Ich fände es irgendwie cool, wenn doch ein paar klangliche Eindrücke zur 420 fallen würden. Christian, trau Dich!
So, nun kommts endlich. Das Feedback eines normalen Musikhörers, der sie schon etwas länger bei sich zuhause stehen hat. 
Vorab:
Es sind persönliche Eindrücke, die meine subjektive Erfahrung spiegelt. Ich habe keine besondere Affinität zu Studioequipment, aber auch nicht zu exotischeren Pfaden im HighEnd-Bereich. Für mich ist erlaubt was gefällt. Der Wert einer Komponente bemisst sich für mich daran wie lang und intensiv ich mit ihr hören möchte.
Ein wenig zur Vorgeschichte:
Vor den Neumann habe ich einige Jahre mit aktiven ATC SCM50 ASL gehört. Mit einer Gryphon Elektra (die in ATC Foren immer wieder als Match genannt wird) harmonierten die 50er auch recht gut. Dennoch gab es Dinge, mit denen ich nicht zufrieden war, Richtungen in die sich der Lautsprecher nicht bewegen wollte, oder konnte. Die ATC haben rückblickend betrachtet eine Signatur, die man ihnen m.E. kaum austreiben kann. Der Bass ist speziell: nicht übermäßig dynamisch, nicht extrem tief, auf eine gewisse Art monoton und mit einer deutlichen Signatur, die sich auch in den größeren Modellen fortsetzt. Der Hochton zwar eher etwas zurückhaltend, aber keineswegs Britisch. Meine Zeit mit den ATCs war immer mit der Suche nach Komponenten verbunden, die den Klang auf ein noch besseres Niveau bringen sollten (räumlicher, farbiger, lockerer, ein Mehr an Auflösung, ohne ins Sterile zu driften). Zuletzt waren es diverse Röhren-Vorstufen. Ich habe es nicht wirklich geschafft.
Ein Besuch bei spocky16 mit seiner modifizierten Geithain 901k gab mir damals eine ziemlich konkrete Vorstellung davon, wie gut ein auf die Spitze getriebenes Setup mit Studiomonitoren und Röhrenelektronik klingen könnte (insofern hat Otto recht), wenngleich mir aber auch nicht alles gefiel, was ich dort hörte.
Neumann war nicht auf meinem Radar. Die Einladung eines Bekannten mir bei ihm eine KH310 anzuhören, löste zuerst keine besondere Neugier aus, hatte ich doch (bei einer eher unglücklichen Begegnung mit der O410 zwischen Tür und Angel) Neumann, bzw. K+H in einer Schublade abgelegt, die ich eigentlich nicht mehr öffnen wollte. Den Eindruck der O410 müsste ich fairerweise noch einmal überprüfen.
Was ich bei der KH310 des Bekannten hörte passte gar nicht ins Bild: Ich war zum einen überrascht wie musikalisch und souverän die KH310 aufspielten und ziemlich angetan wie unsichtbar sich die Neumänner machten. Die räumliche Abbildung war im Vergleich zu meinen ATCs in allen Achsen beeindruckend! Die Fülle an Details empfand ich überhaupt nicht als anstrengend, sondern vielmehr als bereichernd und spannend. Ich war zu keiner Zeit genervt oder gestresst und auch nicht ganz so gute Aufnahmen klangen für meine Ohren noch ziemlich ok. Natürlich gab es auch Einschränkungen wie: Etwas mehr Körper, noch etwas mehr Dynamik und Basspotenz. Hinzu kam die ungewohnte Nahfeld-Position, die auch nicht meins ist. Die Röhrenvorstufe (ModWright LS 36.5), die ich damals mit im Gepäck hatte zeigte mir aber auch, dass die Neumann keine besonders ausgeprägte Signatur besitzen und sich mehr oder weniger durchlässig verhalten. Die recht neutral spielende Röhre gefiel mir in dieser Konstellation dann auch besser als die Bryston Vorstufe des Bekannten, die mir etwas zu sachlich zu Werke ging. So gesehen war die KH310 für mich die Initialzündung.
Etwas später bot sich dann die Gelegenheit einen Monat lang ATC und Neumann KH420 bei mir zu vergleichen. Ab und zu wurden Freunde eingeladen, um ggfs. wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht zu werden. Ich hatte keinen Druck, musste nicht kaufen, musste mich nicht entscheiden. Es hätte alles so bleiben können wie es war.
