Das sind doch die Alben die Warner ohne FZs Zustimmung veröffentlicht hat und die FZ später in „seiner“ Version auf CD herausbrachte …
Barry Miles, der englische Musikjournalist, der FZ schon seit seinem ersten Aufenthalt in London jedesmal neu interviewt hat, hat in seinem Buch ZAPPA, bei Rogner & Bernhard (Zweitausendeins) … dazu schöne FZ-Zitate:
"Sie sagen, dass ich ihnen vier Alben schulde. Ich bin noch am Überlegen, ob ich ihnen die vier gleich nach der Tour übergebe, denn ich habe vier … auf einem der Bänder ist ein Orchesteralbum, dann scheißen sie bestimmt auf diese Platte …! (S. 299)
Im März 1977 hat FZ die vier Alben an Warner übergeben: Studio Tan, Hot Rats III, Zappa´s Orchestral Favorites, und ein DoLP Live in New York.
"Weil ich ein netter Mensch bin und meine Verträge erfülle, habe ich die vier Alben geliefert, die ihnen zu stehen … und laut Vertrag müssen sie mir sofort das Geld geben …Dreißig Tage vorbei, Kein Scheck. Sechzig Tage vorbei, kein Check. Zeit für die Anwälte!" (S. 301).
Jetzt nimmt FZ an, d.h. er setzt voraus, das Warner die Rechte an der Auswertung verwirkt hat und wendet sich an die Konkurrenz: Mercury-Phonogram. Dort bietet er eine veränderte und kompaktere Koppelung der ursprünglichen zehn LP-Seiten an. Nun sind es acht Seiten, und FZ nimmt den alten Traum einer Deluxe-Box wieder auf. Das war Mitte der Siebziger der Traum aller großen Rocker (auch Neil Young …). Das Projekt bekommt den Namen Läther … die Tapes sind neu geordnet, teils auch überarbeitet und etwas anders entzerrt … Die Produktion wird vorbereitet, die Folien geschnitten, Anpressung, Cover-Entwurf. VÖ soll auf dem neuen Zappa Records Label am 31. Oktober 1977 (Halloween) erscheinen. Kurz vorher meldet Warner gegenüber Polygram, die ursprünglichen Ansprüche an. Polygram kämpft nicht einen Moment, denn sie wissen, das das Ding verbockt ist.
Das Ganze steht im Zusammenhang mit den seit 1975 laufenden hochkomplexen juristischen Verfahren, die FZ und sein ehemaliger Partner und Gesamtmanager Herb Cohen führten. Durch das Verfahren wurde bis 1982 alles eingefroren. Alles Geld, alle Verve-Masterbänder, die die ehemalige gemeinsame Firma Bizarre/Discreet zurück gegeben wurden … deshalb ist auch FZ ausgerastet, als er an das Masterband von Zoot Allures nicht rankam. Die LP wurde von seiner 15ips Sicherheits-Kopie geschnitten.
Das geht sogar soweit, das Anfang der 80er Reprise/Warner gar keine Nachauflagen der Alben von 72-78 fertigt, nur Altbestand abverkauft und erste Counterfeits davon auftauchen. Noch schwerwiegender sind die Tonnen gefakter "europäischen Verve Pressungen", die bis heute als wertvolle Originale bei Discogs gedealt werden …
Eigentlich hat FZ, als er bei Warner Zoot Allures herausbringt, die Firma nicht wirklich gewechselt. FZ hat es gewurmt, das er nicht mit Discreet so weiter machen konnte.
Warner selbst, also Mo Austin, deren Chef, hat das entschieden, um diese erste Neuerscheinung aus der o.g. Streiterei herauszulösen. Danach hingegen laufen die drei Einzelscheiben sehr wohl unter Discreet … auch von Austin entschieden …
FZ selbst hat leider, wie auch viele andere Musiker, immer beinharte Manager (Rechtsanwälte und Profiteure) angezogen und mit ihnen Verträge geschlossen, die dann später nur schwer ohne Verluste zu lösen waren … nach Herb Cohen hat FZ sich von Bennett Glotzer vertreten lassen, noch so ein beinharter Geschäftsmann …
Wie auch immer, den richtigen Wechsel gab es erst mit Zappa Records zu Polygram und später mit Barkin Pumpkin zu Columbia/CBS und danach zur EMI … Ryko war dann nur die CD-Auswertung des Backkatalogs mit weltweiten Vertrieb.
