Zumindest bei Billigmode ist es bekannt, dass ein guter Teil der gekauften Sachen nie getragen wird. Es geht um das Einkaufserlebnis. Ich hab keine Ahnung, ob das bei Luxuslabels ähnlich ist. Berichte aus Hotels in Nobelschiorten lassen Ähnliches vermuten.
Dass Fans sich eine LP ihres Ideos kaufen ohne die Abspielen zu können, kann ich nachvollziehen. Irgendwie zumindest. Wir schwärmen hier auch von der Haptik des Covers, betrachten es ganz anders als die Verpackung und booklet einer CD. Und selbst die CD ist gegenüber einem gestreamten Song extrem physisch... Das da eine Gegenbewegung, ein Bedürfnis nach Berührung aufkommt, dass einem mit dem Idol bzw. seinen Werk in Berührung kommen lässt, verwundert mich nicht.
Wenn aber 50% aller verkauften Platten nie auf einem Laufwerk liegen werden, wundert mich das schon. Denn das ist dann wirklich eine Abkehr des ursprünglichen Zweckes. Das bedeutet, dass die Anzahl der Verkäufe irrelevant war bezüglich eines Vinylhypes, wie wir* ihn erwarteten.
So gesehen killte die Plattenindustrie nicht das Vinylrevial, sondern nutzte eine alte Kulturtechnik um eine neue dort zu ergänzen, wo diese Defizite aufweist. Der eigentliche Zweck wurde von der neuen Technik zur Gänze übernommen, empfindungen blieben jedoch auf der Strecke. Die wurden durch das wiederauflegen der Platten substituiert.
Eine ähnliche Begründung liest man auch hier, wenn es darum geht, warum man nicht zur digitalen Wiedergabe wechselt. Es fehlen Rituale wie das Herauszuehen der Platte aus der Sammlung, das Auflegen der Platte, das Aufsetzen des Tonabnehmers, das Ansehen des Covers, das Wenden nach spätestens 45 Minuten konzentrierten Hörens usw. Also vieles, was mit dem eigentlichen Hören nichts zu tun hat, sondern das Hörerlebnis erweitert.
Konsequent wäre also eine LP, die, wenn das Cover geöffnet wird, automatisch einen stream der damit verlinkten Musik abspielen lässt. Nicht unähnlich den Tonies für (kleine) Kinder.
Ronald
*ich unterstelle, dass das Forum aufgrund der steigenden plattenverkäufe dachten, dass damit ein erhöhtes Interesse an der analogen Wiedergabe einherging. Die vielen billigen Plattenspiele, oft mit eingebauten Phonopre würden das untermauern.