Beim viel zu frühen Frühstück habe ich heute morgen eine Anzeige zum Hören des neuen LP12 bei einem Frankfurter Händler gelesen - also Tagesordnung umgebogen, Roller statt Auto und mit einigen Platten ausgerüstet ging's los. Ich hatte mit großem Andrang gerechnet, war aber gegen 12 Uhr alleine und konnte fast gleich loslegen.
Mitgenomme Platten:
Carolyne Mas - Mas Hysteria
Rickie Lee Jones - Girl at the volcano
R.L. Burnside - Come on in
Kari Bremnes - Svarta Bjorn
Anlagenkonfiguration:
2 LP12 - 1x alt und 1x neu in Vollausbau (reel keel + trampolin), gleiche Ärmchen und gleiche Systeme, PrePre, VV und V alles von Linn, leider 'nur' die kleinen Boxen von Linn, obwohl es der Raum hergegeben hätte, eine der anderen Boxen (Wilson, oder sogar die B&W 800) zu hören (am besten an der Nagra Kette, aber dies entspreche bestimmt nicht dem Linn Systemgedanken bzw. der kommerziellen Agenda, aber mein Hörpräferenzen).
Tja, ich habe mit Rickie angefangen, Seite2 - Under the boardwalk, für mich eine der besten 'natürlichen' Dynamikaufnahmen. Zu diesem Zeitpunkt wußte ich nicht, welcher der beiden LP's der neue war:
Nr. 1: Oha, Überraschung, klang für meine bisherigen Linn-Erfahrungen sehr akzeptabel, guter Fluß, gute Akzentuierung, in sich geschlossen, aber auch schon anderes als von meiner Anlage her gewohnt. Dann Übergang zu Nr. 2, im ersten Eindruck, angenehmer, aber dann interessanterweise mich zu dem Hören von einzelnen Passagen (Stimme, Klavier,...) treibend, das ganzheitliche Hören gelang mir nicht - wieder zurück, und es gelang.
Danach war klar welcher der Neue und welcher der Alte war (1;2).
Daraufhin hat der Vorführer (sorry, nicht nach dem Namen gefragt) zwei Stücke von sich aufgelegt - Kate Bush und Andre Heller - ebenfalls im 1/2 Vergleich - einmal mit 2 und einmal mit 1 beginnend. Die Stücke waren gut ausgewählt und demonstrierten verstärkt vor allem die Vorteile des musikalischen Flusses von 1.
Anschließend habe ich Carolyn Mas mir angetan, nach kurzem 1/2 Vergleich des Anfangs habe ich dann sittin' in the dark durchgehört - Eindrücke zweierlei: im direkten 1/2 Vergleich hatte ich beim Übergang von 1 auf 2 zuerst den Eindruck, hmm, klingt ruhiger, die einzelnen Instrumente im Fokus und harmonischer, aber das Gesamtbild wollte sich nicht aufbauen. Zum anderen, konnte ich dann im Durchhören des Stückes auf 1 einige Unterschiede ausmachen, die die Linnanlage anders macht, als ich es von meiner Anlage und auch anderen gewohnt war:
- das Gesamtbild war lang nicht so tief und differenziert wie ich die Aufnahme kenne, der Raum bildete sich manchmal aus, vor allem wenn man das Publikum hörte, fiel aber wieder fast komplett raus, wenn die Band in den Vordergrund kam.
- einige Soli (speziell das Sax) waren lang nicht so abgegrenzt präsentiert, wie ich es kenne, bei bestimmten Tonlagen/Lautstärken brach die Position im Raum auf und verschwamm.
- ich fand den rechten Kanal präziser als den linken - das kann natürlich an meinen Ohren, dem Raum, der Verpolung eines Monogerätes in der Kette oder an der LP12 Aufstellung liegen - das mögen die klären, die sich auskennen, aber das war mein Höreindruck.
- Last but not least, gab es Stellen, wo die Limits der Boxen zu tragen kamen, einmal im Bass, zum anderen in der Höhendarstellung, wo es Neigungen zum Zischen gab - das war wieder eine Bestätigung meiner Hörerfahrung mit Linn Boxen (incl. Accurate einzigste Ausnahme: Komri Aktiv, die aber für ihre Leistung 20 Kilo zu teuer ist) bzw. Elektronik - sie klingt für mich einfach 'digital' im Höhenbereich und ist m.E. nach nicht stabil im Klangbild. Fairerweise muß ich dazu sagen, daß ich selbst Röhre bzw. Aktiv höre und in meinem System im Hochtonbereich ein Bändchen fahre - der geneigte Leser mag selbst urteilen, was davon Vorurteil, Hörgewohnheit oder unausgeglichene Anlagenkonfiguration ist.
Zu guter Letzt habe ich noch die erste Seite von R.L. Burnsite reingezogen, sie hatte ähnliche Rauscheffekte wie bei mir, aber ansonsten Grundton, Stimmauflösung, timing klasse (es wippte), der Bass wäre ausbaufähig. Danach war Schluß und ich bin noch kurz zu Rod gerollert um das Rauschen der Platte zu debatieren - beim ihm kurz aufgelegt, nix Rauschen oder Knistern, sondern Ruhe und Basswellen, und eine kurze Belehrung, daß das System ggf. einer Neueinstellung bzw. einen Upgrades bedarf, damit und mit der Aussicht auf ein paar HÖrsessions im August dann zurück zum Rasenmähen.
Doch zurück zum eigentlichen Thema LP12 - mein persönliches Fazit: signifikanter Unterschied zwischen alt und neu, was die interessante Frage für mich aufwirft, wie der Mythos um den alten LP12 so lang sich gehalten hat. Kommt er für mich in Frage, wohl kaum, bei der Preisstellung, jedoch habe ich im Anschluß mit Dieter Kraft gesprochen und er teilte meine Ansicht, daß vor allem mit anderen Boxen viel mehr zu erzielen ist. Mal sehen, ob ich mir mal einen Vergleich mit dem Kuzma Referenz über eine Anlagenkombi gönne, die sich bei RTK aufdrängt - im August ist Urlaub und bis dahin habe ich meine LW Auswahl Entscheidung sowieso aufschieben müssen.
Auf fröhliches Diskutieren.
Grüße
bernd aka be4
PS: Da in diesem Forum gelegentlich Händlerbashing stattfindet, möchte ich hier mal die Lanze für RTK brechen, so ein 1 zu 2 Vergleich mit wirklich identischen Plattenspieler sieht man nicht oft - Respekt! Das hätte mehr Zuspruch verdient.