Getriggert von dem Wirbel um diese Geräte, hat es mich persönlich interessiert, was dahinter steckt, hinter der großen Aufregung. Es hat zwar ein bisschen gedauert, aber der versprochene Vergleich konnte stattfinden: Mr. Nixie Digna (Prototyp, weitestgehend Version 2 mit angepasster Schaltung an OP Burson V6, lineares Netzteil) mit Rike Nataljia 3 Standard. Als Referenz lief eine sehr hochwertige Phono (Röhre) außer Konkurrenz mit. Preisliche Unterschiede zwischen den dreien war ungefähr das Dreifache – Digna – Rike – Referenz.
Um eine Vergleichbarkeit zu erhalten waren alle Phonos auf 100Ohm Impedanz am MC-Eingang eingestellt. Die Phonos waren alle mit gleichen Kabeln (NF und, soweit möglich, Netz) angeschlossen. Auf externe Übertrager wurde verzichtet, weil das Ergebnis zu stark verwässert (alle drei haben intern ÜTs). Die Standfläche war allen gleich – gleiche Voraussetzungen also für alle Teilnehmer. Alle Phonos wurden erst nach mindestes einer Stunde Warmlauf ernsthaft verglichen.
Es wurde hauptsächlich mit einem leicht modifizierten Denon DL103R gehört. Das Generatorsystem des Denon findet sich in vielen und sehr teuren Tonabnehmern wieder. Der Nadelschliff erlaubt eine gute Abtastung. Das System war eingespielt.
Das restliche Setup bleibt bewusst ungenannt. Es geht um den Vergleich der Phonos und dazu sind die absoluten Komponenten nicht von Belang. Es sei aber versichert, dass es sich um sehr hochwertige Komponenten handelt, die in der Lage sind feine Nuancen deutlich zu machen.
Software: Cecile McLorin Salvent – Woman Child (Stimme, dynamisch aufgenommen, perkussive Elemente), Harry Belafonte – At Carnegie Hall (Stimme, Live, Orchester, räumliche Live-Atmosphäre), Eminem – Soundtrack 8 Mile (elektronische Beats), Respighi – The Chicago Symphony Orchestra, Fritz Reiner – Pines Of Rome / Fountains Of Rome (Chesky Records, komplexere Musik, hochwertige Aufnahme, Dynamik). Es waren einige mehr, die aber nicht wirklich zum strengen Hörvergleich gedient haben.
Ich habe mir die Mühe gemacht ein und denselben Track in wechselnder Reihenfolge mit allen dreien mehrfach hintereinander anzuhören, um die Nuancen zu ergründen. Die Kriterien waren: Dynamik, Rhythmus, Authentizität, Stimmenwiedergabe, räumliche Darstellung. Das war anstrengend und ermüdend. Deswegen habe ich immer abwechselnd Plattenseiten, oder Platten komplett durchgehört und anschließend wieder einzelne Titel wiederholt.
Optisch ist die Rike sauber gestaltet – ein schlichtes Design ohne Auffälligkeiten. Haptisch ist das Gerät sehr wertig. Die Alu Teile fassen sich samtig an. Die Oberfläche hat KEINE gebürstete Textur, was ich angenehm empfinde. Man sieht sich einfach satt daran. Allein aus Designgründen würde ich mir die Digna nicht ins Rack stellen. Aber das ist bekanntlich Geschmackssache. Starre Kabel haben leichtes Spiel mit dem 500g-Leichtgewicht.
Die Rike fällt klanglich auf, das steht fest. Auf Anhieb unterscheidet sie sich von der Digna und von der Referenz, die zu Kontrollzwecken herangezogen wurde. Es ist ein gewisser Glanz, der ihr anhaftet. Dadurch erscheint das Klangbild detailreich und räumlich weit. Es fällt leicht auch komplexen musikalischen Inhalten zu folgen und die Einzelheiten zu identifizieren. Mit zunehmender Dauer entpuppt sich dies leider als Effekt, den man sich mit dem Verlust am anderen Ende des Frequenzspektrums erkauft. Der Gesamteindruck ist „hell“, zu hell für meinen Geschmack. In der Disziplin der Details kann sie im Wortsinn glänzen. Führt bei mir aber dazu, dass ich auf Dauer ausmachen möchte, weil mich das Klangbild anstrengt. Der Druck im Grundton fehlt und dynamisch kann ich, im Vergleich, ebenfalls Defizite verbuchen. Man könnte die Rike vielleicht für eine Kette empfehlen, die insgesamt zu dunkel abgestimmt ist, oder deren Lautsprecher vielleicht keine Auflösungswunder sind. Positiv aufgefallen ist mir die Stimmwiedergabe. Da vermag die Rike zu bezaubern. Insgesamt wäre mir das ein bisschen zu wenig.
Die Digna hat mehr Fleisch auf dem Knochen. Das heißt, der Grundton und tiefer, ist ordentlich bestückt und kommt mit entsprechend Druck. Der Mitteltonbereich schließt nahtlos an und dehnt sich in die Höhen gleichmäßig aus. Tonal also von der Abstimmung recht neutral, für meinen Geschmack, ausgewogener als die Natalija, weil die Frequenzbereiche nicht überbetont sind. Insgesamt ist die Auflösung und die räumliche Darstellung genauso detailliert oder weit wie bei der Rike, nur weniger aufgesetzt. Das führt in der Folge dazu, dass die Langzeittauglichkeit gegeben ist, die mir an der Rike fehlt. Nett bei der Digna ist das Feature die Röhrentypen tauschen zu können und diese per Wahlschalter auch elektrisch anzupassen.
Beide Geräte haben umfangreiche Möglichkeiten Anpassungen an den Tonabnehmer vorzunehmen. Im Vergleich ist die Bedienung an der Digna für mich intuitiver. Die Grundeinstellungen werden hinten vorgenommen und die Einstellung der Impedanz kann bequem und stufenlos von vorne erfolgen. Etwas unkomfortabler ist das bei der Natalija gelöst. Um die Einstellung zu ändern muss man das Gerät drehen, wenn die Kabel lang genug sind. In engen Verhältnissen muss das Gerät raus aus dem Rack.
Ich hatte an die Rike, ob ihres Lobes, recht hohe Erwartungen. Diese wurden nicht erfüllt. Ich würde bestenfalls auf ein Unentschieden gehen. Wer zu dem dreifachen Preis ein sehr hochwertig verarbeitetes Gehäuse bevorzugt, der kann zur Rike greifen. Wer auf Performance wert legt, der mag mit der Digna mehr Perspektiven haben. Die unterschiedlichen Röhrentypen und die Möglichkeit den OP zu tauschen, bieten sicher die Möglichkeit die klangliche Ausrichtung in einem weiten Bereich anzupassen. Die Rike muss gefallen.
Die Ampearl ist leider noch nicht eingetroffen und konnte sich dem Vergleich nicht stellen.
Beste Grüße,
Max