus (Wastel) nicht vor geraumer Zeit davon berichtet, Schieferzargen für Thorens-Dreher anzufertigen? Der Kontakt war schnell hergestellt und Klaus freundlicherweise auch so nett, nach längerer Abstinenz nochmal eine solche Zarge zu bauen. Für die Motorsteuerung hatte ich wieder ein Linn Valhalla angedacht, das sich bereits beim TD150 bewährt hatte. Zwar fehlte mir die Erfahrung mit dem Valhalla bei den frühen TD160/145ern, aber rein technisch sollte es schließlich funktionieren - was es denn auch tat.
    So langsam trudelten alle Zutaten ein: Beim Tonarmbrett entschied ich mich diesmal gegen die Fa. Schaeffer und kaufte im Rahmen der Euro-Rettung bei einem gut beleumundeten griechischen Ebayhändler ein, der bereits seit längerem Alubrettchen mit allen nötigen Schrauben für die Kombination LAD-Jelco - Blechthorens anbietet. Hervorzuheben ist hier nicht nur die sehr saubere Verarbeitung, sondern auch die sagenhaft schnelle Lieferung: Innerhalb von zwei Tagen war das gefütterte Briefchen mit dem Board da. Der Tonarm kam mit allen notwendigen Zutaten incl. Dämpfungsöl. Leider waren die Lager noch nicht eingestellt, sondern wackelten fröhlich vor sich hin - vermutlich wurde die Lagereinstellung seinerzeit bei LAD vorgenommen. Netterweise hatte sich Andreas (v.w.W.) wieder bereit erklärt, an der Bastelaktion teilzunehmen und übernahm schon im Vorfeld die Durchverkabelung mit M. Grözingers Kabelset und auch die Lagerjustage - unter telefonischer Beratung von Uwe (Sauron). Euch beiden auch an dieser Stelle ganz lieben Dank!
    In den Weihnachtsferien erfolgte dann die Montage: Zunächst wurde das ganze Endabschaltungsgesumse entfernt, lediglich die Mimik für das Riemenumlegen 45/33 blieb. Anschließend bedämpften wir dann nach alter Väter Sitte Subchassis und Deckblech mit Terosonmatte, sowie das Lager mit Plastic Fermit. Die Valhalla-Platine sollte im Spieler Platz finden. Klaus hatte hinten in der Zarge schon eine Kaltgerätebuchse angebracht, sodass der Anschluss der Schottenelektronik an das Stromnetz kein Problem darstellte. Schon schwieriger war es, mit einer Stichsäge in die Multiplex-Bodenplatte eine genau passende Öffnung für den Taster zu sägen, aber auch dies gelang. Beim Anbringen der Platine wollten wir es ganz schlau anstellen: Sie sollte ähnlich wie beim LP12 unten am Subchassis befestigt werden. Damit das Ganze auch reversibel blieb, klebten wir unter die Platine und unter das Subchassis selbstklebende Klettverschluss-Pads. Das hielt...
    ...genau eine Plattenseite. Kein Problem, dachte ich: Mit Zwei-Komponenten-Kraftkleber soll dem doch wohl beizukommen sein!? Vorsichtshalber ließ ich den Spieler unten offen zwei Stunden stehen, und nun hielt es wirklich...
    ...wieder genau eine Plattenseite lang. Des Rätsels Lösung: Das Valhalla wird so heiß, dass jede Kleblösung zum Scheitern verurteilt war. Also galt: Legen statt KLeben-das Valhalla liegt jetzt einfach auf der Bodenplatte. Warum wir nicht gleich auf die Idee gekommen sind? Weiß ich auch nicht - warum einfach, wenn's auch umständlich geht? Einfacher gestaltete sich das Aufbauen des Tonarms - das Brettchen erwies sich als sehr präzise gefertigt.
    Tatsächlich drehte sich der Teller nach Stromzufuhr und sanftem Tastendruck - sogar in die richtige Richtung; Linksverkehr herrscht ja, wie ich noch vom TD150 her wusste, nur, wenn man absurderweise das Valhalla farbgleich an den Motor anschließt. Leider musste noch ein Brummproblem beseitigt werden; nach entsprechenden Messungen konnte in der Masseleitung des Grözinger-Kabels ein Bruch festgestellt werden. Dies war zwar ärgerlich, konnte aber durch ein separates, im Tonarmschaft anzulötendes Massekabel schnell behoben werden.