Die Neumann spielen in meinem ca. 40m2 großen Raum noch einmal anders als die KH310. Mein Hörabstand beträgt etwa 2,6 - 2,7m, der Abstand der KH420 zur dahinter liegenden Wand misst ca. 80cm. Sie sind auf den Hörplatz eingewinkelt, so dass sich ein gleichwinkliges Dreieck ergibt. Im Vergleich zur KH310 performen sie "größer", körperhafter, druckvoller und noch weniger limitiert. Die räumliche Abbildung und Ortungsschärfe gefällt mir sehr gut. Die Bühne geht zum Teil sehr weit über die Seiten hinaus. Tiefe, Höhe, Plastizität und Staffelung finde ich prima. Kopfbewegungen von Sängern, Fadings und die damit verbundenen Änderungen des Raumeindruckes bei alten Jazz Aufnahmen lassen sich ebenso klar nachvollziehen, wie z.B. abgefahrene Soundeffekte bei James Blake, ohne jedoch den Bezug zur Musik zu verlieren. Perkussive Klanggewitter wie z.B. Family of Percussion, Xenakis Pleiades, etc. spielen sie beängstigend realistisch. Becken haben Farbe, Schläge ordentlich Punch. Nuancen einer klassischen Gitarre, Stimmen & Timbre, oder Streicher empfinde ich als sehr natürlich.
Ich erlebe die KH420 nicht als analytisch, oder nüchtern, sondern als einen der wenigen Studiomonitore die etwas anmachend euphonisches besitzen, so dass sie mMn. auch für Musikhörer in Frage kommen, die Studioequipment eher skeptisch gegenüberstehen. Meine Röhrenvorstufe, die tonal viel näher an einer guten Transistorvorstufe als an einer euphonischen Röhrenvorstufe liegt, fügt ein kleines bisschen Röhrencharme hinzu, ohne aber den grundsätzlichen Klang der Neumann auf den Kopf zu stellen.
Was mir in meinem Raum noch etwas fehlt ist eine adäquate Unterstützung im Bass. Ein derzeit per MiniDSP 2x4 HD eingebundener, leise mitlaufender 12" Subwoofer ist natürlich noch nicht das Ende der Fahnenstange und entlastet die Neumann auch nicht. Würde ich wie Rudolf in einem 20m2 Raum hören, wäre ein Subwoofer m.E. nicht notwendig.
Natürlich gibt es immer sachliche, technische und auch verifizierbare Argumente die für oder gegen etwas sprechen. Es gibt Kompromisse, die man schliessen kann, oder nicht schliessen will. Und es gibt eine ganz einfache, wenig greifbare weil individuelle Ebene, die manchmal sehr schnell und manchmal langsamer darüber entscheidet, ob sich so etwas wie Zufriedenheit einstellt. Nach nun fast 2 Jahren mit den Neumann kann ich sagen, dass ich immer noch sehr zufrieden bin. Sie sind der Fixpunkt. Für mich ergeben sich durch ihr Potential und ihre Eigenschaften viele Möglichkeiten meinen Vorstellungen noch näher zu kommen. Und ich finde sie sehr preiswert. Genauso preiswert wie eine Geithain, eine Martion, eine XYZ, wenn man das Gefühl hat weitaus mehr zu bekommen, als man gegeben hat.
Olafs Skizze finde ich nach wie vor treffend:
Das Zeigt doch auch, der LS stellt eine hohe Qualität zur Verfügung.
Kann Veränderungen und Signaturen der davor gewählten Komponenten darstellen.
Es lässt sich nach Gusto abschmecken und auf seine Belange ausrichten.
Und schon klingt der LS anders als man es vielleicht kennt oder zunächst erwarten würde.....
Als Röhren-Spielpartner für die Neumann sehe ich Vorstufen mit möglichst geringer Ausgangsimpedanz (meistens wohl mit Ausgangsübertragern), die der Studionorm nahekommen. Michael (MVD) hat dankenswerterweise ein paar Beiträge zuvor darauf hingewiesen. An den ATC war dies eine Voraussetzung. Aber auch die Neumann fühlen sich mMn. damit wohler.
Beispiele wären:
Nagra Jazz/PL-P ?
Accustic Arts Tube Preamp MKII
ModWright LS36.5
MFE Tube One
oder auch Vorstufen von Reinhard Hoffmann mit Ausgangsübertragern (soweit ich weiß, hatte er vor so ein Konzept umzusetzen)
u.v.a.m.
Eine Audio Research LS26 (700Ohm im Ausgang), die ich bei Mario F. an den KH310 gehört habe, wäre nicht unbedingt meine erste Präferenz. Damit schliesse ich aber keineswegs aus, dass andere mit dieser Vorstufe sehr zufrieden in Verbindung mit den Neumann hören können.
Ist nun doch etwas länger geworden als die angekündigten paar Zeilen.
Viele Grüße
Christian