Als langjähriger "Fan" von Mark Kozelek, dem Kopf hinter fabelhaften Bands wie den Red House Painters und Sun Kil Moon, war ich zunächst etwas skeptisch bzgl. der Kollaboration mit Jimmy Lavalle, einem Elektronik-Tüftler, der sonst unter dem Namen THE AUTUMN LEAF veröffentlicht.
Kozeleks letzte Alben, egal ob Solo oder unter dem SUN KIL MOON-Moniker veröffentlicht, zeigten eine Tendenz zur Reduktion und begrenzten die Songs des formidablen Songwriters auf seine Nylon-Gitarre und seine eindrucksvolle Stimme. Das war und ist immer noch eine wahre Freude, doch ich vermisste schon etwas eine reichere Instrumentierung mit Drums, E-Gitarren und Bass. Mehr Farbe, mehr Spiel.
PERILS FROM THE SEA nun besteht aus Songs, zu denen Kozelek Lyrics und Vocals beisteuert und Lavalle die Musik. Und das gelingt so famos, dass ich das Album spontan zum besten Kozelek-Album seit OCEAN BEACH von 1995 küren würde. In der Erstauausgabe der Foldout-Digi-CD (das Vinyl soll im Juni folgen) liegt ein zusammengefaltetes Textblatt bei, das aufgeklappt zu einem riesigen Poster mutiert. Und es ist wunderbar, dass die Texte beiliegen, denn es macht unglaublich Freude, die Texte zu lesen oder begleitend zu den Liedern zu hören. Seit jeher singt Kozelek nicht immer so verständlich, dass man alles versteht... ;-).
Es ist heutzutage leider selten geworden, dass mich ein Album schon beim ersten Durchlauf berührt. PERILS FROM THE SEA hat mich gleich mehrfach zu Tränen gerührt. Die Texte handeln wie meist in Kozeleks Universum von der Vergangenheit, verpassten Chancen, Alpträumen, Tragödien und dem Reisen auf Tour, aber für meinen Geschmack findet er hier ausgesprochen herrliche Bilder und Metaphern für das Seelenleben seiner Protagonisten und seiner selbst. Dazu erschafft Jimmy Lavalle einen dezenten Synthie-Electro-Drum-Teppich der mit bezaubernden Melodien eine wunderbare Harmonie mit Kozeleks Gesang eingeht. Es ist keine abstruse Mischung geworden, sondern eine organische Melange, die perfekt zueinander passt.
All dies kulminiert dann letztlich im zehnminütigen "Somehow The Wonder Of Life Prevails", einem der schönsten und berührenden Songs, die Kozelek je verfasst hat und den er fast im Sprechgesang vorträgt. Und Lavalle steuert einen Klangteppich bei, der etwas an Springsteens STREETS OF PHILADELPHIA erinnert, aber zurückgenommener, epischer... der fließt, sich steigert und wieder reduziert... hypnotisch, berührend, fantastisch.
Ein herausragendes Album, mit dem ich so nicht gerechnet hatte.
LG
Tobias