    Nun stand dem Hören nichts mehr entgegen - Wie würde sich der gepimpte Blechdreher (Stichwort: Mittelklasseplunder) wohl gegen meine anderen Flohmarktdreher schlagen? Wir gingen gleich in die Vollen und schraubten das Ortofon-Holzheadshell mit dem Benz Ruby vom TD320 an den Schiefer-Thorens. Für die kritischen Wächter über die Vergleichbarkeit vorab: Beide stehen auf baugleichen Wandracks, der Jelco-LAD ist dem SA750D recht ähnlich (vgl. Bilder), die Tonarmkabel sind jeweils von Grözinger, der Rest der Kette ist identisch - die Vorverstärkung übernahm natürlich bei beiden die Lukaschek mit Dr. Fuß-Netzteil. Wir begannen mit unserer bewährten "Testplatte" "Brothers In Arms", Originalpressung, Seite 2: Ride Across The River. Hier würde der TD320 mit dem Ruby aufgrund seiner hervorragenden, plastischen Raumdarstellung kaum zu toppen sein. Der TD145 überraschte dennoch in einer Weise, die mir die Kinnlade tiefer rutschen ließ. Er schaffte es nicht nur, in den genannten Bereichen durchaus auf Augenhöhe zu agieren, sondern fügte der Wiedergabe etwas zu, was ich in meiner Kette immer ein wenig vermisst habe: Bass. Die Vroemen-Lautsprecher reichen zwar sehr tief herab (untere Grenzfrequenz 28Hz) und sorgen mit ihren Keramikchassis auch in den tiefsten Bereichen für eine äußerst präzise, fein ziselierte Wiedergabe, sind aber tonal eher schlank. Und Subchassis-Spieler können ja bekanntlich auch keinen Bass, sodass ich mich schon damit abgefunden hatte, dass es bei mir nunmal nicht so "fett" zugeht. In der Tat sind mir andere Parameter in der Musikwiedergabe wichtiger. Na klar, denkt jetzt vielleicht mancher, der Blechschwabbler dickt den Oberbass einfach aufgrund seiner unpräzisen Wiedergabe an und "macht so einen auf dicke Hose". In der Tat ist der 145er in der Basspräzision etwas schwächer als der TD320, was z.B. bei Platten wie der "The XX" auffällt. Dabei handelt es sich aber um Nuancen, auffälliger ist, dass der Bass beim verbastelten Blechgerät nun viel tiefer reicht und so dem gesamten Klangbild ein síchereres Fundament bietet, ohne zu dröhnen oder zu wummern - so hatte ich das in meiner Anlage noch nicht gehört. Ein Effekt, der sich übrigens auch auf Breite und Tiefe der Klangbühne auswirkt. Meine Lieblings-Arie "If God Be With Us" aus Händels Messias (Emma Kirkby, Christopher Hogwood: Decca) klang nun viel realistischer nach der Kirche, in der sie aufgenommen wurde: Die Anmutung mit dem TD320 war mehr Studio-like. Je nach Stimmung kann das durchaus besser gefallen, da es mit dem TD320 zwar weniger in die Breite und Tiefe ging, dafür aber präsenter und trockener klang. Meine Frau drückte es so aus: Mit dem 320er klingt es, als ob man im Studio direkt vor Frau Kirkby sitzt, mit dem Schiefer-145er so, als ob man in der Kirche sitzt. Für analytisches Hören hat der TD320 die Nase etwas vorn, für das "Sich in die Musik fallen lassen" der TD145. Das Mehr an (Tief)Bass macht die Klangbühne insgesamt noch plastischer, opulenter und greifbarer, was sich z.B. auch schön an der notorischen "Jazz At The Pawnshop" ablesen - oder besser abhören - lässt.
    Was könnte nun der Grund für diese Performance der ollen Blechschüssel sein? Dies soll kein Werbeartikel für Klaus Hassler sein, aber ich glaube, dass die Antwort tatsächlich mit einem Wort "Schiefer" heißt. Sowohl das pure Gewicht als auch die hervorragenden resonanzdämpfenden Eigenschaften verschaffen dem Dreher eine ungeahnte Souveränitat, die offenbar die Nachteile des billigen Blech-Subchassis mehr als kompensiert.
    Wie geht es nun weiter? Obwohl der TD320 in Sachen Präzision die Nase noch leicht vorn hat, bleibt in Abwägung aller Vor- und Nachteile das Ruby zunächst erstmal auf dem TD145. Möglicherweise legt der TD145 in puncto Präzision auch nochmal zu, wenn ich den Innenteller und vielleicht auch das Subchassis mit RDC verfüllen lasse. So lange aber berausche ich mich an der opulenten Klangbühne des Schieferthorens, und wenn ich's mal gerne einen Tick trocken-analytisch-anämischer habe, wird das Ruby kurz umgesteckt.
    Ach ja, Bilder gibt's natürlich auch noch in der Galerie.
    Viele Grüße, der Pokal ruft,
    Frank

