Hallo Konrad,
Deine Reaktion auf meine Kritik erinnert an die nämliche meiner Eltern Deines Jahrgangs..
Nichtdestotrotz las ich nun einmal in der Times einen kritischen Artikel, wonach Woodstock sehr wohl - und wohlgemerkt von Anfang an - ein Projekt war, das ohne die wohlkalkulierten marktwirtschaflichen Interessen der Musikindustrie so erst überhaupt nicht zustande gekommen wäre. Hier fanden sich also offenbar schon ursprünglich nicht einfach ein paar Idealisten auf einer Wiese zusammen und musizierten etc. gemeinsam für den Weltfrieden.
Um einen "differenzierteren Umgang" mit Woodstock habe ich mich in meinem Beitrag doch gerade bemüht.
Im Prinzip verhält es sich ja heute, etwa mit Geldorfs "Live Aid" -Konzerten, nicht anders. Das ganze Event steht unter einem philanthropen Motto, alle Künstler treten ohne Gage auf, alle Erlöse - wohlgemerkt aus diesem einen Konzert - sollen den Ärmsten von den Armen zugute kommen. Es sind aber solche Benefizveranstaltungen freilich nicht zuletzt - und ich behaupte: in erster, obschon altruistisch verdeckter Linie - dem knallharten Eigeninteresse dienliche PR-Veranstaltungen. Was habe ich mir unzählige Clapton-Platten (und erst kürzlich aus Nostalgie fast noch die DVD-Box) gekauft, nachdem man den zu diesem Zeitpunkt vom Musikbusiness fast schon aufgegebenen Mr. Slowhand bei Live Aid (oder wars doch das Konzert für Nelson Mandela?) für einen Comeback mit den Dire Straits wiederbelebt hatte. Man darf mit einigem Recht anzweifeln, ob die wahrhaft Profitierenden letztlich die Bedürftigen waren.
Konrad: gegen das soziales Anliegen, wie es Joan Baez in ihren mehr oder weniger poetischen Songtexten zum Ausdruck bringt, habe ich überhaupt nichts, da es prinzipiell im Einklang mit meinen eigenen Grundüberzeugungen steht. Meine zugegeben unnötig nonchalante Bewertung der Joan Baez betraf alleine die - mir vielleicht erst aus heutiger, d.h. nicht-romantisierender Sicht - zweifelhafte musikalische Darbiertung desselben und ist selbstverständlich subjektiv - wie der Schmerz in meinen Ohren :O
Meines Erachtens haben die wahren Folk-Musiker der USA, z.B. J.B. Lenoir, das, was an Joan Baez angeblich so neu gewesen sein soll, schon viel früher und viel besser gemacht - mit einem zumindest für mich nicht unwichtigen Unterschied: sie konnten spielen und singen. Lenoir hatte leider keine Plattenfirma, folglich blieb ihm ein kommerzträchtiger Auftritt im Stile Woodstocks wie überhaupt eine weitere Bekanntheit verwehrt.
Was ist an diesen Überlegungen undifferenziert?
Lutz
viele edits aufgrund desintegrierender Syntax..