Hallo Dirk,
Ich bin KEIN Profi, möchte aber trotzdem versuchen Dir zu helfen.
Warum gibt es Überhang und Kröpfung überhaupt:
Nur mit Überhang und Kröpfung kann es zwei Nullpunkte und damit eine Optimierung des Spurfehlwinkels geben. Ohne Überhang und Kröpfung würde die Nadel nur in einem Punkt genau senkrecht zur Platte stehen. Wenn Du die Schön-Schablone hast ist im Beipackzettel dazu nützliches zu lesen.
Warum unterschiedliche Geometrien (auch bei gegebenen Überhang und Kröpfung):
Jede Geometrie ist nur ein Kompromiss. Nur in genau zwei Punkten, den Nulldurchgängen, steht die Nadel genau senkrecht. In allen anderen Punkten gibt es eine Fehlstellung. Das ganze ist mathematisch gesehen ein Minimierungsproblem des Fehlers. Je nach Optimierungsansatz kommen unterschiedliche Nullpunkte heraus. Kein Wunder, dass die bekannten Nullpunkte alle von Mathematikern hergeleitet wurden (Löfgren, Baerwald, Stevenson).
Warum sind die optimalen Nullpunkte NICHT für jeden Tonarm gleich:
Einfach gesagt, weil sich Überhang und Kröpfung unterscheiden. Die idealen Nullpunkte bei gegebenem Tonarm, also gegebenem Überhang und gegebener Kröpfung, lassen sich über die Formel
Nullpunkt 1, 2 = eff. Länge * sin(Kröpfung) +/- Wurzel [(eff. Länge * sin(Kröpfung)^2 -(eff. Länge^2 - (eff. Länge - Überhang )^2) ]
berechnen.
Sieht kompliziert aus, ist aber eigentlich nur etwas angewandte Trigonometrie. Wenn die Formel z.B. nach Excel übertragen wird, ist es einfach, die Nullpunkte für einen bestimmten Tonarm zu berechnen. Diese Nullpunkte wären dann noch entweder auf Millimeterpapier zu übertragen oder einfach eine passende Schablone z.b. hier LINK zu bestellen.
Oder aber man nutzt eine bestehende Schablone:
Das ist der alternative Weg. Überhang und Kröpfung werden anhand gegebener Nulldurchgänge eingestellt. Das führt dann meist zu etwas anderem Überhang (hier kommt noch das Delta Nadel Tonarmende dazu) oder Kröpfung (leicht verdrehter Tonarm).
Fazit 1: Beide Wege funktionieren gut. Die meisten Tonarme folgen annähernd einer der geläufigen Geometrien z.B. Löfgren. Es gibt aber auch Exoten mit extremen Abweichungen zu den Standardgeometrien, z.B. SAEC oder eiige Toschiba Modelle.
Fazit 2: Meine persönliches Fazit ist, alles nicht so genau nehmen. Keiner von uns wird gut genug sehen können bzw. so feinfühlig sein, um Änderungen mm genau vorzunehmen oder einen Winkel aufs Grad genau einstellen zu können. Eine ungefähr richtige Einstellung ist FÜR MICH ausreichend. Nur muss jeder für sich selber entscheiden, wo sein persönliches "ungefähr richtig" im Spannungsfeld zwischen zeitaufwendiger Penibilität und Einfachheit liegt. Grob falsch sollte der Tonabnehmer trotzdem nicht eingestellt sein.
Ich hoffe das war verständlich und hilft weiter.
So, und jetzt dürfen die wirklichen Fachleute übernehmen.
Gruß
Claus