    2 Mal editiert, zuletzt von finkployd ()

  • Hallo Frank,


    das ist ein beeindruckender wie animierender Bericht, auch wenn man die subjektive Komponente mal mit 20 % bewertet und abzieht. Die Freude am Basteln und damit das Mögliche aus den alten Thorensen herauszuholen ist unmittelbar spürbar und mitreißend.


    Ich wünsche Dir viel Vergnügen beim Hören - und vielleicht stellst Du Dich ja irgendwann mal weiteren Herausforderungen, an denen wir dann gern wieder teilhaben würden.


    BG konrad

  • Hallo Stefan,
    mit Originalheadshell beträgt die eff. Masse des Jelco SA-750D 18g. Das Ortofonheadshell ist 5,5g leichter als das originale, das LAD-Headshell habe ich nicht gemessen, da ich es nicht nutze.
    LG,
    Frank

  • Frank,


    auch von meiner Seite ein schöner Bericht.


    Bei mir warte noch ein TD166II auf meine heilenden Hände. Hat einen üblen Crash am Tonarm, so das da wohl auch ein anderer Arm drauf muß.
    Einige deiner Anregungen werde ich auch realisieren.


    Gruß


    Thomas

  • Tach Frank .


    Herzlichen Glückwunsch zum "neuen" Dreher und zum schönen Bericht . :thumbup:
    Klar kann man aus den kleinen Thorensen einiges rausholen .

    Zitat

    Wie würde sich der gepimpte Blechdreher (Stichwort: Mittelklasseplunder) wohl gegen meine anderen Flohmarktdreher schlagen?


    Wenn Du aber ehrlich bist und den materiellen Einsatz und die Arbeitszeit zusammenrechnest und , bei "Serienproduktion" noch die Gewinnmargen des Herstellers und Handels , wie teuer wäre dein Neuer dann ?


    Soviel zum Thema "Mittelklasseplunder" ;)


    Viel Spass damit , und wenn Du noch alles mit RDC verfüllst , nimm am besten auch einen Satz Linn-Federn .
    Dann stimmts auch wieder mit der Schwingfrequenz des Subchassis .

    Gruß , Dirk.


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    Mitglied, obwohl mich der Verein als solches akzeptiert 8)

  • Hallo Frank,


    ich glaube Du hast mich missverstanden.


    Wie hoch ist den die effektive Masse beider Tonarme mit montiertem Headshell und Tonabnehmer? Der TD320MKnix hat doch noch den originalen TP16MK? verglichen mit dem Jelco am TD145 ...