Der Katalog war dann in den Nullerjahren ausgelutscht. Es gab zwar die ersten umfangreichen Box-Sets (40 Jahre), aber das Eigenkapital und der Vertrieb weltweit waren nicht zufrieden stellend. Deshalb das Gespräch mit Universal im Frühsommer 2012 in Berlin. Und dort hat Universal festgelegt, das man die Master letzter Hand fallen läßt und alle analogen Sachen soweit als möglich von den besten verfügbaren Quellen digitalisiert werden. Schon 2012 ist auf jeder CD die Quelle detailliert vermerkt. Un die Masteringtechniker sind passend für das Material gewählt. Sehr kluge Entscheidung. Wenig später starten dann die Vinyls, ebenfalls von den bestmöglichen Quellen im Studio von Bernie Grundman geschnitten. Die gewichtigen Alben schneidet Grundman fast alle selbst, die Beifänge und/oder weniger attraktiven Platten sein Mitarbeiter Chris Bellman …
Weshalb ich das hier aufliste? Eines der großen Probleme von FZ war seine Sicht auf die Welt, speziell die Geschäftswelt, in der bei großen Problemen, Verwerfungen und Niederlagen, immer die anderen Schuld waren. Dabei hat FZ selbst allzu oft derart selbstzerstörerisch dagegen gehalten. Gail hat das auch immer unterstützt, und nach dem Ableben des Meisters ähnlich weiter gemacht … inkl. ellenlanger Prozesse gegen die Arf-Society und die Zappanale … Prozesse die sie NICHT gewonnen hat!
FZ wußte auch um die Rolle der Medienarbeit. Nicht nur als deren Kritiker sondern als Nutznießer des Konzepts. Indem er wieder und immer wieder seine Fassung erzählt hat, hoffte er die Hoheit zurück zugewinnen. Bei Miles kann man die ehrlichen Interviews aus der jeweiligen Vorphase lesen. Das betrifft auch andere Details zu Leben und Werk von FZ. Miles war einer der wenigen Journalisten, die FZ gelten ließ. Und er kann auf allererste Quellen zurückgreifen …
Hingegen hat Gail mit der Entscheidung, die vier Kinder in einer eigenen juristischen Form mit und gegeneinander antreten zu lassen, und dazu vorher den Backkatalog zur weiteren Auswertung (ab 2012) an Universal zu lizenzieren, eine erstaunlich kluge … hat ja auch zehn Jahre gehalten …
Nun ist ALLES was FZ hinterlassen hat, im Universal Konzern gelandet. ALLES: Aufnahmen, Texte, Noten, alle Verlagsrechte. Das gesamte Tonarchiv (Master, Multitracks, Outtakes, Livemitschnitte, Remaster, Digitalisate, etc.). Der Name und der Bart als Markenzeichen. (Darum hatte Gail auch ewig gekämpft). Außerdem besitzt Universal nun auch das FZ eigene Medienarchiv (der Meister hat ja in den 80ern tausende Videokassetten von allem anfertigen lassen, u.a. die vielen Auftritte in Talkshows, etc.). Dazu kommt noch das AV-Archiv (eigene musikalische Auftritte, Filme, Tricksequenzen, Videos etc.) und das Bild-Archiv. Außerdem eventuell erhaltene Artworks und Entwürfe für Medien aller Art … also einfach alles …
Wie wir ja seit kurzem wissen, ist es bei namhaften Künstler dieser Generation üblich, noch vor Ableben gegen eine Handvoll Dollar alles in die Hände der großen Konzerne zu übergeben … und zu hoffen, das die das schon richtig (sic!) machen. Ziemlich unbemerkt fing es 2017 mit dem Nachlass von Bowie an. Die großen Deals von Springsteen, Dylan wurden in jeder Gazette verhandelt. Das nun auch Fonds diese Rechte erwerben ist neu. Wichtig ist die Rendite, die sich durch die permanente Ausschüttung durch Streaming-Dienste erzielen läßt. Also nicht nur das Weihnachtsgeschäft sondern jeden Tag rollt der Rubel … ach so, die Investment-Fonds werten das Erworbene nicht selbst aus, das lassen sie durch die drei vier Majors erledigen …
P.S. Das Buch von Miles liegt in Deutsch vor, ist als Hardcover und Paperback mehrfach aufgelegt und für schmales Geld zu bekommen. Für den Lesekreis hier im Forum die allerbeste Empfehlung.