    Waere sehr interessant fuer mich! ;)


    Gruss Stefan

    Malerei verwandelt den Raum in Zeit,
    Musik die Zeit im Raum :)

  • Hallo Stefan,
    das Schwarze ist die Schrift:
    Thorens TD320 MkNix RDC + TPN2000 + Jelco SA 750D MG + Ortofon Rondo Bronze + Lehmann Black Cube SE
    Thorens TD145 in Wastels Schieferzarge + Linn Valhalla + Jelco LAD MG + Benz Ruby 3 + Lukaschek PP1 T9

    Die verwendeten Headshells waren - wie geschrieben - identisch.

    LG,
    Frank

  • Viel Spass damit , und wenn Du noch alles mit RDC verfüllst , nimm am besten auch einen Satz Linn-Federn .


    Hallo Dirk,
    die Linn-Federn liegen schon bereit - Herr Vianden in Bonn hilft da immer gern. Übrigens sind die Dinger recht preiswert: Mit 20€ ist man dabei!
    LG,
    Frank
    P.S.
    Das mit dem "Mittelklasseplunder" war mehr ein ironischer Seitenhieb. "Billig" sind meine Thorense in der Tat summa summarum leider nicht mehr.

  • Zitat

    "Billig" sind meine Thorense in der Tat summa summarum leider nicht mehr.

    Das genau ist die Krux , billig klingt meist nicht gut .
    Guter Klang ist , auch in Serienfertigung , nicht mal eben so zu machen .

    Gruß , Dirk.


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    Einmal editiert, zuletzt von doppelkopf0_1 ()

  • Hallo Frank,


    sorry - und ich dachte, in Deiner Signatur noch irgendwas von TP16 gelesen zu haben :S ... aber egal :)


    Welcher von beiden Tonarmen ist aber nun der Schwerere? Der Jelco SA 750D MG auf TD320 oder der Jelco LAD MG auf TD145 ...


    Ich tippe mal auf den Jelco LAD MG ;)


    Gruss Stefan

    Malerei verwandelt den Raum in Zeit,
    Musik die Zeit im Raum :)

  • Hallo Stefan,
    mbWn ist die eff. Masse bei beiden Armen - identisches Headshell vorausgesetzt - identisch.
    LG,
    Frank

  • Joohhh,
    deine Erkenntnisse wundern mich nicht.Der Klaus kann das....
    Jetzt noch ne Lagerkugel aus Rubin rein,wenn möglich und dann wars das so richtig :!:
    Oder das gleiche mit nem 125er machen......
    Siehe Signature

  • Sehr schöner Bericht und tolle(r) Dreher!
    Deine Kette hat mich im Live-Test wirklich vollends begeistert!
    Habe es selbst hörendürfen und kann bestätigen, der TD145 mit
    Jelco LAD und Benz Ruby... ein Traum! :thumbup:


    Viele Grüße aus Aachen,
    Heiko

    Transrotor Delight mit SME3009R und Grado Statement 1,
    Transrotor Zet1 mit TR800-S, Goldring MM2200 und Dr. Fuss-Netzteil
    Dual 704 mit Goldring MM2200, Dual 1019 mit Shure M75MG,
    Dual 1228 mit Shure M91MG-D, alles per Musical Fidelity M1 Vinl
    bzw. Dynavox TPR-2 an Cambridge Audio 840AV2
    --
    Rest: Cambridge Audio 840C, 650BD, 650T, Canton Karat 795dc

  • Lesenswert - schönen Dank!


    Gruß vom Mitstreiter


    Andreas

  • Guten Morgen :)


    Andreas: An mir soll's nicht gelegen haben!


    Frank: Danke fuer die Infos zu den effektiven Massen beider Tonarme; dann scheint die Klangverbesserung wohl wirklich an den Modifikationen des "neuen" Laufwerks zu liegen wenn alle anderen Komponenten identisch sind ;)


    Gruss Stefan

    Malerei verwandelt den Raum in Zeit,
    Musik die Zeit im Raum :)

    Einmal editiert, zuletzt von stbeer ()

  • Klangverbesserung


    Ich würde eher von einer Klangveränderung sprechen, die mir momentan subjektiv besser gefällt-objektiv musizieren die beiden auf Augenhöhe, was für mich allerdings schon überraschend genug ist.
    LG,
    Frank